spätsommermelancholie

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 30.09.2014, 11:42

.
ein schwüler septemberabend
im regen
sich entfernende schritte
bewölken den himmel

die straße leuchtet
unter deinem fuß
wölbt sich die erde

du gehst weiter
über dächer
im nebel
weint eine krähe

als würde etwas fehlen





___________________________________
"doch" hinter "himmel" gestrichen

.
Zuletzt geändert von birke am 03.10.2014, 10:07, insgesamt 2-mal geändert.
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.09.2014, 13:35

Liebe Birke,

toll finde ich dies „Weitergehen über Dächer im Nebel“, in dem man sich ja leicht verlieren/verlaufen kann. Und am Schluss „als würde etwas fehlen“, kann man auch gut nachvollziehen, z. B. weil der Nebel etwas verschluckt hat.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.09.2014, 19:52

Aus dem Stoff eröffnen sich viele Optionen, wie man einzelne Zeilen umschneidern könnte bzw das Ganze,
zum Beispiel:

ein schwüler septemberabend

die laute deiner schritte
verhallen im Nebel

unter deinen füßen
verliert sich der asphalt

eine krähe klagt
als würde etwas fehlen

du gehst weiter
über dächern
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birke
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Beitragvon birke » 01.10.2014, 09:01

danke sehr, kurt, auch für die interessante interpretation/ abwandlung meiner zeilen!
ja, so könnte man das (auch) sehen und ausdrücken.
lg, birke
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Werner
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Beitragvon Werner » 02.10.2014, 23:40

Liebe Diana

ein sehr schönes und schlichtes, aber eindrückliches gedicht. ein bisschen mühe habe ich mit dem schwülen abend im regen, der kommt mir wie ein weißer schimmel vor, wenn es regnet ist es immer feucht / nass, gut schwül soll wohl noch die wärme beinhalten, warum schreibst du nicht ein warmer abend im regen? dann das "doch" verstehe ich auch nicht, die kurzform von dennoch, warum "dennoch"? das scheint mir ganz überflüssig, diese entgegengestzte bekräftigung an dieser stelle?! und die weinende krähe, ich weiß was du meinst, womöglich eine dohle im tschechischen (???), aber, warum muss sie weinen, warum weint sie, diese logik erschließt sich mir aus dem text überhaupt nicht. eine nebelkrähe alleine lasse ich mir gefallen. und zum schluss "als würde etwas fehlen", da begreife ich ebenfalls den logischen zusammenhang zur weinenden krähe auf den dächern nicht, das ist wie äpfel mit birnen vergleichen, das hat nicht nur keine äußere sondern auch keine innere logik. ich vermute, du wolltest viel hineinpacken, hast im kopf auch viel hineingepackt, nur die zusammenhänge, die logik, steht als text nicht dort. deine gedankensprünge sind aus dem text nicht nachvollziehbar. so, wie es dasteht, geht es meiner meinung nach nicht. sorry, ich weiß, das klingt nach einem verriss, aber, bei dir, mit deinem talent und ehrgeiz, darf ich die messlatte höher legen und sehr streng sein (war ich bei Monik übrigens auch), was aber leicht missverstanden wird, als hätte ich gegen den text etwas oder seinen autor?! mitnichten. im gegenteil. nur, so fällt er nicht nur bei mir, sondern auch draußen durch. lass ihn einfach schlicht und nicht so überfrachtet und ohne sprünge, mehr beschreibend und logisch 8innere und äußere), auch eine umschreibende partizip-formulierung wie "sich entfernede schritte" klingt umständlich, warum nicht einfach aktiv "entfernen sich schritte", weil wenig später sagst du ja auch nicht "sich wölbende erde". spätestens beim nebel verschwimmt das bild und wird mir zu vernebelt. und etwas mehr "geschmeidiger" sprachfluss, wenn ich bitten darf, du kannst es doch!



ein warmer septemberabend
im regen
entfernen sich schritte
bewölken den himmel

eine straße leuchtet
unter deinem fuß
wölbt sich erde

du gehst weiter
über dächer

nur eine krähe fehlt

???

entschuldige meine "harte tour"! sehr herzliche grüße. werner

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birke
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Beitragvon birke » 03.10.2014, 10:04

ganz herzlichen dank für deine ausführliche kritik, lieber werner!
aber nein, ich empfinde das nicht als verriss, sondern als konstruktiv.
freue mich ja, dass der text dir offenbar eine ausführliche beschäftigung wert ist!
danke auch für die blumen :)

also, bei einem gebe ich dir sofort recht: das „doch“ kann absolut entfallen, da war ich mir selbst nämlich nicht hundertpro sicher.

zu dem „schwül“ – nun, es gibt auch schwüle ohne regen, (und kälte mit regen!) deshalb meine ich, ist es doch noch etwas anderes, ob ich schreibe ein warmer abend oder ein schwüler abend. im schwül schwingt ja noch etwas schweres, drückendes mit, das im warm so nicht zu finden ist. es ist schwül und es regnet.
(ich meine, es ist doch nicht automatisch schwül, wenn es warm ist und regnet ...?)

auch brauche ich hier – ausnahmsweise! ich vermeide sonst diese konstruktionen! – die „sich entfernenden schritte, die den himmel bewölken“, schriebe ich es anders, wäre der sinn, der akzent leicht verschoben, läge nämlich die bedeutung gleich bei den schritten und dem himmel, was ich hier nicht ganz so haben möchte.

und zum schluss – nein, da steckt an sich nicht mehr hinter, als da steht. der text sagt durchaus alles: über den dächern verschwindet schließlich etwas, (oder jemand?) und die „krähe“ weint eben drum, weil etwas fehlt – oder weil es so scheint, als ob etwas fehle. das würde ich schon gern so beibehalten – und ja, es darf auch etwas nebulös sein/ bleiben. dein schluss wäre ja vom sinn her komplett anders als meiner.

soweit erstmal … und jetzt streiche ich erstmal das „doch“!

ganz liebe grüße dir,

diana

ps - das geht mir ja jetzt erst auf, was du meinst, die dohle auf tschechisch! herrlich, wie passend, eigentlich, ja. allerdings war das nicht intendiert.
Zuletzt geändert von birke am 03.10.2014, 11:21, insgesamt 3-mal geändert.
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Klimperer

Beitragvon Klimperer » 03.10.2014, 11:15

Sehr aufmerksam und mit großem Interesse habe ich Werners konstruktive Kritik gelesen. Ich war auf Birkes Reaktion gespannt.

Ich habe gelernt, dass "doch" aus "dennoch" stammt, auch wenn es nicht etymologisch belegt ist.

Das Einzige, worin ich mir sicher war, ist, dass "die Straße" bleiben sollte.


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