Meine Bücherverbrennung

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Kurt
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Beitragvon Kurt » 11.11.2016, 17:08

Meine Bücherverbrennung

Da hockte er hinterm Fenster,
im Schatten der alten Platane.
Ich klopfte an die Scheibe,
er schaute auf zu mir aus
einem Roman über die Liebe.
Ich rief, komm heraus
in die Sonne zu den Girls.

Ängstlich kam er mir vor,
weiß und wabbelig sein
Marshmallowgesicht.

Ich ging zu ihm in die Stube,
zündete das Buch an und machte
ihm Feuer unter dem Hintern.
Hinaus mit dir, ins Leben!

Er kam mit, kaufte sich ein
neues Buch.
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

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birke
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Beitragvon birke » 29.11.2016, 17:34

ich meinte, nichts mit dem historischen hintergrund zu tun.. laut kurt. aber du hast ja schon recht, pjotr, es ist eigentlich gar nicht möglich. buchverbrennung bleibt buchverbrennung.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 29.11.2016, 17:49

Ja, Birke, ist doch klar, dass man an die 1933er denkt. Aber dazu hatte ich mich ja bereits geäußert, und ich kann nichts Respektloses feststellen, im Gegenteil, da meine Buchverbrennung letztendlich auch keinen Erfolg hatte.

LG Kurt
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birke
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Beitragvon birke » 29.11.2016, 18:20

... hm, aber ist eine buchverbrennung nicht immer respektlos?
ich frage mich, ob du den akt des verbrennens hier eigentlich wirklich brauchst?
es ist auf jeden fall heikel!

lg
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 29.11.2016, 18:34

Mein Gott, denkt an die Jugendzeit. Das Buch verbrennen, um den Marshmellawboy damit Feuer unter dem Hintern zu machen, is doch geil. Ja man brauch eigentlich gar nix dichten. Und wenn, dann soll es doch irgendwie unterhaltsam sein. Dat hier is lustig. Aber bei dem Thema muss der deutsche Humor wohl passen, worauf ich gehörig einen lasse.

Kurt
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Beitragvon birke » 29.11.2016, 19:13

ei, wat iss dat denn: der "deutsche humor"?? :mrgreen:
hm, dann stell dat janze doch vielleicht in genau den kontext, indem du es bspw "jugendsünden" nennst/ betitelst oder so...??
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Klimperer

Beitragvon Klimperer » 29.11.2016, 23:00

Bücherverbrennung bleibt Bücherverbrennung.

Es wird nich besser, weil man "meine" sagt.

Nicht öffentlich.

Niko

Beitragvon Niko » 29.11.2016, 23:01

Es ist sogar ein Unterschied, ob du " Bücherverbrennung" schreibst, oder buchverbrennung. Ich persönlich habe damit kein Problem. Aber "buchverbrennung" hat nich in diesem Ausmaß die nazi-assotiation. So aber musst du dir, Kurt, den Vorwurf anhören müssen, dass du mit einem negativ besetzten Begriff reißerisch versuchst, Neugierde auf den Text zu wecken. Und das ist.....Ja.....beigeschmacklich.....

Kurt
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Beitragvon Kurt » 29.11.2016, 23:59

Ich bevorzuge (an anderer Stelle ja auch) gerne Selbstironie, ohne dass sich jemand darüber mokiert. In diesem Falle geht es aber um ein sensibles Thema. Schwarzer Humor zum Beispiel würde schonungslos vorgehen. Sicherlich empfinden ihn viele als verletzend, während andere einen Reiz daran haben. Humorvolle Comics über das Kriegsgeschehen im Irakkrieg etwa, warfen die Frage auf, ob es nicht untersagt werden solle mit Rücksicht auf die Opfer. Ich finde nicht. Es dient der psychischen Bewältigung, man verlacht etwas. Im Übrigen lasse ich mir ungern etwas verbieten bzw. mich bevormunden, wie es von Leuten geschieht, die mir Hitlers „Mein Kampf“ vorenthalten wollen. Ist doch lächerlich. Was bilden diese Arschlöcher sich überhaupt ein. Glauben die im Ernst, wir würden nochmal darauf reinfallen.

Kurt
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Niko

Beitragvon Niko » 30.11.2016, 00:17

Wir sind auf dem besten Wege dorthin, Kurt! Ob man Schicksale, die tod bringen und Familien auf lange Sicht zerstören mit schwarzem Humor lindern kann, wage ich zu bezweifeln. Ein Massaker an der Schule, 70 Tote Kinder, mal theoretisch: dein Kind dabei.....Wie findest du dann den coolen witzigen Umgang damit, wenn du dich im schmerz windest? Wenn man persönlich nicht betroffen ist, hat man immer gut lachen.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.11.2016, 01:08

Witze über Holocaustopfer grasieren flächendeckend. Und warum kann man über sie lachen? Weil die Witze unsere kollektiven Schuldgefühle auflockern und als Tabubrecher funktionieren. So werden wir zumindestens für kurze Momente enlastet. Ein Jude könnte infolgedessen über den selben Witz wohl kaum lachen. Kommt immer drauf an. In dem von dir geschilderten Fall sieht die Sache wohl ganz anders aus. Wüsste nicht, wie ich da mit Humor Befreiendes rauskitzeln könnte.

LG Kurt
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Klimperer

Beitragvon Klimperer » 30.11.2016, 10:25

Mit Tanzen, bis zur Erschöpfung tanzen.

Das macht Zorbas im Film, und auch im Buch von Nikos Kazantzakis. Zorbas erzählt dem jungen Mann, seinem Chef, dass er seinen ersten, noch kleinen Sohn verlor, und zu tanzen anfing. Die Verwandten dachten, er sei verrückt geworden, aber nur so konnte er mit dem Schmerz umgehen.

Übrigens, Anthony Quinn konnte sehr gut diese Situation nachspielen, da er selbst al junger Mann seinen ersten Sohn verlor, den er mit seiner Frau, der Tochter von Cecil B. De Mille hatte, das Kind ertrank in ihrem Pool.

Niko

Beitragvon Niko » 30.11.2016, 13:25

Wie man als selbst betroffener mit einer solchen Tragödie umgeht, hat nichts mit dem zu tun, wie "Außenstehende" mit den Schicksalen und den betroffenen umgehen, klimperer.
Witze über Holocaustopfer grasieren flächendeckend. Und warum kann man über sie lachen? Weil die Witze unsere kollektiven Schuldgefühle auflockern und als Tabubrecher funktionieren.
nein, Kurt! Menschen lachen darüber, weil sie die geschichtliche Distanz haben. Und ob ich über einen toten Wikinger Witze mache oder über Tote Opfer des zweiten Weltkrieges,...Das nimmt sich aus genau diesem Grunde nicht viel. Holocaustopfer indes sind soviel mehr als Tote, sie stehen als Mahnmal gegen die Unmenschlichkeit eines widerwärtigen und brutalen Regimes und noch viel mehr. Und wer darüber Witze macht, hat bei mir an Respekt deutlich verloren. Und alles begann mit der Bücherverbrennung. Und auch sie ist soviel mehr als das bloße verbrennen von Büchern!
Warum nicht "Buchverbrennung"? Es geht ja im Text nur um ein Buch.....

Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.11.2016, 14:37

Nun, Niko, wenn die Distanz entscheidend ist, gilt es ja auch für mein Gedicht mit dem Titel „Bücherverbrennung“. Ich finde schön, das wir hier alle unsere Meinung vertreten dürfen ohne verbrannt zu werden.

LG Kurt
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Beitragvon nera » 05.12.2016, 01:01

ja kurt, das ist schön und das soll auch so bleiben. aber es ist schon etwas seltsam, wie du feuer um arsch machen und bücher verbrennen in einen kontext setzt? und da du nicht so naiv bist, wie du meistens tust, hast du diesen titel sicher mit bedacht gewählt. deine art der provokation. ok.( mir, als bücherliebhaberin, tut es natürlich körperlich weh, wenn jemand von bücher verbrennen redet. bei mir wird nix verbrannt. noch nicht mal "mein kampf" oder "schulungshefte der nsdap". nicht weil ich diese machwerke für besonders wertvoll halte. literarisch gesehen. sondern weil sie mir durch ihren inhalt eh feuer unterm arsch machen. und zwar in die richtung: etwas in der hand zu haben, dagegen zu argumentieren. bücher verbrennen macht kein feuer unterm arsch. aber das ist eine andere geschichte. )
aber bücher machen mehr mit den menschen und sie machen etwas in ihnen, das man nicht verbrennen kann? deshalb geht dein text nicht auf. selbst wenn du dein lyrisches du durch die bücherverbrennung zum leben zwingen willst, funzt das nicht. weil die inhalte der gelesenen bücher längst verschmolzen sind mit diesem du und weiterleben. es lebt! und ist nicht zu trennen vom "leben". ich empfehle den film: fahrenheit 451....


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