Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 11.02.2015, 22:06

und dir flattert ein zaudern
zauberfrau
leicht wie ein flehen
leise
aus den händen
flieht zwischen die zeilen
zögert verpuppt sich
wieder

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.02.2015, 19:12



was zwischen den zeilen flattert
leicht wie ein wehen

wir mutieren ins schöne hörst du
die muffen sausen schon ums haus
(wuschelhaar und augenschmauß)
all überall leuchten erinnerungen
die haben wir
ins leben geschrieben wie
die wege sich finden verbinden
handwerkeln wir noch ein wenig
in die nacht hinein du lachst
als ich dir den schlüssel
reich (herzlich) und es regnet
konfetti

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 14.02.2015, 20:10

Portalbild (Altershochsitz)

Die vorletzte Stufe fehlt
(leider auch dadrüber in den Wünschen)
das wäre ein Strandgut
und die grüne Tür (grün wie die verlorene Strenge)
öffnet uns Halbtransparenten
ins Drinnen
blättert Ebenen um

Wir im Himmel?
(ein Hintergrund)
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.02.2015, 23:11



unüberwindbarerweise
(dritte person singular)

|wenn sie fehlt
die stufe der wünsche
fällt das buch zu|
heute nacht träumte ich
du hattest fieber
und ich kühlte deine stirn
meine lippen fühlten 39°
das war so real wie das haus
in dem wir uns bewegten
ich kannte mich aus
das war ein traum
von mensch zu mensch zu mensch
wo kamen sie nur alle her
ein gesumm der stimmen
und gesichter brummend
in einer küchenzeile
wurde mir gesagt
pass auf
es gibt hier viele türen
die führen in die irre
ich schaute in den garten
und die flieder wiegten
die sorgen wie ein baby
in den schlaf fragte
eine grauhaarige frau
wer bist du?
ich rief die welpen
bei ihren namen
und sie kamen
war das nicht antwort
genug beweise
dass es nicht geschah
|und wir bleiben
zwischen den seiten
in himmlischer ruh|

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 17.02.2015, 19:14

Die reine Schwarzbuntsicht

Das Fehl
meines jeden Wortes
bäumisch (dahoim)
entsagt mich
weiter in deine Nähe (Geschwätz)

Die Abwehrkräfte
sind durchsichtig geworden
(ein Lippenbekenntnis)
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 17.02.2015, 23:17

dies baumwort
in versilbung getragen
und weiter bis an den taghorizont
verzweit dich
mich in dieser steinzeit
als ein geschmiedetes
ein blatt

diese zuflucht fliegt tragweit
zu den mondschären
wandelnder zukünfte
Zuletzt geändert von Niko am 18.02.2015, 06:08, insgesamt 4-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 18.02.2015, 00:45

dann kauen wir rinde
nachweit nachtwärts
nachtwaidwund
wir kauen
bis uns die zähne abgewetzt
abgeweidet abhanden
ge ge gegessen sind
wir zerlegen alles in nährstoffliches gelabbere
nachtweich nachtwohl
wir wählen

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nera
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Beitragvon nera » 18.02.2015, 00:58

zählen die welken blätter
gelegentlich
mache ich mich streng
und drohe den topfpflanzen
mit dem kompost
und prahle
dass ich keine halbheiten akzeptiere
während ich noch an worten kaue
speie
halbheit ganzheit vollmond
einheit
gesunden an rinden lehnen
rinde moos rinde

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.02.2015, 08:05



was man nicht sagt sagt man nicht was und irgendwo fragezeichen
(loneliness of laughter)



wenn man zwei durchsichtigkeiten aufeinanderlegt
wurzeln die bilder ineinander
wie menschen (ganzheiten)
folgen wir den rillen der rinde
ducken uns in mulden wir mit unseren
vermutungen verwünschungen versuchungen
ver und vor ein rundes tor
wir brauchen brücken elisha
darunter wächst was auf keinen namen hört (trotzdem!)
das fährt jedes klischee hinter die hügel
wann bezwingt man sie wann besingt man sie wann
tauchen wir auf oder ab (lol)
im märchenland einer landschaft einer phantasie eines menschen
eines (und das ist geflüstert genauso falsch wie geschwiegen)
muss doch gesagt sein gewagt sein beklagt sein bewusst sein
dass wir nicht wissen wohin der hase läuft mit seiner uhr
auf diesen schmalen wegen ist die redewendung
so alt wie wahr dieser tage müssen wir die erde wärmen
sie gaukelt uns nichts vor dunkel war’s
der mond schien helle wir beißen auf holz
mit all unserer strenge hinter dem fenster
steht immer nur eine figur
und wenn ich ruf


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 18.02.2015, 16:49

manchmal brachte ich kerzen mit
(du hast gelacht über soviele dochte)
wir wussten nach dem anzünden nicht
wohin mit unserer dunkelheit
und doch war sie erhellend
weil jeder um jeden wusste
weil es keinen abstand gab
weil wir beteten dass es so bliebe

dieser verschwiegene moment
(nimm das mit dem verschwiegen nicht wörtlich!)
hat seine ewigkeit gefunden
zwischen dem abstand zog er ein
in dein und mein herz (das klingt!
so kitschig!)

noch im weggehen blieb ich
und als ich weg war war ich
doch bei dir
geblieben
weil das was einzog in dein und mein
verkitschtes herz
nichts mit irgendetwas zu tun hatte
außer mit uns

Niko

Beitragvon Niko » 18.02.2015, 23:34

immer wenn die fallen zuschlagen
stirbt in meinem dorf ein kind
es legt sich zu den anderen
starr steif und stumm

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nera
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Beitragvon nera » 19.02.2015, 00:03

tanzt immerzu jemand
das schweigen
schiebt einen turm vor sich her
zieht ihn
auf diesem oder jenem spielfeld
(tanzen wir schach oder tarot oder soll ich aus dem kaffeesatz lesen)

(nichts spricht dafür, dass wir uns in prophezeiungen verziehen)
und wo kämen wir hin, wenn jedes herzwort unecht wäre!

und denoch lese ich den vogelflug! diese lust an wind, blau!
und folge dem seepferd! der geschmack von salz und immer wieder überraschend; die kälte.

(klammeraufsätze)
klammersätze und ich verschweige meine heimat, ein wanderhaus auf klauen, dass sich der schwerkraft zudreht, wie dem wünschen. ein wollenhaus, ein wünschehaus.
das weiße kaninchen schläft und meine haut wird füchsich.
Zuletzt geändert von nera am 27.04.2015, 00:52, insgesamt 1-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 19.02.2015, 00:16

den hasen treiben wir vor uns her
stellen ihm fallen
wir sind uhrjäger uhrsammler
wir stauen die zeit um dem stau zu entkommen

sag mir
gibt es das sternbild des hasen des großen des kleinen
und das sternbild der füchsin
findest du die spuren im schnee am himmel
in vorgärten

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nera
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Beitragvon nera » 19.02.2015, 00:40

im unterholz
streiflichtert ein viertelmond
und wir suchen uns heim
landstreicher
treibholz
viertelfiguren windlichter
wir wohnen uns bei
diese sturmsekunde ewigkeit
erkennen uns und streifen weiter
durch fuchsland durch falkenhimmel
und spielen das spiel


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