Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.04.2014, 22:02

schwungvertrauen - wie im nebel


myositis sylvatica
meine liebsten leiseblüher
wuchsen im schatten der steine
weißt du den waldweg
lang waren worte fremde wesen

ja da war stilles
durch zäune schauen
als wären es die fenster eines zuges

und überin allem liegt noch
der atem des scheuen mérens
der sich an mich lehnte am morgen


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.04.2014, 18:52


wie er sich einschert

dieser wabernde
kein muster
(spinnen diese künstler waren nicht zu werke)
löcher wollen gestochen
und eckig gestanzt werden
auf das
wenn auch kantig (na und)
leben einkehrt
feucht und leise
das wenigste

im klopfen (ja ja ich weiß)
werden meister geboren
oder in der stirn
schon gestorben

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Eule
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Beitragvon Eule » 27.04.2014, 15:38

In großen Stücken brach
die Erde heraus

Wir rührten im Schlamm
wie die unsichtbaren Larven

Der späteren Mückenschwärme
beinahe schwammen wir
die Drina hinab
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.04.2014, 22:31


trial & error

wer an sie glaubt
erlebt sein blaues wunder
sie erzählen dir dinge
von denen sie wissen (glaubst du)
du dummes ding
hörst auf sie
und dein kopf schlägt alarm
dein bauch macht auf basketball
deine synapsen knallen
und du
was tust du
vertraust weiter auf ihr wissen
und dann bricht's raus
ein stück nach dem andren
raus aus deinem leben
der kreis wird kleiner
der des teufels größer
trial & error
jeden tag
du kannst es nicht mehr sehen
du kannst es nicht mehr hören
trial & error
sieben sieben sieben
bis nichts mehr übrigbleibt
das letzte getreidekorn
durchgefallen ist

dann fällst du
und hast die wahl
ob dein leben
dich noch satt macht
wem du noch glauben
noch vertrauen kannst
außer dir selbst
und deinem willen
durch das sieb
zu passen oder
eben nicht

ecb

Beitragvon ecb » 16.06.2014, 08:15

moses, aber auch nur dann

manchmal haben sie mitleid mit dir
wenn sie dich finden im schilf
und nicht wissen
woher du bist
und du weinst

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birke
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Beitragvon birke » 16.06.2014, 22:00

.

gefangen im schilf
finde ich dich
gehäutet

umschling mich!

/zwei gestrandete seelen/

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Eule
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Beitragvon Eule » 17.06.2014, 17:56

doppelpunkt

die nacht im hafen von
alexandria kommt mir
rätselhaft bekannt vor
schwieriger ein tag dort
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.06.2014, 18:20


begegne ich einem ausrufezeichenmensch
werde ich zum gedankenstrich
bisweilen kräuseln sich
meine augenbrauen jedoch
zum accent grave
wie es ausgeht
ist eine frage
der nationalitäten

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birke
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Beitragvon birke » 23.06.2014, 18:04

.
der accent grave
über deiner braue
stellt keine fragen
vielmehr verspricht er
dem lidstrich
die balance
zu halten
den accent aigu
deiner lippen
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.06.2014, 18:21

zu oft accent grave
mit den brauen gesetzt
erzeugt falten (chose trés grave)
da schaffen auch die
accent aigus der lippen
keinen accent circonflexe mehr
et maintenant?
c'est la vie
ça va

aram
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Beitragvon aram » 23.06.2014, 18:34

jk

slash und backslash unserer begegnung
sind nur noch in anführungszeichen verpackt
die reminiszenz unserer satzzeichen, nie inflationär
zwischen sternen, schlangen, apostrophen
selten auf dem punkt, dann ganz
ist bald nicht mehr meine

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Eule
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Beitragvon Eule » 02.07.2014, 22:15

nicht mehr
wer bräuchte
die personalpronomen

eine gemeinsame Stunde
gemeinsame Sprache

überfallen
zusammengefallen
worte in warteschleifen
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.07.2014, 16:45

roulette im kopf

überfallen
durch ein wort einen termin ein nichteinhalten
tornados brechen aus synapsen knallen
nie im leben hab ich russisch gedacht oder gesprochen
roulette geht auch als spiel
wenn man ernst macht

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.07.2014, 14:49

wenn ich russisch denke
dann an alexander


wie er am fenster steht
im frack einer anderen zeit
fällt sein blick auf die schwarzen umrisse
eines kirschbaums lange
haben wir nicht mehr
an den buchstaben gefeilt
bis sie uns kyrillisch
im traum erschienen
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)


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