Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 09.11.2014, 12:38


:)


Die Katze lauert unterm Tisch
als wären Zehen nur ein Fisch
der sich als Schwarm verkleidet.
Ihr Mensch darüber sinnt - sie beißt
er weiß warum - er leidet.



Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.11.2014, 09:13





Blätter taumeln so leuchtend im Licht hinauf steigt die Stimme
zwischen den Worten, schau! wuselt das Eichhörnchenglück.






(Aller guten Dinge sind drei ... und jetzt bin ich auch wieder still :))
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 10.11.2014, 19:59

Hinauf steigt die Stimme
und - das ist das schlimme-
ertönt.

Hinab steigt die Stimmung,
es beißt jene Schwingung
und dröhnt.

Auf und nieder die Lieder,
Mal zuwider mal bieder.
Verhöhnt.

Man flieht vor der Kunst,
die so jämmerlich schlunzt.
(Beschönt)

Es weicht das Geräusch,
die Stille klingt weich.
Versöhnt!

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.11.2014, 09:20



der schlunz sitzt fest (ein schrecken)
und du rutschst immer tiefer
in den sessel


du durchzappst städte
tauchst mit unsichtbaren kameras in wüsten
zwischen leihmüttern und lachsfang
ein zauberkünstler
der mit der kunst spielt
als wäre sie antastbar
wälzen sich die museumswächter
im schlaf
bleibst du hängen
in fremden
und kindern
wachsen kiemen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 15.11.2014, 13:56

gezappt

im ersten sieht man blind nur gut
was man im zweiten mit dem zweiten nur tut
auf dem dritten gähnt man in schritten
und die privaten - schwachmaten
der abend mit leichen übersäht
mit gewalt wird alles niedergemäht
da stirbt es sich leicht. mit schoko und chips
erträglich und kläglich und doch so unsäglich

das hirn ist aus wir gehn nach haus
ins nichts lässt sich auch nichts denken

genug verdrängt. jetzt wird gepennt
um mitternacht um den schlaf gebracht
denn wie phönix aus der asche
steigen verdrängte sorgen empor
ziehn an der emotionenlasche
und dröhnen in dein ohr im chor:
wer nur von sich ablenkt
landet irgendwann im graben

Niko

Beitragvon Niko » 16.11.2014, 08:43

Über jemand, der sich nicht verzeihen konnte, dass er nicht verzeihen konnte

Bitter kommt von bitten
Ich bleib dabei
Mich bewegt nichts
Was ich nicht bewege
Es bleibt ohnehin alles
Wie es niemals kommen soll

Nichts soll mir vertraut sein
Darauf vertraue ich
Und glaube nur dem
Was hätte sein können

Für das tägliche sterben
Gebe ich mein leben


.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 16.11.2014, 13:23

woher kommen die worte
und wohin gehen sie
wenn man ihnen nicht vergibt?

der stillstand
eines immer wieder aufgehobenen aufbruchs
verwaltete verwandlungen
kartographien der langmut

leben und kein entrinnen
übersetzt der chinesische meister
das wort qi

wohin treiben dich die worte
wenn du mit ihnen
gegen den strom schwimmst?

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birke
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Beitragvon birke » 16.11.2014, 14:06

.
mit den worten gegen den strom
aufwärts meist, mühsam
sich auflehnen
mit den buchstaben
über wellen gehen
und sich bahn brechen
(im schweigen stirbt
der fisch zuletzt)
.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 17.11.2014, 11:52

.




Einsamer Wasserläufer. Wenn Namen auch ein Gedicht sind.




.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.11.2014, 19:43




Kursiv so windig hören wir
was uns betrifft umschleicht ein Tier.
Ein Jaguar verschwiegen
sein Schwarz darüber legt doch sieh!
Im Licht die Flecken lieben



Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

aram
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Beitragvon aram » 18.11.2014, 01:12


die kastrationsangst deines unbekannten wesens - seit der geschichte
mit der eidechse
lese ich bei flora immer 'schwanz',
das ist interessant.

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nera
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Beitragvon nera » 19.11.2014, 01:21

bitter".....
....(die mhd. dichtung spricht von "swerten bitter, eigentl. "beißenden schwertern")"
vielleicht fleht jemand und man könnte es für bitten halten
dahin gehe ich mit meinen stolpersteinen
jeder schritt ein katapult
(nein sagst du, legst dem raubtier die leine an, nein! das entbehrt jeder logik)

sing dir das märchen
grete und hans
das brot das er streute (brot)
sie folgte bis zur dienstmagd
seinem käfig
wenn die böse seinen finger
prüfte ob er reif sei
zum vernaschen?

man sagt
ein salamander könne durch
das feuer gehen
und echsenschwänze
wachsen wieder

doch jemand singt beim wasserschöpfen
morgen
und lässt sich nicht verirren
von beißenden schwertern und bitten
-ein kinderwortlied
-ein märchengedicht

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nera
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Beitragvon nera » 19.11.2014, 01:44

man sagt auch
dass feuer reinigt
und
hexen sollen brennen
und hänsel und gretel
heimfanden
ohne brotspuren
und ob dann nichts mehr bitter wahr war
weiß man nicht so genau
weil märchen eben so enden
aber es gibt immer noch salamander
vereinzelt
und raubtiere im zoo
und die wasserrechte werden von
konzernen verwaltet

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 19.11.2014, 08:21




schnipp schnapp angst ab

die trübfatzigkeit des novembers
durchschneiden durchschreiben bis
man die wolken auf der zunge spürt
weil man angefangen hat
zu singen ohne es zu wollen
wandelt sich das grau wird lebendig
und man spricht das wort seele aus
als wäre es eine warme quelle

wie im märchen
folgst du den ausgestreuten
gedichten und findest fremde zuhause
weht spanisches moos in die zeilen
strömt ruhe ~ weil du sie siehst
die schwebenden manatees


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)


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