Unwiderstehlich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 04.03.2007, 21:40

Braun lockt er
wie Kandis
der noch nicht im Mund liegt -

doch gleich!
Gleich!

Wie diese eine Stelle
hinter den Augen
hinter der Stirn
sich ganz langsam

senkt.

Immer tiefer...
Noch tiefer...

Ganz unten
ist er zuhaus
da alles
süß schmeckt und Wollen
nichts heißt

Mach los!
Los -

Der Zuckerstein
schmilzt in den

Schlaf -

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.03.2007, 22:47

Liebe Klara,

mag sein, dass ich jetzt völlig daneben liege, aber: Ich habe früher meinem Sohn manchmal beim Einschlafen zugeschaut und daran hat mich Dein Gedicht erinnert. Ich kann das nicht beschreiben. Man bekam eine Ahnung davon, welches Risiko es birgt, sich in den Schlaf fallen zu lassen. Und zugleich ist es für mich etwas gewesen, das zum Schönsten gehört, was man erleben kann.
Kinder, die schlafen, haben etwas Absolutes und Himmlisches an sich, finde ich. Auch wenn das jetzt kitschig klingen mag.

Liebe Grüße

leonie

Peter

Beitragvon Peter » 05.03.2007, 05:00

Liebe Klara,

das gefällt mir sehr!

Ich lese den braunen Kandis als eine Art Abkunft aus der Tiefe... einen Zauberstein, der, schmelzend, hinabzieht, und der wiedervereint mit der Tiefe.

Ich sehe ein Wort beschrieben, das Wort. Man nimmt es in den Mund, es nimmt gleichzeitig den Mund auf, und das Denken, wie in deiner zweiten Strophe beschrieben, verändert sich - nicht nur vertieft es sich, es beginnt sich zu konzentrieren, wie auf einem fernen Punkt in der Tiefe, zu dem es hinabgezogen wird. Und dort, dort!, erscheinen: so sah ich im Lesen: Länder... bernsteinfarbene, der Herkunftsort des Zaubersteins.

Wenn ich richtig gelesen habe (ja?), was ich derzeit immer wieder fragen muss..., ein ganz wunderbares Gedicht!

Liebe Grüße,
Peter

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 05.03.2007, 09:39

Hallo Klara,

das gefällt mir sehr, unter anderem deshalb, weil es so surreal, so hypnotisch wirkt und harmonisch komponiert ist, für mein Empfinden.


Salute

Pjotr

Gast

Beitragvon Gast » 05.03.2007, 09:59

Liebe Klara,

ich lese etwas Unfassbares, im Sinn von: "Nicht Greifen Können".
Die Stelle hinter der Stirn kann das Lyrich nicht sehen aber erfühlen. Sitzt da das Wesen des geliebten Menschen, in das sich das Lyrich versenkt? Erwartet das Lyrich vielleicht sogar die körperlich Begenung mit dem Geliebten? Lässt ihn dann aber Schlafen, beobachtet ihn beim Einschlafen, "stiehlt "dem Schlafenden etwas von seiner Seele?
Für mich hört es sich lustvoll an, aber ist sexuelle Lust gemeint, oder liebe ;-) ich vielleicht doch schief?

Liebe Grüße
Gerda

Louisa

Beitragvon Louisa » 05.03.2007, 11:08

Hallo Klara!

Ich finde das auch klasse :smile: ! Wirklich!

Diese "Gleich-Gleich"-Stellen (bzw. "Los!") haben es mir sehr angetan. Das ist eine schöne Variante zum "Komm" und dadurch wirkt es auf mich auch (vgl. Gerda) wie ein Verführungs-Gedicht. Es spricht die/der ;-) Verführte-

"Die Stelle hinter der Stirn/den Augen, die sich senkt" in Verbindung zum schmelzenden Zucker, gefällt mir auch sehr gut. Es ist vielleicht der Gedanke an diese verlockend, süße Person :smile: , der sich hinabsenkt im Kopf. Schön!

(Das "tiefer, tiefer" lässt mich dann schon wieder wie Gerda denken :smile: . Très érotique.)

Wieso ist dieser jemand zu Hause, wo "Wollen nichts heißt"? Das konnte ich nicht entschlüsseln. Für mich müsste das "Wollen" dort sehr viel heißen :smile: . (hihi...heiß -en...)

Der Zuckerstein könnte für mich auch mit "Verlangen" übersetzt werden.

Also bis auf diese Stelle ("Wollen...") bin ich ziemlich begeistert davon! Das muss aber auch ein Zucker sein!

Einen süßen Tag!
l.

Klara
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Beitragvon Klara » 05.03.2007, 21:00

Hallo,

dank euch für euer freundliches Feedback.
Das überrascht mich jetzt ein wenig.

Und noch mehr überrascht mich, dass einige auf erotische (Hinter)gedanken kommen - sehr interessant!

Louisa, dank dir für dein Lob, das ehrt mich trotzdem.

Gerda, dir auch Dank. Es hat mit Sex nichts zu tun .-) Aber mit nichtgreifenkönnen und unfassbar bist du trotzdem ziemlich nah dran.

Pjotr, das freut mich, du liegst intuitiv ziemlich richtig. Besonders das "surreal" freut mich sehr, weil ich etwas in der Richtung versucht habe (selbst noch gar nicht zufrieden): einen Zustand greifen, der ungreifbar ist, ncihts mit Geist und Denken zu tun hat, obwohl er hinter der Stirn liegt, mit Abschalten zu tun hat.

Peter, über dein Gefallen bin ich sehr erfreut, danke. Du liest etwas mit, das möglicherweise - mir selbst unbewusst - mitschwang, als ich meinen surrealistischen Versuch startete. Ich beschreibe aber kein Wort, sondern einen Zustand vor einem anderen Zustand. Vertiefen stimmt, Konzentration, Bernstein... Ich liebe Bernstein! Hätte ich Geld, hätte ich den Hals voll davon ,-)

Leonie, deine Interpretation (gar nicht kitschig! Warum muss das Schöne an einem Kind immer gleich kitschig sein? Das Wohlige tabu? Warum darf man nur über gestörte Büro-Zeiten und marmeladenbekleckerte Hemdkragen sprechen?? ,-)) gefällt mir aus ganz persönlichen Gründen sehr, auch wenn die Anschauung eines Kindes dem Text gar nicht zugrunde lag. Vielleicht ja doch.

Dank euch, dass ihr mir an einem eigenen, schreibfrischen Text so viele Facetten zeigt, die mir selbst gar nicht bekannt waren! Das ist sehr spannend.

Mir war gar nicht klar, dass es so ein verschieden auslegbarer Text ist - ich finde, es steht alles klar und deutlich, sozusagen blau auf weiß -

lg
klara

Perry

Beitragvon Perry » 06.03.2007, 13:48

Hallo Klara,
für mich liest sich der Text gar nicht so surreal. Er beschreibt für mich den Zustand des Einschlafens. Dieses Schweben hinab in die Süße des lockenden Schlafes.
LG
Manfred

Klara
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Beitragvon Klara » 06.03.2007, 14:01

Exactly, Perry!
Der Kandidat hat 100 Punkte ,-)
Nur ein kleiner Einspruch: Dieser Zustand IST surreal!
(Die Surrealisten wollten sogar und vor allem ihre Träume notieren... als wahrere Wirklichkeit oder so...)

lg
klara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.03.2007, 21:15

Liebe Klara,

das finde ich originell frei von dem Moment, den du beschreiben wolltest, erzählt, dadurch atmet der Text sehr angenehm und eigenwillig.

Und dann auch noch:

Wie diese eine Stelle
hinter den Augen
hinter der Stirn
sich ganz langsam

senkt.


Das finde ich sehr gut getroffen, jedenfalls was mein Einschlafen betrifft. Aber das bekomme ich nicht immer mit...aber wenn, dann ist es genau so. bei dem Ton merke ich, was du manchmal meinst, wenn du schreibst, ich woltle zu viel...der text kommt ganz einfach daher, fast salopp und ist doch genau richtig.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 06.03.2007, 21:48

Lieber Klara,

mich hat der Text fasziniert, fast tänzerisch ist er in der Abfolge.

Ich habe natürlich nicht kapiert, dass es sich ums Einschlafen handelt, eher um :Komm süßer Tod.
Warum? Weil ich Einschlafen nicht mit braun in Verbindung bringen kann.
Die Stelle, die sich langsam senkt, gefällt mir gut, habe sie aber auch in Verlust des Bewusstseins eingeordnet.

Ist ja auch alles ein ähnlicher Vorgang, vermute ich.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 07.03.2007, 11:00

Hallo Klara,

wirst Du eines Tages Dein Gedicht sprechen und in die Hörbar stellen? Es würde mich reizen, das Werk mittels der Bedienung zusätzlicher Sinnesorgane in seiner Sinnlichkeit noch mehrdimensionaler zu machen. Lesen, Sprechen, ..., Musik, Video, Backen, Essen.

(Die letzten beiden waren zunächst als Scherz gemeint, aber eigentlich sind sie nicht unrealisierbar.)


Cheers

Pjotr

Klara
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Beitragvon Klara » 07.03.2007, 12:33

Hallo Pjotr,

wirst Du eines Tages Dein Gedicht sprechen und in die Hörbar stellen? Es würde mich reizen, das Werk mittels der Bedienung zusätzlicher Sinnesorgane in seiner Sinnlichkeit noch mehrdimensionaler zu machen. Lesen, Sprechen, ..., Musik, Video, Backen, Essen.


Ich fühle mich geschmeichelt, ABER:

1. Ausrede: Ich hab diese ganzen technischen Sachen dafür nicht und keine Zeit/Lust, mich damit auseinanderzusetzen.

2. Ausrede: Ich bin skeptisch gegenüber multimedialen Wiederholbarkeiten, was meine eigenen Sachen betrifft. Live hätte ich Lust (und wenn man es dann aufnähme, würde es mich vielleicht nicht stören, ich weiß es nicht). Audio ist eine sehr starke SAche, und meine Ansprüche an mich selbst, "mal eben" was zu reißen, sind dafür zu hoch. Kann ja dann - zumindest theoretisch - weltweit jeder hören...

Ich weiß nicht, ich weiß nicht.

Wie gesagt: Bis auf weiteres gilt erstmal die erste Ausrede, aber dank dir trotzdem sehr, sehr für das Angebot, klingt ziemlich spannend .-)

salut
klara

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 07.03.2007, 12:48

Hallo Klara,

schade. Aber verständlich.


Gilt Deine Skepsis allgemein, oder erlaubst Du anderen, beispielweise mir, eventuell eine Interpretation (falls es mich eines Tages spontan überkommt)?


Cheers

Pjotr


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