Jaguar im Schnee

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Chiquita

Beitragvon Chiquita » 12.01.2008, 13:48

Jaguar im Schnee



46
Winter
auf einer Perlenschnur
Perlen wie der Himmel heute
Der Glühwein dampft auf einem
Stapel
Brennholz
waldstill
Ein Jaguar
schleicht am Wegesrand
Dir tun die Füße weh
"Wie weit noch?" fragst du
Wir tapsen über den gefror`nen
Schnee
bergauf
im Lauf küsse ich dein Haar



(12.01.08)

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.01.2008, 21:48

Exotisch aber erkennbar.
Bist du in Korea geboren worden?

Moshe

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leonie
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Beitragvon leonie » 12.01.2008, 22:22

Schön! Ein Stimmungsbild, das ganz viele Assoziationen hervorruft...Gefällt mir richtig gut!

leonie

Caty

Beitragvon Caty » 12.01.2008, 22:46

Chiquita, Winter 46, hmm. Der Winter 46/47 steht für unerhörten Hunger und bestialische, langanhaltende Kälte. Aber was es wirklich nicht gab, war Brennholz. Doch ausgesprochen irritieren an diesem Gedicht, das ich übrigens trotzdem wunderschön poetisch finde, durchaus, tut mich, wen wunderts, der Jaguar. Von welcher Weltgegend schreibst du? Caty

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.01.2008, 00:32

Entschuldigung, aber ich habe noch nie so einen lustigen Schachtelsatz gesehen wie den von Caty:

Doch ausgesprochen irritieren an diesem Gedicht, das ich übrigens trotzdem wunderschön poetisch finde, durchaus, tut mich, wen wunderts, der Jaguar.


-Guten Tag CHiquita!

Ich finde Dein Gedicht auch gut. Es ist eine Traumgegend, die Du beschreibst. Wieso am Anfang die 46 steht, habe ich mich auch gefragt -

Ich habe immer so meine Probleme mit Texten, die direkt oder indirekt ein historisches Erlebnis so behandeln, als wäre der Protagonist an Ort und Zeit dabei gewesen. Ich finde das immer ein bisschen überheblich, aber da es ein Traum ist - und da man sich ja mit Zeitzeugen identifizieren kann, habe ich überlegt, ob Du vielleicht diese "schönen Bilder" absichtlich für einen "hässlichen Winter" gewählt hast -
Nachdem selben Motto wie Heine, der als todkranker die schönsten Liebesgedichte gekritzelt hat.
So könnte ich mich damit anfreunden, aber Du kannst ja einmal überlegen, ob es nicht auch spannend wäre, wenn Du nur den Schauplatz von damals an den Anfang setzt. Dann könnte es auch heute spielen und Dein Thema wäre gerettet.

Statt "46" vielleicht "Stalingrad" :eek: ? Nur so ein Gedanke...

"Winter
auf einer Perlenschnur"


Finde ich sehr gelungen!

"Perlen wie der Himmel heute"

schwächt es wieder etwas ab... :sad:

"Der Glühwein dampft auf einem
Stapel
Brennholz "


Das er dort dampft finde ich eine gute Idee, aber das Getränk "Glühwein" an sich stört mich. Das ist mittlerweile so mit der Assoziation dicke Weihnachtsmarkt-Hausfrauen mit roten Nasen und Riesenteddybären trinken "einen mit Schuss" - Dass ich es nicht aushalten kann :smile: !

Wieso keine Teesorte!? Die sind viel origineller, glaube ich... Von mir aus auch Grog, aber bloß kein Glühwein :smile: ...

"waldstill
Ein Jaguar
schleicht am Wegesrand
Dir tun die Füße weh
"Wie weit noch?" fragst du"


mag ich alles ganz gern.

"Wir tapsen über den gefror`nen
Schnee
bergauf
im Lauf küsse ich dein Haar"


bergauf - im Lauf ist ein angenehmer Reim, schön subtil. "Tapsen" belustigt mich, aber es ist schön durchdacht gewählt.

Insgesamt mag ich diesen Text von Deinen Werken, die ich bisher gelesen habe, am Meisten. Er kocht bald über vor Zärtlichkeit und Poesie :daumen: !

Gespannt auf mehr,
l

Gast

Beitragvon Gast » 13.01.2008, 00:52

Mit den 46 Winter auf einer Perlenschnur ist m. E. das Lebensalter des Lyrich gemeint.

Hallo Chiquita,

Die Perlen als Metapher hören sich schön an, aber leider stellt sich bei mir im Folgenden - Perlen wie der Himmel heute - kein Bild ein. Das scheint mir auf Wirkung geschrieben, die sich bei mir nicht einstellt. Ich könnte noch bei gutwilliger Betrachtung sagen, naja, die Wolken an einem eisblauen Winterhimmel sehen aus wie Perlen, aber der Himmel selbst eben nicht.

Bei aller Poesie wirkt dieser Text aber auf mich zusammengewürfelt.
Da werden m M. n. sogar Kontinente durcheinander gewirbelt.

Ein bisschen Zentralasien, dort gibt es Schneeleoparden. Dort wo üblicherweise Jaguare vorkommen gibt es keinen Schnee*

... ein Lyrich und ein Du, offenbar zu Fuß unterwegs - oder wem tun da die Füße weh? ;-) ... der Glüchwein (Typisch deutsches Wintergetränk) auf einem Holzstapel ... in der Nähe einer menschlichen Behausung offenbar, denn es ist gestapeltes Brennholz ... Dann der Kuss ... Hm ... Ich bleibe ratlos zurück.
Der text ist doch nicht entstanden, weil sich da zwei im Winter küssen? Denn die brauchten dafür weder den Jaguar noch die müden Füße.

Welche Bedeutung hat der Jaguar für den Text?
Wo darf ich mir dies Szene vorstellen? (örtlich)

Liebe Grüße
Gerda

* = http://www.jaguare.de/schneeleopard.htm

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Beitragvon leonie » 13.01.2008, 11:38

Mit den 46 Winter auf einer Perlenschnur ist m. E. das Lebensalter des Lyrich gemeint.


Das habe ich auch vermutet...
Ich habe sogar an einen Genurtstagsspaziergang gedacht.

Liebe Grüße

leonie

Louisa

Beitragvon Louisa » 13.01.2008, 16:30

Achso! Ich Deppin im doppelten Sinne :smile: !

Ich habe gestern Nacht nämlich wachgelegen und gegrübelt: "Was hast Du da wieder für einen Stuss geschrieben!?" :smile: ...

Denn: Ich lese ja manchmal gern hystorische Romane oder ganz generell fiktive Geschichten... Das hat ja jetzt wieder gar nichts mit dem Thema zu tun, aber ich distanziere mich hiermit von meiner gestrigen Äußerung "man solle doch keine Themen verwenden, die nichts mit der eigenen Biographie gemein haben"... Ich schwäche es hiermit ab mit: Es kommt darauf an wie gut man das kann :smile: ...

In diesem Sinne einen Tag mit sinnvolleren Äußerungen als den meinen :blumen:

Stussi


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