Himmel in Flammen

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 15.03.2017, 14:56

Himmel in Flammen

Ich bin Privatdetektiv. Jetzt denken Sie sicher, was für ein aufregender Job. Das Problem ist nur, ich hetze nicht durch die Straßen New Yorks, ich ermittle nicht im dichten Londoner Nebel und ich observiere nicht im Großstadtdschungel von Berlin.

Ich residiere in einem kleinen Büro mit Deckenventilator und Drehsessel hinter einem wackeligen Mahagoni- Schreibtisch, wie einem alten Humphrey Bogart Film entliehen, in einem etwas abgewohnten Mietshaus in der Altstadt von Schleswig an der Schlei.

Kein Ort, an dem das Verbrechen ein- und ausgeht, ländliche Kleinstadtidylle ohne großartige Verbrechensrate. Hier kümmert man sich im China-Restaurant noch um Frühlingsrollen und Schweinefleisch süß-sauer und nicht um das Reinwaschen von Schwarzgeld. In Giovannis Pizzeria trifft man keine Don Corleones aus Palermo und Rotlicht ist in Schleswig nur eine Ampelfarbe und kein Hinweis auf ein zügelloses Nachtleben auf dem Schleswiger Kiez. Wo sollte der auch sein?

Die Fußgängerzone gleicht nach Ladenschluss der abgedrehten Filmkulisse einer Geisterstadt und in der Altstadt hocken ein paar Nachtfalter in den Kneipen, um nach dem letzten Korn mit Getöse vom Barhocker zu fallen.

Jetzt fragen Sie sich sicher, warum ich meine Zelte ausgerechnet in Schleswig aufgeschlagen habe. Immer wenn ein Mann etwas nicht logisch erklären kann, dann können Sie davon ausgehen, dass eine Frau daran schuld ist. So war es auch bei mir.

Ich lernte Silke in Hamburg kennen, wir verliebten uns und mein Himmel stand in Flammen. Fragen sie mich nicht, warum ich mit Silke nach Schleswig gezogen bin, ich wäre mit ihr bis ans Ende der Welt gereist, aber sie wollte partout nicht in die Großstadt. In Schleswig hatte sie ihre Wohnung, ihr Umfeld, ihre Wurzeln. Und so kam es eben, dass ich mich hier, in dieser Stadt der Wikinger, wiederfand.
Mittlerweile sind 20 Jahre ins Land gegangen, mein Himmel steht nicht mehr in Flammen, meine Liebe zu Silke ist etwas erkaltet, unsere gemeinsam verbrachten Stunden werden weniger. Trotzdem sind wir noch als Paar zusammen, noch …

An einem wunderschönen Sommernachmittag rauschte Karin Jakobs in mein Büro. Eine attraktive Frau mit dem „gewissen Etwas“, Männer wissen was ich meine. Blond, schlank, sexy, Ende 30 und, wie sich bald herausstellte, vermögend. Kein Wunder, ihr Mann war Börsenmakler und lebte mit ihr in einem Landhaus bei Kappeln, direkt an der Schlei.

Um diesen, ihren Mann, ging es auch, er war der Grund, warum sie mich aufsuchte. Sie hatte den Verdacht, dass er sich seit längerer Zeit heimlich mit einer Frau traf.

Ich hatte für Karin Jakobs und mich zwei Gläser mit kühlem Orangensaft gefüllt.

„Erzählen Sie doch mal, warum Sie Ihren Mann verdächtigen. Gibt es einen Grund dafür?“

Sie lächelte leise: „Frauen haben ein sehr feines Gespür dafür, ob ein Mann sie betrügt.Ich will nur Gewissheit haben, dass es so ist.“

„Und ich soll Ihnen sozusagen den Beweis liefern, dass eine andere Frau im Spiel ist.“

Sie nippte an ihrem Orangensaft und schenkte mir ein fast überirdisches Lächeln.

„Sie haben es erfasst, observieren Sie meinen Mann, wenn es sein muss rund um die Uhr. Geld spielt keine Rolle. Ich bin auf das Vermögen meines Mannes nicht angewiesen. Mein erster Mann, der leider verstorben ist, hat mir drei Apotheken vererbt, wenn Sie wissen, was ich meine.“

Ich wusste es.

Ihr Blick glich jetzt einer schönen, aber gefährlichen Raubkatze. Sie gab mir ein Bild ihres Mannes und informierte mich, wo in Hamburg sein Büro lag und wo in Blankenese er in seinem kleinen Appartement übernachtete, wenn er es am Abend nicht mehr schaffte, nach Kappeln zurückzufahren. Über das Honorar waren wir uns schnell einig, dann rauschte sie aus meinem Büro, nicht, ohne mir noch ein Lächeln zuzuwerfen, das mich dahinschmelzen ließ, wie Eis an diesem Sommertag.

Am Abend erklärte ich Silke, dass ich einen großen Auftrag an Land gezogen hatte, der es aber erfordere, viel Zeit unterwegs zu sein. Ich hatte das Gefühl, Silke fände das ganz okay.

„Das trifft sich ganz gut“, meinte sie, „ich wollte sowieso ein paar Tage zu meiner Mutter fahren.“

Ich wollte Silke noch erzählen, was das für ein Auftrag war, aber sie war müde und ging rasch zu Bett.

Ich war also die nächsten Tage Strohwitwer, auch gut, dachte ich und widmete mich ab dem nächsten Morgen der Observation von Karin Jakobs Ehemann. Ein Job, wie er langweiliger nicht sein konnte. Vergessen Sie alles, was Sie jemals über Detektiv-Arbeit gelesen haben, das normale Leben ist kein Kriminalroman.

Immer, wenn Walter Jakobs das Haus in Kappeln verließ, rief mich seine Frau an und teilte mir mit, dass er nach Hamburg in sein Büro fahre. Ich konnte ja schlecht vor dem Landhaus parken, um mich schon dort an seine Fersen zu heften. Tage- und nächtelang beobachtete ich Jakobs, wohnte und schlief in meinem alten Kombi, um schlussendlich zu der Erkenntnis zu kommen, der Mann ging zwar ins Büro, zum Essen und ins Kino, aber er ging nicht fremd. Das feine Gespür, das Frauen haben, wenn es um die Treue ihrer Männer geht, dieses feine Gespür schien Karin Jakobs doch nicht zu haben. Oder?

Nach zehn Tagen meiner Observation wollte ich meinen Auftrag beenden. Es war spät am Abend,ich stand wieder vor dem Haus in Blankenese, wo sich Walter Jakobs kleines Appartement befand. Das Smartphone hatte ich schon in der Hand, um seiner Frau mitzuteilen, dass ich die Observation ihres Mannes einstellen würde, als plötzlich ein Taxi direkt vor dem Haus unter einer hell leuchtenden Laterne hielt.

Eine Frau stieg aus und mir fiel fast mein Smartphone aus der Hand. Es war Silke, unverkennbar. Kennen Sie das Gefühl, starr und steif, ohne einen vernünftigen Gedanken fassen zu können, dazusitzen. Erst nach einigen Minuten konnte ich wieder klar denken, was sollte ich tun? In das Haus gehen, an der Tür vom Appartement Sturm läuten, die Beiden zur Rede stellen? Ich entschloss mich, zuerst mal Karin Jakobs anzurufen.

„Ich habe es gewusst, mein Gefühl hat mich nicht getäuscht.“, sie sagte es leise, aber ohne Bitterkeit. Und dann: „Bleiben Sie vor dem Haus, ich setze mich sofort ins Auto und komme zu Ihnen nach Hamburg. Wir wollen uns doch diesen Triumph, die Beiden am Morgen zur Rede stellen zu können, nicht entgehen lassen, oder?“

Ich war komplett durch den Wind, mir war alles recht.

Karin Jakobs musste im Tiefflug auf der Autobahn unterwegs gewesen sein, denn schon gut zwei Stunden nach unserem Telefonat parkte sie ihr BMW-Cabrio neben meinem Kombi.

Mit einer Flasche Schampus und zwei Pappbechern stieg sie in mein Auto.

„Auch wenn Ihnen nicht zum Feiern zumute ist, wir haben noch Zeit, bis der Morgen graut, also können wir uns gerne etwas besonderes gönnen.“ Dann schenkte sie die Becher voll.

Wir redeten und redeten, erzählten uns in dieser kurzen Nacht unser beider Leben. Entdeckten, wie sich ab und zu ein kleines Lächeln auf unsere Gesichter stahl. Langsam dämmerte der Morgen herauf, die erste Morgenröte fiel auf die Dächer der Stadt.

Und dann geschah etwas, was ich schon lange nicht mehr fühlte, mein Himmel stand in Flammen.
Zuletzt geändert von Cicero am 19.03.2017, 02:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.03.2017, 17:04

Hallo Franz,
Cicero hat geschrieben:Trotzdem sind wir noch als Paar zusammen, noch …

Hier kam bei mir bereits der Verdacht, dass Silke einen anderen hat.
Cicero hat geschrieben:Ich wollte Silke noch erzählen, was das für ein Auftrag war, aber sie war müde und ging rasch zu Bett.

Und hier war es für mich absolut klar, dass sie etwas mit Walter Jakobs hat.

Schade, denn den Anfang hast du gut und auch witzig geschrieben. Aber dann wird es einfach zu durchschaubar und dadurch kommt keine Spannung auf.
Dass dann zum Schluss auch noch die beiden Betrogenen selbst was anfangen, ist mir zu dicke und erfüllt jedes Klischee.

Saludos
Mucki

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birke
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Beitragvon birke » 15.03.2017, 17:29

ja, leider, muss ich mucki zustimmen, das ist viel zu durchschaubar, von anfang an - bereits hier:

Sie hatte den Verdacht, dass er sich seit längerer Zeit heimlich mit einer Frau traf.

war mir klar, wohin die geschichte geht... bzw irgendwie hatte ich gehofft, dass es vielleicht doch nicht so endet.

hm :oh:

lg
birke
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Cicero
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Beitragvon Cicero » 15.03.2017, 17:57

Lieben Dank für Eure Rückmeldungen, letzten Samstag hatte ich diese Geschichte bei einem Krimi-Dinner gelesen. Da hat sie eigentlich ganz gut funktioniert. Möglicherweise waren die Gäste aber durch den kulinarischen Rahmen, zwischen Schweinefilet im Kräutermantel und Dialog von heller und dunkler Schokolade, etwas milder gestimmt. Vielleicht kann ich aber noch einiges korrigieren, dann funkt es auch ohne Kulinarik.

;o)))

Dank und Gruß,
Franz
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 15.03.2017, 18:27

Ja, aber war spannend, witzig und unterhaltsam zu lesen. Wenn du die mokierte Durchsichtigkeit etwas schmälerst, dann wirds ein schöner Text. Ich habe momentan mit meinem verflixten Pseudo-Apho zu kämpfen, und kann dir keine Ratschläge erteilen. Aber man kann fast alles irgendwie hinkriegen. Ein glückliches Händchen dabei wünscht dir

Kurt
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Cicero
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Beitragvon Cicero » 16.03.2017, 16:43

Vielen Dank, Kurt, dann schmier ich mir eine Stulle und mach mich an die Arbeit! ;o)

Cicero, der franz
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.03.2017, 19:47

Hallöchen Franz,
Cicero hat geschrieben:Vielleicht kann ich aber noch einiges korrigieren, dann funkt es auch ohne Kulinarik.

ich denke auch, dass diese Story, an den richtigen Stellen verändert (begonnen mit dem Titel ;): ), durchaus Potential hat und bin gespannt, was du daraus machst.

Saludos
Mucki

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 18.03.2017, 20:23

Hallo Franz,

mir sind zwei sprachliche Dinge aufgefallen. Bogis Nachname lautet, soweit ich weiß, BOGART. Ohne D.

Und hier würde ich im dritten Satz ein Fragezeichen setzen:

"Eine Frau stieg aus und mir fiel fast mein Smartphone aus der Hand. Es war Silke, unverkennbar. Kennen Sie das Gefühl, starr und steif, ohne einen vernünftigen Gedanken fassen zu können, dazusitzen. Erst nach einigen Minuten konnte ich wieder klar denken, was sollte ich tun? In das Haus gehen, an der Tür vom Appartement Sturm läuten, die Beiden zur Rede stellen? Ich entschloss mich, zuerst mal Karin Jakobs anzurufen."

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Geschichte, beim Krimidinner vorgelesen, wirkt. Mir persönlich ist der Schluss auch zu wenig überraschend.

A.

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 19.03.2017, 02:42

Danke, allerleirauh! Humphrey wird es mir hoffentlich verzeihen, dass ich ihm ein "d" untergejubelt habe. Jetzt ist es aber korrigiert ...

Wie auch schon Gabi und Kurt geschrieben haben, die Geschichte hat Verbesserungspotential. ;o)
Ich arbeite daran ...

Herzlich,
Cicero, der Franz
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