ich leide

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
vers uchender

Beitragvon vers uchender » 28.07.2006, 17:37

Du warst meine Dichterin und ich weilte als deine Zeilen. Weilte in deinem Lächeln, hoch im himmlischen Eck schwebte ich der Welt entsagt. Und ich lachte, lachte ansteckend und manchmal über die Ewigkeiten hinaus, in einen kleinen Augenblick hinein, dem von deinem Blinzeln. Wenn du mich übergabst dem Spiel von Licht und Dunkel und das viele Tage lang. Du schriebst mich gut und sanft. Ich nistete in deinem Herzen und du spucktest mich viele Male raus ins weiße Papier, in die sorglosen Falten des Himmels, sowie ich schon morgens mich in deinem Herzen wieder fand und du mich ausspucken musstest, damit ich dein Lächeln erneuern und dein Blinzeln erleichtern kann.
Und jetzt? Ich kann einen Himmel beschreiben, ich kann sagen, der Himmel ist verhangen voll meinem Bekümmernis und Grau bedrückt die Welt, in der die Schritte unbewahrheitet bleiben vor der Gunst des Schönen. Aber ich schreibe es nicht, ich kann keinen Himmel schreiben, sowie du ihn schriebst. Ich muss einfach nur; "Ich leide" schreiben, alles weitere wäre Selbstverdammnis. Da ich mein Dichter bin und zugleich meine Zeilen. Ich verzehre mich selbst, ich esse mich satt an meinen eigenen Zeilen und verweile in einer Ewigkeit, einer dunklen in der es nichts zum Lachen gibt. Ich will mich nicht mehr essen, obwohl ich groß und poetisch bin, denn ich schmecke furchtbar.
So will ich, dass sich meine Feder lichtet und aus ihr Zeilen fließen können, in denen du, als Traum meiner Dichterin, mich gut und sanft schreibst, mich hungrig machst auf den Himmel, sowie du ihn reimtest, zu schauen.

Herr Hut

Beitragvon Herr Hut » 28.07.2006, 18:51

ja die Marina Zwetajewa, sie schaut außerhalb von allem manchmal drein als könnte sie buchstaben sammeln um hinterher zu behaupten sie sei gertrude stein die einen satz von libuse monikova gestohlen hat, was keiner der drei jemals tun würde.
ein schöner poetischer text

vers uchender

Beitragvon vers uchender » 28.07.2006, 18:56

ich sagte einmal zu meiner Mutter, ich sei schon groß, sie erwiderte nichts, gab aber durch Gesten zu verstehen, ich würde immer ein Kind in ihren Augen bleiben, also blieb ich Kind und spiele mit Bustaben als hätte ich etwas gesagt, was mich größer wirken ließ...
danke

Herr Hut

Beitragvon Herr Hut » 28.07.2006, 18:57

eine kluge Mutter, man sollte erst gar nicht versuchen erwachsen zu werden, man kriegt am Ende nur ein Fähnchen in die Hand und muss damit winken

vers uchender

Beitragvon vers uchender » 28.07.2006, 19:03

ja, es kann auch sein, dass seinen namen eingravieren muss auf seinen koffer, damit jeder sieht, dass man von jedem gesehen werden will
erwachsensein ist recht langweiling, wenn man als kind üblich mit jugendlicher verkehrtheit das himmelsgewölbe abtastet nach neuen abendteuern

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.07.2006, 23:52

Hallo vers uchender!

Also besonders den Anfang finde ich wunderschön! Es ist wirklich eine angenehme Wortwahl und ein berührendes Ende, aber (kleines aber):

Ich nistete in deinem Herzen und du spucktest mich viele Male raus ins weiße Papier,


-Das gefällt mir nicht so gut. Das "im-Herzen-nisten" ist ein bisschen abgenutzt und besonders das "Spucken" hört sich an als ob die Dame in Schimpfwörtern geschrieben hätte...

Sonst finde ich das aber sehr schön.

Liebe Grüße, louisa

(Die Ewigkeiten wirken etwas erschlagend ohne Bild...)

vers uchender

Beitragvon vers uchender » 29.07.2006, 00:04

"hört sich an als ob die Dame in Schimpfwörtern geschrieben hätte..."

Es mag sich so anhören und dass du mir dieses wie es sich anhörst vermitelt hast, dafür danke ich, ich höre näturlich da einen sinn (diesen notenschlüssels), denn man ja, nach deiner äußerung, leich überhört...

Kurzum danke

Gast

Beitragvon Gast » 29.07.2006, 17:16

Hallo vers uchender, Bild

du scheinst neu im Blauen Salon, vielleicht magst du dich in der Caféecke kurz vorstellen?

Ich habe deinen Einstandstext gelesen und bin mir nicht so ganz im Klaren, ob es sich um eine selbst ironische Betrachtung handelt oder du ernsthaft deine Verliebtheit in eigene zeilen beschreibst.

Es scheingt Poesie in deinem Text, das finde ich schön, wenn nur der erste Satz nicht wäre...
Wie können Zeilen Eine Person sein?
Abgesehen, dass es grammatisch nicht geht, wie soll das bildlich zu verstehen sein?

Vielleicht wird sich für mich nach nochmaligem Lesen, dein Text besser erschließen.

Liebe Grüße
Gerda

Louisa

Beitragvon Louisa » 29.07.2006, 19:38

Hallo vers uchender!

Das ist doch schön! Ich wünsche viel Spaß bei der nächsten Komposition!

Grüße durchs Schlüsselloch, louisa

vers uchender

Beitragvon vers uchender » 30.07.2006, 14:53

Gerda Jäger hat geschrieben:Ich habe deinen Einstandstext gelesen und bin mir nicht so ganz im Klaren, ob es sich um eine selbst ironische Betrachtung handelt oder du ernsthaft deine Verliebtheit in eigene zeilen beschreibst.


natürlcih bist du dir dessen nicht im klaren, ich bin aber an dieser aussage gewiss und staune über platon, der mir jetzt raten würde, dich hinzuweisen das du nichts entbinden kannst, ich bin aber nicht verrückt genug auf platon zu hören, bin auch gar nicht er, darum sage ich es ganz einfach -
du lebst nicht

Gast

Beitragvon Gast » 30.07.2006, 19:22

vers uchender hat geschrieben:
Gerda Jäger hat geschrieben:Ich habe deinen Einstandstext gelesen und bin mir nicht so ganz im Klaren, ob es sich um eine selbst ironische Betrachtung handelt oder du ernsthaft deine Verliebtheit in eigene zeilen beschreibst.


natürlcih bist du dir dessen nicht im klaren, ich bin aber an dieser aussage gewiss und staune über platon, der mir jetzt raten würde, dich hinzuweisen das du nichts entbinden kannst, ich bin aber nicht verrückt genug auf platon zu hören, bin auch gar nicht er, darum sage ich es ganz einfach -
du lebst nicht


Hallo vers uchender,

Oder-Fragen kann man gemeinhin nicht damit beantworten, dass man schreibt: ich bin aber an dieser aussage gewiss

Ja, dass ich nicht lebe ist ganz eindeutig, die Mühe des Hinweises hättest du dir wirklich sparen können.
Es wundert mich ein wenig, denn Platon hat dir doch sicher geflüstert, dass ich das weiß. ;-)


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