Endlich gedruckt!
Verfasst: 19.12.2015, 21:36
Martin: Stell dir vor, ich hab einen Verlag gefunden!
Olga: Was – einen richtigen? Oder einen Selbstverlag?
Martin: Den braucht man nicht zu finden. Nein, einen richtigen. Ich hab meine Gedichte an die Agentur Miller geschickt, und die haben abgelehnt. Aber dann krieg ich plötzlich Post von Matthias Miller, er entschuldigt sich für die Absage, die hätte seine Sekretärin formuliert, aber die sei jetzt in Urlaub. Stell dir dies Glück vor! Er hat mir ein paar Überarbeitungen empfohlen – und den Text dann bei Robbington untergebracht. Die verlegen Lyrik, und zwar in hübschen Auflagen – nicht nur mal 100 Stück oder so. Sie sagen, ich hätte da ein völlig neuartiges Register gezogen …
Olga: Meinen Glückwunsch.
Martin: Deine Sachen sind doch auch supergut. Willst du es nicht auch mal versuchen?
Olga: Ich glaube nicht. Nein, ich will es nicht.
Martin: Aber ein Buch! Hier im Forum geht doch letztlich alles verloren! Es sackt weg, wird vergessen, ist tot.
Olga: Das ist doch bei einem Buch nicht anders! Wenn Robbington dich in Tausenderauflage rausbringt, kannst du sicher sein, dass die Restauflage schon in einem Jahr verramscht wird.
Martin: Aber ich habe meine Texte in die Buchform gerettet. Es wird etliche Bibliotheken geben, in denen sie die Chance haben zu überleben.
Olga: Irgendwie genieße ich es, hier im Forum für die Vergänglichkeit zu schreiben. Ich finde es ehrlicher. Der Ewigkeitsanspruch der Kunst hat sich doch erledigt. Wer arbeitet denn noch in Marmor? Klassizistischer Kitsch! Gerade in diesem Sichwegwerfen der Forenschreiber liegt Größe – während ich es, Martin, du musst mir verzeihen, fast etwas spießig finde, dass du deine Texte unbedingt retten willst. Für was für eine Zukunft denn? Für welche Bibliotheken? Es geht doch alles zugrunde, alles! Und selbst wenn wir uns über die Klimakatastrophe, die Religions-, Armuts- und Trinkwasserkriege, über die Milliarden von Flüchtlingen allein durch das Ansteigen des Meeresspiegels noch einmal hinwegretten – wer wird dann deine fraglos hübschen und witzigen Textchen noch lesen wollen? Hat das Buch sich nicht überlebt? Ist es nicht zum Fetisch bildungsbürgerlicher Schichten geworden, die nicht wahrhaben wollen, dass sie abgewirtschaftet haben?
Martin: Tut mir leid – ich finde, du siehst zu schwarz. Gib es zu – du beneidest mich um meinen Erfolg! Und außerdem: Meine Gedichte werden auch als E-Book zu erwerben sein.
Olga: Das freut mich. Aber hier im Forum, wo du mit deinen formalen Spielereien immer ein Avantgardist, ein Hecht im Karpfenteich warst – deine Texte werden ohne diesen Kontrast sicherlich sehr viel weniger sensationell wirken! Du wirst dich hierher noch zurücksehnen, wo man dich bekämpft und gefeiert hat – während ich deinem Druckwerk prophezeie, dass es auf nichts weiter stößt – als auf lähmendes Schweigen. Du wirst dir noch wünschen, dich nie in diesen Selbstbetrug geflüchtet zu haben. Im alten Venedig gab es Familien, die ihr goldenes Geschirr, wenn die Gäste satt waren, nicht mühsam abspülten – sondern aus den Fenstern in den Canale grande kippten! Sie hatten genug davon!
Martin: Ich fürchte nur, dass hier im Forum nicht goldenes, sondern Blechgeschirr in die Abgründe der Vergessenheit gekippt wird! Ob es mehr ist, kann sich nur zeigen, wenn es sich der Konkurrenz des Buchmarkts aussetzt. Und damit Punktum! Ich lasse mir meinen Stolz darauf, endlich gedruckt zu werden nicht nehmen. Du lehnst das nur ab, weil du letztlich an die literarische Qualität deiner Texte nicht glaubst!
Olga: Aber ich glaube daran, dass Foren ein literarisches Medium sui generis sind, das durch Bücher nicht übertroffen wird, sondern Bücher haushoch übertrifft. Hier herrschen Freiheit und Unabhängigkeit, hier der Stolz der Bescheidenen, die ihre Texte hohnlachend der Furie des Verschwindens überantworten!
Martin: Ich liebe dich, Olga. Du bist stärker, bist radikaler als ich. Ich hab den Vertrag mit Robbington noch nicht unterzeichnet. Soll ich es lassen?
Olga: Es wäre Feigheit, es jetzt nicht zu wagen. Aber versprich mir, dass du dich nicht aufhängst, wenn es ein Misserfolg wird. Ich liebe dich nämlich auch.
Olga: Was – einen richtigen? Oder einen Selbstverlag?
Martin: Den braucht man nicht zu finden. Nein, einen richtigen. Ich hab meine Gedichte an die Agentur Miller geschickt, und die haben abgelehnt. Aber dann krieg ich plötzlich Post von Matthias Miller, er entschuldigt sich für die Absage, die hätte seine Sekretärin formuliert, aber die sei jetzt in Urlaub. Stell dir dies Glück vor! Er hat mir ein paar Überarbeitungen empfohlen – und den Text dann bei Robbington untergebracht. Die verlegen Lyrik, und zwar in hübschen Auflagen – nicht nur mal 100 Stück oder so. Sie sagen, ich hätte da ein völlig neuartiges Register gezogen …
Olga: Meinen Glückwunsch.
Martin: Deine Sachen sind doch auch supergut. Willst du es nicht auch mal versuchen?
Olga: Ich glaube nicht. Nein, ich will es nicht.
Martin: Aber ein Buch! Hier im Forum geht doch letztlich alles verloren! Es sackt weg, wird vergessen, ist tot.
Olga: Das ist doch bei einem Buch nicht anders! Wenn Robbington dich in Tausenderauflage rausbringt, kannst du sicher sein, dass die Restauflage schon in einem Jahr verramscht wird.
Martin: Aber ich habe meine Texte in die Buchform gerettet. Es wird etliche Bibliotheken geben, in denen sie die Chance haben zu überleben.
Olga: Irgendwie genieße ich es, hier im Forum für die Vergänglichkeit zu schreiben. Ich finde es ehrlicher. Der Ewigkeitsanspruch der Kunst hat sich doch erledigt. Wer arbeitet denn noch in Marmor? Klassizistischer Kitsch! Gerade in diesem Sichwegwerfen der Forenschreiber liegt Größe – während ich es, Martin, du musst mir verzeihen, fast etwas spießig finde, dass du deine Texte unbedingt retten willst. Für was für eine Zukunft denn? Für welche Bibliotheken? Es geht doch alles zugrunde, alles! Und selbst wenn wir uns über die Klimakatastrophe, die Religions-, Armuts- und Trinkwasserkriege, über die Milliarden von Flüchtlingen allein durch das Ansteigen des Meeresspiegels noch einmal hinwegretten – wer wird dann deine fraglos hübschen und witzigen Textchen noch lesen wollen? Hat das Buch sich nicht überlebt? Ist es nicht zum Fetisch bildungsbürgerlicher Schichten geworden, die nicht wahrhaben wollen, dass sie abgewirtschaftet haben?
Martin: Tut mir leid – ich finde, du siehst zu schwarz. Gib es zu – du beneidest mich um meinen Erfolg! Und außerdem: Meine Gedichte werden auch als E-Book zu erwerben sein.
Olga: Das freut mich. Aber hier im Forum, wo du mit deinen formalen Spielereien immer ein Avantgardist, ein Hecht im Karpfenteich warst – deine Texte werden ohne diesen Kontrast sicherlich sehr viel weniger sensationell wirken! Du wirst dich hierher noch zurücksehnen, wo man dich bekämpft und gefeiert hat – während ich deinem Druckwerk prophezeie, dass es auf nichts weiter stößt – als auf lähmendes Schweigen. Du wirst dir noch wünschen, dich nie in diesen Selbstbetrug geflüchtet zu haben. Im alten Venedig gab es Familien, die ihr goldenes Geschirr, wenn die Gäste satt waren, nicht mühsam abspülten – sondern aus den Fenstern in den Canale grande kippten! Sie hatten genug davon!
Martin: Ich fürchte nur, dass hier im Forum nicht goldenes, sondern Blechgeschirr in die Abgründe der Vergessenheit gekippt wird! Ob es mehr ist, kann sich nur zeigen, wenn es sich der Konkurrenz des Buchmarkts aussetzt. Und damit Punktum! Ich lasse mir meinen Stolz darauf, endlich gedruckt zu werden nicht nehmen. Du lehnst das nur ab, weil du letztlich an die literarische Qualität deiner Texte nicht glaubst!
Olga: Aber ich glaube daran, dass Foren ein literarisches Medium sui generis sind, das durch Bücher nicht übertroffen wird, sondern Bücher haushoch übertrifft. Hier herrschen Freiheit und Unabhängigkeit, hier der Stolz der Bescheidenen, die ihre Texte hohnlachend der Furie des Verschwindens überantworten!
Martin: Ich liebe dich, Olga. Du bist stärker, bist radikaler als ich. Ich hab den Vertrag mit Robbington noch nicht unterzeichnet. Soll ich es lassen?
Olga: Es wäre Feigheit, es jetzt nicht zu wagen. Aber versprich mir, dass du dich nicht aufhängst, wenn es ein Misserfolg wird. Ich liebe dich nämlich auch.