wundverhüllt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 27.05.2017, 17:23



wundverhüllt

in den segeln der sprache
ein zeitversessenes
perlend gleitendes
ein wort

verschoben im lichtkreis
unterbrochen von sich selbst
zwischen spiegelflanken errötet
und vergessen in aufmerksamkeit

trage mich palmwärts
und sing mir von warten
von der trägheit des überflusses
ich halte ein
und an dir fest
bis ein schweigsamer moment
mir entgegenschreit
wundentblößt wie
im schott eines sprachschiffs
im sinken
zeitvergessen


.

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 19.06.2017, 01:07

hallo niko,

schöner text, gern gelesen.

ein paar anregungen/subjektive details:
- das 2x explizite 'wund' finde ich etwas sehr direkt, und könnte in der gesamtberührung des textes auch gut auf das spiel mit 'wundverhüllt/wundentblößt' verzichten, obwohl das für sich genommen sicher ein feines bild ist.
- gefühlsmäßig sagte ich eher "und sing mir vom warten"
- "im schott" verstehe ich nicht recht, ich schriebe 'das schott' ('wundentblößt wie / das schott eines sprachschiffs' bzw. 'entblößt wie das schott eines sprachschiffs' - letzteres finde ich wie gesagt stärker; auch sind mir zwei komposita eins zuviel.-)
- "im lichtkreis" kann ungewolllte 'esoterische assoziationen' auslösen...falls "im lichtfall" ebenfalls passt, würde ich es vorziehen
- die letzten beiden verse sprächen mich in vertauschter folge noch mehr an

liebe grüße.

Niko

Beitragvon Niko » 22.06.2017, 21:00

Danke, aram für deinen Kommentar!
Űber die "wund" - Gedanken muss ich nachdenken. Sie waren beim Schreiben meine drehpunkte.
"Warten" hat schon seine Richtigkeit: "wir sehen das aus einer unterschiedlichen Warte"..... Aber eben auch das Spiel mit dem verb warten war mein Hintergedanke. Im Schott.... Wundendblößt IN einem Schott ist etwas anderes als Wundendblößt WIE DAS SCHOTT.
Das vertauschen der letzten Zeilen.... Nö. Es nähme mir das Gewicht vom Ende weg...

Herzlichst - Niko

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Werner
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Beitragvon Werner » 22.06.2017, 22:24

ja, wirklich sehr schön. nur ein paar kleinigkeiten: in Z4 würde ich "ein" vor dem "wort" streichen, allein schon aus Gründen des Flusses und der Rhythmik, einfach "wort" genügt dort. und ganz am ende das "zeit" im "vergessen" ebenfalls streichen, nur "vergessen", auch aus Gründen des Klanges und der Rhythmik. das hier die zeit vergessen wird, erschließt sich ja schon aus dem vorherigen bzw. dem ganzen gedicht gut. wundverhüllt und wundentblößt kommen ganz gut. ich selbst schrieb mal vor jahren "wundgeworfen ein/das wort" ... die verletzlichkeit des Lyrischen Ichs bzw. der Sprache, um die es ja (auch) immer geht, kommt gut heraus. sehr schön, gefällt mir.


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