wüsste ich nur

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 17.12.2017, 04:30

Verstecken ist aktiviert
Um diesen versteckten Text lesen zu können, mußt du registriert und angemeldet sein.

Erman

Beitragvon Erman » 17.12.2017, 15:07

Lieber Nico,

mit so vielen und wiederholten Füllwörtern kann dein Gedicht kaum atmen, du würgst ihn zu sehr.
Ich habe viel Besseres von dir gelesen.



und manchmal bin ich ein ort
der vergessen hat
himmelsrichtung und ursprung

doch wozu braucht man eine erinnerung
wozu das lungern am dorfteich
hinter mir schwimmt doch
jedes wort in einen anderen ort

wüsste ich nur
um das verschieben der nichtigkeiten
die sich immer wieder aufspielen
den realitäten nachstellen
und unter der hand sich anbiedern
immer und immer wieder

doch ich bin hier
gehe mit
all diesen unzulänglichkeiten konform
bette mich gedankenlos
in großműtige pläne
und bleibe auf abstand

und manchmal bin ich ein ort
manchmal

Niko

Beitragvon Niko » 21.12.2017, 01:32

Danke, Erman!
Dieses Argument wird gerne genommen. Weil es so einleuchtend scheint.
Ich denke jedoch, dass sich die Qualität oder der Wert eines Textes nicht daran misst, wie häufig sich Worte darin wiederholen.
Ich kenne beispielsweise von der Kaschnitz ein Gedicht (über eine Seite lang) bei dem jede Zeile mit dem Wort "und" beginnt und zusätzlich einigen wenigen "und" dazwischen. Nur.... bei einer Kaschnitz ist das ein WOW! Ein besonderes, geiles Stilmittel. Niemand würde es anzweifeln oder nicht gutieren.
Ich bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, wo ich in Punkten wie diesem genügend Sicherheit habe.
Wenn ich dreimal "manchmal" schreibe, muss es vor mir bestand haben können. Ich bin (Gott sei Dank!!!!) nicht in vielen Dingen so selbstsicher. Hier aber bin ichs.

Trotzdem danke ich dir sehr für deinen Kommentar. Weil er mich überdenken lässt und mich fragt :"bist du dir sicher?".

Herzlichst - Niko

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 21.12.2017, 09:32

Ich las das Gedicht, anschließed las ich Ermans Kommentar, der mir einleuchtend vorkam. Las erneut das Gedicht und fand, man könnte auch das "und" vom Vers 19 wegnehmen.

Dann las ich deine Antwort auf Ermans Kommentar, was ich auch einleuchtend finde ...

Es sind vielleicht zwei verschiedenen Grundstimmungen, die das Gedicht vermittlen kann. Ohne Füllwörter wirkt es etwas distanzierter, überlegter. Mit Füllwörter betont es eine gewisse Dringlichkeit.

Niko

Beitragvon Niko » 21.12.2017, 10:52

Ja, das verstehe ich, klimperer.
Was hier so durch rot gekennzeichnet und dadurch so auffällig ist, sind letztlich drei verschiedene Punkte:"doch", "immer" und manchmal.
"manchmal" kommt zweimal in dem Verhältnismäßig langen Gedicht vor. Am Anfang und am Ende. Es wird bewusst wiederholt. Das mache ich öfter in meinen Gedichten. Auch bei der konzentrierten Wiederholung nur in der zentralen dritten Strophe ist es kein Zufall. "doch" hat bei dem dreimaligen auftauchen immer eine andere Gewichtung!
Wie oft kommt "Ort" vor? Ich zähle viermal "und"! Und das Wort "ich"?
Herzlichst - Niko

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5720
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 21.12.2017, 11:55

Mir gefällt das Gedicht sehr gut so wie es ist, mit allen Wortwiederholungen.
Das einzige Wort, über das ich stolpere, ist das "konform". "Gehe mit ... konform" klingt mir zu sehr nach Debattierrunde. Ich weiß nicht, ob dieses Lüftchen, das da aus dem Stuhlkreis ins Gedicht hineinweht, beabsichtigt ist - könnte ja sein. Nur so als Rückmeldung meinderseits.
Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Niko

Beitragvon Niko » 21.12.2017, 13:11

Hi zefi!
Dieses "konform" ist ein sehr unpersönliches, kaltes Wort. Ich habe es darum genau eingesetzt. Versachlichung eines ungewollten Umstands...
Ich freue mich, dass dir der Text gefällt!

Herzlichst - Niko

Erman

Beitragvon Erman » 21.12.2017, 21:42

Lieber Nico

Zitat:''Ich denke jedoch, dass sich die Qualität oder der Wert eines Textes nicht daran misst, wie häufig sich Worte darin wiederholen.''

Ich sprach hauptsächlich von Füllwörtern, weil sie einen geringen Aussagewert haben. Nach meinem Gefühl sind in deinem Gedicht zu viele Füllwörter. Man könnte sie auch sparsamer einsetzen, wenn man sie unbedingt braucht, aber ohne diese, ist dein Gedicht für mein Empfinden viel stärker.

Z.B.

und bin ich ein ort
der vergessen hat
himmelsrichtung und ursprung

wozu braucht man eine erinnerung
wozu das lungern am dorfteich
hinter mir schwimmt
jedes wort in einen anderen ort

wüsste ich nur
um das verschieben der nichtigkeiten
die sich aufspielen
den realitäten nachstellen
und unter der hand sich anbiedern

ich bin hier
gehe mit
all diesen unzulänglichkeiten konform
bette mich gedankenlos
in großműtige pläne
und bleibe auf abstand

und bin ich ein ort



Das ist aber nur meine subjektive Meinung, lass dich von mir nicht beirren.

LG Erman


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 41 Gäste