Spinnweben

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 10.01.2006, 19:52

Spinnweben

Blaue Stunden sind vergangen
im Mauergrau gefangen-

Die Wirklichkeit zerschlägt
Spinnweben
die uns der Traum gewebt.

Wie sie blühend im Winde hangen
mosaikweiß
verfing sich mein Lachen-

Dämmerfantasien sind Gedanken
eingesperrt in endlos Schranken-

Die Suche in allen fünf Sinnen
spinnen uns
Möglichkeiten ins Morgengrauen-

Doch-

Die Wirklichkeit zerschlägt
Spinnweben
die uns der Traum gewebt.
Zuletzt geändert von Louisa am 12.01.2006, 17:09, insgesamt 1-mal geändert.

Maija

Beitragvon Maija » 10.01.2006, 21:08

Wau-, ich bin gerührt, wie sich es gebührt :mrgreen:
Sehr ausdrucksstark ersonnen und tiefgründig die Wörter verwoben.

Blaue Stunden sind vergangen
im Mauergrau trostlos gefangen-


Ich würde das Wort Blau und trostlos weglassen. Weshalb überhaupt Blaue Stunden? Und Mauergrau weist ja schon auf trostlos hin. Sonst wirkt es so überladen, finde ich.

Danke, gerne gelesen!

Gruß Maija §blumen§

Dita

Beitragvon Dita » 10.01.2006, 21:22

Hallo Louisa,

klasse! Worte, die mich gerade sehr treffen. Blaue Stunden sind vielleicht etwas verwirrend, da man "I`m feeling blue" mit niedergeschlagen verbindet.
Aber was Du mit blau verbindest ist ja letztlich entscheidend.
Ich habe Deine Zeilen sehr genossen.
Danke,
Dita

Perry

Beitragvon Perry » 11.01.2006, 16:49

Hallo Louisa,
ich möchte auch gerne etwas zu deinem Spinnwebengedicht beitragen, das mir insgesamt gut gefällt.
Für "zerschlagen" würde ich zerreißen setzen, passt besser ins Bild. Da sich nach meinem Eindruck auch der Reim etwas durch die Zeilen müht, wäre eine reimlose Version überlegenswert.
LG
Manfred

Louisa

Beitragvon Louisa » 12.01.2006, 17:17

Hallo.
Danke für euer Interesse.
Also, mit "blauen Stunden" beziehe ich mich auf den wolkenlosen Himmel, das Gefühl was man mit ihm verbindet, auf die Sonne im Leben.
Mit den ersten Zeilen habt ihr aber Recht (seht oben).

Reimlos? Da muss ich noch einmal raisonieren...vielleicht ist das auch eine Geschmacksverirrung, aber klingt "zerreißen" wirklich schöner als "zerschlagen"?
Umso öfter ich denke: "Zerreißen, zerreißen, zerreißen..." umso mehr streubt es mich.

-Vielleicht fällt euch ja noch etwas anderes ein.

Danke nochmals.

LG, Louisa

Perry

Beitragvon Perry » 12.01.2006, 21:01

Hallo Louisa,
wenn es Dir als Anregung weiterhilft, will ich Dir gerne eine ungereimte Variation aus meiner Sicht zu deinem Thema anbieten. Vielleicht kannst Du ja davon was verwenden.
LG
Manfred

Seidenspinner


Blaue Stunden im Mauergrau gefangen
Die Wirklichkeit hat das Netz zerstört
in das uns der Traum gesponnen

So wie die Spinnweben mosaikweiß
in den Ritzen hingen
verfing sich auch unser Lachen

Gefangen in Dämmerfantasien
suchten wir mit allen Sinnen
nach dem Ausgang des Labyrinths

Doch wir verirrten uns immer mehr
spannen uns noch tiefer ein
in einen neuen Kokon aus blauer Seide

Max

Beitragvon Max » 13.01.2006, 14:56

Hallo,

nur eine kurze Bemerkung. Ich würde die blauen Stunden auf jeden Fall blau lassen, denn im Deutschen ist der Ausruck unverbraucht und gibt dem Gedicht etwas eigenes.

Liebe Grüße
Max

PS: Perry/Manfreds Version finde ich auch sehr schön dicht ..

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.01.2006, 16:45

Hallo
Perry, Deine Version gefällt mir sehr gut. Danke, dass du dich so intensiv mit meinem Gedicht auseinander setzt.
Ob es besser ist, etwas von Dir zu übernehmen oder beide Werke hier nebeneinander auszustellen, weiß ich im Moment noch nicht.

Max, dankeschön.

LG, Louisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.01.2006, 18:23

Liebe Louisa,
ich bin auch eher für das "Ungereimte" :grin: , finde es allerdings in deinen Gedichten nicht zu aufdringlich. Deine Gedichte sind insgesamt (jedes einzelne :!: ) sehr stark.
Auch dieses Gedicht hat mir wieder sehr gefallen. Langsam, wo ich deine Gedichte besser kennen lerne, merke ich, was mir besonders gefällt: Die Sprachdichte und das Tempo, in dem das lyrische Ich beobachtet. Es ist eine sanfte Zeitlupe, die mir in einem Moment etwas schnell zu übersehendes einfängt.

Einzig das Wort Spinnweben gefällt mir in dem KOntext des Gedichtes aus dem grund nicht, als dass ich dabei sofort an Dunkelheit und graues oder Dachkammern denke, sie aber ganz andere Assoziationen wecken sollen (was unbedingt so bleiben soll!), liest man z.B. die Zeilen:

Wie sie blühend im Winde hangen
mosaikweiß


Gibt es noch ein anderes Wort, das mehr die Leichtigkeit ,auch Schönheit von Spinnweben betont? Ich weiß es selbst nicht :cool:

Louisa

Beitragvon Louisa » 17.01.2006, 14:39

Hallo Lisa,
An einem grauen Wintertag, der mir zur Zeit nicht grauer sein könnte sind diese lobenden Worte ein wahrer Lichtblick-
Man weiß ja gar nichts zu antworten.

Ja, das ungereimte ist große Meisterklasse....sehr gelungen. Ich finde es besser, wenn die Leser sehen, dass es aus Perrys Feder stammt.

In der Hoffnung auf blaue Stunden,

Louisa


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