Endorphinia

Hier ist Raum für Werke, die das Zusammenspiel zwischen Literatur & anderen Künsten betonen, etwa Inspirationsfotos, fiktive Postkarten
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 08.04.2011, 19:12

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© 2003 H. Pjotr. H.
Öl auf Leinwand, 50 x 100 cm

Gerda

Beitragvon Gerda » 12.04.2011, 10:06

Hi Pjotr, ich kann deine Frage an Trixie gut nachfühlen.

Hi Trixie,
siehst du denn nicht die Trauer in den Augen der linken Frau?
Das erstaunt mich jetzt, oder projiziere ich eigene ...
Ach, lassen wir das. Mich verwundert deine Betrachtung sehr, sehr sogar.
Was wiederum nichts anderes heißt, dass dieses Kunstwerk anders zu dir spricht als zu mir, bzw. dass ein Kunstwerk die Betrachter immer nur da abholen kann, wo sie stehen. (Im übertragenen Sinn).

Hi Zefi,
Trompe-l'oeil-Malerei meinst du aber nicht? Ich kann mir unter dem, was du beschreibst nicht so richtig etwas vorstellen oder ich kenne das schlicht nicht.

Liebe Grüße in den Tag
Gerda

Trixie

Beitragvon Trixie » 12.04.2011, 11:08

Hi Gerda,

nö, ich sehe keine Trauer. Vielleicht in Anlehnung an Schwarztragen in Trauer? Hm, nein, das Lächeln ist mir dazu zu offen.
Was genau meinst du mit "abholen wo sie stehen"?

Ja, ist doch toll, dass es anders spricht zu jedem. Und ich habe ja beschrieben, wie ich darauf komme. Säße ich jetzt daheim, oder im Zug, oder im Zoo oder weiß der Geier wo, würde ich das nochmal anders sehen können. Aber jetzt genau hier auf der Arbeit, wo diese beiden Frauen ständig an mir vorbei laufen, sehe ich diese auf Leinwand gepinselt.

Ich meinte nicht "das ist so, weil ich das so sehe", sondern eher "jetzt werde ich dazu inspiriert, in deinem Bild das und das zu sehen".

Spannend jedenfalls :-)

Grüße zurück!
Trix

Gerda

Beitragvon Gerda » 12.04.2011, 11:28

Hi, Trixie nochmal :-)

Trixie hat geschrieben:nö, ich sehe keine Trauer. Vielleicht in Anlehnung an Schwarztragen in Trauer? Hm, nein, das Lächeln ist mir dazu zu offen.

Nein, mit "Schwarztragen" verbinde ich keine Trauer, wohl aber mit dem gemalten Porträt links. das Gesicht wirkt auf mich nach innen gekehrt und erzeugt in mir das Gefühl einer verletzten Seele.
Nur nochmal zu Sicherheit, wir sprechen über die linke Frau ...

Trixie hat geschrieben:Was genau meinst du mit "abholen wo sie stehen"?


Die Basis der Betrachterin, den Wissenstand, Kenntnisse des Handwerks, Einfühlungsvermögen, Lebenserfahrung, auch (aktive/passive) Erfahrungen mit Kunst, Assoziationsvermögen usw. , all das spielt hinein ins Betrachten, Wir können kaum ein Gemälde (oder überhaupt Dinge) unvoreingenommen, ohne zu assoziieren, oder gar objektiv ansehen.
Die Eigenschaft zu assoziieren, ist ja zugleich auch eine ungeheure Stärke des Menschen.

Liebe Grüße
Gerda

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 12.04.2011, 18:24

Guten Abend,

es überrascht mich nicht, dass die Gefühlslage im linken Gesicht mal als Trauer, mal als Freude aufgefasst wird. Ich hoffte sogar auf unterschiedliche Wahrnehmungen.

Ich erkläre mir diese Uneindeutigkeit so: Es kommt darauf an, welches Detail fokussiert wird:

Beispielsweise ist da ein kleiner leichter Tränensack angedeutet, einer von der Sorte, der sich eher beim Freuen ausprägt und an dem man erkennen kann, ob Freude echt ist oder nicht (wenn nur der Mund lächelt und die Augen sackfrei bleiben, liegt nur ein Gastronomie-Lächeln an).

Dann ist da ein weißer senkrechter Balken über dem Lachsack, ich nenne den Sack jetzt mal nicht Tränensack. Wenn ich den Balken beim Betrachten zuhalte, fokussiere ich vielleicht mehr den oberen Bereich, das Augenlid. Das steht weit offen, wie bei einer Freude, aber auch wie bei Angst oder sonstigen negativen Gefühlen. Der senkrechte Balken mag außerdem wie eine Tränenspur wirken.

Die Augenbraue ist wohl am schwierigsten zu lesen. Zeigt sie Selbstbewusstsein, Freude -- oder vielleicht halb unter Kontrolle gehaltene Besorgnis? Das hängt davon ab, ob man den Winkelmesser eher außen oder eher innen ansetzt. Innen ist der Winkel flacher, also weniger froh. Außerdem ist die Braue gezupft und gestylt. Das macht diese bestimmte Stelle emotional ziemlich unleserlich.

Was ist schlussendlich echt? Machmal sind Einzelheiten für sich echt, und im Gesamtbild widersprüchlich. Und: Was zählt? Das Fleisch oder die Schminke? Beide sind jedenfalls Sprache.


Cheers

Pjotr
Zuletzt geändert von Pjotr am 12.04.2011, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 12.04.2011, 18:30

Nachtrag: Ich habe nachgeschlagen; das optische Spiel, das ich meinte, heißt Thaumatrop.

lG Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Gerda

Beitragvon Gerda » 12.04.2011, 19:15

Ah, dankeschön, Zefi, das hatte ich bisher noch nicht gehört...
LGG

Trixie

Beitragvon Trixie » 12.04.2011, 19:40

hallo gerda,

danke für die abhol-erläuterung. ja, stimmt natürlich, was du sagst. gerade daher umso interessanter - solche kunst, die sich nicht selbst komplett erklärt, hat einfach die unschlagbare eigenschaft, jeden anders zu erreichen und sie kann entweder alles auslösen oder nichts, was dann auch schon wieder was wäre. faszinierend irgendwie!

hi zefi,
is das so n ding wie johnny depp in sleepy hollow hat? die sind cool!

grüßle
die trix


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