Meine Porträts

Hier ist Raum für Werke, die das Zusammenspiel zwischen Literatur & anderen Künsten betonen, etwa Inspirationsfotos, fiktive Postkarten
Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 08.02.2012, 23:04

Hier mein derzeitiges Lieblingsbild: Eine junge Frau.
Dateianhänge
Mädchen 1-12.JPG

Quoth
Beiträge: 1853
Registriert: 15.04.2010
Geschlecht:

Beitragvon Quoth » 28.02.2012, 18:16

Hallo, Amanita,
gut finde ich, dass alle drei den Betrachter nicht anblicken. Aber dieses Nichtanblicken ist in den ersten beiden Bildern, besonders im zweiten, ein Vermeiden des Blickkontakts, im ersten vielleicht ein leichtes Abgelenktsein. Im dritten jedoch wird der Betrachter so sehr ignoriert, dass es für mich gar kein "Porträt" mehr ist. Das hat nichts mit Ähnlichkeit zu tun. "Getroffen" ist die "junge Asiatin" sehr gut. Aber sie zeigt sich nicht, und das ist - für mich - wichtig im Porträt: Dass die Abgebildeten sich zeigen und sich mit dem Betrachtetwerden in irgendeiner Form auseinander setzen. Das tut die dritte junge Frau nicht. Deshalb finde ich die ersten beiden Porträts um Klassen besser! Sie enthalten beide den Ansatz zu einem optischen Dialog.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 28.02.2012, 18:48

Hallo Quoth,

ich finde interessant, was du schreibst.
Beim ersten Portrait habe ich das stärkste Gefühl der "Unnahbarkeit", sprich, die Frau sitzt Portrait. Beim zweiten erscheint mir die Frau am Aktivsten, als ob sie sich in Bewegung befinden würde, also nicht stillsitzt zum Portrait.
Doch auch beim dritten Bild, das mir am besten gefällt, habe ich nicht den Eindruck, als ob das Mädchen stillsitzt. Es erscheint mir so, als ob sie nachdenkt oder etwas betrachtet und nicht mitbekommt, dass sie gezeichnet wird.

Lieben Gruß
Gabi

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9466
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 29.02.2012, 13:01

Ja, das ist interessant. Ich finde das erste Bild ganz wunderbar, auf besondere Weise stimmig und verlockend immer wieder hinzuschauen.
Die anderen Beiden hinterlassen bei mir ein sehr unangenehmes Gefühl. Das hat vermutlich damit zu tun, dass ich den Eindruck habe, dass ich/man nicht hinsehen sollte, dass die Gezeigten das nicht wollten.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 29.02.2012, 14:36

Hallo Ihr Lieben, das ist alles höchst spannend - weil so dermaßen verschieden. Offenbar treffen sich in Gestalt der Eindrücke ganz unterschiedliche Erfahrungen mit "den" Menschen.

pjesma

Beitragvon pjesma » 29.02.2012, 22:23

ich find sie alle drei toll. ich guck da auch nicht besonders was mir welcher gesicht ja sagen sollte, bzw. suche keine tiefere bedeutungen in dem wo sie ihr blick gerichtet haben...ich sehe einfach nur begnadete künnstlerin dahinter und sehr sehr gut gefangene modelle davor. ich weiß jetzt nicht ob du mein sehen als zu nüchtern und trocken empfinden wirst, liebe amanita...? wers kann, kanns - auch ein fesselndes schuh oder aschenbecher oder stück stof...können besonders aussehen wenn sie gut gemacht sind, und müssen nicht zwanghaft tiefere bedeutung mit sich bringen( für mich)... sie müssen nur mein blick halten, lange lange :-) und immer wieder zu sich ziehen...that's it---und das haben deine zeichnungen absolut geschafft ;-)
lg

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 29.02.2012, 22:31

Liebe pjesma!

Ich sehe es genauso "nüchtern" oder "trocken" wie Du!

Für mich sind es Variationen eines Themas - mittlerweile sind es etwa 60. Wir arbeiten gerade an einem Katalog dazu (oder habe ich das schon an anderer Stelle geschrieben?).

Quoth
Beiträge: 1853
Registriert: 15.04.2010
Geschlecht:

Beitragvon Quoth » 01.03.2012, 09:02

Naja, ich bin eben ein bisschen altmodisch und erwarte von einem als "Porträt" bezeichneten Bild mehr als Ähnlichkeit und gute Maltechnik. "Porträt sitzen", diesen Ausdruck benutzt auch Gabriella, "Porträt sitzen" (oder stehen oder liegen - vgl. die tollen Aktporträts von Lucian Freud), das ist das Zentrum der Porträtkunst (egal ob mit dem Fotoapparat oder dem Pinsel): Die Begegnung zwischen Porträtiertem und Künstler. Und diese Begegnung will ich spüren in einem "Porträt", und ich spüre sie hier nur bei den beiden ersten, beim dritten nicht. Das sagt nichts über dessen Wert als Kunstwerk. Aber ein Porträt ist es eben für mich nicht in dem Maße wie die beiden ersten.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 01.03.2012, 09:16

Mit altmodisch hat das gar nicht viel zu tun, es gibt eben verschiedene Herangehensweisen. Ich kann Dich da gut verstehen, Quoth.

Ich porträtiere kaum jemanden so, dass er sich erkennen kann (doch, gerade eine Auftragsarbeit ... ist aber selten). Es geht mir um verschiedene Menschen"typen", um meine Annäherung an diese unendliche Verschiedenartigkeit der "Aura" eines Menschen (ohne das jetzt esoterisch-verbrämt schildern zu wollen), die unterschiedlichen Proportionen usw.

Mein Thema: Nachdenkliche, introvertierte Menschen; die alle eine unglaubliche Schönheit ausstrahlen (finde ich jedenfalls). In vielerlei Hinsicht verlasse ich den Bereich der Porträtmalerei, ich wusste nur nicht, wie ich den Faden mit einem Begriff treffend benenne.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 01.03.2012, 10:39

Hallo Amanita,
Amanita hat geschrieben:In vielerlei Hinsicht verlasse ich den Bereich der Porträtmalerei, ich wusste nur nicht, wie ich den Faden mit einem Begriff treffend benenne.

du schreibst es einen Absatz darüber selbst:
"Menschentypen" könntest du den Faden nennen. Wobei ich jedoch "Meine Porträts" völlig in Ordnung finde.

Liebe Grüße
Gabi

pjesma

Beitragvon pjesma » 01.03.2012, 13:20

hallo quoth, ich meinte dein sehen auch keinerlei "altmodisch"...! mein sehen ist halt schon auch damit belastet dass ich allerlei unterricht erhalten hatte und versuche in den künstler mehr als ins bild einzudrängen...ich sehe schwierigkeitsgrad, problembegegnungen in ausführung,techniches...handwerk. man könnte mich auch teilweiße betriebsblind nennen...oder auch nicht...ich weiß nicht wie es zu beschreiben als mit symplifizierung: wäre ich ein koch der die köche "bewertet", hätte man mich wahrscheinlich gehasst, dass ich die tolle dessert verzierung zur seite schiebe und gesamteindruck schön kunstvoll angerichteten tellers zerstöre, in dem ich ein stück kuchen abrupfe, mit zwei finger quetsche um die konsistenz zu testen und erst mal dran rieche bevor ich es probiere...sieht nach kein respekt aus. ist aber. es muss mir schmecken, die schönheit ;-)

jondoy
Beiträge: 1578
Registriert: 28.02.2008

Beitragvon jondoy » 01.03.2012, 22:47

Hallo amanitha (....beim schreiben dieses namens oder nicks geht mir durch den kopf, was bedeutet der eigentlich, gestern bin ich einer Frau begegnet, deren Vorname Lorchen hieß, den kannte ich bisher nicht, ´amanitha´, vielleicht ein kunstname oder eine zusammensetzung aus zweien),

Ich hab nachfragen wollen, sind diese Bilder Collagen sind oder Fotos oder gemalt?
Aus deinen heutigen Zeilen meine ich herauszulesen, dass die tatsächlich alle gemalt (portraitiert) sind.

Diese Frage (ob gemalt oder fotografiert oder collagiert) geht mir hier wieder durch den Kopf....vor ein paar Wochen hab ich in einem Kunsthaus für Zeitgenössisches großflächige Bilder von Menschen gesehen, deren Technik der Entstehung ich heute noch nicht weiss, diese Bilder sahen aus, wie fotographiert, gestochen scharf, aber die waren gemalt, ich hab mit der Hand mehrmals über sie drübergestrichen und mich selbst überzeugt, dass da Tiefe und Farbe ist (...und mich gewundert, dass keine Alarmanlage anging), ich hätte es sonst nicht geglaubt...

Jedenfalls sehen diese Bilder ´von weitem` (virtuell) für mich so aus, als wären es Schwarz-Weiß-Fotographien, die künstlerisch (mit "Farbe" :smile:) oder etwas anderem verfremdet wurden. Vielleicht wirkt das so auf mich auch deswegen, weil die Abgebildeten aus der heutigen Zeit zu kommen scheinen...

[quote="Amanita"
Mein Thema: Nachdenkliche, introvertierte Menschen; die alle eine unglaubliche Schönheit ausstrahlen (finde ich jedenfalls). quote]
Deine Begründung finde ich ausnehmend gut.

...ich hab sie so satt, diese Hochglanzmenschenbilder, die pausenlos in unserem Alltag um uns rumlungern, von unserer tentakelhaften Werbeindustrie, gegen die sich kein Finger rührt, unablässig erzeugt werden, um uns mit ihrem Bullshit einzulullen...

Mein erster spontaner Eindruck, als ich das erste Bild hier sah, war der....ein leises Bild.
..und gleich von der ersten Sekunde an hat es mich assoziativ an eins von früher erinnert, dieses eine da von Jan Vermeer van Delft...nur jetzt 2012..

Du schreibst: [quote=In vielerlei Hinsicht verlasse ich den Bereich der Porträtmalerei...[/quote]

Wenn ich mit dir im Gespräch wäre, würde ich das jetzt genauer wissen wollen, in welcherlei Hinsicht ? Das würde mich interessieren.
Nur, virtuelle Diskussionen liegen mir nicht so.

Namaste. Stefan

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5650
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 01.03.2012, 23:26

Hallo Stefan!

Als erstes: Amanita ist eine Pilzgattung, aus der Fliegenpilz und Knollenblätterpilz sicher die bekanntesten sind - was aber nicht bedeutet, dass ich mich für einen Giftpilz halte, denn der Kaiserling, ein (wohl besonders) schmackhafter Speisepilz, gehört auch dazu.
Ich habe den Namen aber aus einem anderen Grund gewählt: Ich bin ja Synästhetikerin, und hier entspricht der Klang meiner Lieblingsfarbe, einem leuchtenden, leicht abgedunkelten Rot.

Nun zur Technik: Es ist eine Kombination aus Fotografie, Zeichnung, Collage und Malerei. Ich fotografiere Menschen völlig verschwommen - in einer Fotoqualität, die man sofort wegschmeißen würde (aber nur die eignet sich für meine Zwecke) - und male und zeichne dann in die Fotos; sie werden durch meine "Handarbeit" also immer detaillierter. Zum Schluss werden sie auf Leinwand collagiert und noch einmal übermalt.
Wenn ich ein "normales" Foto gemacht habe, kann ich das Ergebnis vergessen - denn es ist schon zuviel "da".

Ich habe, seit ich denken kann, Dinge miteinander verbunden, die "eigentlich" nicht zueinander passen. Habe mir dafür so manchen Tadel eingehandelt (Schule, Verwandtschaft, ...), aber ich kann nicht anders, ich muss so lange experimentieren, bis es so hinkommt, wie ich mir das vorstelle. So manche Nacht habe ich "gebastelt", weil meine Ideen stärker waren als mein Schlafbedürfnis.
Das Interdisziplinäre hat mich immer gereizt, und bei diesem technischen Konglomerat begeistert mich, dass man fast alle gängigen "flächigen" Verfahren (außer der Druckgrafik) gleichberechtigt einsetzen kann. Ich fotografiere Gemaltes und zeichne in Fotos und vermische alles.

jondoy
Beiträge: 1578
Registriert: 28.02.2008

Beitragvon jondoy » 02.03.2012, 07:13

Hey, danke !

Wow, das sind so klare Antworten, die ich liebe.

Also war doch meine erste Intuition richtig, was ich da vor mir sah.

Danke für deine Offenheit. Da kommt gleich Freude am Morgen auf : - )

Ich hab jetzt nachgelesen, was `Synästhetik´ bedeutet...da müsste ich jetzt erst mal rausfinden, ob ich auch so einer wär....hab das noch nie reflektiert,

....in meiner Wohnung hängen nur Menschenbilder...(ich habs gar nicht gewusst, das aussuchen tue ich nicht bewusst, ich hab mir eben alle angesehen, tatsächlich, ausnahmslos...)

Stefan


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 24 Gäste