acht uhr sechzehn

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Thea

Beitragvon Thea » 29.06.2008, 13:01

 
Es regnet und egal wie schnell ich renne, ich bin nass. Unter dem Blech an dieser Haltestelle warte ich bis acht Uhr sechzehn auf Linie 17 in einer Pfütze, die mir folgt, wenn ich einen Schritt zur Seite mache. Unter dem Blech regne ich, von den Haaren tropft es, von den Wimpern, von den Lippen, vom Kinn.
Dem Himmel entgegen hält ein Junge sein Gesicht und sieht aus, als hätte man über ihn einen feuchten Lappen ausgedrückt, dass die Konturen verschwimmen und wo die Tropfen aufschlagen, quillt es auf und an den Füßen sammelt sich das Wasser. So auch an meinen.
Aber macht nichts, nasse Füße, das bin ich gewohnt, das ist nicht schlimm. Auch wenn ich einmal geweint habe, als ich nasse Füße hatte. Dana hat versucht, den Apfelsaft aufzusaugen, den sie auf den Boden geschüttet hatte, über meine Füße, sie hat gesagt; wollte ich nicht, entschuldige. Aber ich habe geweint und die Mutter hätte deswegen in die Küche kommen können, also hat Dana mir meine Füße trocknen wollen, hat den Apfelsaft vom Boden gesaugt, Dana, kleiner als ich und jünger, wusste damals schon, wo der Staubsauger liegt. Dana, die damals schon ein wenig schwarz unter den Achseln war. Du wirst mal wie die Mutter, hatte ich gesagt und sie hat den Apfelsaft ausgeschüttet und aufgesaugt und mir danach in die Zehen gebissen, damit sie wieder warm werden.
Mir ist noch kalt an den Füßen, das soll ich gesagt haben, deswegen hat Dana gebissen und hat nachher ins Waschbecken gespuckt, weil ich Wollsocken anhatte und ihr die Fusseln auf der Zunge geblieben sind.
Ich kann mir nicht selbst in die Zehen beißen, ist nicht üblich hier, würde ein Herr mit Krawatte sagen. Ich würde es trotzdem gerne tun, würde mir vorher die Socken ausziehen und in jeden Zeh einmal beißen, nur reiche ich nicht mit dem Kopf an die Füße und nicht mit den Füßen an den Kopf. Ich habe es schon probiert, nachts auf dem Sofa, weil nachts nicht geheizt wird und ich nur im Warmen schlafen kann. Nachts werden meine Füße kalt, wenn ich an Apfelsaft denke, und dann ist an Schlafen auch nur zu denken. Dana schläft schon, ich müsste sie bitten, mich zu beißen, aber auch daran ist nur zu denken, denn sie schläft und würde ich sie wecken, sie könnte nicht hierher kommen und ich nicht zu ihr, denn nachts fährt Linie 17 nicht.
Um acht Uhr sechzehn fährt sie und solange muss ich warten mit kalten Füßen in nassen Socken in feuchten Lederschuhen.
Aber macht nichts, warten ist nicht schlimm, nur manchmal würde ich länger warten wollen und manchmal nicht so lange.


[align=right]Textänderungen: Kürzungen, siehe Textarbeit[/align]
Zuletzt geändert von Thea am 08.07.2008, 13:55, insgesamt 4-mal geändert.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 30.06.2008, 22:17

Hallo Thea,

mein erster Leseeindruck:
Der Text ist mir einen Tick zu schnell, ich kann seinen Bildern beim Lesen nicht mehr folgen...

Gruß,
Stefan

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 01.07.2008, 15:50

Hallo Thea,

ich merke gerade wie schwer es ist, relativ freie Formen zu kommentieren. Jedenfalls so zu kommentieren, dass mehr dabei heraus kommt, als gern gelesen, nicht so gern gelesen. Also woran soll man sich halten? Obwohl das natürlich gar nicht die Frage ist, weil klar ist, woran man sich halten muss, nämlich an nichts als das eigene Urteil, und genau das macht die Sache zu schwierig, weil man sich nicht länger verstecken kann, hinter irgendeiner Art von Regelkanon. Nachdem ich das nun (eher für mich) geklärt habe, zu Deinem Text:

Ich mag ihn, er hat Atmosphäre, aber auch viele Dinge, die mich stören. Potenzial für mehr auf jeden Fall.

Rein inhaltlich lese ich die Geschichte von jemandem der im Regen auf den Bus wartet, in einer Pfütze stehend, was die Kindheitserinnerung von einer Apfelsaftpfütze heraufbeschwört, die dann auch weitergesponnen wird, weil Dana weiterhin auftaucht und auch der Versuch in die Zehen zu beißen, da lese ich so etwas wie Wehmut ob der verlorenen Kindheit rein und irgendwie passt das auch zum Anfang, egal wie schnell man rennt, manche Ziele kann man einfach nicht (mehr) erreichen, aber vielleicht führt das auch viel zu weit.

Textkram:

Thea hat geschrieben: 
Es tropft und der Himmel ist wie ein aufgerissenes Fenster, aus dem sich einer rauslehnt und spuckt und versucht, die Köpfe zu treffen. Und er trifft,


Mir gefällt das Bild mit dem aufgerissenen Fenster nicht, auch nicht mit dem der spuckt und trifft, wenn es so heftig regenet, dass einem die Pfütze in der man steht, überallhin folgt, dass man naß wird/ist, egal wie schnell man rennt, dann will für mich ein Bild von einem, der aus dem Fenster spuckt nicht passen. Ich würde vielleicht überlegen, es einfach zu streichen, weil das Bild des Verschwimmens danach ist sehr schön.
Und auch das Wasser, das sich an den Füßen sammelt und direkt zu dem Kindheitserinnerungsbild führt. Deswegen würde ich lieber nicht lesen, dass Deiner Erzählerin das nichts macht, vielleicht nur, dass sie nasse Füße gewohnt ist, dass sie sich daran gewöhnt hat, und deswegen nicht mehr weint (aber jetzt geht es gerade wieder mit mir durch, ich bin wohl schon ein bißchen dabei, mir Deinen Text anzueignen und nach meinem Gusto umzuschreiben, verzeih)

also hat Dana mir meine Füße getrocknet, hat den Apfelsaft vom Boden gesaugt, Dana, die kleiner als ich und jünger, und damals schon wusste, wo der Staubsauger liegt und schon ein wenig schwarz unter den Achseln war.


Vielleicht hast Du es ja auch beabsichtigt, aber mir fehlt ein "war" nach der kleineren Dana, also: Dana, die kleiner war als ich und jünger...

Ich kann mir nicht selbst in die Zehen beißen, ist nicht üblich hier, würde ein Herr mit Krawatte sagen.


Den Herrn mit Krawatte und seinen Kommentar finde ich reichlich witzlos, mir würde er nicht fehlen, wenn er aus der Geschichte verschwinden würde.

Soviel von mir, alles rein subjektiv, aber vielleicht kannst Du mit der einen oder anderen Äußerung ja was anfangen

elke

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 03.07.2008, 22:11

Halllo Thea,

mir gefällt die Geschichte sehr, vor allem die Boshaftigkeit die in dem Bild vom Himmel, der auf die Köpfe spuckt, zum Vorschein kommt. Die Stelle hats mir besonders angetan.

Der Wechsel von den nassen Füßen zu den Kindheitserinnerungen gefällt mir ebenfalls. Bevor die Szene ausgebraucht ist, kommt der Schwenk auf die Kindheitserinnerungen.


"Dana, die kleiner als ich und jünger, und damals schon wusste, wo der Staubsauger liegt und schon ein weni" Das "und" vor damals macht aus dem Einschub, -die kleiner als ich und jünger- damals schon wusste" ein Fragment, oder es fehlt ein "war" wie Xanthippe schon gesagt hat.

Der Tonfall der Erzählung gefällt mir genauso, eine Mischung aus leiser Resignation und "ist halt wie es ist". Hab ich sehr gern gelesen.

Gruß

Sneaky

Albert

Beitragvon Albert » 03.07.2008, 23:33

Liebe Thea,

ähnlich wie in deinem Steinbutt-Text, der zu diesem ja dazuzugehören scheint, empfinde ich hier eine gewisse Stil-transportierte Atmosphäre als sehr schön eingefangen; ich schätze es als relativ große Leistung, diese wiedererkennbar in einem größeren Werk aufrechtzuerhalten. Sehr schön!

Ansonsten ist dieser Text für mich deutlich schwächer. Elke hat wie ich finde sehr genau die betreffenden Stellen genannt. Besonders das Fenster-Bild scheint mir unpassend an dieser Stelle, zumal ich mich erinnere, beim ersten Lesen über die Vielzahl der Regenbilder etwas missmutig geworden zu sein; dies allerdings kann sich in einem längeren Text natürlich auch anders darstellen.
Eben dies würde ich auch über den Krawattenherrn sagen; generell würde ich Elke zustimmen, könnte mir aber auch vorstellen, dass solche Anspielungen in so einem Text durchaus ihren Platz haben.

Dann würde ich die beiden Stellen "Aber macht nichts, sag ich" gleich schreiben, unten ist es "sage"; fällt auf und stört.

hier:
das war aus Versehen, und, entschuldige, aber ich habe geweint


irritieren die Kommata bei "entschuldige" - du meinst, sie hätte "entschuldige" gesagt, nehme ich an; dann würde ich einen Doppelpunkt setzen, denn ich lese sonst immer, der Erzähler würde "entschuldige" sagen. So ergibt sich auch ein schöner Haltepunkt.

Außerdem verstehe ich in diesem ganzen Absatz die Chronologie nicht ganz. Vor allem dieser Satz macht mir zu schaffen:
Du wirst mal wie die Mutter, hatte ich gesagt und sie hat den Apfelsaft ausgeschüttet und wieder aufgesaugt und mir danach in die Zehen gebissen, damit sie wieder warm werden.


"hatte ich gesagt" deutet für mich darauf hin, dass das die Erklärung für die ganze Apfelsaft-Tat wäre; das passt auch ganz gut mit dem "aus Versehen" zusammen, kann ich mir vorstellen. Aber dann verwirrt micht das "wieder" - das lese ich aus irgendeinem Grund so, als hätte sie den Apfelsaft nochmal ausgeschüttet; dazu passt auch, dass sie ihm danach in die Zehen beißt, während es oben heißt, sie hätte ihm die Füße getrocknet (was übrigens auch verwundert, wenn er Socken anhat - hm, ich stehe in diesem Forum relativ oft vor dem Problem, wieviel Subtilität ich dem Autoren zutrauen soll und wieviel Schlampigkeit :smile: ). Ich schätze aber, weil du in dem anderen Thread von deiner Verwendung der Zeiten gesprochen hast, dass die erste Lesart schon richtig ist, und das "wieder" mich hier nur verwirrt hat.

Und schließlich kenne ich die Formulierung "daran war nur zu denken" nicht, sondern nur "daran war nicht zu denken" (finde das aber so nebenbei eine schöne sprachliche Entdeckung); du hast in diesem kleinen Text durch die sofortige Wiederholung danach alles versucht, sie zu integrieren (wenn sie nicht mundartlich ist und ich sie nur nicht kenne), dennoch stört sie mich ein klein wenig. Auch dies scheint mir aber wieder im größeren Kontext möglich aufzuheben.

Liebe Grüße,
Albert

Thea

Beitragvon Thea » 04.07.2008, 14:16

Hallo und danke euch fürs Lesen und Kommentieren!

Elke, inhaltlich liest du den Text genauso wie ich:
Wehmut ob der verlorenen Kindheit und irgendwie passt das auch zum Anfang, egal wie schnell man rennt, manche Ziele kann man einfach nicht (mehr) erreichen,

und danke dir für die Textarbeit, ich geb dir recht, der Satz mit dem Fenster steht gekünstelt da.
dass nasse Füße der Protagonistin "nichts machen" lese ich aber gerne, weil das für mich heißt, dass sie die Erinnernungen, die sie damit assoziiert, zulässt und sich gerne zurückversetzt, auch wenn es sie ein wenig nostalgisch melancholisch macht, vllt ein bisschen Lebensart à la bonjour tristesse?
Ellipsen sind immer ein wenig gefährlich zu gebrauchen, stelle ich aufs neue fest. generell beabsichtige ich sie; ich finde Ellipsen natürlicher, weil es im Text um Gedachtes geht und zumindest bei mir sind Gedanken keine ausformulierten Sätze, wie in wörtlicher Rede, eher sind es Wortflüsse ohne grammatische Klammern. in so einem kurzen Ausschnitt wirkt eine einzelne Ellipse womöglich eher schluderig.
genauso einsam ist der Herr mit Krawatte, der im Gesamtkontext durchaus öfter und auch differenzierter auftaucht (sonst wäre es wirklich ein lahmer Witz), aber hier hab ich ihn überlesen bzw war er mir zu vertraut an dieser Stelle.
ajf danke, ich hab das Meiste übernommen.

Sneaky, thx, das Bild ist mir auch lieb, es ist auch nicht verschwunden...nur aus diesem threat. und den Tonfall hast du genauso gehört, wie ich es haben wollte.

jondoy, vllt hast du ja Lust, nach dem ersten Leseeindruck zu sagen, wie dir die Bildwirkung angenehmer wäre, denn würde mich interessieren. ich habe beim Lesen gezielt drauf geachtet, empfinde es für meinen Geschmack als normal, vllt bin ich zu filmisch geprägt, was cutten und kameraschwenk angeht

Albert, deine Anmerkungen kann ich gut nachvollziehen und habe sie auch berücksichtigt.
die Chronologie habe ich mit Absicht ein bisschen tanzen lassen, hm, ich glaube das Denken springt ja auch mehr von Assoziation zu Assoziation als zu erzählen. Vllt ist es schwierig dann von einer Kurzerzählung zu reden. Zu deiner Freage nach dem "wieder" wollte ich noch sagen; ich meinte, wieder warm, so wie die Zehen es waren, bevor der Apfelsaft ausgeschüttet worden war. Wenn das "wieder" fehlt, würde man doch denken, die Protagonistin habe immer kalte Zehen, oder? ansonsten liest du richtig, dass Dana wegen der Bemerkung den Saft ausgekippt hat.
Ich fürchte, das mit den Socken verstehe ich nicht ganz, wo funktioniert für dich das Bild nicht?
"daran ist nur zu denken" ist nicht umgangssprachlich, jedenfalls kenne ich es nur von mir (danke, dass es nicht überlesen wurde), weil es meiner Meinung zur Protagonistin passt und ihr passiv erlebendes Wesen beschreibt...

Grüße,
Thea

jondoy
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Beitragvon jondoy » 04.07.2008, 23:48

Hallo Thea,

jondoy, vllt hast du ja Lust, nach dem ersten Leseeindruck zu sagen, wie dir die Bildwirkung angenehmer wäre, denn würde mich interessieren. ich habe beim Lesen gezielt drauf geachtet, empfinde es für meinen Geschmack als normal, vllt bin ich zu filmisch geprägt, was cutten und kameraschwenk angeht


tja, wenn du mich so direkt fragst, Lust hab ich eigentlich nicht nicht dazu, aber ich will hier ja dazulernen und deshalb nehm ich mir die Zeit:

Dem Himmel entgegen hält ein Junge sein Gesicht und sieht aus, als hätte man über ihn einen feuchten Lappen ausgedrückt, dass die Konturen verschwimmen und wo die Tropfen aufschlagen, quillt es auf und an den Füßen sammelt sich das Wasser. So auch an meinen.


Dieser Satz fängt m.E. zu sperrig an.
Ich versteh das Bild während des Lesens nicht und muss meinen Lesefluss unterbrechen und "zurückspulen", um beim Filmjargon zu bleiben.

Ich würde ihn so schreiben:
"Der Junge vor mir hält dem Himmel sein Gesicht entgegen und sieht aus, (hier stimmt dein folgendes Bild dann in meinen Augen nicht ganz) ...als würde man über ihm feuchte Lappen auswinden, über seine Gesichtskonturen beginnen kleine Sturzbäche zu laufen und dort, wo die Tropfen aufschlagen....."


Dana hat versucht, den Apfelsaft aufzusaugen, den sie auf den Boden geschüttet hatte, über meine Füße, sie hat gesagt; wollte ich nicht, entschuldige


Das hier, Thea, ist ein zu scharfer Schnitt. Ich war eben noch gedanklich draußen im Regen, und fünf Buchstaben weiter bin ich...ja wo den, bei einer Dana (wo kommt denn die jetzt her), die den Apfelsaft aufsaugt, offensichtlich regnets hier nicht mehr, beim flüssigen Lesen muss ich hier wieder "abbremsen", um mich zu "orientieren", welches Bild ich jetzt vor mir habe...

über meine Füße, sie hat gesagt; wollte ich nicht, entschuldige


hier nach dem "..über meine Füße," erst mal Stop. wie es hier dann weitergeht im Satz, merkst du die kleine Unebenheit, dass irritiert mich einen Moment beim Lesen...

Aber ich habe geweint und die Mutter hätte deswegen in die Küche kommen können, also hat Dana mir meine Füße trocknen wollen, hat den Apfelsaft vom Boden gesaugt


Das folgende hat jetzt nichts mit deiner Frage zu tun. Bei diesem Satz würde ich vielleicht sogar flunkern.
"Aber ich habe geweint, und Dana hat meine Füße trocknen wollen und mir den Apfelsaft von meinen Füßen gesaugt."


Mir ist noch kalt an den Füßen, das soll ich gesagt haben, deswegen hat Dana gebissen und hat nachher ins Waschbecken gespuckt,


Hier würde ich vor dem Wort "nachher" das zweite "hat" streichen,


Nachts werden meine Füße kalt, wenn ich an Apfelsaft denke, und dann ist an Schlafen auch nur zu denken.


Diesen Satz würde ich am Ende ein wenig umdrehen.
"Nachts werden meine Füße kalt, wenn ich an Apfelsaft denke, und dann ist an Schlaf nicht mehr zu denken."

Dana schläft schon, ich müsste sie bitten, mich zu beißen, aber auch daran ist nur zu denken, denn sie schläft und würde ich sie wecken, sie könnte nicht hierher kommen und ich nicht zu ihr, denn nachts fährt Linie 17 nicht.


Hier Thea, ist dieses "auch daran ist nur zu denken" i.m.Augen eine Art Wiederholung, weil diese Worte gerade erst im Satz zuvor verwendet wurden.

Ich würde den Satz vielleicht so schreiben:
"Dana schläft schon, ich müsste sie bitten, mich zu beißen (sehr gut!!), aber sie schläft, und würde ich sie wecken, könnte sie nicht (mehr?) hierher kommen und ich nicht zu ihr, denn nachts fährt die Linie 17 nur in den Köpfen."

Um acht Uhr sechzehn fährt sie und solange muss ich warten mit kalten Füßen in nassen Socken in feuchten Lederschuhen.


Hier würde ich das Wort "solange" kürzen in "so".

Thea, ich hab dir jetzt nicht richtig deine Frage beantwortet, der von mir im ersten Kommentar geschilderte erste Eindruck ist durch die Textarbeit auch schon wieder ein wenig verblasst,
ich glaub, am Anfang wollte ich den Text so schnell durchlesen, wie ein Daumenstrip, seine Form hat mir das suggeriert, auch sein anfänglicher Tonfall, der Text kam mir am Anfang vor wie ein Wasserfall, und solche Texte mag ich, ich finde, es sind eigentlich nur Feinheiten, ich hab ja überhaupt keine Vorstellung, wie Du dir den Text gedacht hast, vielleicht hat der Text in deinen Augen ja ganz anders rüber kommen sollen, ich kann dir keine kompetenten Ratschläge geben, den Titel find ich gut, die Idee find ich gut, und jetzt weiss ich nichts mehr.

Gruß,
Stefan
Zuletzt geändert von jondoy am 05.07.2008, 00:01, insgesamt 7-mal geändert.

Albert

Beitragvon Albert » 04.07.2008, 23:53

Liebe Thea,

da hab ich mich leider missverständlich ausgedrückt; ich bezog mich auf das erste "wieder" in diesem Satz:

Du wirst mal wie die Mutter, hatte ich gesagt und sie hat den Apfelsaft ausgeschüttet und wieder aufgesaugt und mir danach in die Zehen gebissen, damit sie wieder warm werden.


Und das legt für mich erstmal nahe, dass sie es schon einmal aufgesaugt hat (klar, man kann auch lesen: "aufgeschüttet und: wieder aufgesaugt" - aber es irritiert doch gewaltig).

Bei den Socken beziehe ich mich auf weiter oben im Text, wo es heißt:
Aber ich habe geweint und die Mutter hätte deswegen in die Küche kommen können, also hat Dana mir meine Füße trocknen wollen, hat den Apfelsaft vom Boden gesaugt
(ist der Satz geändert worden? kann mich nicht genau erinnern, dachte, er steht da und die Konstruktion "mit wollen)

Fand ich seltsam formuliert, jemandem die Füße zu trocknen, der Socken anhat, aber jetzt hat sich das entweder aufgelöst oder ich hab von vorneherein falsch gelesen :smile:

Generell finde ich den Absatz jetzt deutlich verbessert, bis auf das "wieder", wie gesagt.

Wenn das "daran nur zu denken" beabsichtigt und der Stil auch sonst in die Richtung gearbeitet ist, wird die Formulierung sicherlich funktionieren!

Liebe Grüße,
Albert

Thea

Beitragvon Thea » 07.07.2008, 20:12

Hallo!

Albert, ja, jetzt hab ich verstanden, wie du das "wieder" gelesen hast. hab es gestrichen. wäre nie auf die Idee gekommen, man könnte denken, sie hätte es wieder und wieder aufgesaugt, danke.
die andere angesprochene Stelle hatte ich bereits vorher umgeändert, hast du richtig bemerkt ^^

Stefan, entschuldige, falls ich zu fordernd rüberkam... meinen Respekt hast du, ich hätte jedenfalls nie eine Textkritik verfasst, wenn ich keine Lust dazu hätte.
muss meinen Lesefluss unterbrechen und "zurückspulen

Ich glaube, darin ist ganz gut ausgedrückt, wie es dir mit dem gesamten Text ging, oder?
Ich denke, dass es daran liegt, mit welchen unterschiedlichen Erwartungen die Leser einen Text lesen (und der Autor ihn geschrieben hat). Frage von Geschmack, Stil eben. (mir gefallen vorallem kryptische, langsame Texte, in denen man quasi einschläft und plötzlich woanders aufwacht.)
Deswegen zu deiner Kritik: Im Grunde sind es alles Sachen, die ich eben bewusst anders schreibe, (warum? weil ich so atme, ich weiß nicht) vllt ist es der erste Text von mir, den du liest? Ohne belehrend wirken zu wollen, glaube ich, dass das vllt auch eine Rolle spielt.

Konkret:
Zitat:Dana schläft schon, ich müsste sie bitten, mich zu beißen, aber auch daran ist nur zu denken, denn sie schläft und würde ich sie wecken, sie könnte nicht hierher kommen und ich nicht zu ihr, denn nachts fährt Linie 17 nicht.

Hier Thea, ist dieses "auch daran ist nur zu denken" i.m.Augen eine Art Wiederholung, weil diese Worte gerade erst im Satz zuvor verwendet wurden.


Dass es eine Wiederholung ist, ist mir ja bewusst, ich habe sie ja benutzt! Ich glaube, da gibt es kein richtig oder falsch, weil es Stilmittel sind, die im Grunde nur den Charakter des Protagonisten beschreiben sollen... Im Schulaufsatz wäre Wiederholung sicher nicht gerne gesehen- aber in versuchter Literatur ist meiner Meinung nach Wiederholung (sofern sie nicht wahllos wirkt) wirksam.
Einige deiner Anmerkungen habe ich versucht zu beachten, und an einigen Textstellen den Satzrhythmus verändert. Im Großen und Ganzen habe ich es gelassen, weil ich diese ganzen Feinheiten ja bewusst so haben wollte, und sie meiner Meinung dem Text auch von der Form und vom Stil einen eigenen Charakter verliehen haben.
Ich hoffe, ich wirke nicht, als würde ich Textkritik nicht annehmen können- ich meine nur, dass ein Teil deiner Umänderungsvorschläge mir vorkommt, als wäre es eine Sache von Geschmack, Rhythmus, Atmen... ist bei uns wohl eindeutig verschieden (umso mehr bin ich jetzt gespannt, einen Text von dir zu lesen) Das wollte ich nur erklären, nicht, dass du denkst, du hättest dir die Mühe umsonst gemacht und ich hätte deinen Kommentar quasi ignoriert, weil ich nicht viel übernommen habe. Danke dir für die Mühe!


Liebe Grüße!

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 07.07.2008, 22:14

Hallo Thea,

beim Überarbeiten ist hier ein Satzbruch passiert:

"Dana, kleiner als ich und jünger, wusste damals schon, wo der Staubsauger liegt und schon ein wenig schwarz unter den Achseln war."

Schade um den Himmel, aber du hast ja gesagt, dass der nicht völlig weg ist, mal sehen ob und wo er wieder auftaucht und Regen spuckt.

Gruß

Sneaky

Thea

Beitragvon Thea » 08.07.2008, 13:55

hey sneaky,

ja, danke! geändert. und das bild ist ganz sicher nicht weg haha nicht traurig sein^^

Grüße!

jondoy
Beiträge: 1582
Registriert: 28.02.2008

Beitragvon jondoy » 13.07.2008, 22:19

Hallo Thea,

Du schreibst:
(mir gefallen vor allem kryptische, langsame Texte, in denen man quasi einschläft und plötzlich woanders aufwacht.) Deswegen zu deiner Kritik: Im Grunde sind es alles Sachen, die ich eben bewusst anders schreibe, (warum? weil ich so atme, ich weiß nicht) vllt ist es der erste Text von mir, den du liest? Ohne belehrend wirken zu wollen, glaube ich, dass das vllt auch eine Rolle spielt.


Ich hab bisher nur den Steinbutt von dir gelesen. Für den find ich die Beschreibung "kryptischer, langsamer Text", eher passend.
Ich weiss jetzt nicht, wie das von dir gemeint war.
Dieser Text war jetzt von dir nicht als langsamer kryptischer Text konzipiert?
Oder doch?
Dann hab ich mich ja total getäuscht. Macht nix.

Vielleicht hab ich auch deine Antwort nicht ganz verstanden.

Gruß,
Stefan


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