Der zerbrochene Bilderrahmen

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 04.06.2006, 22:35

Der Bilderrahmen war zerbrochen. Die Fotos lagen auf dem Boden. Es waren zwei Fotos, was sie zeigten, von den Splittern des Glases merkwürdig verzerrt und gebrochen. Das eine Bild zeigte ihn und sie in einer Wohnung in Bochum. Sie war gerade aus dem Urlaub in Rumänien zurückgekommen und braun gebrannt. Ihre Haut war bronzefarben. Er war zu Hause geblieben und sehr bleich und dünn. Er war nur ein wenig größer als sie, stand aber gebeugt, als trüge er eine große Last. Er grinste, während er mit ihr Anstieß. Sie hielten Rotweingläser in der Hand und auch sie lächelte, ohne jedoch ihre Zähne zu zeigen. Sie war schön.
Das andere Bild zeigt dasselbe Paar zwei Jahre zuvor vor der College Bar des University College Cork in Irland. Er hält sie im Arm. Seine Haare sind länger, er trägt eine rote Lederjacke, einen Flickenschal und einen blauen Schlabberpullover. Er sieht aus wie ein glücklicher Taugenichts, dem nichts im Leben etwas anhaben kann. Sie ist sehr bleich, denn es ist Ostern und dies ist in diesem Jahr ihr einziger Urlaub gewesen. Vielleicht ich sie froh, dass sie bei ihm ist. Sie trägt einen grauen Filzmantel und lächelt wieder. Ihre Zähne zeigt sie nicht, aber ihre runden Wagen und die tiefen Grübchen machen das aus, was man Schönheit nennt. Sein Gesicht ist nicht zu sehen. Er beugt sich zu ihr, um sie zu küssen. Ein Glassplitter trennt die beiden voneinander und es scheint, als wolle sie sich seinem Kuss entziehen.
In beiden Situationen waren sie sich, aufgrund einer Trennung ein wenig fremd geworden, doch die Entfernung, die zwischen ihnen gelegen hatte, hatte ihre Neugierde aufeinander nur gesteigert.
Auf dem einen Bild hatte er in Irland studiert. Sie hatten sich über drei Monate hinweg nur Briefe geschrieben und sie war sich nicht sicher gewesen, ob er sie noch liebte. Er hatte unentwegt an sie gedacht. Das Schreiben war ihm schwergefallen, denn er litt unter einer Schreibhemmung, die er auch Jahre später nur unter größter Mühe überwinden konnte. Auch sie hatte oft an ihn gedacht. Nicht selten gab es Situationen, da war sie wütend auf ihn und wollte ihn betrügen. Sie hatte es nicht getan. Aus Mangel an Gelegenheit? Sie machte zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung, und die Männer, mit denen sie arbeiten musste, waren ihr zu simpel. Er war zwar nicht kräftig und auch nicht von der Schönheit, die einen Mann erst zu einem Mann machte. Aber er konnte, wenn er die Gelegenheit dazu hatte, auf sie einreden und ihr das Blaue vom Himmel herunter versprechen. Reden konnte er gut, und sie liebte es, ihm zuzuhören. In diesem Augenblick in Cork um die Osterzeit des Jahres 1999 redete er auf sie ein, so schnell er nur konnte. Dabei küsste er sie und flüsterte ihr Dinge ins Ohr, über die sie mit geschlossenen Lippen lächeln musste.
Das andere Bild zeigt eine Situation, in der er auf sie gewartet hatte. Er war im Sommer zuhause geblieben, da er kein Geld besaß und sich auf seine Abschlussprüfungen vorbereiten musste. Sie war allein in den Urlaub geflogen. Er war kaum eifersüchtig, denn er vertraute ihr völlig. Sie wäre nicht auf die Idee gekommen, ihn zu betrügen, denn sie wusste, dass sie zusammen glücklich sein konnten.
Das Foto hatte durch einen Glassplitter einen Schnitt bekommen.

Er war betrunken und schrie, schluchzte und heulte vor Schmerz. Seine Hand tat ihm weh, denn er hatte mit der ganzen Kraft seiner dünnen Arme auf das Bild eingeschlagen. Solche Akte der Aggression waren fehl am Platze. Damit würde er sie nicht zurückbekommen. Sie war wieder ohne ihn im Ausland gewesen. Mit einer Gruppe von Kommilitonen – sie studierte jetzt Architektur – war sie nach Frankreich gefahren. Der Professor war ein Trinker vor dem Herrn, der jeden Tag dreizehn Dosen Bier bei der Arbeit austrank. Aber in der Gruppe musste es einen Studenten gegeben haben, der sie – ja was eigentlich!
Immer und immer wieder, mit Tränen in den Augen und vor Rotz laufender Nase fragte er sie, was denn geschehen sei.
Sie hatte aus Frankreich nur einen teilnahmslosen Brief geschrieben. Es gab in dem Brief nur einen Hinweis auf ihre Gefühle. Sie schrieb, dass sie unruhig sei und noch nicht ganz bei sich. Sie schrieb nichts von Liebe und ließ auch die tausend Küsse aus, die sie ihm sonst immer zugesandt hatte. Vier Wochen wollte sie wegbleiben. Er war fast vor Einsamkeit gestorben, denn er hatte sein Leben viel zu sehr auf sie konzentriert. Sie war ihm alles, Freundin, Vertraute, technische Beraterin und Geliebte. An seinem achtundzwanzigsten Geburtstag hatte sie kurz angerufen. Sie klang fremd am Telefon. Sie sagte, dass sie noch mit anderen Studenten an der Weinlese teilnehmen wollte. Er fragte, warum sie nicht zu ihm zurückkäme. Er sei krank, es sei sein Geburtstag und er brauche ihre Nähe. In den letzten Tagen habe er viele Absagen erhalten. Er bewarb sich schon seit Monaten erfolglos um einen Job. Die Angst fraß ihn auf und machte ihn zu einem schlechten Gesprächspartner. Er hörte nur sich selber zu und als das viel zu kurze Gespräch beendet war, sank er entkräftet auf seine Matratze. Hatte sie nicht zu ihm gesagt, ihr Herz schlüge ihr bis zum Hals? Mir auch, hatte er lakonisch geantwortet und damit ihr die Chance auf das Geständnis genommen, das doch schon wie das Schwert des Damokles über seinem Haupt schwebte. Sie hatte ihn zu diesem Zeitpunkt schon betrogen. Hatte mehrmals mit einem anderen geschlafen. Doch sie traute sich nicht, es ihm zu sagen. Sie hatten in ihrer mehr als fünf Jahre alten Liebe schöne Stunden und sehr schwere Stunden gemeinsam durchstanden. Doch in den letzten Monaten war seine Angst zu einem Gefühl geworden, dass ihn völlig einnahm. Er war nicht mehr zu beruhigen. Dafür, dass sie ihn geliebt hatte, war es natürlich ein wenig grausam, dass sie ihn gerade in einem Moment betrog, als er die tiefste Krise seines Lebens erlebte. Oder war dies genau der richtige Zeitpunkt? Er hätte damit rechnen müssen.
Er stand heulend im Zimmer und sah, wie sie, aus Angst vor ihm, davonlief. Geh nicht weg, schrie er ihr hinterher und wollte ihr nach, aber er war so betrunken, dass er den Schlüssel nicht fand. Hektisch suchte er für einige Minuten, dann rannte er fluchend und torkelnd hinter ihr her, ohne die Türen zu schließen. Sie sah ihn besinnungslos auf der Straße und führte ihn in die Wohnung. Sie wollte ihn umarmen, doch er stieß sie von sich. Ohne Zweifel wollte er wieder von ihr in den Arm genommen werden. Er wollte von ihr geliebt werden. Sofort den Makel des Betrugs überwinden. Sie wandte sich jedoch entgültig, um zu gehen. Es war dumm von ihr gewesen, ihm drei Flaschen Wein mitzubringen und dann zu sagen, dass sie die Beziehung kaputt gemacht habe. Er dagegen hätte sie nicht nach all den Einzelheiten des Betruges fragen sollen.
So begann dieser alptraumhafte Nachmittag, auf den er über vier Wochen gewartet hatte. Vier Wochen hatte er an sie gedacht, an die gemeinsamen Liebesstunden, die vertrauten Gesten und das unterdrückte Stöhnen der Lust. Sie hatte ihn betrogen. Er versuchte zynisch zu reagieren. Lobte sie für den Wein, den sie ja offenbar mit ihrem Liebhaber gelesen hatte: Und schenkte sich ein Glas ein. Er trank schnell, während er versuchte, ihr mehr zu entlocken. Es gelang ihm nicht. Sie sagte, dass ihre Beziehung eben unerträglich geworden sei. Seine ständige Angst. Er habe ihr nicht mehr zuhören wollen und sie wüsste nicht warum sie tun musste, was sie getan hatte. Sie müsse das herausfinden. Er heulte auf, obwohl er wusste, dass man niemals flennend um die Liebe einer Frau winseln durfte. Ihr Liebhaber in Frankreich war, so musste es doch gewesen sein, durch den Auftrieb seiner gelungenen Eroberung fröhlich und unterhaltsam geworden. Seinen Stolz, die als unnahbare Schöne bekannte, verführt zu haben, ließ er sich nicht anmerken. Stattdessen war er ein geduldiger Zuhörer, während er in der Tiefe ihre grünen Augen versank und ihren Duft atmete.
Der Betrogene hatte ihr nur Wasser angeboten, während er die drei Flaschen Wein soff. Was für eine Dummheit! Hätte er ihr nur ein Glas Wein eingeschenkt, dann hätte sie nicht wieder mit dem Auto wegfahren können. Doch das ist die ganze Härte der Kontingenz. Alles könnte auch anders sein. Wenn einmal eine Entscheidung getroffen worden war, dann setzte sie sich mit unmissverständlicher Härte fort. Abweichungsverschärfung nennt man das. Für ihn bedeutete es, dass er die Liebe seines Lebens verlor.
Als er um elf Uhr abends wieder zur Besinnung kam, sah er, dass auch die Jugendstillampe, die er von seinen Eltern geerbt hatte, zu Bruch gegangen war. Der Schock der Erkenntnis traf ihn tief. Sie hatte ihn verlassen. Die Abgründe, die er in dieser Nacht noch durchschritt, wollen wir an dieser Stelle auslassen.
Zuletzt geändert von Paul Ost am 12.06.2006, 20:55, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitragvon leonie » 05.06.2006, 18:40

Lieber Paul Ost,
der zerbrochene Bilderrahmen als Symbol für die in die Brüche gegangene Liebe und das an die Wand geschmetterte Herz.
Deine Geschichte ist auf ungewohnte Weise emotional, weil sie den Schmerz zeigt, den „er“ durchleidet.
Ich würde in der „Bildbetrachtung“ die Gefühle rauslassen, weil man die ja nicht sieht (Sie ist froh,...)
Du beschreibst die Bilder und anschließend die Situationen, in denen sie entstanden sind, in umgekehrter Reihenfolge. Da habe ich ein wenig gestutzt und musste „zurückblättern“.
Woher weiß der Erzähler etwas über den Liebhaber? Das bleibt unklar.
Die plötzlich in der Beschreibung des Verlustes/Schmerzes auftauchende reflektierende Ebene (das ist das Problem der Kontingenz...) hat mich verwundert, andererseits fand ich sie auch interessant.
Liebe Grüße
leonie

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Beitragvon Lisa » 12.06.2006, 15:23

Hallo Paul,
Leonies Anmerkungen finde ich alle wichtig.

ich füge noch eine zu diesem kleinen Satz hinzu:

Sie hatte es nicht getan


Man könnte an dieser Stelle auch "Sie tat es nicht." schreiben (man bleibt in der zeit) und es klänge schöner...

Der Aufbau der geschichte hat mir gefallen, erst die beiden Bilder, die sich nur in Nuancen unterscheiden, die so erzählt werden, dass man, wie der Erzähler selbst wahrscheinlich, nicht genau weiß, ob sich zwischen ihnen etwas grundsätzliches geändert hat.

Die Bilder sind nicht nur der "Rahmen" um die beziehung der beiden Protagonisten zu erzählen, sie sind für mich auch Träger von Möglichkeiten, von etwas, was in der Luft liegt.

Dann der letzte Teil: Das, was gerade passiert. Mir gefällt dieser Aufbau.

Auch wenn deine Schreibweise durchaus beabsichtigt auch schmerzhervorrufend und -stoßend geschrieben ist, so ist mir allerdings der Schluss nicht von seiner Aussage, aber in punkto Bild zu dick formuliert in Anbetracht dessen, dass ein blutendes von der Wand herabrutschendes Herz schon sehr oft verwandt wurde...da fände ich etwas unverbrauchteres besser. Ich könnte mir den Schluss überhaupt ohne diesen

Sie hatte, vielleicht ohne es zu wollen, sein Herz aus seiner Brust gerissen und an die Wand geschmettert und jetzt tropfte das Blut herab. Der nutzlose Muskel lag in den Scherben und blutete aus. Er zuckte noch.


Absatz vorstellen - auch wenn es gut tut, so etwas zu schreiben - das wird doch sowieso durch die Geshichte klar,oder?

Bei deinen Absätzen und Formulierungen habe ich schon oft an Stifters Gebrauch der Absätze denken müssen. Du hast doch Stifters Nachsommer gelesen (kam in einer der Geshichten vor), weißt du, was ich meine?

Liebe Grüße,
Lisa

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 12.06.2006, 21:01

Liebe Leonie, liebe Lisa,

ich habe ein paar Änderungen vorgenommen. Diesen Text lese ich sehr ungerne. Aber vielleicht habe ich gegen meinen Unwillen die richtigen Stellen erwischt.

Danke für die freundlichen Worte. Was die Emotionen in meinen Texten angeht, Leonie, wundere ich mich ein wenig über Deine Aussage. Ich dachte immer, ich sei besonders emotional.

Der Vergleich mit Stifter treibt mir die Schamesröte ins Gesicht. Natürlich habe ich den Nachsommer gelesen, aber auch einige andere Werke. Überhaupt bin ich in Literatur und Malerei ein großer Liebhaber des 19. Jahrhunderts.

Ursprünglich war das hier übrigens nicht als Geschichte gemeint, sondern als Liebesbrief. :sad: Da gibt es doch auch diesen berühmten Ausspruch: Jede Geschichte, ist ein Liebesbrief. Die Frage ist nur, für wen sie geschrieben wurde. Kennt ihr den?

Beste Grüße

Paul Ost

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Beitragvon Lisa » 12.06.2006, 21:26

Hallo Paul,
ehrlich gesagt wollte ich dich gar nicht mit Stifter vergleichen :schaem: :grin: .

(Solche Vergleiche sind sowieso nichtssagend)

Ich dachte nur an Stifters besonderen Gebrauch der Absätze und dass es zu deinen Sätzen passen würde, sie so zu setzen wie er. Stifter setzt nämlich die für die meisten unwichtigsten Sätze allein für sich als einen Absatz. Das kann ich mir generell bei deinen Texten und auch in dieser geschichte sehr gut vorstellen.

Die These, dass alle geschichten ein Liebesbrief sind, kenne ich nicht, würde sie aber sofort unterschreiben, wenn auch der Fall zulässig ist, dass es gar keinen Geliebten gibt, sondern nur die Liebe. So wäre es für mich sehr war.

Liebe Grüße,
Lisa

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Beitragvon leonie » 13.06.2006, 10:29

Lieber Paul Ost,

ich finde, in diesem Text ist die Art der Emotionalität anders als in Deinen anderen (auch oft sehr emotionalen) Texten. Sie ist hier offener, expliziter. In anderen Texten von Dir fand ich sie oft eher implizit. Man spürte den Schmerz und die Verletzung in den Bildern, aber Du hast ihn nicht so deutlich benannt. Das meinte ich. Hier ist es ganz offensichtlich, für einen literarischen Text fast zuviel, da gebe ich Lisa recht, was den Schluss betrifft. Als Liebesbrief, oh je. Da entblößt sich das LyrIch sehr und ich vermute, es löst bei der Adressatin höchstens noch Aggressionen statt der erhofften Betroffenheit aus....
Ob jede Geschichte ein Liebesbrief ist? Vielleicht kann man jede Geschichte als solchen lesen....

Liebe Grüße

leonie

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 13.06.2006, 17:01

Hallo Lisa,

da bin ich ja beruhigt, dass ich Deinen Vergleich falsch verstanden habe.
§bump§
Vielleicht liegt das mit den Absätzen ja an der jeweiligen Ausgabe? Stifter erinnere ich als einen Schriftsteller, bei dem man nach dem nächsten Absatz geradezu giert, aber es folgt dann doch keiner.

Was den Liebesbrief angeht: Sagen wir's mit (und frei nach) Lacan. Hinter jedem Text steht doch nur das Begehren (nach noch mehr... Text).

Liebe Leonie,

wiederum vielen Dank für die therapeutischen Worte. Therapien lohnen sich aber nur in zwei Fällen:
a) Der Leidensdruck muss so hoch sein, dass eine Therapie gewünscht wird.
b) Der Leidende kann eine Therapie bezahlen.

Beides ist bei mir nicht der Fall. Aber trotzdem danke.

Zu diesem Thema fällt mir meine Lieblingsthese von einem real existierenden Therapeuten ein: Bei einer gescheiterten Beziehung, muss der Mann sich an neuen Partnerinnen abarbeiten. Und zwar sollte er pro Jahr, dass er mit der alten Partnerin verbracht hat, eine neue Beziehung durchtesten. Kein Witz!

Was den Liebesbrief angeht: Die Geschichte war als solcher gedacht, eskalierte dann aber in eine andere Richtung.

Was die Aggressionen angeht: die müssen doch wohl nicht erst ausgelöst werden, wenn eine Person einen vertrauten Menschen derart gezielt verrät? Die waren doch wohl schon vorher da?

Denk aber nicht, wir kommen vom Thema ab: Kurz vor der Wende sah ich in der DDR mal einen großartigen Film im Kino, der hieß "Einer trage des anderen Last". Kennt ihr den?

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Beitragvon leonie » 13.06.2006, 20:51

Hallo Paul Ost,

mir ist rätselhaft, wieso Du aus meinem Statement ableitest, ich würde Dir eine Therapie anraten. Wie käme ich dazu?
Mir ging es um die unterschiedliche Emotionalität Deiner Texte, ich finde sie in diesem expliziter als in anderen. Du hast doch danach gefragt, was ich damit meine.
Und mit dem letzten Satz wollte ich nur sagen, dass ich vermute, dieser „Liebesbrief“ würde nach hinten losgehen und der Verfasser würde sich keinen Gefallen damit tun, ihn so abzuschicken. Denn normalerweise will man mit einem Liebesbrief keine Aggressionen auslösen, oder?

Herzliche Grüße

leonie

Die Methode des besagten allerdings scheint mir mehr als fragwürdig zu sein. Sieht er sie als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für sich selber an? Den Film kenne ich leider nicht.

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Beitragvon Lisa » 14.06.2006, 09:25

Liebe leonie,

Die Methode des besagten allerdings scheint mir mehr als fragwürdig zu sein. Sieht er sie als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für sich selber an?


:grin: . Treffend formuliert!

Zudem ist die Methode einfach in meinen Augen so angelegt, dass sie für gewohnheitstiere nützlich ist...geht genug zeit, gibt es genug andere Erlebnisse, reguiert sich der Schmerz von selbst und pegelt sich soweit ein, dass das Individuum wieder angepasst in der gesellschaft lebt.

Den Film kenne ich auch nicht.

PS; ich gebe leonie übrigens, was die anders geartete Emotionalität dieser geschichte angeht recht. Es gibt einen Unterschied zu den anderen. Die Emotionen sind für mich weniger in Kunst gewandelt.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 14.06.2006, 15:26

Liebe Lisa, liebe leonie,

das mit der Kunst ist ein schwieriges Thema. Wann ist etwas Kunst? Ich erinnere mich, eine ähnliche Frage schon einmal gestellt zu haben. Die Antwort, die mich bislang am meisten fasziniert ist die, dass etwas als Kunst kommuniziert werden muss, um Kunst zu sein. Daran sind Produzent und Rezipient des Werkes beteiligt. In diesem Sinne ist das hier schon Kunst, was wir treiben, auch wenn der Marktwert gering sein mag. Andere Menschen glauben, dass Kunst etwas mit handwerklichem Geschick zu tun haben soll.

Was die Therapie angeht: die Aussage über die Gefühle der potentiellen Adressatin eines eventuell als Brief geschriebenen Textes möchte bei der Lektüre mit Aggressionen reagieren, klang mir ein wenig zu sehr nach therapeutischen Binsenweisheiten. Deshalb habe ich wohl ein wenig zynisch reagiert.

Grüße

Paul Ost

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Beitragvon leonie » 14.06.2006, 19:03

Hallo Paul Ost,

ehrlich gesagt habe ich schlicht und ergreifend überlegt, wie ich selber auf so einen Brief von einem Mann, den ich verlassen hätte, reagieren würde und vermutet, dass es anderen Frauen ähnlich gehen könnte.
Insofern war es weniger therapIeutisch gedacht als fraulich. Und so eine bin ich nun mal.

Gruß

leonie


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