Titelfrei

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 06.03.2011, 20:27




Liebe Fachkräfte,

am kommenden Freitag steht wieder die "Fachkraft des Monats" zur Wahl. Diesmal wird die Wahl aber nur dann stattfinden, wenn mehr als eine einzige Fachkraft nominiert worden ist. Übrigens sind auch männliche Fachkräfte ausdrücklich willkommen.


Liebe Fachkräfte und Fachkräfter,

am kommenden Freitag steht wieder die "Fachkraft des Monats" beziehungsweise der "Fachkräfter des Monats" zur Wahl. Diesmal wird die Wahl aber nur dann stattfinden, wenn mehr als eine einzige Fachkraft, oder mehr als ein einziger Fachkräfter, nominiert worden ist.


Liebe FachkräftEr,

am kommenden Freitag steht wieder dieEr "FachkraftEr des Monats" zur Wahl. Diesmal wird die Wahl aber nur dann stattfinden, wenn mehr als einE einzigeR FachkraftEr nominiert worden ist.


Liebe Fachkräftigen,

am kommenden Freitag steht wieder die beziehungsweise der "Fachkräftige des Monats" zur Wahl. Diesmal wird die Wahl aber nur dann stattfinden, wenn mindestens zwei Fachkräftige nominiert worden sind.





Gewinnen wird diejenige Fachkraft, die den Stab am weitesten biegen kann, ohne ihn zu brechen. Erster Preis sind zwei Tickets für das Musical "Mao im Land der Mitte". Zweiter Preis ist das Buch "Gibs mir oder ich hau dich" (handsigniert). Als Trostpreis gibt's aus dem Flohmarktführer das Sonderheft "Feilschen bis zum Spottpreis".






Edit: Titel "Weitschusskatapulte" ersetzt durch "Titelfrei".
Zuletzt geändert von Pjotr am 09.03.2011, 23:43, insgesamt 2-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.03.2011, 16:15

Liebe Klara,

ich bin wie Du der Meinung, dass Sprache Bewusstsein prägt. Trotzdem möchte ich mich abgrenzen gegen eine Form der Ideologie, die wie alle Ideologien oft genug die Wege verkennt (oder sich keine Gedanken darüber macht), auf denen man ein Ziel erreichen kann.
Deren Eifer oft genug nach hinten losgeht, weil sie durch ihre Art, ihr Fordern, ihr Zwanghaftsein, etc. im Gegenüber heftige Widerstände auslösen, die verhindern, dass es noch um das eigentliche Anliegen gehen kann.

Dann tippen sich die anderen an die Stirn oder machen sich lustig, aber eines tun sie ganz sicher nicht: Das Anliegen ernst nehmen.

Militante Weltverbesserer (da nehme ich gerne mal die männliche Form), beleidigende Sprachgerechtlichkeitler, über Leichen gehende (im übertragenen Sinne) Vegetarier, etc... sind mir einfach ein Greuel.

Ich wünsche mir Lockerheit, Zuhören, Genauigkeit, Humor und dahinter eine unbeirrbare Beharrlichkeit. Und Kreativität in der Sprache: Ja, auf jeden Fall, neue Worte erfinden wäre das Optimale!

Liebe Grüße

leonie

(Du weißt, dass "servus" übersetzt "Sklave" heißt, oder? )

Weißt Du, was ich im konkreten Fall gut finden würde? Wenn die Männer sich da raushalten würden, denn sie sind es ja nicht, die da nicht mit erwähnt werden.
Und wenn nur eine der Autorinnen sich gewünscht hätte, dass da "Autoren und Autorinnen" steht, man das machen würde.
Denn mir scheint, dass dieser Wunsch verdient, stärker berücksichtigt zu werden als die Gegenargumente, da er bei Nichtberücksichtigung "gefühlsverletzend" wäre und insofern auch das Miteinander beeinträchtigen würde. Ich würde das weniger gern in Kauf nehmen als das Risiko, dass andere genervt von der Doppelform sind.

Vielleicht illustriert das, warum mir Ideologien zuwider sind.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 08.03.2011, 18:06

Servus, Klara,

ja, das Problem, das selbsterdachte, ist schwer zu lösen. Kreativität ist gefordert. Das Problem ist selbsterdacht. Es ist nun mal eine Unterstellung zu behaupten, alle Leute würden, wenn das -in fehlt, an Männer denken. Da hilft es zum Beispiel auch nicht, mühsam den alten Sprachtest mit dem weiblichen Chirurgen vorzukramen, der seinen Sohn, dessen Vater gestorben ist, nicht operieren will. Dann heißt es, so und soviel Prozent aller getesteten haben so und so reagiert. Was sind das denn für Probleme? Ich finde das kindisch und lenkt von den wichtigen gesellschaftlichen Problemen ab, es reißt alles wichtige mit in die Lächerlichkeit. Sieh Dir doch mal die letzen 20 Jahre an. Das -in hat nichts bewirkt. Erfolgreiche Frauen gewinnen, weil sie was können, und nicht weil das -in auf dem Blatt steht. Immer mehr Frauen setzen sich durch, und das finde ich saugut. Und das tun sie, obwohl das Binnen-I immer mehr verschwindet. Die anderen Verenkungen sollten auch verschwinden. Kreativität ist gefragt. Zunächst einmal die Verrenkungen wieder abschaffen.

Nochmal: In meinem Kopf gelten die Sammelbezeichnungen für alle Geschlechter. Das ist keine Lüge.

Ja, Franz-Josef Strauß konnte über Satire auch nicht lachen.


Hellau

P.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 08.03.2011, 18:14

Ich habe mal den Test mit meinen Töchtern (20 und 23) gemacht: Sie behaupten, der Satz "Mein Hausarzt ist Frau Meier" sei völlig normal.
Ich selbst war seit ca. 25 Jahren bei keinem Frauenarzt mehr, sage aber trotzdem "Ich muss zum Frauenarzt", wenn ich in Wirklichkeit einen Termin bei meiner Ärztin möchte.
Weiß jemand, wie das in anderen Sprachen gehandhabt wird? Ich habe zum Beispiel einen englischen Krimi, in dem eine Schauspielerin ausdrücklich auf der Bezeichnung "actor" besteht statt "actress".

lG Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)

Quoth
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Beitragvon Quoth » 08.03.2011, 18:31

Von Marina Zwetajewa hab ich gelesen, dass sie im Deutschen nicht Dichterin, sondern Dichter sein wollte - wie ihre Freunde Rilke und Pasternak. Sie fühlte sich einfach gleichwertig, durch den Begriff Dichterin fühlte sie sich herabgesetzt. Wie sich die Zeiten ändern!
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 08.03.2011, 19:32

Als ich vor ein paar Jahren noch mehr Zeit im Büro hatte, erlaubte ich mir, den derzeit gültigen Standard, wenn beide Geschlechter gemeint sind, aus Gründen der besseren Verständlichkeit nur eine Form zu verwenden, nämlich die männliche, mal umzudrehen.
Ich schrieb Arbeitsverträge konsequent in der weiblichen Form "Die Mitarbeiterin" usw.. Das fand ich einem Unternehmen, in dem 2/3 der Belegschaft Frauen sind, durchaus angemessen.
Die Männer allerdings, die dann diesen Vertrag erhielten, fanden dies nicht angemessen. Ja nach Temperament gingen die Reaktionen von sehr beleidigt, schwer empört bis hin zu echt sauer. Allein gemeinsam war aber der Satz: Ich bin doch keine Frau, und bitte ändern sie doch den Vertrag.

Bei der Diskussion im letzten Jahr über die endgültige Fassung von mehreren gewichtigen Betriebsvereinbarungen - eine Besprechungsrunde mit Männern in der Mehrheit- schlug ich vor, ebenfalls nur die weibliche Form zu verwenden, aus Gründen der besseren Lesbarkeit.
Kaum ausgesprochen, war die Empörung groß. Aber nein, das geht doch nicht, dann würden ja die Männer in der Belegschaft nicht angesprochen. Ja klar, aber 2/3 der Belegschaft wird seitdem nicht direkt angesprochen.

In diese Richtung geht auch das Hebammengesetz. Das wurde geändert, als auch Männer diesen Beruf anfingen auszuüben. So weit so gut. Eine sehr kleine Minderheit in diesem Beruf. Was steht im Gesetz: "Der Antragssteller". Auch hier, die Mehrheit wird nicht direkt angesprochen, sondern muß sich mitdenken.

Wo ist das Problem, zum einen in Fällen in denen es eine eindeutige Mehrheit bei den Frauen gibt, die nur rein weibliche Form zu verwenden? Ist das eine sprachliche Verrenkung? Nein. Wo ist das Problem, wenn beide Gruppen gleich stark und gleich stark gemeint sind, mal zur Abwechslung nur die rein weiblichen Form zu verwenden? Es ist kein Problem, Frauen müssen sich auch ja immer mitdenken, wenn nur die rein männliche Form verwendet wird.

Wo ist das Problem zum anderen, wenn es um eine direkte Anspache geht, die Form entsprechend dem Geschlecht zu wählen? Es ist nicht so schwer - und schon garnicht im Zeitalter der Textverarbeitunsprogramme- je nach dem ob Männlein oder Weiblein, auch die demtensprechende Form zu verwenden. Es gibt kein Problem. Im besten Falle ist es Faulheit, meistens aber Gedankenlosigkeit.
Es ist oftmals nur der Ausstausch eines kleinen Wortes, einer kleinen Wortänderung. Oft reicht es schon aus, wenn man Begriffe wählt, die beide Geschlechter umfassen.

In den 80 zigern hieß es noch "Der Regierungspräsident". So stand es auf dem Briefkopf, so hieß die Behörde. Jetzt heißt es "Die Bezirksregierung" und seit kurzem "Die Regierungspräsidentin" als Kopf dieser Behörde.
Im Gegensatz dazu kann mich noch an den Aufschrei erinnern, als Frau Limbach Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts wurde. Nein das geht doch nicht, es muß weiterin Präsident heißen, dies ist ein Titel, nein die weibliche Form geht ja nun garnicht. Und ob das geht.

Ich dachte allerdings, solche Diskussionen hätten wir überwunden.

Aber wenn ich solche Formulierungen lese, kommen mir da Zweifel:

"Das 8-jährige Mädchen hat eine Spastik, so dass der Pflegebedürftige .... "Wo ist da die sprachliche Verrenkung und das unschöne, wenn geschrieben wird "die Pflegebedürftige"?
Wenn das Kind in der Lage wäre zu begreifen, um was es geht, würde es schon sehr früh auf Spur gebracht.

Die Krönung war letztens das Attest eines Frauenarztes:
"Der Mitarbeiter ist in der ... Schwangerschaftswoche. Der errechnete Geburtstermin ist der...- Die Mutterschutzfrist für den Mitarbeiter beginnt daher am....
Der Mitarbeiter darf aufgrund seines Immunsstatus nicht mit Kindern zwischen 0-6 Jahren arbeiten."

Solche sprachlichen Entgleisungen sind auch das Ergebniss solcher Diskussionen, u.a. in Fällen wo es eigentlich selbstverständlich sein sollte, wenn Mann und Frau teilnehmen, Autoren und Autorinnen zu schreiben.
Was ist das Problem beide Geschlechter anzusprechen, oder mal zur Abwechslung aus Gründen der besseren Lesbarkeit die weibliche Form zu verwenden? Wo sind die Verfechter einer Dynamik in der Sprache? Kreative Vorschläge kommen zu diesem Thema aus dieser Richtung herzlich wenige.
Wenn ich jetzt fies wäre- hmm eigentlich bin ich es gerade- sage ich mal, da haben welche Angst von ihrem Herrenthron geschubst zu werden.
Es gibt keinen Grund zur Aufregung, mann gewöhnt sich daran, wir haben uns auch daran gewöhnt und was wir können, könnt ihr auch. Nicht war ;- )


viele Grüße
Sethe

Etwas sprachlos bin ich aber, wenn ich lese, Madonna sei das große Idol des weiblichen Freiheitskampfes.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.03.2011, 20:30

Heute ist übrigens Weltfrauentag... :-), noch dazu der 100.

Klara
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Beitragvon Klara » 08.03.2011, 21:41

Hi Sethe,

ja :)
Es gibt kein Problem. Im besten Falle ist es Faulheit, meistens aber Gedankenlosigkeit.

Ich glaube, es gibt schon "ein Problem". Nämlich, dass es um Macht geht. Um Definitionsmacht. Und es ist nicht nur Faulheit oder Gedankenlosigkeit, sonst wäre die Aggression, die sich oft genug in Häme und "Humor" kleidet, nicht so groß.
Im Grunde ist es viel anstrengender, umständlicher, komplizierter, sich ständig mitdenken zu müssen - und als Mann auch die Frauen immerzu mitdenken zu müssen - , als klar zu sagen, wer wie gemeint ist.
Es ist aber, wie ich vermute, eben nicht nur Gedankenlosigkeit oder Faulheit, sondern - Obacht! - IDEOLOGIE.
Die hartnäckigste ideologische Überzeugung ist diejenige, die sich ihrer selbst gar nicht bewusst ist oder/und sich bewusst als Nicht-Ideologie verleugnet. Dazu gehört unsere eben nicht geschlechtsneutrale, aber auch nicht logisch differenzierende wie du es ausgeführt hast, sondern im Grunde verstümmelnde Benutzung der Sprache. Es mag dumm und lästig (und ideologisch - oha!) und längst abgegessen klingen, aber es handelt sich hierbei trotz allem eben um Herrschaft. Sprache ist ein Herrschaftsbereich und - instrument. Sprache ist nie neutral und schon gar nicht objektiv. Aber Sprache ist eben auch kein Gefängnis, keine Mauer, die unverrückbar steht, sondern mit jedem Mund wandelbar, mit jedem Ohr werteänderbar. Was einst komisch klang, ist heute selbstverständlich. Wer mit den Worten "Display", "Plug-In", "Opt-In" oder "S-Klasse" um sich wirft, als wären es hübsche Begriffe, sich auch anderswo und ständig redundant doppelt und dreifacht und den Zuhörer mit Wiederholungen belästigt, sich aber gleichzeitig wortreich darüber aufregt, nunmehr Schülerinnen zu erwähnen, und nicht nur Schüler, wenn es um den Girlsday geht, der, naja, der hat ein kleines Problem mit der Selbstwahrnehmung.
Die sprachliche Verrenkung" ist ein Propaganda-Begriff. Wenn es um eine Revolution ginge - und im Grunde tut es das nicht erst seit 100 Jahren - wären all jene lautstarken männlichen und weiblichen Verfechter der Pseudo-Nicht-Ideologie und des scheinbar einfachen, "überkommenen" Sprachgebrauchs die Konterrevolutionäre ;)

Ich dachte allerdings, solche Diskussionen hätten wir überwunden.

Ja, schade... Dinge dauern, Veränderung bleibt ;)
Die Hilflosigkeit mancher Konstrukte, und die Unsicherheit, wie was wann verwendet wird/darf/sollte etc. gehört sozusagen zur Veränderung dazu - ist ihr immanent. Und ist vielleicht gar nicht so schlecht. Warum sollten wir sichere, feste, in allem stimmige Worte haben für etwas, das im Wandel begriffen ist? Die Sprache benso wie die Definition und Beziehungen von Geschlechtern bewegt sich. Das macht unsicher. Das macht aggressiv. Das macht auch Spaß. Und da muss man nicht beim leisesten Aufschrei des erstbesten Schlipsträgers demütig die Augen niederschlagen, man hätte es doch gar nicht so, sondern rein grammtisch - also sachlich! - gemeint ;) Mit Sachlichkeit allein kommt man in manchen Dingen nicht weit, auch wenn in den männlichen Chefetagen gerne das Gegenteil behauptet wird.

Hi Leonie,
das verstehe ich, aber der Ideologie-Verdacht hat doch mit dir gar nichts zu tun. Diesen Schuh würde ich mir nicht anziehen. Bzw.: diesen Fehdehandschuh lasse getrost am Boden liegen - insbesondere, wenn ihn dir ein Mann hinwirft, der behauptet, jeder Ideologie abhold zu sein (und das behaupten sie ja alle, nicth wahr. Die Männer sind ja alle viel frauenbefreiter, heutzutage, als die Frauen, wenn man ihnen so zuhört. Allerdings... wenn man genau hinhört... werden sie manchmal denn doch ein bisschen nervös... wenn es ans Eingemachte geht - und dazu gehört die Sprache. Das scheinen Kleinigkeiten, auch z.B. auf Parteitagen, von den Grünen z.B., in Anträgen oder so - und wird so heiß debattiert als ginge es um Enteignungsentscheidungen. Denn das geht es wohl im Grunde tatsächlich. Und was haben sie nicht bewirkt, diese Kleinigkeiten, diese Kleinkämpfe, diese miesen kleinen Streitereien! Eine Menge, seid ehrlich. Auch "Ideologen" und "Ideologinnen" haben eine Menge bewirkt. Aus einer anderen Perspektive wird "Ideologie" zu einer Zuschreibung, zu einem Kampfbegriff. Verschleierungstaktik auf die denunziatorische Tour.
Ach so: Nein, ich bin keine Ideologin und weiß nicht, ob ich eine "Feministin" bin oder ob das überhaupt wichtig wäre. Aber ich empfinde mich durchaus mit bestimmten Kämpfen und Kämpferinnen solidarisch, und sei es nur in meinem Sprachkopf, auch wenn ich nicht jede oder nicht mal die Hälfte der Forderungen oder Überzeugungen in der vorgetragenen Rigorisität unterschreiben bzw. teilen könnte. Es geht denn doch, pardon, ab und zu mal ums Prinzip :)
Aber ich verstehe, was du meinst. Das Eiferertum... das haben die Frauenrechtskämpferinnen allerdings nicht für sich gepachtet - und auch den Schuh ziehe ich mir nicht an.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand dich des Eiferertums zeihen könnte! Auf die Idee wäre ich nie gekommen! Warum glaubst du, dass du so wirkst? Warum meinst du, dich verteidigen zu müssen?
Das ist jetzt keine Frage, auf die du antworten musst, und ich meine das auch nicht grob oder so, sondern es ist einfach der Klassiker. Frauen müssen sich immerzu verteidigen (so wie sie sich immerzu mit dem Mann, sprachlich und sonst MITDENKEN müssen), auch wenn sie gar ncihts getan haben und nie tun würden. Nicht mal in Gedanken! Damit sie nur ja nicht auf dumme Gedanken kommen - z.B. den, dass diese blöde Verteidigung nicht nötig und schon gar nciht hilfreich ist. Man wäre freier, - selbstbestimmter! - , wenn man nicht immer so tun müsste, selbstbestimmt zu sein ;)
Wir Frauen, behaupte ich jetzt einfach mal, ohne zu eifern oder sonstwas, haben am meisten Angst vor uns selbst.
Ob ich Widerstände in meinem Gegenüber auslöse - okay, das muss ich bedenken, aber letztlich ist es erstmal das Problem meines Gegenübers, und wenn ich mir darüber nicht so viele Gedanken machen würde, über die Widerstände meines GEgenübers, dann hätte ich mehr Kraft und Muße, mich um mein eigenes Anliegen zu kümmern.
Ich weiß schon, du sprichst von Kommunikation und Vermittlung. Aber auch hierbei gibt es charakterliche, situative und persönliche Verschiedenheiten, die alle ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben. Da ist nicht unbedingt das eine Eiferertum - und das andere Pragmatismus. Lästigerweise geht es dem Gegenüber im Zweifel nicht so sehr um das eigentliche Anliegen wir mir oder dir. Deshalb kann ich vernünftigerweise auch nicht von derselben Bereitschaft, darüber zu verhandeln ausgehen. Beispiel: Der König sitzt auf dem Thron und möchte dort bleiben. Die Untertanen brauchen aber den Thron, um ihn zu verkaufen, weil sie sonst nichts mehr zu essen haben. Ihr Hunger wird größer, so groß, dass sie schreien. Der König beschwert sich, dass es zu laut werde, der Krach löse Widerstände in ihm aus, den Thron abzugeben, so könne er nicht verhandeln, er brauche bessere Stimmung. Die Untertanen wollen aber Brot und sind nicht in der Stimmung, gute Stimmung zu machen, auch wenn das bisher immer ihr Job war. Gute Stimmung zu machen. Schließlich hören sie auf zu schreien und stürzen den König vom Thron. Es passiert ihm nichts Schlimmes - außer, dass die Untertanen nun endlich auf Augenhöhe mit ihm sprechen können. Der König wird feststellen, dass sich das ungewohnt, aber merkwürdigerweise gar nicht mal unangenehm anfühlt...
Frauen und Männer reden nciht "auf Augenhöhe" und zu gleichen Bedingungen miteinander. Das zu behaupten - und zwar immer ZUGUNSTEN DER MÄNNER ZU BEHAUPTEN - ist Ideologie. Die Veränderung verhindert und genau das auch zum Ziel hat: Festigung des Bestehenden. Bewusst und gewollt oder nicht - das ist mir egal. Ich muss nicht mit jedem kleinen Widerstand meines Gegenübers Verständnis haben - und ich bin im Zweifel auch nciht diejenige, die es verursacht, dieses unangenehm Widerständchen. Weißt du? Auch wenn er mir das mit jedem ihm zur Verfügung stehenden Mittel immer wieder weismachen will (und oft genug kann). Ich muss ihn nicht heilen, und ich muss ihm nicht jedes kleine ungute Gefühl vermeiden. Vor allem, wenn ich gerade damit beschäftigt bin, ihn davon abzubringen, dass er mich mich so verdammt schlecht fühlen lässt. Damit überhebe ich mich zwingend. Ich kann nicht gleichzeitig überzeugen, kämpfen und heilen. Eins nach dem andern. Und ich kann es auch nicht allein. Er muss schon mittun. Seins dazu tun. Bestimmen wollen aber die Verantwortung für jedes Gefühl dabei abwälzen? Neenee, so haben wir nicht gewettet ;)
Ich meins nicht böse, glaub mir. Aucn nicht mit die Männers :) Aber ich will mich auch nicht für dumm vekaufen (lassen).
Dann tippen sich die anderen an die Stirn oder machen sich lustig, aber eines tun sie ganz sicher nicht: Das Anliegen ernst nehmen.

Und genau das ist hier passiert. Obwohl niemand geeifert oder ideologisiert hat. Es wurde sachlich argumentiert, aus mehreren Blickwinkeln von mehreren Standpunkten aus. Aber es ging trotzdem nicht. Einfach, weil es ein empfindlicher Punkt ist. Da kommen dann Abwehrstrategien und Mechanismen, die sich nicht wegdiskutieren lassen - jedenfalls nicht so schnell und ein für allemal.
Militante Weltverbesserer (da nehme ich gerne mal die männliche Form), beleidigende Sprachgerechtlichkeitler, über Leichen gehende (im übertragenen Sinne) Vegetarier, etc... sind mir einfach ein Greuel.

Mir auch, hat aber mit dem Thema nichts zu tun. Bzw.: Die Militanz liegt oft genug darin, der Veränderungsvorschlage-Seite Militanz zu unterstellen.
(Du weißt, dass "servus" übersetzt "Sklave" heißt, oder? )
Nee, wusst ich nicht - danke :)
Ich dachte, irgendwas mit Dienen oder Diener.

Weißt Du, was ich im konkreten Fall gut finden würde? Wenn die Männer sich da raushalten würden, denn sie sind es ja nicht, die da nicht mit erwähnt werden.
Und wenn nur eine der Autorinnen sich gewünscht hätte, dass da "Autoren und Autorinnen" steht, man das machen würde.
Denn mir scheint, dass dieser Wunsch verdient, stärker berücksichtigt zu werden als die Gegenargumente, da er bei Nichtberücksichtigung "gefühlsverletzend" wäre und insofern auch das Miteinander beeinträchtigen würde. Ich würde das weniger gern in Kauf nehmen als das Risiko, dass andere genervt von der Doppelform sind.

Ja. Find ich auch. Dank dir! Du bist ne Gute.

Quoth, ist doch klar, dass die Autorin das so empfindet. Sie ist auch nicht die einzige, wird nicht die letzte sein, und auch frauen wollen nciht nur von Frauen anerkannt werden. Alles ist nachvollziehbar - ein Argument gegen Veränderung und Veränderlichkeit von Sprache und ihrer (Be)wertung ist es jedoch nicht.

Klara
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Beitragvon Klara » 08.03.2011, 22:15

Hallo Pjotr,
Was sind das denn für Probleme? Ich finde das kindisch und lenkt von den wichtigen gesellschaftlichen Problemen ab, es reißt alles wichtige mit in die Lächerlichkeit.

Du bist ein Paradebeispiel für einen selbstbefreiten, unideologischen Mann, der weiß, was das eigentlich wichtige und Bedeutsame ist. Hut ab! Da muss man einfach nur Respekt zollen. Du legst den Finger in die Wunde. Du bist unter uns Frauen der einzige Erwachsene. Wow!

Sieh Dir doch mal die letzen 20 Jahre an. Das -in hat nichts bewirkt. Erfolgreiche Frauen gewinnen, weil sie was können, und nicht weil das -in auf dem Blatt steht.

Irrtum. "Erfolgreiche Frauen" gewinnen aus x Gründen, aber sicherlich nicht, weil du, Mann x, ihnen "erfolgreich" zuschreibst, sondern vor allem, weil sie an jeder Tischkante erneut darum kämpfen (müssen), als "erfolgreich" wahrgenommen zu werden. Schau sie dir an. Und glaub nicht dem Handelsblatt- oder von-der-Leyen-Gelaber.

Immer mehr Frauen setzen sich durch, und das finde ich saugut. Und das tun sie, obwohl das Binnen-I immer mehr verschwindet.

Es ging hier nie ums Binnen-I, doch mancher, der kapiert es nie.

Die anderen Verenkungen sollten auch verschwinden. Kreativität ist gefragt. Zunächst einmal die Verrenkungen wieder abschaffen.

Hey, du wirst ja richtig wütend. Bist du auch so sauer, wenn du über tatsächliche Vergewaltigungen und Übergriffe liest? Oder in deiner Umgebung jeden kleinen sprachlichen Hieb mitbekommst, der der Frau gilt, nur weil sie eine Frau ist und irgendeinen Mann nicht als überlegen anerkennt, nur weil er ein Mann ist? Männer können da sehr empfindlich sein, weißt du... Hier wird sooo genau differenziert, mit jedem Blick und jeder Entscheidung - und in der Sprache soll das zu schwer sein? "Verrenkung" gar? Die Verrenkung findet ganz woanders statt, und gewiss wird ein Binnen-I allein da nichts gerade renken können, aber allein das Nachdenken über das sprachliche NICHTmitdenken von Frauen bewirkt viel mehr, als man erstmal merkt.
Vielleicht sollte man die auch abschaffen, die Hiebe. Und die Vergewaltigungen. Und all die kleinen, verdeckten Machtspielchen. Und dann auch gleich die STrukturen, in denen Frauen (und Männer!) auf ungute Art funktionieren müssen, um "erfolgreich" zu sein und zu "gewinnen". Dann, wenn keine Frau mehr von einem Mann als minderwertig behandelt wird, nur weil sie eine Frau ist, unterhalten wir uns weiter über die Verrenkungen, die dich so sehr erzürnen. Einverstanden? Aber bis es so weit ist, empfinde ich es, verzeih mir, nicht nur als unangemessen, sondern als latent übergriffig, wenn du dich über Probleme erheben zu müssen meinst und Wichtigkeiten definieren zu können glaubst in einem Kampf, der gar nicht deiner sein kann. Einfach nur, weil du ein Mann bist, pardon.

Nochmal: In meinem Kopf gelten die Sammelbezeichnungen für alle Geschlechter. Das ist keine Lüge.
Das glaub ich dir ja. Aber es hilft niemandem was.
Fragen: was willst du wem damit "beweisen"? Dass du frei und klug bist? Und für wie viele Personen der Gesellschaft hältst du dich? Für die Mehrheit? Und woher bist du so sicher? Und: Dann kann man das ja auch einfach völlig verrenkungslos umdrehen. Fühl dich mitgemeint als Hebamme, Tonfrau, Kunstschaffende, Krankenschwester, Braut... hm? Na komm, nu hab dich doch nicht so! ;)

Ja, Franz-Josef Strauß konnte über Satire auch nicht lachen.

Woher weißt du das? ;)

klara

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.03.2011, 22:40

Liebe Klara,

ich denke, in dem Moment, in dem eine sagt: "Ich wünsche mir, dass da Autorinnen und Autoren steht" wird ihr der gesamte ideologische Rattenschwanz gleich mit angehängt. So empfinde ich es in diesem Fall und deshalb wehre ich mich gegen diesen Verdacht.

Für mich wird eigentlich die Ebene interessant, die unterhalb der ideologischen Diskussion liegt. Und auch die Argumente, die da greifen. Die wurden aber nicht mehr gehört. Ist mein Eindruck.

Das sind solche wie: Mich irritiert es, wenn eben dem Begriff "Autor" Frauennamen stehen.
Ich finde, wenn nur eine einzige Frau es sich wünscht, sollte es so gemacht werden. Das ist für mich eine Frage des Respekts gegenüber einem Mitglied, das sich sonst irgendwie ausgeschlossen oder nicht mit gemeint fühlt, obwohl es bereit ist, eine Menge an Mühe und Kosten für die Lesung auf sich zu nehmen.

Solche Argumente haben keine Chance mehr, wenn der Ideologieverdacht im Raume ist und man jetzt ja die Messer wetzen muss.
Dabei bieten sie die Chance, hinter die Vorurteilsmauern zu gucken, sich zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen und einander besser kennen zu lernen.

Es muss verschiedene Leute geben, die auf verschiedenen Ebenen sich stark machen. Meine wäre halt diese. Sich genau zuhören und zu fragen: Warum ist Dir das sooo wichtig? Es verstehen zu wollen statt die Schublade aufzumachen, den /die andere/n hineinzustecken und wieder zuzuschieben.

Ich glaube, ich habe es ein wenig verstanden, warum Dir das sooo wichtig ist. Und ich finde, Du hast damit recht.


Liebe Grüße

leonie

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Beitragvon Pjotr » 08.03.2011, 23:03

Hallihallo Klara,

langsam, langsam. Ich bin nicht die einzige Erwachsene unter uns Frauen. Wir sind viele. Mindestens die Hälfte.

Bezeichnend für die Unreife mancher ist auch diese eine Forderung: "... die Männer sich da raushalten würden, denn sie sind es ja nicht, die da nicht mit erwähnt werden."

Es sind Frauen und Männer, denen das -in nicht gefällt. Und Deutsch ist auch ihre Sprache. Die gehört nicht nur Leonie und Klara. Es sind auch meine Augen, die weinen beim Blick auf den Bildschirm, beim Anblick all der hässlichen Textklumpen.

Gegendarstellen muss ich auch dies: a) Das Handelsblatt lese ich nicht. b) Von der Leyen finde ich abstoßend in jeder Hinsicht.

"Es ging hier nie ums Binnen-I, doch mancher, der kapiert es nie", schreibt sie. Wo ist "hier"? Ich sehe "hier" eine Satire, in der es um den gesamten Chor geht, in allen Facetten. Du persönlich wirst dabei nur teilweise gestreift. Man soll doch nicht immer alles gleich auf sich alleine beziehen, habe ich, unter anderem, von Dir gelernt.

Nein, ich bin doch nicht wütend. Du bist wütend -- und liest in Deiner erregten Stimmung meinen Text in Deiner Tonlage. Meine Tonlage ist aber anders. Ganz bestimmt.

Da ich nicht erzürnt bin, erübrigt sich eine Antwort auf Deine davon abgeleiteten Fragen an mich.

Ein Fortschritt: Du glaubst mir zumindest, dass ich bei Sammelbezeichnungen an alle Geschlechter denke. Dieser Fortschritt hilft durchaus: Euch Freiheitskämpferinnen ging es doch eben noch darum, Denken und Sprechen in Einklang zu bringen, als ob alle Leute bei -in-freien Sammelbezeichnungen nur an Männer dächten. Das wird von Euch unterstellt. Und ich habe mich gegen diese Unterstellung gewehrt. Nun, glaubst Du mir also. Was gibt es dann in unserem, meinem, vermeintlich schowinistischen Hirn noch zu waschen?

Franz-Josef Strauß. Ich wollte damit sagen, dass Satire nur selten vom Besatierten gutgeheißen wird. Es sei denn, sie ist unbissig, oder dermaßen meisterhaft arrangiert wie die vom allergrößten Meister: Loriot.

Jodeldü Dudödeldu


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Beitragvon Pjotr » 08.03.2011, 23:26

leonie hat geschrieben:Ich finde, wenn nur eine einzige Frau es sich wünscht, sollte es so gemacht werden.

Und die Schmerzen Deiner Mitmenschen sind weniger wichtig als die Deinigen, Leonie?


Klara, vollständigkeitshalber will ich das Offensichtliche dann doch auch noch beantworten:

Klara hat geschrieben:Bist du [...] sauer, wenn du über tatsächliche Vergewaltigungen und Übergriffe liest?

Vergewaltigung ist in meinen Augen ein abscheuliches Verbrechen.

Klara hat geschrieben:Oder in deiner Umgebung jeden kleinen sprachlichen Hieb mitbekommst, der der Frau gilt, nur weil sie eine Frau ist und irgendeinen Mann nicht als überlegen anerkennt, nur weil er ein Mann ist?

Es gibt viele Idioten mit kleinen Eiern. Gerade da ist es wichtig, dass die Frau ihren Eierkocher aufdreht, anstatt auf grammatische Nebenschauplätze auszuweichen. Du musst brüllen, wenn Du aus der Opferrolle willst. Geradeaus, mitten in die Visage. Und dann steckst Du Deinen Stab senkrecht in den Boden. Nicht rumbiegen und jammern.

Klara hat geschrieben:Dann, wenn keine Frau mehr von einem Mann als minderwertig behandelt wird, nur weil sie eine Frau ist, unterhalten wir uns weiter über die Verrenkungen [...]. Einverstanden?

Wie gesagt, jammern (Wortverrenkungen statt Taten) hilft nicht. Ähnlich wie mit den Quoten. Es wirkt nur noch mehr minderwertig, die Opferrolle wird nur noch deutlicher.

Du siehst es ja selbst in Deinem Umfeld, die bisherige Protestweise funktioniert nicht.


Dienend

Pjotr



P.S.: Habe neulich eine Doku über die jüngste Protestweise der Ägypter gesehen. Sie haben den Stab nicht auf ihre Seite hin überdehnt. Sie sind ruhig und systematisch vorgegangen, direkt auf das Kernproblem zu. Zur Inspiration: http://www.3sat.de/page/?source=/kultur ... index.html

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 09.03.2011, 08:30

Pjotrs Text finde ich auch nicht lustig (aber ich darf das, ich habe am selben Tag Geb. wie FJS), wenngleich ich zugebe, dass die sprachlichen Verrenkungen eben auch ästhetische Verrenkungen sind.

Allerdings ist das Juristendeutsch auch nicht schön, und niemand käme auf die Idee, es grundlegend "verschönern" zu wollen (einzelne Formulierungen sicher ausgenommen). Wenn im Deutschen etwas möglichst exakt ausgedrückt wird - ich nehme an, dass es in anderen Sprachen ähnlich ist -, geht das eben auf Kosten der Ästhetik.
"Mein Hausarzt ist Frau Meier" ist schlichtweg: falsch. An solchen Formulierungen kann man außerdem noch immer ablesen, dass Frauen lange nicht zum (vollen) Studium zugelassen wurden oder dass sie - bekanntlich - erstmal nicht wählen durften, und dass - das ist für mich der Hammer überhaupt - bis 1977 eine Frau nur mit Einverständnis ihres Mannes arbeiten gehen durfte. Da war ich 20 ... unglaublich.
Da ich also auch nicht mehr ganz jung bin, war es für mich sogar auch erst (aber nur kurz!!!) gewöhnungsbedürftig, plötzlich diese Konstruktionen mit -in und Innen zu lesen. Aber es hilft nichts: Umgekehrt - wäre die männliche Form stets "vergessen" worden - wäre vermutlich ein Bußgeld fällig, würde man an der nur-weiblichen Formulierung festhalten! Daher sage ich mir: Das -in gehört immer dahin, wo die komplementäre Form allein auch nicht akzeptiert würde. "Meine Hausärztin ist Herr Schmidt" würde man ja nur ironisch sagen bzw. ein Missverständnis auf diese Weise aufklären. DA schwingt eine Portion Lächerlichkeit mit, nicht aber wenn man darauf besteht, dass Ingeborg Bachmann eine Autorin ist. Selbstverständlich ist das allen klar, aber genau deshalb wäre es ja falsch, sie zum Autor zu machen. Es mag sprachlich nicht immer möglich sein, einen vernünftigen Oberbegriff zu finden - aber das "muss". irgendwie. Denn es gäbe doch ein Aufjaulen, würde man nur von Autorinnen sprechen, wenn Bernd und Karl-Ernst auch dabei sind. (Wurde oben ja auch schon erwähnt). Daher verstehe ich die (Richtung der) Aufregung von männlicher Seite aus nicht - entweder immer aufregen oder nie!
Man könnte schließlich auch sagen, dass es doch eindeutig ist, dass Bernd und Karl-Ernst Autoren sind und dass man das nicht extra erwähnen muss.

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leonie
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Beitragvon leonie » 09.03.2011, 09:42

Vielleicht sind die Schmerzen meiner Mitmenschen mir unwichtiger als meine eigenen, Pjotr. Ich denke, das wäre nur menschlich. Aber die Schmerzen anderer sind mir immerhin nicht egal.

Es geht auch gar nicht um mich. Es geht darum, die Argumente für und wider abzuwägen. Und da wiegt es für mich persönlich schwerer, wenn eine der Autorinnen sich zum Beispiel nicht wahrgenommen/genannt fühlt als wenn sich Plakatleser (auch hier bewusst die männliche Form...) durch die Doppelform gestört fühlen könnten.

Das habe ich ja auch begründet. Und Du kannst getrost davon ausgehen, dass dieses Argument auch für Dich oder andere Männer gelten würde, wenn Du in einer ähnlichen Situation wärest.

Liebe Grüße

leonie


Also, Pjotr, mir scheint, für Dich ist Freiheit sehr wichtig und von daher vermute ich jetzt mal, dass Du etwas gegen Uniformierung hast. Nehmen wir mal an, Du planst mit anderen eine Veranstaltung und die anderen beschließen, alle ein pinkfarbenes T-Shirt anzuziehen. Du hasst pink und es steht Dir nicht und außerdem willst Du anziehen, was Du willst. Du müsstest also eine ziemlich Kröte schlucken, wenn Du trotzdem mitmachen wollen würdest.

Da würde ich sagen, ich bin dafür, auf das pinkfarbene T-Shirt zu verzichten und lieber Pjotr ohne Kröte im Hals dabei zu haben.
Um es mal etwas salopper zu formulieren.

(In unserem Fall wird das nicht wahrgenommen, weil die Ideologiedebatte es überlagert.)

Klara
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Beitragvon Klara » 09.03.2011, 09:50

Das mit FJS hatte ich schon verstanden Pjotr - und daraufhin die Frage gestellt, woher du das wissen willst, dass er nicht über sich lachen konnte? Das ist ja keine politische, sondern eine charakterliche Angelegenheit ;)

Wie gesagt: Ich zieh mir all diese Schuhe nicht an, den mit der Unreife nicht, den mit dem mangelnden Humor nicht, und schon gar nicht den mit Franz Josef. Obwohl der noch in gewisser Weise - lustig wäre ;)


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