5
Es ist Abend. Ich stehe im Badezimmer und putze mir die Zähne. Cthulhu sitzt mit dem Rücken zu mir auf dem Rand der Badewanne, die er aufmerksam zu studieren scheint. Er hat ein kleines Notizbuch auf dem Schoß, in dem er eifrig – und wie es scheint, ohne recht hinzusehen – herumkritzelt. Eigentlich müsste ich es besser wissen – womöglich entstehen gerade blasphemische Skizzen, deren bloßer Anblick genügt, um einen Herzstillstand zu verursachen – doch die Neugier siegt. Ich schaue über ihm über die Schulter. Augenblicklich habe ich Schaum vor dem Mund. Allerdings nur vom Zähneputzen. Tatsächlich verstehe ich nichts von den merkwürdigen, verdrehten Schriftzeichen, die er da schreibt. Sie anzusehen ist trotzdem irgendwie unangenehm. Verwirrend. Kryptisch. Ich fühle ein leichtes Schwindelgefühl in mir aufsteigen. Mehr noch -- ich spüre geradezu, wie der Wahnsinn an mir zupft. Rasch wende ich den Blick ab.
„Was ist das?“, frage ich, die Augen stur auf mein Spiegelbild gerichtet, „Die Sprache der großen Alten“?
„Quatsch!“, erwidert Cthulhu, „Integration über Riemannsche Mannigfaltigkeiten. Voll praktisch für nichteuklidische Geometrie. Solltest Du auch mal ausprobieren!“
Naja. Vielleicht ein anderes Mal...
6
Ich komme von der Arbeit nach Hause. Schon an der Haustür merke ich, dass etwas nicht stimmt. Eine dicke, verschlossene Holztür, und trotzdem höre ich, jemand im Treppenhaus herumbrüllen. Zu undeutlich, um einzelne Worte zu verstehen. Kann also nicht von hier unten kommen. Dann wohl von weiter oben. Rasch schließe ich auf, besinne mich sofort und öffne langsam und vorsichtig die Tür; wenn das, was ich höre das ist, was ich denke, möchte ich mir die Möglichkeit offenhalten, unauffällig zu verschwinden. Wenn nötig, nach Timbuktu. Gleich durch den ersten schmalen Türspalt quetschen sich einige Worte: Aufmachen, Wixer, eintreten, Fresse, vergasen. Die Stimme ist unverkennbar die von dem Typ unter mir.
Und jetzt? Mein Pass liegt in der Wohnung. Meine Chancen, nach Timbuktu zu entkommen, sind also eher schlecht. Und Hilfe holen? Dann wird es von meinem Ärger zu einem ganz offiziellen Ärger, von dem auch mein Vermieter erfahren wird; und wenn jetzt jemand in die Wohnung geht und die neue Wohnzimmerdekoration sieht, dürften ein paar ziemlich unangenehme Fragen auf mich warten. Besser, ich regele das so schnell wie möglich. Allein. Ich spurte die Treppen hinauf.
Freak ... Irrer ... Scheiß... verdammte ... abstechen. Auf auf meinem Weg nach oben höre ich nur Wortfetzen. Der Rest geht unter im Keuchen meines Atems und dem Geräusch von Faustschlägen gegen Holz. Eine letzte Kurve noch, dann sehe ich ihn: Einen Treppenabsatz weiter schreit ein in etwas über zwei Metern Höhe auf einem sicherlich über hundert Kilo schweren Muskelpaket sitzender Glatzkopf meine Wohnungstür an. So laut, dass er nicht einmal gehört hat, wie ich die Treppe hinaufgepoltert bin. Beim Anblick der Runentattoos auf dem überdimensionalen Bizeps erwäge ich kurz, doch noch den Rückzug anzutreten, doch da hat mich dessen Besitzer schon aus den Augenwinkeln erspäht. Etwas verdutzt schaut er von der Tür zu mir. Für einen kleinen Augenblick ist er still. Einen sehr kleinen Augenblick. Umso lauter geht es weiter.
"Sag mal, willst Du mich verarschen, Du Hurensohn? Lässt Du was Wasser laufen, wenn Du rausgehst? Macht dir das Spaß, meine Wohnung zu überschwemmen?"
Jetzt, wo er es sagt, fällt es mir auf. In dem kleinen Moment der Stille habe ich hinter der Tür deutlich Wasser rauschen gehört. Und die Springerstiefel vor meiner Wohnung stehen in einer kleinen Pfütze, die aus dem Türspalt zu kommen scheint. Ohne daran zu denken, wie wenig ich Glatze, Bizeps und Springerstiefeln näher kommen will, springe ich mit zwei schnellen Sätzen den Treppenabsatz hinauf. Außer meiner Tür erreiche ich damit, dass mein Nachbar überrascht zwei Schritte zurückweicht. Ehe er sich wieder gefangen hat, habe ich etwas von Rohrbruch und Haupthahn gefaselt, die Tür aufgeschlossen und bin hindurch geglitten, den Flur herunter, der einige Zentimeter unter Wasser steht, Richtung Bad.
Die Badezimmertür zu öffnen verbessert die Lage nicht; dahinter hat sich das Wasser aufgestaut, war bisher nur ein kleiner Bach durch den Spalt unter der Tür geflossen, schlägt mir jetzt eine wadenhohe Flutwelle entgegen, auf deren Krone sich eine Gummiente mit hochgerecktem Schnabel an mir vorüber tragen lässt. Die Welle läuft durch den Flur, reißt alles mit, was dort abgestellt ist – Schuhe, Schirm, ein paar leere Flaschen – und schwappt zur Wohnungstür hinaus. Wäre hier drin nicht so ein Lärm, würde ich sicherlich den Wasserfall hören, der sich nun ins Treppenhaus ergießt. Und es fließt weiter. Kein Wunder: Hinter dem zugezogenen Duschvorhang höre ich den Wasserhahn der Badewanne laufen, wie es klingt voll ist er voll aufgedreht, das Wasser strömt über den Rand hinaus.
Als ich den Vorhang zur Seite ziehe, höre ich noch den Auftakt eines wütenden Schreis – dann vergeht mir das Hören. Das Sehen leider nicht. Auf dem Grund meiner Badewanne steht eine pechschwarze Stadt. Sie erstreckt sich über die gesamte Fläche, keine Lücke, durch die das Weiß des Bodens noch zu sehen wäre. Und was für eine Stadt! Wie Straßen, Mauern, Kuppeln, Pyramiden, Häuser verlaufen in Krümmungen, stoßen in Winkeln aufeinander, die es einfach nicht geben dürfte. Wo immer sich ein kleiner Flecken Vertrautheit zeigt, wird diese gleich darauf jäh durchbrochen. Hier setzt etwas an wie ein Kuppelgewölbe, um dann in eine steile Wand überzugehen, die sich nach oben hin zur Seite neigt und in etwas endet, was wie gefrorener Efeu über dem Boden hängt. Ich sehe etwas wie eine Treppe, die, als ich mir dem Auge folge, im Kreis herum und dabei ununterbrochen nach unten führt. Ich sehe einen kleinen, randlosen Bau, der weder ein innen noch ein außen hat. Diese Stadt ist ein Abgrund, denke ich kurz, ein Chaos, aber das stimmt nicht, sie ist nicht einfach ohne Ordnung, sie spottet jeder Ordnung, eine Wider-Ordnung ist sie, zu schwarzem Stein erstarrter Wahnsinn. Vom Hinsehen wird mir schwindlig, ich fühle Übelkeit aufsteigen, will mich abwenden, und starre doch weiter ohne auch nur zu blinzeln, während jedes kranke Detail sich in meinen Geist einbrennt. Fünf Türme erheben sich über die übrigen Gebäude, sie ragen aus dieser Irrsinnskonstruktion heraus wie Finger, die nach mir greifen. Die Zinne des höchsten von ihnen durchsticht sogar die Wasseroberfläche, sie schaut einige Zentimeter heraus wie die Spitze eines grauenvollen Eisbergs. Die Turmspitze ist besetzt mit kreisrunden Vertiefungen, die aussehen aus wie die Saugnäpfe eines steinernen Kraken. Weiter unten läuft der Turmsockel in eine Vielzahl kleiner Streben auseinander, er steht da wie auf Spinnenbeinen. Und in der Mitte sitzt, als Körper der Spinne, den hohen Turm wie eine bizarre Krone auf dem Kopf, Cthulhu.
Der Anblick ist zugleich abstoßend und faszinierend. Einerseits will ich mich losreißen, will raus hier, und zwar schnell und weit weg, am liebsten in die Sahara, oder auf den Mond, jedenfalls irgendwohin, wo es ganz bestimmt kein Wasser gibt. Und doch reiße ich mich nicht los. Etwas hat mich gepackt, das mich mit unerbittlicher Kraft auf Cthulhu zutreibt. Als mein Kopf ins Wasser eintaucht, versuche ich, mich dagegen zu stemmen, doch vergeblich, es ist stärker als ich und so geht es abwärts, den schwarzen Turm mit den seltsamen Verzierungen entlang, hinab zu den Spinnenbeinen, durch die Cthulhu mich mit roten Augen anfunkelt. Wie still es auf einmal ist! Das Rauschen des Wasserhahns, das eben noch in meinen Ohren dröhnte, ist auf einen Schlag verstummt. Plötzlich taucht neben meinem Gesicht eine Hand auf – eine Hand! -- und da erst begreife ich, dass es nicht die transzendente Macht des Cthulhu ist, die mich zu ihm treibt, sondern die außerordentlich diesseitige Hand meines Nachbarn, der mich unter Wasser drückt. Offenbar hat er das Wasser abgestellt. Die andere Hand greift zwischen den tragenden Streben hindurch eines von Cthulhus Beinen und zieht ihn aus der Konstruktion heraus. Dabei brechen zwei der Streben ab. Der Turm kippt um und landet platschend im Wasser. Gebannt verfolge ich, wie er auf einer absurd gebogenen Kuppel aufschlägt. Immerhin, das Wasser verlangsamt seinen Fall so weit, dass kein weiterer Schaden entsteht. Irgendwie freut mich das. Was mich wiederum wundert.
Ehe ich damit fertig bin, darüber nachzudenken, dass es mich wundert, dass mich das freut, wird mein Kopf unsanft aus der Wanne gerissen.
"Was zur Hölle soll das denn sein?" Mein Nachbar hat mich im Nacken gepackt und hält meinen Kopf so, dass ich auf die Badewanne schaue. Sehr hilfreich, denke ich; sicherlich hätte ich sonst vergessen, wovon er spricht. "Hast Du dein altes Spielzeug wieder ausgepackt? Hast Du meine Wohnung wegen dieser Nerdscheiße unter Wasser gesetzt?!" Er schnaubt. "Ich habe echt die Schnauze voll davon, im Irrenhaus zu wohnen! Ich sag dem Vermieter Bescheid, dann kannst Du schauen, wer so blöd ist, dir noch eine Wohnung zu vermieten!" Damit hält er mir Cthulhu vor das Gesicht, den er weiterhin am linken Bein gepackt hält. "Und was ist das hier für ein Ding? Ist das deine Gummipuppe oder was?" Er schüttelt ihn hin und her.
"Nicht", versuche ich, das Schlimmste zu verhindern, "das ist..."
Zu spät. In den roten Glasaugen blitzt es. Die Fangarme schwingen auseinander. Ich habe meinen Lovecraft gelesen. Doch nichts hätte mich darauf vorbereiten können, was dahinter zum Vorschein kommt. Ein Schlund tut sich auf, viele Dutzend Meter breit, ein endloses, dunkler Schlauch, dessen Innenseite soweit das Auge reicht mit spitzen Zähnen besetzt ist. Ich werfe mich instinktiv zur Seite. Mein Nachbar bringt noch ein "Was zum..." heraus, im nächsten Moment ist er weg.
Die Fangarme schließen sich über dem Schlund. Cthulhu sitzt auf Fliesenboden, als wäre nichts gewesen. Ein Rülpser bläht den Tentakelbart, während er sich den Bauch streicht. Er sieht zufrieden aus.
Ich schaue ihn fassungslos an. Zu sagen, ich hätte Fragen, wäre verfehlt, oder vielmehr verfrüht. Es wird noch eine eine Weile dauern, bis das Chaos in meinem Kopf zu Fragen gerinnt. Selbst wenn ich eine hätte, wäre es schwierig, sie zu stellen. Nicht, dass ich den Mund nicht aufbekäme. Soweit ich es mitbekomme, steht er offen. Nur bewegen lässt er sich nicht. Natürlich ist es nicht nötig, Cthulhu etwas zu fragen. Er kann das Chaos ja sehen. Also antwortet er ungefragt:
"Ich mag es nicht, an meinen Beinen hochgehoben zu werden. Ich glaube, das erwähnte ich bereits." Er verschränkt die Tentakel.
In diesem Moment bin ich sehr froh, das bei unserem ersten Treffen nicht versucht zu haben. Also, das mit dem Am-Bein-Hochheben. Meine Tentakel konnte ich ja gar nicht verschränken. Ich habe ja keine. Komischer Gedanke, denke ich. Wird wohl am Chaos liegen.
Cthulhu sieht mich an. Ich stehe weiterhin reglos da und glotze mit offenem Mund in die Gegend. Etwas kitzelt in meinem Mundwinkel. Könnte sein, dass da gerade ein Speichelfaden herausläuft. Die Tentakel ziehen sich in sich zusammen, was merkwürdig aussieht. Ich habe keine Ahnung, was das heißen könnte. Erstaunen vielleicht. Womöglich hatte er erwartet, mit seiner Erkärung sei nun alles gesagt. Er hält eine Weile inne. Dann hellen sich seine Augen auf.
"Ach so, das. Ja, natürlich habe ich ein Maul – erstens bin ich nicht umsonst als Weltenverschlinger bekannt, zweitens würde ich sonst ja wohl verhungern. Und das die Größe angeht -- nun, der Schein trügt, wie man so schön sagt. Ich habe ... innere Qualitäten. Anders geht es auch gar nicht. Wäre ich so groß wie mein Rachen, würde ich ja nicht in deine Wohnung passen."
Das erklärt zwar nichts, reicht aber irgendwie aus, um meine Erstarrung zu lösen. Langsam fange ich wieder an, klar zu denken. Kurz überlege ich, ob das wieder nur eine Wahnvorstellung gewesen sein könnte, verwerfe den Gedanken aber sofort wieder – was immer er mit meinen Gedanken angestellt hat – mein Nachbar kann wohl kaum darin verschwunden sein.
"Und wozu bitte baust Du dieses Ding in meine Badewanne?", frage ich, um wenigstens irgend etwas zu sagen. "Und woraus eigentlich?"
"Das hier ist jetzt auch mein Zuhause." Cthulhu verschränkt die Fangarme. "Da will ich mich auch ein bisschen heimisch fühlen."
"Und deshalb baust Du..." Ich stocke. "Augenblick. Sagtest Du gerade „Zuhause“? Ist das da in meiner Badewanne etwa R'lyeh?!"
Die Tentakel wippen anerkennend. "Genau. Mit meinem Haus in der Mitte, da kann ich am besten schlafen. Ich liebe es, wenn mir die Meeresströmung über die Flügelspitzen streicht."
Ph'nglui mglw'nafh Cthulhu R'lyeh wgah'nagl fhtagn*, schießt es mir durch den Kopf. Nur, dass diese Cthulhu alles andere als tot ist. Und mit dem Warten ist es wohl auch vorbei. Ich muss kurz durchatmen. Die mystische, lange vor dem Erscheinen der ersten Menschen im Meer versunkene Stadt der großen Alten in meinem Badezimmer zu haben ist dann auch für das neue Normal etwas viel.
[*Ein Zitat in der Sprache der großen Alten, das in den Lovecraft-Geschichten immer wieder auftaucht. Übersetzt bedeutet es: "In seinem Haus in R'lyeh wartet träumend der tote Cthulhu".]
"Und was das 'woraus' angeht", fährt Cthulhu fort, "wundere ich mich, dass Du das nicht selbst gesehen hast. Das Baumaterial habe ich in einer Kiste im Keller gefunden."
Eine Kiste im Keller? Ich überlege. Im meinem kleinen Kellerraum stehen viele Kisten, lauter Zeug, das ich sicher nie wieder hervorholen werde, aber trotzdem irgendwie nicht wegwerfen kann. In Gedanken gehe ich die Kartons durch. Die Modelleisenbahn? Nein. Die paar bunten Häuschen, künstlichen Bäume und Eisenbahnbrücken geben das wohl kaum her. Ton oder Speckstein vielleicht? Habe ich so etwas da? Wohl kaum, und wenn, dann auf keinen Fall in ausreichenden Mengen für ein solches Monstrum. Bliebe eigentlich nur noch...
"Dein Ernst?", rufe ich aus, "Das Ding ist aus Lego?"
Die Tentakel wippen erneut.
"No way. Ich kann unmöglich so viele schwarze Steine ha..." Ich unterbreche mich, um im Kopf meine Bausätze durchzugehen. Borg-Kubus. Batmobil. Eine Darth-Vader-Statue und ein Tie-Fighter. Orthanc. Das Tor von Mordor.
Doch, das könnte reichen.
Allmählich habe ich den Eindruck, die Kontrolle über meinen Körper zurückzugewinnen. Ich drehe probehalber den Kopf, wobei mein Blick den Badewannenrand streift. Sofort schließe ich die Augen. Schon bei dem bloßen Gedanken, noch einen Blick auf dieses monströse Lego-Gebilde werfen zu müssen, beginne ich nervös zu zucken. Also taste ich mich mit geschlossenen Augen vor und ziehe den Duschvorhang wieder vor die Badewanne. Das Wasser bleibt drin. Keine zehn Pferde brächten mich dazu, meine Hand hinein zu stecken, um den Stöpsel zu ziehen.
Als die Wanne endlich blickdicht abgeriegelt ist, drehe ich mich mit einem Seufzer der Erleichterung um und mache die Augen wieder auf. Wie ich sofort bemerke, war der Seufzer voreilig. Jetzt habe ich das Ding im Rücken, auch wenn ich es nicht sehe, weiß ich doch, dass es da ist. Besser, ich betrete das Bad nur noch, wenn es nicht anders geht. Hektisch raffe ich Zahnbürste, Zahnpasta, Bürste, Shampoo, einen Waschlappen und ein Handtuch zusammen und deponiere es in der Küche neben der Spüle. Irgendwie wird es auch so gehen. Cthulhu verfolgt die Aktion mit unbewegten Tentakeln.
„Da die Angelegenheit mit deinem Nachbarn jetzt geklärt ist“, meint er schließlich, „stelle ich dann jetzt das Wasser mal wieder an. Die Meeresströmung gehört in R'lyeh einfach dazu.“
„Den Teufel wirst Du tun!“, rufe ich, finde die Metapher aber sofort unglücklich gewählt und füge hinzu: „Das machst Du auf keinen Fall!“
„Warum denn nicht?“, fragt Cthulhu. Er wirkt ernsthaft erstaunt. „Falls Du dir noch immer über diesen Typen Sorgen machst, kann ich dich beruhigen. Der lässt sich ganz sicher nicht mehr blicken. Der ist...“
Rasch unterbreche ich ihn; so genau will ich das gar nicht wissen. „Hier wohnen noch andere Leute. Wir können wirklich nur hoffen, dass das Wasser nicht auch in die Wohnungen in den noch tieferen Stockwerken gelaufen ist. Und ab und zu schaut auch der Vermieter vorbei. Vermieter haben es nicht gern, wenn man ihre Immobilien überschwemmt, die sind da etwas eigen.“
Cthulhu zuckt mit den Tentakeln. „Wenn noch jemand vorbei kommt und Ärger macht – ich hab' viel Platz da, wo der andere hin ist.“
"Das bringt doch nichts." erwidere ich. "Wenn Du den Vermieter frisst, erbt irgendwer das Haus, und dann habe ich das Problem mit denen."
"Dann fresse ich die eben auch."
"Das bringt doch nichts.", erwidere ich. "Dann kriegt's nur wieder jemand anders."
Die Tentakel fangen an, paarweise umeinander zu rotieren. Offenbar wird Cthulhu es allmählich leid, immer wieder dasselbe zu sagen. "Dann. Fresse. Ich. Die. Eben. Auch. Noch."
"Das bringt doch nichts!", beharre ich. "Das geht dann nur immer so weiter, bis Du die ganze Menschheit gefressen hast."
Die Tentakel wippen zustimmend auf und ab. „Ich sehe, Du verstehst allmählich, worum es geht.“
Die Cthulhu-Chroniken -- Episode 5 und 6 -- Die Stadt
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