unsinnig

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 24.09.2006, 08:55

Originaltext:
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet." Wieder nahm sie den Pinsel. "Wieviel Braun brauche ich?" Das Grün bröselte in die Asche. "Unsinnig, alles unsinnig," dachte sie. Seine Augen wärmten doch nicht mehr.

1. Verbesserung am 24.09.06:
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet." Wieder nahm sie den Pinsel zur Hand. "Wieviel Braun brauche ich?" Das Grün bröselte in die Asche. "Unsinnig, alles unsinnig," dachte sie. Seine Augen wärmten doch nicht mehr.
Zuletzt geändert von tulpenrot am 24.09.2006, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 03.10.2006, 21:36

Liebe Gerda,

an der Stelle wollte ich mir die Option frei halten, dass es außer dem "sie" und "er" noch ein "wir" geben könnte.. vielleicht... Hab aber diesen Gedanken nicht mehr verfolgt... :pfeifen:
*grummel*

Aber danke sonst für (Ein)verständnis und Gedanken.

LG
Angelika

P.S. Bin grad bisschen zeitbeschränkt *Schultern hochzieh* und nicht so fleißig im Lesen und Kommentieren... :book3:
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Klara
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Beitragvon Klara » 24.10.2006, 11:54

Hallo,
da ist was drin!
Ich würde mehr mit Absätzen arbeiten. Und das "dachte sie" weg lassen. Das kommt plump und unnötig, und die Perspektive ist ja eh klar. Den letzten kommentierenden Satz würde ich streichen.
Ich versuch einfach mal:


"Weißt du...", begann sie zögernd, denn sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet."
Wieder nahm sie den Pinsel zur Hand. 'Wieviel Braun brauchte sie?
Das Grün bröselte in die Asche. Draußen zündeten die Anderen überall ihre Kartoffelfeuer. Wann hatte sie ihn eigentlich schön gefunden. Wie ein Funke schoss es ihr durch den Sinn.
Wie lange er einfach so dastand, wussten hinterher beide nicht mehr.
Da wusste sie es: Ein Hut musste ins Bild gesetzt werden, ein breitkrempiger Hut!

"Weißt du... " Sie versuchte es wieder. "Warten muss man können."
Für die Kartoffelfeuer musste man erst die Knollen aus dem Boden sammeln und dann das trockene Kraut verbrennen, das wusste sie, aber sie mochte den Geruch nicht.
"Lass es gut sein," sagte sie.
Er bemühte sich nicht mehr, seine Hände auf der Stuhllehne liegen zu lassen.
"Und Schweigen muss man können", setzte sie nach, "vor allem, wenn es brenzlig ist."
Ob seine Hände immer schon so schmal waren, und seine Lippen? Sie würde sie weiß lassen, wie Marmor.

Der Gestank der Asche vermischte sich mit dem der verbrannten Knollen von draußen.
"Ich hätte uns Zeit lassen sollen", sagte sie, "Feuer muss brennen können."
Als er auf seine Schuhe blickte, war es sehr spät.
Das Grau passte gut zu seinen Fingernägeln, denn sein Weg war staubig gewesen, und weit, dachte sie.

Auch wenn er sich aufrichtete, war er ein bisschen krumm.
"Besonders abends habe ich gewartet, jeden Abend", erzählte sie ihm.
"So war es ausgemacht," setzte sie erklärend hinzu, "dass ich warte."
Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes Muster, genau, wie sie es geplant hatte.
"Nicht wahr, du erinnerst dich?" fuhr sie beharrlich fort.
Mit eiligen Pinselstrichen fieberte sie den Himmel blau. Jetzt war das Bild fertig, aber es erschien ihr unsinnig, weil seine Augen nicht mehr wärmten.
"Der Preis!", rief sie aufgeregt, "Wir haben noch gar nicht über den Preis gesprochen!"
Er ließ alles stehen, wie es war.
"Zieh die Tür ins Schloss, wenn du gehst", wies sie ihn an, "damit es nicht kalt wird."
Als er seinen Kopf hob, blieb sein Blick an ihrem Bild hängen.

Grüße von
Klara
_________________

Klara
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Beitragvon Klara » 24.10.2006, 12:01

achso, vergessen: der Titel "unsinnig", den finde ich unsinnig.
Der kommentiert,und das passt nicht, auch nicht zur Bild-, Herbst-, Kartoffel-, Geruchs-, Kaputt-Thematik.
"Kartoffelfeuer" wäre zum Beispiel passender.
Oder "Bevor es kalt wird"
Oder: "Preisvorstellung"
Oder: "Wenn es brenzlig wird"
Du weißt sicher was Besseres.
Gruß, Klara

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 28.10.2006, 21:30

Hallo Klara,

jetzt bin ich gefragt - du hast ja eine Menge Vorschläge zur Verbesserung gemacht - und nun muss ich neu überlegen. Was ist besser?

Um bei dem letzten anzufangen:
Du hast Recht, "unsinnig" erklärt etwas bevor der Text losgeht. Aber er macht auch neugierig, denn es ist ja nicht so offensichtlich, selbst durch den Text nicht, was denn nun unsinig ist.

Dein Vorschlag "Kartoffelfeuer" käme mir aber auch sehr gelegen. Es ist sozusagen ein Nebenschauplatz, von dem aus die Hauptsache dargestellt wird. Ich finde diese Idee recht gut. Danke!

Jetzt zum Text selber.
Ich mag meistens die wenig geschliffene etwas spröde Ausdrucksform sehr gerne, die mit wenig Füllworten auskommt, weil sie mehr Spannung erzeugt.

"Weißt du...", begann sie zögernd, denn sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet."

zum Beispiel bei diesem Satz würde ich gerne bei meiner Version bleiben. Der Nebensatz verschleiert den Vorgang. "Sie hatte ihre Vorstellungen" ist eigentlich ein zentraler Satz - erklärt nämlich alles Folgende. Lieber würde ich es dann anders verändern und so schreiben:

"Weißt du...", begann sie zögernd, "ich habe gewartet." Sie hatte ihre Vorstellungen.

Wieder nahm sie den Pinsel zur Hand. 'Wieviel Braun brauchte sie?

Es muss bleiben, weil sie es denkt: 'Wieviel Braun brauche ich?'

Wann hatte sie ihn eigentlich schön gefunden. Wie ein Funke schoss es ihr durch den Sinn.

Der Funke greift zwar das Motiv des Feuers auf, erscheint mir aber zu banal, um es sagen zu müssen. Aber warum veränderst du die wörtliche Rede? Deine beiden Sätze ergeben gar keinen Sinn mehr.

Wie lange er einfach so dastand, wussten hinterher beide nicht mehr.
Da wusste sie es: Ein Hut musste ins Bild gesetzt werden, ein breitkrempiger Hut!

Das doppekte Vorkommen von "wusste" finde ich hier nicht gut.
Und ich wollte die Doppeldeutigkeit bei "den konnte man nehmen" gerne erhalten. Im Sinne von, den will ich ins Bild mit aufnehmen, also ihn malen, aber auch, dass er seinen Hut nehmen kann, wenn er denn gehen will.

Für die Kartoffelfeuer musste man erst die Knollen aus dem Boden sammeln und dann das trockene Kraut verbrennen, das wusste sie, aber sie mochte den Geruch nicht.
Wieder ist das "wusste" dabei, was ich stilistisch nicht gut finde. Und die Satzverbindungen bringen etwas zusammen,was nicht zusammengehört. Der brenzlige Geruch (nicht Gestank) von draußen gehört zu der brenzligen Situation - ich müsste sonst den Text ganz umstellen.
Der Gestank der Asche vermischte sich mit dem der verbrannten Knollen von draußen.

Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes Muster, genau, wie sie es geplant hatte.
Sie hat die Holzdielen eigentlich nicht geplant, sondern das Muster sieht aus wie geplant - auch eine Interpretationssache - nämlich als ob etwas geplant sei... Man weiß nur nciht was, er oder sie planen.

Jetzt war das Bild fertig, aber es erschien ihr unsinnig, weil seine Augen nicht mehr wärmten.
Nein, das stimmt os nicht. Es belibt offen, was unsinnig ist - "alles" könnte es sein, nicht allein das Bild!

Der Text "redet" eigentlich von dem sprachlichen Unvermögen der beiden. Und von einem Nicht-aufeinander- eingehen-können. Da bleibt vieles unverbunden und ist auch keineswegs so logisch. Es liegt Spannung in der Luft, die sie durch Sprachfetzen zu durchbrechen versucht, ohne sich etwas zu vergeben - sie will ihre Sicht der Dinge halten und dennoch eine Türe offen halten, merkt aber, dass sie (ihn)eigentlich verloren hat und will dennoch die Hoffnung nicht aufgeben. Also auch ein Zwiespalt liegt über den beiden.... Sich nicht entschließen können. Man weiß ja auch zum Schluss nciht, ob er geht. Nur sein Blick bleibt an ihrem Bild hängen ( an dem,w as sie gemalt hat oder dem, was sie selber darstellt, das er von ihr hat.) Trennung - ja oder nein? Der Text lässt es offen.

Stilistisch habe ich ihn abwechselnd laufen lassen zwischen wörtlciher Rede und erläuternden Sätzen und inneren Gedanken. Dein Vorschlag ebnet mir zuviel davon ein... tut mir Leid, du hast dir sehr viel Mühe gemacht.

tulpenrot




[b][i]
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST


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