Totschlag in der Imbissbude

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 08.11.2006, 14:47

thomas milser
27/02/2005


Totschlag in der Imbissbude


[align=justify]An den Galgen mit ihm, dem Humor, harr, die Hände gefaltet und tüchtig reingespuckt, heiße Eisen angepackt jetzt, doch erstmal die Sieben bitte mit doppelt 24 und doppelt 11 und scharfmachen, und zwar heute noch, du koreanische Flachzange, und in Bengalen geht das Licht aus, während sie unten am Hafen den Kai verprügeln, wovon die in Böhmen natürlich keine Ahnung haben, und ihre Schindmähren zum Abdecker geben, ähj, machßu korrekte Cabrio von den Gaul, weißu, und dass mir keiner sein Edelfischfilet aus der Hose holt und auf die Nelke pisst jetzt, während ich der Amme ein Märchen erzähle und den Rentieren alles durch die Lappen geht, und, wie? es gibt kein Bier mehr, das kann ja wohl nicht Warstein! Da dreht sich einem ja der Jesus im Grabe um, aber egal, ich kann auch ohne Alkohol scheiße drauf sein, was ist denn nun mit der Sieben, Du Sohn einer abgeknickten Bambussprosse, wenn ich hier keimen soll, musst Du mich gießen, ähj scheisendrekke, nur noch swei schtrisch Akku, weißu, ähj, einma mit und einma mit ohne Swiebeln, und der Italiano kippt sich seinen Cappuccino hinter die Herzklappe und schlägt noch eben im Vorbeigehen meine Zeit tot.[/align]
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 08.11.2006, 19:03

Lieber Tom,

es klingt wie ein mitgschnittener O-Ton, also ist meine erste Frage: Ist es das auch oder hast du es dann aus dem Gedächtnis zusammengeschnitten? Als auch Imbissbudengänger muss ich jedenfalls sagen: klingt verdammt echt.

Liebe Grüße
max

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 08.11.2006, 23:03

ja, o-ton, max, und auch ein bisschen von dem anderen. ich konnte an dem tag nicht ertragen, in der schlange zu stehen. sowas kommt dabei heraus. hat keinen poetischen anspruch.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 09.11.2006, 09:37

Ist aber trotzdem klasse ... es scheintauch, dass sie an allen Imbissbuden die gleichen Gäste hinstellen, die gehören vermutlich zur Grundausstattung wie die Barhocker oder die Fritteuse ....

Liebe Grüße
max

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 09.11.2006, 11:54

Hallo Tom,

dem bisher Gesagten kann ich mich voll anschließen.

Am besten: "wenn ich hier keimen soll, musst Du mich gießen". Da kommt kein "jibbt datt heut noch watt" mit.

Darauf eine Rote.

Hungrige Grüße von der Alb
Marlene

hwg

Beitragvon hwg » 10.11.2006, 08:01

Guten Morgen Thomas!

Auch wenn ich nicht jeden Ausdruck kapiere -
allein das Raten hinsichtlich deren Bedeutung
macht Vergnügen. Die Komik erinnert mich an
Texte von Herbert Achternbusch, darin sind die
Redewendungen allerdings bayrisch und für
einen Steirer leichter verständlich.
Jedenfalls habe ich das Frühstück mit einem
herzhaften Lachen garniert.

Herzlichen Gruß!

Gast

Beitragvon Gast » 10.11.2006, 12:24

Thomas Milser hat geschrieben:thomas milser
27/02/2005


Totschlag in der Imbissbude


[align=justify]An den Galgen mit ihm, dem Humor, harr, die Hände gefaltet und tüchtig reingespuckt, heiße Eisen angepackt jetzt, doch erstmal die Sieben bitte mit doppelt 24 und doppelt 11 und scharfmachen, und zwar heute noch, du koreanische Flachzange, und in Bengalen geht das Licht aus, während sie unten am Hafen den Kai verprügeln, wovon die in Böhmen natürlich keine Ahnung haben, und ihre Schindmähren zum Abdecker geben, ähj, machßu korrekte Cabrio von den Gaul, weißu, und dass mir keiner sein Edelfischfilet aus der Hose holt und auf die Nelke pisst jetzt, während ich der Amme ein Märchen erzähle und den Rentieren alles durch die Lappen geht, und, wie? es gibt kein Bier mehr, das kann ja wohl nicht Warstein! Da dreht sich einem ja der Jesus im Grabe um, aber egal, ich kann auch ohne Alkohol scheiße drauf sein, was ist denn nun mit der Sieben, Du Sohn einer abgeknickten Bambussprosse, wenn ich hier keimen soll, musst Du mich gießen, ähj scheisendrekke, nur noch swei schtrisch Akku, weißu, ähj, einma mit und einma mit ohne Swiebeln, und der Italiano kippt sich seinen Cappuccino hinter die Herzklappe und schlägt noch eben im Vorbeigehen meine Zeit tot.[/align]


Lieber Thomas,

ich stehe deinem Text zwiespältig gegenüber.
Ich habe mal alle Verfremdungen, oder nennt man den Umtausch von Worten auch Verballhornung, Das kann nicht Warstein ist jedenfalls eine) und die Redewendungen sowie Passagen, mit dem bei jungen Leuten (?) vorherrschenden Ton in einem Schnellimbiss, fett markiert.
Ich versuche mal zu jeder markierten Stelle etwas zu sagen.

Ich lese den Text so, dass der Protagonist seinen eigenen Gedanken mit dem was er hört verquickt.
1. an den Galgen... gefällt mir, abgeleitet von Galgenhumor, trifft die Stimmung in einer Warteschlange...
2. Hände gefaltet usw. Da frage ich mich was das aussagen soll, in die Hände gespuckt, ja, aber in gefaltete :confused:, wirkt auf mich gekünstelt
3.Heiße Eisen angepackt bezieht sich das auf das Personal hinter der Theke, also im wörtlichen Sinn gemeint? Will mir nicht so recht passen, fällt raus aus dem Rahmen, Gedanken und Wortfetzen Wartenschlange zu sehr um die Ecke gedacht...
4. koreanische Flachzange? Schimpfwort, wie Schlitzauge?
5. Bengalen geht das Licht aus, ich kenne Bengalisches Licht, einen Art Feuerwerk, diese Umkehrung finde ich nicht nachvollziehbar, nimmt der Gedankengang derart philosophische Wege oder ist hier vielleicht eher der Ausspruch: "Mach hinne bevor das Licht ausgeht", angebracht?
6.am Hafen den Kai das finde ich arg, das passt nicht in den Kontext... oder steht die Imbissbude am Hafen? ;-)
7. Böhmen keine ahnung soll wohl eine Anspielung auf Böhmische Dörfer sein,
8. Schindmähren zum Abdecker
9. machßu korrekte Cabrio von den Gaul,
Mit 8 + 9 kann ich leider gar nichts anfangen...
10. auf die Nelke... bemühter Gag, in Verbindung mit dem Edelfischfilet, ich kenne den Ausdruck "Pissnelke", der auf weibliche Personben, die man nicht ausstehen kann angewendet wird.
11. Amme ein Märchen, nun ja, auch hier irgendwie nicht recht passend... abgeleitet von "Ammenmärchen" erzählen.

12. ...Bier nicht Warstein, hüstel nun denn ja, der Ausspruch ist vermutlich bei Biertrinkern, derer IQ schon gelitten hat, präsent... ;-) abgeleitet von: Das kann nicht wahr sein
13. Ganz stark :daumen: finden ich hingegen den Aussruch: Wenn ich hier keimen soll musst du mich gießen, da wirklich frisch, denn Soll ich hier Wurzeln schlagen ist die sehr verbreitet Variante.
14.noch swei schtrisch Akk ist wohl nur das "verknappte" Türk. Deutsch für mein Akku (Handy) ist gleich leer...

Alles in allem habe ich diese Glosse - ist doch wohl eine - dennoch gern gelesen, aber manches finde ich einfach nicht recht passend.
Vielleicht liegt es daran, dass passagenweise nicht "abgehört" wurde, sondern hinzufügt wurde und deshalb manches ergänzt wurde zum Geschehen???

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 10.11.2006, 20:12, insgesamt 2-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 10.11.2006, 20:04

Hallo,
in meinen Lesohren ist der Text gut so wie er ist. witzig, fies und politisch unkorrekt. dazu noch selbstironisch, obwohl der Humor ja so lautstark gehenkt werden sollte ;-)

LG Klara

rya

Beitragvon rya » 10.11.2006, 23:02

Hallo Tom.

Eigentlich hatte ich gar nicht vor was zu deinem Text zu schreiben.Eigentlich.
Weil,ich war gerade in der Frittenranch meines Vertrauens + was soll ich dir sagen,so isset.
Lauter wochenendgeschwängerte Menschen die ihre Lebensphilosophien kundtun.
Das hast du schön eingefangen.Erinnert mich so ein wenig an Dittsche.
Schön,Frank

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 11.11.2006, 19:54

Oiioi Gerda, soviel GeRdanken wie du habe ich mir ehrlich gesagt gar nicht gemacht. Es sind wilde Assoziationen, die weder nachvollziehbar noch sinnhaft sein müssen. Die meisten hast du aber richtig abgeleitet. Die haben alle einen Zusammenhang (Böhmen/Mähren/Schindmähren/Abdecker/Cabrio...), auch wenn das total unzusammenhängend ist. Äh, wenn Sie verstehen, was ich meine?!?
Ich weiß nur noch: es begann damit, dass ich mir eine größere, komplizierte Arbeit (heißes Eisen)vorgenommen hatte (in die Hände gespuckt), aber erstmal spachteln musste. Und dann dieses Kauderwelsch-Durcheinander beim Koreaner, obwohl ich mit den GeRdanken schon in mich gekehrt war, und das alles auf mich einballerte. Entweder als wörtliche Rede oder eben als Assoziation.

Das kann ja wohl nicht Warstein! Das kann ja Jever behaupten!

Danke dir aber für deine Anna Lüse. Euch anderen rufe ich zu: Schön, wenns Spaß gemacht hat.
Komischerweise dachte ich, den Text hier fänden alle doof. Da kann man mal sehen...

@rya: wer oder was ist 'Dittsche'?

Bedankt, Tom.
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.11.2006, 16:33

Lieber Tom,
du kennst Ditsche nisch? ich glaub Sonntag abend....wdr...das perlt! Ditsche ist aber noch mal anders als dein Text, der mir herlich gesagt zu wortgewandt daher kommt um O-Ton zu sein, ich les ihn schon auf einer entfremdeteren Ebene, was ihn aber nicht schlechter macht.

Schön das Gemischte/Gehackte, was den Gehirn- und Sprachzustand vieler Menschen, die ich als Fremde um mich herum sprechen hören, gut fasst ( nicht nur in der Imbissbude). Man unterhält sich in Phrasen und Sprichwörtern, die man allerdings nicht beherrscht, aber was macht das schon, keiner merkt es! Interessant nur, wenn das Gepräch an einer Stelle zusammenbricht, wo es keine Sprichantwort mehr gibt und alles auf einmal versackt ----- 1 Minute Stille, bis einer der Gesprächspartner an irgedneiner beliebigen Stelle mit einer Wiederholung wieder einsetzt und der Kreisel wieder brummt. Wiederholung soweiso wichtig bei diesem Austausch.

hab den Quatsch gern gelesen,

"Aber man selbst gehört ja nicht dazu", nech?

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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