Marlene macht sich Gedanken
... über Weihnachtseinkäufe und Immobilienpreise auf dem Mond
Alle Jahre wieder, meistens schon Wochen im Voraus, quälen mich die alten Fragen: Was ziehe ich an? Was koche ich? Was schenke ich wem? Die ersten beiden Punkte sind schnell abgehakt. Bei dem zu erwartenden nasskalten Wetter werde ich in meinen Tweed-Hosenanzug schlüpfen, die immer noch schönen Winterstiefel anziehen und den schnee- und regendichten Lodenmantel überwerfen. Nach der Bescherung gibt es den traditionellen Kartoffelsalat. Ja, ich bin ein Gewohnheitstier! Und ich habe auch nicht vor, daran was zu ändern!
Nun muss ich mich der schwierigsten aller Fragen stellen: Was schenken Papa und Mama dem lieben Kind zur Feier des Tages? Den Herrn Erzeuger und Ernährer zu fragen, bringt in solchen Fällen nichts. Der verlässt sich in solchen Dingen auf die Frau Gemahlin. Stöhnt schon vier Wochen im Voraus, dass er mit in die City muss, meckert über die rappelvollen Parkhäuser und über die Mondpreise auf den Etiketten der feilgebotenen Luxus- oder sonstigen Waren. Den eigentlichen Preis schiebt der kluge Handelsmann direkt nach rechts unten in die Ecke des Etiketts, mit dickem Rot durchgestrichen selbstverständlich, und links oben prangt der neue, viel günstigere Preis. Freundlicherweise vom Hersteller bzw. Grossisten gleich fertig gedruckt und mit kabelbinderähnlichem Fadenwerk an der Ware befestigt. Rabatt für den Endverbraucher, schon bevor das gute Stück die Fabrikationshallen verlassen hat.
Mondpreise!! Natürlich! Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin. Das liebe Kind bekommt zum Wiegenfest des Herrn ein Grundstück auf dem Mond. Da können die Nachbarn dumm gucken und mit den Zähnen knirschen. Dem Enkel zur Konfirmation ein Baugrundstück auf dem Dorfe schenken, so wie es praktisch alle tun, damit der Junge jetzt schon weiß, mit wem er in zwanzig Jahren seine Nachbarschaftsstreitigkeiten auszufechten hat?? Das war gestern! Unser Kind zieht später einmal auf den Mond.
Das erste Angebot im Netz kann sich durchaus sehen lassen. 1000 (in Worten: eintausend) Quadratmeter auf der erdzugewandten Seite. Die genauen Daten werden nach Zahlung des Kaufpreises bekannt gegeben. Die Registrierung erfolgt wahlweise auf den eigenen oder den Namen eines zu Beschenkenden. Vierzehntätiges Rückgaberecht selbstverständlich. Der Preis liegt bei 19,90 Euro (Versteigerung läuft noch) plus 4,00 Euro Versandkosten.
Das zweite Angebot liegt bei 24,95 Euro Festpreis plus 5,95 Euro Versandkosten. Etwas viel auf den ersten Blick, will mir scheinen. Aber dafür gibt es gratis ein wunderschönes Sachbuch, für das normalerweise 12,80 Euro hinzublättern wären. Zusätzlich zur Besitzurkunde mit Längen- und Breitengrad des Grundstücks (1 Acre = 4047 Quadratmeter ist die Standardgröße) erhält der Käufer eine hochwertige Mondkarte (Lunar Map) und, aufgepasst, die Lunar Constitution – Bill of Rights. Sammelversand ohne Aufpreis bei mehreren Bestellungen ist auch hier möglich.
Da stehe ich nun und weiß nicht weiter. Die 1000 Quadratmeter vom ersten Angebot sind ja nicht schlecht. Aber wird der Platz reichen, wenn erst einmal Enkel da sind? Wie schaut es auf dem Mond mit den Bebauungsplänen aus? Sind Einfamilienhäuser vorgeschrieben, kann man kaum noch anbauen oder aufstocken! Wo genau liegt das Grundstück überhaupt? Wenn sich die Parzelle auf der erdabgewandten Seite befindet, können wir später niemandem das Grundstück zeigen, von der Erde aus. Und jetzt fällt mir auf, dass in diesem Paket ja gar keine lunaren Menschenrechte enthalten sind. Benötigt man zusätzlich zu den irdischen Rechten auch noch lunare Menschenrechte? Sind diese an Grundbesitz gebunden, frei veräußerlich oder vermietbar? Man denke nur an Ferienwohnungen. Muss/kann/soll ich mich nach einem entsprechenden Nachrüstpaket erkundigen? Hoffentlich ist das Kontingent nicht beschränkt; wer weiß was das für Folgen haben kann. Meine armen Enkelchen! Eigener Spielkrater auf dem Mond, aber keine Menschenrechte! Oder reicht es, die künftigen Mondbewohner mit Zweitwohnsitz bei uns anzumelden?
Beim zweiten Angebot sollte ich mich erkundigen, ob man das Sachbuch zurückgeben und dafür einen Preisnachlass bekommen könnte. Vergleichbare Werke habe ich nämlich schon für schlappe zwei Euro in der Grabbelkiste meines Stamm-Buchhändlers gesehen. Unnütze Käufe hasse ich! Und an das gute Beispiel muss ich ja auch denken. Wie sollen denn die Kinder lernen, mit dem sauer Erspartem umzugehen, wenn die Mama einen überteuerten Schinken kauft?
Oder womöglich gibt es ja direkt nach Weihnachten saftige Preisnachlässe. Mondpreise! Man erinnert sich!! Schlussverkaufsware, wie man das früher nannte. Da wäre der klassische Geldclip ja doch die bessere Lösung. Und wenn die Großeltern noch ein bisschen was drauflegen – wissen ohnehin nie, was dem Kind schenken und halsen mir alles auf – dann sind bestimmt zwei oder gar drei Parzellen auf dem Mond drin für die Enkelchen. Oder wir sparen noch ein bisschen. Von Umzugskosten, Erschließungsbeiträgen und kommunalen Gebühren war nämlich nirgendwo die Rede, fällt mir gerade auf. Ein Rundum-sorgenfrei-Paket wäre hier ein echter Renner.
Aber vielleicht sollte ich mir die Sache mit dem Grundstück auf dem Mond reiflich überlegen. Schließlich geht das liebe Kind noch zur Schule. Da eilt es mit den Enkelchen und dem Spielkrater nicht so. Wer weiß, vielleicht möchte die Kleine ja gar nicht auf den Mond ziehen, sondern gleich auf den Mars. Oder später mal nach Bayern, der schönen Berge wegen! Da wäre ein Wanderrucksack zwar nicht das preiswertere, aber sicherlich das praktischere Geschenk. Nach den Feiertagen gibt’s den bestimmt günstiger.
Man sieht sich, spätestens beim Schlussverkauf.
Marlene macht sich Gedanken
Liebe Marlene,
grundsätzlich gute Idee, schön irreal (noch) und schräg.
Leider ist der Rahmen für meinen Geschmack zu bieder, zu alltagstauglich.
Das fängt bei der Bekleidungswahl der Dame an und hört letztlich beim Rucksack/ Schlussverkauf auf.
Wie du von den heruntergeschriebenen Preisetiketten, (Mondpreise ?) zum Kauf eines Grundstücks auf dem Mond überleitest kann ich auch nicht so recht nachvollziehen. "Mondpreise" kenne ich nicht für "verbilligte" Ware. (Nur den Ausdruck, dass jemand hinter dem Mond ist, wenn er nicht ganz helle ist) Vielleicht sehen das Andere anders.
Ich glaube, diese Story müsstest du insgesamt in ein "Barbiepuppen-Alles-ist -möglich-Puderzucker-Klischee" setzen, damit sie rund wird, aber da lässt sich auf jeden Fall - bei deiner Phantasdie was machen.
Um als absurde Prosa durchzugehen, fehlt es an einer Steigerung ins Unauflösbare.
Liebe Grüße
Gerda
grundsätzlich gute Idee, schön irreal (noch) und schräg.
Leider ist der Rahmen für meinen Geschmack zu bieder, zu alltagstauglich.
Das fängt bei der Bekleidungswahl der Dame an und hört letztlich beim Rucksack/ Schlussverkauf auf.
Wie du von den heruntergeschriebenen Preisetiketten, (Mondpreise ?) zum Kauf eines Grundstücks auf dem Mond überleitest kann ich auch nicht so recht nachvollziehen. "Mondpreise" kenne ich nicht für "verbilligte" Ware. (Nur den Ausdruck, dass jemand hinter dem Mond ist, wenn er nicht ganz helle ist) Vielleicht sehen das Andere anders.
Ich glaube, diese Story müsstest du insgesamt in ein "Barbiepuppen-Alles-ist -möglich-Puderzucker-Klischee" setzen, damit sie rund wird, aber da lässt sich auf jeden Fall - bei deiner Phantasdie was machen.
Um als absurde Prosa durchzugehen, fehlt es an einer Steigerung ins Unauflösbare.
Liebe Grüße
Gerda
Hallo Gerda,
danke für dein schnelles Feedback. Irreal ist an der Sache nicht alles. Mondpreisettiketten habe ich erst letzte Woche von diversen Anschaffungen runtergeschnitten - und Grundstücke auf dem Mond gab's letztens wirklich im Internet zu ersteigern. Da konnte ich nicht anders, da musste ich in die Tasten hauen. Nichts ist so irreal real wie Biederfraus Surfen nach dem passenden Geschenk.
Mal gespannt, was den anderen dazu einfällt.
Liebe Grüße
Marlene
danke für dein schnelles Feedback. Irreal ist an der Sache nicht alles. Mondpreisettiketten habe ich erst letzte Woche von diversen Anschaffungen runtergeschnitten - und Grundstücke auf dem Mond gab's letztens wirklich im Internet zu ersteigern. Da konnte ich nicht anders, da musste ich in die Tasten hauen. Nichts ist so irreal real wie Biederfraus Surfen nach dem passenden Geschenk.
Mal gespannt, was den anderen dazu einfällt.
Liebe Grüße
Marlene
Liebe Marlene,
ich fand gerade den Kontrast zwischen dem etwas biederen Geschmack der Erzählerin und der grotesken Frage, was mache ich mit einem Grundstück auf dem Mond (Mars gibt es übrigens auch schon zu kaufen .. Pluto muss zur Zeit irre günstig sein, schließlich wurde ihm kürzlich der Planetenstatus aberkannt) sehr gelungen. Besonders an einem ersten weihnachstag liest sich so etwas sehr vergnüglich.
Liebe Grüße
max
ich fand gerade den Kontrast zwischen dem etwas biederen Geschmack der Erzählerin und der grotesken Frage, was mache ich mit einem Grundstück auf dem Mond (Mars gibt es übrigens auch schon zu kaufen .. Pluto muss zur Zeit irre günstig sein, schließlich wurde ihm kürzlich der Planetenstatus aberkannt) sehr gelungen. Besonders an einem ersten weihnachstag liest sich so etwas sehr vergnüglich.
Liebe Grüße
max
Hallo Max,
danke für deine Antwort - und erst einmal ein frohes Weihnachtsfest und ein Gutes Neues Jahr.
Der Mensch darf so Manches sein, aber nicht einseitig, wie man lesen kann. Biedersinn und Aberwitz gehören zusammen wie die Majo aufs Würstchen zum Champus. Und was so alles hinter den Türen der Biederleute vor sich geht ...
Liebe Grüße
Marlene
danke für deine Antwort - und erst einmal ein frohes Weihnachtsfest und ein Gutes Neues Jahr.
Der Mensch darf so Manches sein, aber nicht einseitig, wie man lesen kann. Biedersinn und Aberwitz gehören zusammen wie die Majo aufs Würstchen zum Champus. Und was so alles hinter den Türen der Biederleute vor sich geht ...
Liebe Grüße
Marlene
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