Marlene stöhnt ...
über die eigenen guten Vorsätze zum Neuen Jahr
Ja, ich kann mir denken, was ihr so jetzt denkt. Noch nicht mal Dreikönige, da jammert das Marlenchen schon wieder los. Oder ohne Unterbrechung weiter, wie man’s nimmt. Will keiner so genau wissen, das Marlenchen am Wenigsten!
Recht habt ihr, meine lieben Leser und Leserinnen. Da hock ich nun rum, hab den Dreck von den Silvesterböllern noch nicht zusammengefegt, den Tannenbaum noch nicht rausgeworfen, obwohl er schon nadelt, und was man am 2. Januar eigentlich sonst schon alles hätte machen sollen. Nix gepackt.
Und dabei hat alles so toll angefangen: Pünktlich zum 28. Dezember ist mir eingefallen, was ich Anno 2006 alles nicht auf die Reihe gekriegt habe. Die Sache mit den viel zu vielen Kilos, die Zimmertüren sind auch nicht gestrichen, den Krimi habe ich noch gar nicht angefangen, obwohl ich schon 2005 den dritten Fall hätte abschließen sollen ...
Ihr kennt das doch auch, nicht wahr. Kaum ist das Weihnachtsmahl mehr oder weniger gut verdaut, geht es mit den guten Vorsätzen fürs kommende Jahr weiter. Schluss mit Marzipan und Gammelwohnung, endlich mal die sieben Ordner mit den ganzen Recherchen auf den Schreibtisch – und hoch die Ärmel! Frau wird ja schließlich nicht jünger.
Am 1. Januar, da muss ich mich wirklich loben, habe ich für meine Lieben frisches Obst als Dessert auf den Tisch gestellt statt Vanillepudding mit Kirschsoße. Und nachher mich in die Werkstatt meines Herzallerliebsten begeben. Geb ja zu, dass ich da nen mittleren Schock gekriegt hab. Bei dem Burschen schaut’s ja schlimmer aus als in meiner Speisekammer hinter den Einmachgläsern. Hier fehlt eindeutig die ordnende weibliche Hand. Irgendwie schaffte ich es, Pinsel, Farbe, und was man sonst noch fürs Malern braucht, zusammenzukramen. Danach war ich fertig mit den Nerven, meinem Glauben an die Ordnungsliebe meines Herzallerliebsten und für den Rest des Nachmittags. Aber alle guten Vorsätze noch vollzählig versammelt! Neujahr wird nicht aufgegeben, da werden erste Schritte in die Wege geleitet. Die Ordner mit dem Krimimaterial suche ich morgen. Gute Leiche will bekanntlich Weile haben.
Der erste Arbeitstag im neuen Jahr brachte mich so richtig in Schwung. Direkt nach dem Frühstück ging’s ab in den Discounter, die Vorräte auffrischen. Meine Lieben haben alles ratzekahl leergefressen über die Feiertage. An der Geschichte mit den Heuschrecken in der Ahnenreihe ist doch was dran! Neues Druckerpapier nicht vergessen, der erste Fiesling muss heute noch ins Gras beißen. Vier Opfer soll es geben, aber sieben Verdächtige. Man will ja nicht kleckern, Klotzen ist angesagt.
Beim Discounter gab’s nur Schulsachen für die lieben Kleinen und diverse Mittelchen gegen Kopfweh und Übergewicht für die Hausapotheke. Aber nichts für den Computer und meinen ersten richtigen Mord. Manchmal hasse ich das Leben auf dem Lande! Der Schreibwarenhändler um die Ecke hatte geschlossen. Wegen Inventur! Elender Bürokrat. Da fällt mir endlich ein, wie ich die Erbtante elegant um die Ecke bringen kann, und dann ist kein Papier aufzutreiben! Ob bei den Ballerspiel-Leutchen auch immer der Rechner zusammenkracht, wenn sie ihren Lieblingsfeind vor der Pumpgun haben? Ob die deutsche Wirtschaft deshalb nicht in die Puschen kommt?
Da steh ich nun und komm nicht weiter. Unterm Tannenbaum lauert noch immer das dicke rosa Marzipanschweinchen, die Erbtante ist quicklebendig, und an die Türen gehe ich besser nicht ran solange ich noch Frust schiebe. Der Herzallerliebste hat sich vorsichtshalber verdrückt, will unbedingt die Werkstatt aufräumen, sagt er zumindest. Feiertags und bei schlechtem Wetter sollen ja die Mord- und auch die Scheidungsraten in die Höhe schnellen, fällt mir gerade ein.
Bäh! Meckern will ich. Für den Rest des Tages! Morgen, wenn die Sonne scheinen wird – oder zumindest soll – tränke ich das Marzipanschweinchen in Gift, zwinge mit vorgehaltener Pumpgun die Erbtante erst zum Türenstreichen und dann zum Selbstmord mit dem Giftschwein. Halt! Vorher muss sie mir noch die Ordner raussuchen und Papier für mich kaufen. Ordentlicher Mord will sorgfältig dokumentiert sein. Man muss ja schon bei seinem Erstlingswerk an die Fortsetzungen denken. Andere schreiben doch auch bei sich selber ab.
So, das waren jetzt meine guten Vorsätze für 2007, zumindest die bis zum 2. Januar. Mittlerweile ist Abendbrotzeit, ich habe mal wieder nichts geschafft. Außer, dass ich mir für die Zukunft ganz fest vornehme, die Sache mit den guten Vorsätzen nochmals zu überdenken. Bringt doch eh nichts. Bloß, dass ich jetzt schon weiß, was ich mir für 2008 vornehmen werde. Oder auch nicht? Allmählich macht mich die Sache ganz wirre.
Ach ja, hat jemand noch ein paar Ordner für mich, und ein schönes langes Messer für die Tante? Das Marzipanschweinchen habe ich gerade aufgefuttert.
Marlene stöhnt ...
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