Die Aufklärung

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Sam

Beitragvon Sam » 26.12.2010, 18:26

Die Aufklärung

Zu uns ist der Weihnachtsmann nie gekommen. Als Kind dachte ich, es läge daran, dass wir am Ende einer langen Straße wohnten und ihm, bevor er unser Haus erreichte, immer die Geschenke ausgingen. Irgendwann erfuhr ich dann die Wahrheit. Es gab einen Biergarten in unserer Straße, wo jeden Winter ein Wasserpfeifenzelt aufgestellt wurde. Genau da traf ich den Weihnachtsmann eines Heiligabends. Er hatte sich gerade allerbestes türkisches Hasch auf den Tabakkopf gelegt, das Kohlestück entzündet und ließ es nun gurgeln und blubbern. Als er mich sah, lächelte er freundlich und lud mich ein, neben ihm Platz zu nehmen. Er hielt mir den Schlauch hin und ich zog daran.
„So mein Junge“, sagte er, „von nun an krümmt der Wurm sich für dich anders.“
Wir blieben die ganze Nacht dort im Zelt, rauchten und erzählten uns Schwulenwitze.
Beruhigt ging ich am nächsten Morgen nach Hause. Hatte ich doch all die Jahre immer die Befürchtung gehabt, dass es ihn gar nicht gibt, den Weihnachtsmann.
Zuletzt geändert von Sam am 27.12.2010, 09:15, insgesamt 1-mal geändert.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 27.12.2010, 14:10

Hallo Pjotr,

:spin2:
Deine geistreiche Bemerkung ... sie ist es durchaus ... hinkt in vielerlei Hinsicht-

:16:

Einmal ist der Weihnachtsmann, an den man glaubt oder nicht (ich erinnere mich an verzweifelte Versuche, noch an ihn zu glauben, als ich schon genau wusste dass es ihn als "Weihnachtsmann" nicht gibt.

:blink2: :frage: :stern: :stern:

Onkel Mathias macht den Weihnachtsmann ... er ist es nicht.

Weihnachtsmann sein: das müsste noch definiert werden.
:frage:
Ob männlich oder weiblich : diese Diskussion, so interessant sie ist, führe ich nicht mehr mit dem alten Eifer. Sie ermüdet alle Beteiligten und wir wissen, dass fusseliger Münder Gott Gott ist, Mensch Mensch und eben Weihnachtsmann Weihnachtsmann. Seemann is j a auch Seemann.

Das sind die Mysterien de Welt Erde, ... alles noch sehr geheimnisvoll ...


liebe Grüße

Renée
Zuletzt geändert von Renée Lomris am 27.12.2010, 15:42, insgesamt 1-mal geändert.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 27.12.2010, 14:43

ich finde dieser Text löst ein, was so manch anderer Text nur verspricht; nämlich die Behauptung eines Wunders über die Aufklärung hinaus.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 27.12.2010, 16:45

Hallo Renée.

Renée Lomris hat geschrieben:Weihnachtsmann sein: das müsste noch definiert werden.


Die definitiven Eckpfeiler: Friede, Schutz, Autorität, Festlichkeit und liebevolle oder materielle Beschenkung, diese nach Bedarf von draußen rein geliefert in roter Kleidung und schwarzen Stiefeln.

Muss man denn unbedingt das restliche Jahr über im Polarkreis wohnen, um als Weihnachtsmann zu gelten, oder reichen die genannten Eckpfeiler? Sind sind immerhin gewichtig. Aber von jedermann machbar. Das ist keine Sache des Glaubens, sondern des Machens.


Horrido

Pjotr

Sam

Beitragvon Sam » 29.12.2010, 08:56

Sobald rote Kleidung und schwarze Steifel ins Spiel kommen, ist der Schenker nicht nur ein freundlicher Gabenbringer, sonder auch Stellvertreter. Und dann wirds schon wieder heikel...

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Beitragvon Pjotr » 29.12.2010, 10:03

Stellvertreter seiner eigenen Röte und Schwärze.

Yorick

Beitragvon Yorick » 15.01.2011, 17:00

Coming out mit dem Weihnachtsmann?
"Hallo Mamma, ich bin schwul und mein Lover ist der Weihnachtsmann". Wuahh..

Ehrlich, so habe ich es gelesen. Die Kindheit wird hinter sich gelassen, das Warten auf die Geschenke (Sehnsucht) wird ab/eingelöst von der Freiheit (Kiffen, Saufen, Ficken).

"Er hielt mir den Schlauch hin und ich zog daran."

Mhm. Wie schön.

„So mein Junge“, sagte er, „von nun an krümmt der Wurm sich für dich anders.“

Alles klar!

Das ganze wird wie im Rausch erlebt. Auf Droge. Befreiung von der Familie (spießiges Weihnachten), die Nacht außer Haus, es gibt ihn doch, den Mann! Den (Weihnachtsmann), der einem eine schöne Bescherung bereitet (sexuelle Erfüllung).

Die Schwulenwitze sind dann halt die Zipfel-Mütze (hihi) für den Text.

(Natürlich kann man den Text auch anders lesen - aber ich bin gleich in dieser Schiene gelandet).

Gerne gelesen.
Grüße,
Y.

Sam

Beitragvon Sam » 20.01.2011, 09:59

Hallo Yorick,

geile Interpretation. Und ja, es passt auch auf diesem Weg.

Tja, so ist eben oft: Der Autor hat keine Ahnung von dem, was er schreibt ;-)

Gruß

Sam


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