Hi Sethe,
ja :)
Es gibt kein Problem. Im besten Falle ist es Faulheit, meistens aber Gedankenlosigkeit.
Ich glaube, es gibt schon "ein Problem". Nämlich, dass es um Macht geht. Um Definitionsmacht. Und es ist nicht nur Faulheit oder Gedankenlosigkeit, sonst wäre die Aggression, die sich oft genug in Häme und "Humor" kleidet, nicht so groß.
Im Grunde ist es viel anstrengender, umständlicher, komplizierter, sich ständig mitdenken zu müssen - und als Mann auch die Frauen immerzu mitdenken zu müssen - , als klar zu sagen, wer wie gemeint ist.
Es ist aber, wie ich vermute, eben nicht nur Gedankenlosigkeit oder Faulheit, sondern - Obacht! - IDEOLOGIE.
Die hartnäckigste ideologische Überzeugung ist diejenige, die sich ihrer selbst gar nicht bewusst ist oder/und sich bewusst als Nicht-Ideologie verleugnet. Dazu gehört unsere eben nicht geschlechts
neutrale, aber auch nicht logisch differenzierende wie du es ausgeführt hast, sondern im Grunde verstümmelnde Benutzung der Sprache. Es mag dumm und lästig (und ideologisch - oha!) und längst abgegessen klingen, aber es handelt sich hierbei trotz allem eben um Herrschaft. Sprache ist ein Herrschaftsbereich und - instrument. Sprache ist nie neutral und schon gar nicht objektiv. Aber Sprache ist eben auch kein Gefängnis, keine Mauer, die unverrückbar steht, sondern mit jedem Mund wandelbar, mit jedem Ohr werteänderbar. Was einst komisch klang, ist heute selbstverständlich. Wer mit den Worten "Display", "Plug-In", "Opt-In" oder "S-Klasse" um sich wirft, als wären es hübsche Begriffe, sich auch anderswo und ständig redundant doppelt und dreifacht und den Zuhörer mit Wiederholungen belästigt, sich aber gleichzeitig wortreich darüber aufregt, nunmehr Schülerinnen zu erwähnen, und nicht nur Schüler, wenn es um den Girlsday geht, der, naja, der hat ein kleines Problem mit der Selbstwahrnehmung.
Die sprachliche Verrenkung" ist ein Propaganda-Begriff. Wenn es um eine Revolution ginge - und im Grunde tut es das nicht erst seit 100 Jahren - wären all jene lautstarken männlichen und weiblichen Verfechter der Pseudo-Nicht-Ideologie und des scheinbar einfachen, "überkommenen" Sprachgebrauchs die Konterrevolutionäre ;)
Ich dachte allerdings, solche Diskussionen hätten wir überwunden.
Ja, schade... Dinge dauern, Veränderung bleibt ;)
Die Hilflosigkeit mancher Konstrukte, und die Unsicherheit, wie was wann verwendet wird/darf/sollte etc. gehört sozusagen zur Veränderung dazu - ist ihr immanent. Und ist vielleicht gar nicht so schlecht. Warum sollten wir sichere, feste, in allem stimmige Worte haben für etwas, das im Wandel begriffen ist? Die Sprache benso wie die Definition und Beziehungen von Geschlechtern bewegt sich. Das macht unsicher. Das macht aggressiv. Das macht auch Spaß. Und da muss man nicht beim leisesten Aufschrei des erstbesten Schlipsträgers demütig die Augen niederschlagen, man hätte es doch gar nicht so, sondern rein grammtisch - also sachlich! - gemeint ;) Mit Sachlichkeit allein kommt man in manchen Dingen nicht weit, auch wenn in den männlichen Chefetagen gerne das Gegenteil behauptet wird.
Hi Leonie,
das verstehe ich, aber der Ideologie-Verdacht hat doch mit dir gar nichts zu tun. Diesen Schuh würde ich mir nicht anziehen. Bzw.: diesen Fehdehandschuh lasse getrost am Boden liegen - insbesondere, wenn ihn dir ein Mann hinwirft, der behauptet, jeder Ideologie abhold zu sein (und das behaupten sie ja alle, nicth wahr. Die Männer sind ja alle viel frauenbefreiter, heutzutage, als die Frauen, wenn man ihnen so zuhört. Allerdings... wenn man genau hinhört... werden sie manchmal denn doch ein bisschen nervös... wenn es ans Eingemachte geht - und dazu gehört die Sprache. Das scheinen Kleinigkeiten, auch z.B. auf Parteitagen, von den Grünen z.B., in Anträgen oder so - und wird so heiß debattiert als ginge es um Enteignungsentscheidungen. Denn das geht es wohl im Grunde tatsächlich. Und was haben sie nicht bewirkt, diese Kleinigkeiten, diese Kleinkämpfe, diese miesen kleinen Streitereien! Eine Menge, seid ehrlich. Auch "Ideologen" und "Ideologinnen" haben eine Menge bewirkt. Aus einer anderen Perspektive wird "Ideologie" zu einer Zuschreibung, zu einem Kampfbegriff. Verschleierungstaktik auf die denunziatorische Tour.
Ach so: Nein, ich bin keine Ideologin und weiß nicht, ob ich eine "Feministin" bin oder ob das überhaupt wichtig wäre. Aber ich empfinde mich durchaus mit bestimmten Kämpfen und Kämpferinnen solidarisch, und sei es nur in meinem Sprachkopf, auch wenn ich nicht jede oder nicht mal die Hälfte der Forderungen oder Überzeugungen in der vorgetragenen Rigorisität unterschreiben bzw. teilen könnte. Es geht denn doch, pardon, ab und zu mal ums Prinzip :)
Aber ich verstehe, was du meinst. Das Eiferertum... das haben die Frauenrechtskämpferinnen allerdings nicht für sich gepachtet - und auch den Schuh ziehe ich mir nicht an.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand dich des Eiferertums zeihen könnte! Auf die Idee wäre ich nie gekommen! Warum glaubst du, dass du so wirkst? Warum meinst du, dich verteidigen zu müssen?
Das ist jetzt keine Frage, auf die du antworten musst, und ich meine das auch nicht grob oder so, sondern es ist einfach der Klassiker. Frauen müssen sich immerzu verteidigen (so wie sie sich immerzu mit dem Mann, sprachlich und sonst MITDENKEN müssen), auch wenn sie gar ncihts getan haben und nie tun würden. Nicht mal in Gedanken! Damit sie nur ja nicht auf dumme Gedanken kommen - z.B. den, dass diese blöde Verteidigung nicht nötig und schon gar nciht hilfreich ist. Man wäre freier, - selbstbestimmter! - , wenn man nicht immer so tun müsste, selbstbestimmt zu sein ;)
Wir Frauen, behaupte ich jetzt einfach mal, ohne zu eifern oder sonstwas, haben am meisten Angst vor uns selbst.
Ob ich Widerstände in meinem Gegenüber auslöse - okay, das muss ich bedenken, aber letztlich ist es erstmal das Problem meines Gegenübers, und wenn ich mir darüber nicht so viele Gedanken machen würde, über die Widerstände meines GEgenübers, dann hätte ich mehr Kraft und Muße, mich um mein eigenes Anliegen zu kümmern.
Ich weiß schon, du sprichst von Kommunikation und Vermittlung. Aber auch hierbei gibt es charakterliche, situative und persönliche Verschiedenheiten, die alle ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben. Da ist nicht unbedingt das eine Eiferertum - und das andere Pragmatismus. Lästigerweise geht es dem Gegenüber im Zweifel nicht so sehr um das eigentliche Anliegen wir mir oder dir. Deshalb kann ich vernünftigerweise auch nicht von derselben Bereitschaft, darüber zu verhandeln ausgehen. Beispiel: Der König sitzt auf dem Thron und möchte dort bleiben. Die Untertanen brauchen aber den Thron, um ihn zu verkaufen, weil sie sonst nichts mehr zu essen haben. Ihr Hunger wird größer, so groß, dass sie schreien. Der König beschwert sich, dass es zu laut werde, der Krach löse Widerstände in ihm aus, den Thron abzugeben, so könne er nicht verhandeln, er brauche bessere Stimmung. Die Untertanen wollen aber Brot und sind nicht in der Stimmung, gute Stimmung zu machen, auch wenn das bisher immer ihr Job war. Gute Stimmung zu machen. Schließlich hören sie auf zu schreien und stürzen den König vom Thron. Es passiert ihm nichts Schlimmes - außer, dass die Untertanen nun endlich auf Augenhöhe mit ihm sprechen können. Der König wird feststellen, dass sich das ungewohnt, aber merkwürdigerweise gar nicht mal unangenehm anfühlt...
Frauen und Männer reden nciht "auf Augenhöhe" und zu gleichen Bedingungen miteinander. Das zu behaupten - und zwar immer ZUGUNSTEN DER MÄNNER ZU BEHAUPTEN - ist Ideologie. Die Veränderung verhindert und genau das auch zum Ziel hat: Festigung des Bestehenden. Bewusst und gewollt oder nicht - das ist mir egal. Ich muss nicht mit jedem kleinen Widerstand meines Gegenübers Verständnis haben - und ich bin im Zweifel auch nciht diejenige, die es verursacht, dieses unangenehm Widerständchen. Weißt du? Auch wenn er mir das mit jedem ihm zur Verfügung stehenden Mittel immer wieder weismachen will (und oft genug kann). Ich muss ihn nicht heilen, und ich muss ihm nicht jedes kleine ungute Gefühl vermeiden. Vor allem, wenn ich gerade damit beschäftigt bin, ihn davon abzubringen, dass er mich mich so verdammt schlecht fühlen lässt. Damit überhebe ich mich zwingend. Ich kann nicht gleichzeitig überzeugen, kämpfen und heilen. Eins nach dem andern. Und ich kann es auch nicht allein. Er muss schon mittun. Seins dazu tun. Bestimmen wollen aber die Verantwortung für jedes Gefühl dabei abwälzen? Neenee, so haben wir nicht gewettet ;)
Ich meins nicht böse, glaub mir. Aucn nicht mit die Männers :) Aber ich will mich auch nicht für dumm vekaufen (lassen).
Dann tippen sich die anderen an die Stirn oder machen sich lustig, aber eines tun sie ganz sicher nicht: Das Anliegen ernst nehmen.
Und genau das ist hier passiert. Obwohl niemand geeifert oder ideologisiert hat. Es wurde sachlich argumentiert, aus mehreren Blickwinkeln von mehreren Standpunkten aus. Aber es ging trotzdem nicht. Einfach, weil es ein empfindlicher Punkt ist. Da kommen dann Abwehrstrategien und Mechanismen, die sich nicht wegdiskutieren lassen - jedenfalls nicht so schnell und ein für allemal.
Militante Weltverbesserer (da nehme ich gerne mal die männliche Form), beleidigende Sprachgerechtlichkeitler, über Leichen gehende (im übertragenen Sinne) Vegetarier, etc... sind mir einfach ein Greuel.
Mir auch, hat aber mit dem Thema nichts zu tun. Bzw.: Die Militanz liegt oft genug darin, der Veränderungsvorschlage-Seite Militanz zu unterstellen.
(Du weißt, dass "servus" übersetzt "Sklave" heißt, oder? )
Nee, wusst ich nicht - danke :)
Ich dachte, irgendwas mit Dienen oder Diener.
Weißt Du, was ich im konkreten Fall gut finden würde? Wenn die Männer sich da raushalten würden, denn sie sind es ja nicht, die da nicht mit erwähnt werden.
Und wenn nur eine der Autorinnen sich gewünscht hätte, dass da "Autoren und Autorinnen" steht, man das machen würde.
Denn mir scheint, dass dieser Wunsch verdient, stärker berücksichtigt zu werden als die Gegenargumente, da er bei Nichtberücksichtigung "gefühlsverletzend" wäre und insofern auch das Miteinander beeinträchtigen würde. Ich würde das weniger gern in Kauf nehmen als das Risiko, dass andere genervt von der Doppelform sind.
Ja. Find ich auch. Dank dir! Du bist ne Gute.
Quoth, ist doch klar, dass die Autorin das so empfindet. Sie ist auch nicht die einzige, wird nicht die letzte sein, und auch frauen wollen nciht nur von Frauen anerkannt werden. Alles ist nachvollziehbar - ein Argument gegen Veränderung und Veränderlichkeit von Sprache und ihrer (Be)wertung ist es jedoch nicht.