Back in Germany seit einigen Tagen. Lange brauchte ich zum Einschlafen gestern Nacht. Betrunkene Jugendliche lärmten auf der Straße. Etwa siebenhundert Mal riefen diese jungen Leute laut: »DEUTSCHLAND«, den Namen des Landes, in dem sie leben.
Vor einigen Tagen waren wir noch in Tel Aviv, in einem im Bauhausstil gebauten Hotel, wie einige hundert andere Gebäude in dieser Stadt. Wir hatten das Zimmer 508, im obersten Stockwerk. Gleich nach dem Aufstehen machte ich ein Foto von der Aussicht aus dem kleinen Fenster. Man konnte fast die ganze Stadt überblicken, weiß und gelblich. Ich musste an einen riesigen Friedhof denken, von Wolkenkratzern umsäumt. Man vergleicht sie mit Manhattan. Ich machte ein, zwei, drei Fotos. Wir fuhren mit dem schnellen Aufzug zum Frühstücksraum im ersten Obergeschoss, nahmen Platz an einem Tisch in der Nähe des Eingangs, der, mit zwei Ausnahmen, zwei Wochen lang unser Frühstückstisch wurde. Es gab ein großes Buffet mit verschiedenen Salaten, Käse, Brötchen, Brot, Obst etc. Im Grunde konnte man sich da für den ganzen Tag ernähren, das nutzte Heike, die sich immer wieder einen neuen Salat holte und Wassermelonenstücke auf eine Scheibe Brot legte, mit Salz und Pfeffer oben drauf. Ich habe nie lernen können, wie die Deutschen zu frühstücken, ich habe es versucht, aber auf meine alten Tage besinne ich mich auf das, was ich in den ersten zwanzig Jahren meines Lebens zu Hause gefrühstückt habe: Kaffee mit Milch und Zucker.
Kaffee gab es in zwei großen Kannen, die immer wieder nachgefüllt wurden. Kellner kamen an die Tische und schenkten nach. Ich zog es vor, aufzustehen und mir den Kaffee selbst einzuschenken, in die Tasse, in die ich vorher heiße Milch aus einer Thermo-Kanne gegossen hatte.
An den Wänden hingen alte Kinoplakate. Überall im Hotel fand man Sachen, die an das Kino erinnern, das früher in diesem Gebäude war, welches in den 90er-Jahren zu einem Hotel umstrukturiert wurde, das »Cinema Hotel«. Ich fand die Idee am Anfang kitschig, aber dann gewöhnte ich mich daran. Im Foyer stand ein riesiger Filmprojektor. Abends (nicht mit diesem Projektor), wurden kurze Filme aus der Stummfilmzeit an eine Wand projiziert. Manche Besucher blieben ein paar Minuten davor stehen, bevor sie zu den Aufzügen weitergingen, die sie zu ihren Zimmern bringen sollten.
Hotel Cinema
Hallo Jelena,
du schreibst mir: "Ich finde deinen Text stilistisch eher sehr schlecht".
Warum benutzt du in deinem Satz das Wort "eher"?
Ich finde es überflüssig.
Ich bin froh, dass du mich so hart kritisierst.
Dadurch hast du gewirkt, dass ungewöhnlich Viele sich für diesen schlechten Text interessieren.
Ich habe sehr aufmerksam gelesen, was du geschrieben hast.
Du hast Recht, ich hätte "Deutschland" nicht schreiben sollen.
Ich hätte es wahrscheinlich nicht geschrieben, wenn ich es nicht so oft gehört hätte.
ich kann dir nur Eins sagen: lies was Pjesma darüber schreibt.
Ich danke dir für deine Aufmerksamkeit.
Carlos
du schreibst mir: "Ich finde deinen Text stilistisch eher sehr schlecht".
Warum benutzt du in deinem Satz das Wort "eher"?
Ich finde es überflüssig.
Ich bin froh, dass du mich so hart kritisierst.
Dadurch hast du gewirkt, dass ungewöhnlich Viele sich für diesen schlechten Text interessieren.
Ich habe sehr aufmerksam gelesen, was du geschrieben hast.
Du hast Recht, ich hätte "Deutschland" nicht schreiben sollen.
Ich hätte es wahrscheinlich nicht geschrieben, wenn ich es nicht so oft gehört hätte.
ich kann dir nur Eins sagen: lies was Pjesma darüber schreibt.
Ich danke dir für deine Aufmerksamkeit.
Carlos
Hallo,
Was ist stilistisch gut, was schlecht? Was wird der Autor an Persönlichem preisgeben, was nicht? Wann wird Schreiben zur eleganten oder rätselhaften Maske, Wie ordnet sich die Sprache in oder um den Inhalt? Wann ist ein Engagement spürbar?
Bei mir hat sich im Lauf der Lektüre von Klimperertexten (also nicht sofort) ein klimperndes Fenster aufgetan. Vieles erschließt sich mir im Ungesagten.Wie zum Bsp gleich zu Beginn:
Dieser Lärm und das unbetonte Nichteinschlafen schafft einen hallenden Raum für das Wort Deutschland. Das höre ich nur deshalb einigermaßen empathisch mit dem Schreiber, weil ich spüre, dass hier jemand schreibt, der nicht immer in Deutschland war. Erst diese deutlich spürbare Distanz macht mir die Szene vorstellbar. In diesem Rufen der jungen Leute scheint von Bedeutung, dass sie IM LAND SELBST rufen.
Da sehe ich tatsächlich eine holperige Stelle, die es vielleicht nicht einmal ist: "machte ich ein Photo ... machte ich ein, zwei, drei Photos. Und möglicherweise enthält dieser Satz , "Ich habe nie lernen können, wie die Deutschen zu frühstücken" eine Verallgemenerung. Er ist mir gerade deshalb so notwendig: denn wer verallgemeinert, lässt sich herab zur unfeinen Anschuldigung aller, wobei mit allen kein diferenzierter einzeln verurteilbarer Haufen gemeint ist, Mit allen sind diejenigen gemeint, die ein undefiniertes Magma darastellen, die massiv und undifferenziert als unscharfe Menge auf dem Alleindastehenden lasten. Hier im Text spricht - meiner Meinung nach - jemand, der mit voller Absicht die hohe Warte des hohen Tons abgelegt hat und in allem Selbstzweifel, mit einem Selbstspott, den ich als heilende Substanz, als "Heilerde" empfinide, von der Unmöglichkeit zu lernen "wie die Deutschen zu frühstücken" berichtet. Dahinter höre ich all die Reformhausdiskurse, die zur Zeit auf das "gesunde Leben" wie auf ein Zuchthaus zuführen. Es sind nicht die Leute, die hier die Ideologie tragen, nicht jeder für sich, Es ist der allgemein werdende Ton ...
Der Alllgemeinheit entgehen wollend?
Diese Szene könnte mich evtl stören. Da sie es nicht tut, ist es dem Text gelungen, mich für sich zu gewinnen, ich verstehe ihn, denn ich habe diesen Akt der Singularisierung angenommen.
Diese letzte Szene zeigt mir, was ich am Anfang zu sehen geglaubt habe. Das Kino der Dreißiger und vierziger Jahre wird lebendig, Ein sehr indirekter Text, ein Text, der die Umgehungsstraße benutzt und keinen Hauptpunkt signalisiert. Das gibt dem Text meiner Meinung nach einen ungewissen, zögernden Charakter.
Der ganze Text erzählt, wie man Deutschland und die Deutschen (Heike?) sowohl lieben als auch: an ihnen leiden kann
,an sich selbst, notfalls ...
Die von Jelena entfachte Diskussion war es wert geführt zu wersen ... Bravo für die Offenheit...
lG
Renée
Was ist stilistisch gut, was schlecht? Was wird der Autor an Persönlichem preisgeben, was nicht? Wann wird Schreiben zur eleganten oder rätselhaften Maske, Wie ordnet sich die Sprache in oder um den Inhalt? Wann ist ein Engagement spürbar?
Bei mir hat sich im Lauf der Lektüre von Klimperertexten (also nicht sofort) ein klimperndes Fenster aufgetan. Vieles erschließt sich mir im Ungesagten.Wie zum Bsp gleich zu Beginn:
Klimperer hat geschrieben:Back in Germany seit einigen Tagen. Lange brauchte ich zum Einschlafen gestern Nacht. Betrunkene Jugendliche lärmten auf der Straße. Etwa siebenhundert Mal riefen diese jungen Leute laut: »DEUTSCHLAND«, den Namen des Landes, in dem sie leben.
Dieser Lärm und das unbetonte Nichteinschlafen schafft einen hallenden Raum für das Wort Deutschland. Das höre ich nur deshalb einigermaßen empathisch mit dem Schreiber, weil ich spüre, dass hier jemand schreibt, der nicht immer in Deutschland war. Erst diese deutlich spürbare Distanz macht mir die Szene vorstellbar. In diesem Rufen der jungen Leute scheint von Bedeutung, dass sie IM LAND SELBST rufen.
Vor einigen Tagen waren wir noch in Tel Aviv, in einem im Bauhausstil gebauten Hotel, wie einige hundert andere Gebäude in dieser Stadt. Wir hatten das Zimmer 508, im obersten Stockwerk. Gleich nach dem Aufstehen machte ich ein Foto von der Aussicht aus dem kleinen Fenster. Man konnte fast die ganze Stadt überblicken, weiß und gelblich. Ich musste an einen riesigen Friedhof denken, von Wolkenkratzern umsäumt. Man vergleicht sie mit Manhattan. Ich machte ein, zwei, drei Fotos. Wir fuhren mit dem schnellen Aufzug zum Frühstücksraum im ersten Obergeschoss, nahmen Platz an einem Tisch in der Nähe des Eingangs, der, mit zwei Ausnahmen, zwei Wochen lang unser Frühstückstisch wurde. Es gab ein großes Buffet mit verschiedenen Salaten, Käse, Brötchen, Brot, Obst etc. Im Grunde konnte man sich da für den ganzen Tag ernähren, das nutzte Heike, die sich immer wieder einen neuen Salat holte und Wassermelonenstücke auf eine Scheibe Brot legte, mit Salz und Pfeffer oben drauf. Ich habe nie lernen können, wie die Deutschen zu frühstücken, ich habe es versucht, aber auf meine alten Tage besinne ich mich auf das, was ich in den ersten zwanzig Jahren meines Lebens zu Hause gefrühstückt habe: Kaffee mit Milch und Zucker.
Da sehe ich tatsächlich eine holperige Stelle, die es vielleicht nicht einmal ist: "machte ich ein Photo ... machte ich ein, zwei, drei Photos. Und möglicherweise enthält dieser Satz , "Ich habe nie lernen können, wie die Deutschen zu frühstücken" eine Verallgemenerung. Er ist mir gerade deshalb so notwendig: denn wer verallgemeinert, lässt sich herab zur unfeinen Anschuldigung aller, wobei mit allen kein diferenzierter einzeln verurteilbarer Haufen gemeint ist, Mit allen sind diejenigen gemeint, die ein undefiniertes Magma darastellen, die massiv und undifferenziert als unscharfe Menge auf dem Alleindastehenden lasten. Hier im Text spricht - meiner Meinung nach - jemand, der mit voller Absicht die hohe Warte des hohen Tons abgelegt hat und in allem Selbstzweifel, mit einem Selbstspott, den ich als heilende Substanz, als "Heilerde" empfinide, von der Unmöglichkeit zu lernen "wie die Deutschen zu frühstücken" berichtet. Dahinter höre ich all die Reformhausdiskurse, die zur Zeit auf das "gesunde Leben" wie auf ein Zuchthaus zuführen. Es sind nicht die Leute, die hier die Ideologie tragen, nicht jeder für sich, Es ist der allgemein werdende Ton ...
Kaffee gab es in zwei großen Kannen, die immer wieder nachgefüllt wurden. Kellner kamen an die Tische und
schenkten nach. Ich zog es vor, aufzustehen und mir den Kaffee selbst einzuschenken, in die Tasse, in die ich vorher heiße Milch aus einer Thermo-Kanne gegossen hatte.
Der Alllgemeinheit entgehen wollend?
Diese Szene könnte mich evtl stören. Da sie es nicht tut, ist es dem Text gelungen, mich für sich zu gewinnen, ich verstehe ihn, denn ich habe diesen Akt der Singularisierung angenommen.
An den Wänden hingen alte Kinoplakate. Überall im Hotel fand man Sachen, die an das Kino erinnern, das früher in diesem Gebäude war, welches in den 90er-Jahren zu einem Hotel umstrukturiert wurde, das »Cinema Hotel«. Ich fand die Idee am Anfang kitschig, aber dann gewöhnte ich mich daran. Im Foyer stand ein riesiger Filmprojektor. Abends (nicht mit diesem Projektor), wurden kurze Filme aus der Stummfilmzeit an eine Wand projiziert. Manche Besucher blieben ein paar Minuten davor stehen, bevor sie zu den Aufzügen weitergingen, die sie zu ihren Zimmern bringen sollten.
Diese letzte Szene zeigt mir, was ich am Anfang zu sehen geglaubt habe. Das Kino der Dreißiger und vierziger Jahre wird lebendig, Ein sehr indirekter Text, ein Text, der die Umgehungsstraße benutzt und keinen Hauptpunkt signalisiert. Das gibt dem Text meiner Meinung nach einen ungewissen, zögernden Charakter.
Der ganze Text erzählt, wie man Deutschland und die Deutschen (Heike?) sowohl lieben als auch: an ihnen leiden kann
,an sich selbst, notfalls ...
Die von Jelena entfachte Diskussion war es wert geführt zu wersen ... Bravo für die Offenheit...
lG
Renée
Zuletzt geändert von Renée Lomris am 05.06.2013, 21:52, insgesamt 1-mal geändert.
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