Das Buch - Boom oder Krise

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Cicero
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Beitragvon Cicero » 18.02.2016, 15:27

Das Buch – Boom oder Krise?

„Ein Raum ohne Bücher ist ein Raum ohne Seele.“ sagte schon Cicero. Obwohl, Bücher im herkömmlichen Sinn waren das ja noch nicht, er meinte sicher Papyrusrollen. Aber trotzdem, dieses Zitat ist die Erklärung dafür, warum wir uns in Bibliotheken und Buchhandlungen besonders wohlfühlen. Nimm ein Buch und lass die Seele baumeln, genieße den Lesestoff. Tauche ein in Geschichten und Abenteuer, reise mit deinen Romanhelden durch Zeit und Raum. Lass dich berühren und verführen, schlag ein Buch auf und lese.

Nimm ein frisch gedrucktes Buch, streiche mit der Hand sanft über den Buchdeckel, noch liegt es ungeöffnet, fast könnte man sagen, jungfräulich, in deinen Händen. Es ist eine sinnliche Begegnung. Schon die ersten Zeilen nehmen dich gefangen, du liest wie im Rausch, ohne Pause, vorwärts, vorwärts. Wie im Fieber durchlebst du Seite um Seite, bis du am Ende erschöpft, aber zufrieden, den Deckel zuschlägst. Du hast Glück gehabt, du hast ein gutes Buch erwischt. Und ganz wichtig, es war kein auf ein Tablet geladenes E-Book. Wenn Technik ins Spiel kommt, dann streikt die Sinnlichkeit. Ich habe beides verglichen, wir weiß, wovon ich rede.

Ich will das E-Book hier nicht schlechtreden, besonders unter jungen Lesern findet es immer mehr Anhänger. Wenn das E-Book die Jugend zum Lesen bringt, dann soll es mir Recht sein. Der Schritt zum klassischen Buch ist dann vielleicht nicht mehr ganz so groß.

Nach welchen Büchern greifen wir, wenn wir eine Buchhandlung betreten? Meist türmen sich an Tischen und in Regalen nahe dem Eingang die spektakulärsten Neuerscheinungen. Die großen Verlage sind mit ihren „Blockbustern“ wahre Verdrängungs-Spezialisten auf dem Buchmarkt. Sie sind die Haifische im Verlagsbecken. Aber was verlegen die, die Haifische? Das kleine Lyrik-Bändchen sicher nicht. Da fließt ja nicht genug Blut. Das ist ein Nischenprodukt um das sich die kleinen Fische im Verlagsbecken kümmern. Was wirklich boomt auf dem Büchermarkt, das sind Krimis, Krimis, Krimis. Fast könnte man meinen, die ganze Welt ist eine Mördergrube. Von Brunetti bis Kluftinger, alle Kommissare nehmen ihre Leser mit, in mörderische Welten.

Sollte man angesichts dieser Beobachtungen von einem bösartigen Geschwür reden, das sich da breit macht? Sollte man vielleicht eher nicht. Das wäre nämlich – besonders bei skandinavischen Kriminalromanen - eine Ungerechtigkeit gegenüber Autoren vom literarischen Niveau eines Henning Mankell oder eines Jussi Adler-Olsen.

Aber diese Autoren ragen dann auch heraus aus der Vielzahl der Schreiber, deren Erzählmuster vorgestanzt erscheinen. Im Rahmen solcher Muster bewegen und bewegten sich vor allem Amerikaner wie Tom Clancy, Frederick Forsythe und John Grisham. Von den Amerikanern kommt aber auch eine andere Variante des Kriminalromans ins Spiel, der Polit-Thriller. Er ist, sieht man mal von James Bond ab, der im Auftrage ihrer Majestät um sich schießt, eigentlich typisch amerikanisch. Dabei wird von Anfang an hoch gepokert: Mal gilt es, den Präsidenten vor einem Attentat zu retten oder gar das ganze Land, wenn nicht die Welt, vor einer Verschwörung. Fast immer ist der „Gegenspieler des Bösen“ ein Supermann an Intelligenz und körperlicher Fitness, ein schneller zielgenauer Schütze und ein genialer Autofahrer.

Übrigens, auf der Liste der aktuellen Top-Ten stehen heute die folgenden Titel: „Verschwörung“ von David Lagercrantz, „Blood on Snow – Der Auftrag“ von Jo Nesbö und „Takeover“ von Jussi Adler-Olsen. Außerdem auf Platz 1 das Erinnerungsbuch „Treibsand“ von Henning Mankell.

Obwohl gerade die amerikanischen Autoren eine Welt beschreiben, die nicht die unsere ist, erfahren deren Bücher Bestseller-Auflagen in Deutschland. Das liegt vor allem an dem Fakt, dass viele amerikanische Großverlage mit einem erprobten Autorenstamm, in der Hand des deutschen Verlagsriesen Random-House sind, der deren Produkte in unseren Markt drückt. Und hier erliegen Buchhändler wie Leser dem erdrückenden Argument, dass Bücher, die in Amerika hoch gelobt und massenhaft verkauft wurden, auch bei uns Riesenerfolge garantieren – nach dem Motto - „Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.“ Dabei stellt sich die Frage, ist die amerikanische Szenerie mit Verbrecherorganisationen, die das Land wie Kraken umklammern, mit Police-Departements, in denen selbst der Polizeipräsident korrupt ist, und Richtern, die ihren Ehrgeiz über das Recht stellen, für unsere Leser wirklich so faszinierend? Nun, die Auflagen amerikanischer Lizenzen sind noch immer hoch. Aber es scheint, als seien die Skandinavier inzwischen näher dran am deutschen Gemüt.

„Ach, was interessiert mich das“, hätte wohl Reich-Ranicki zu all dem gesagt. Von ihm stammt ja auch der folgende Ausspruch: Auf die Frage nach dem Zustand der deutschen Literatur antwortete er einem Journalisten: „Die deutsche Literatur ist wie ein schlechter Walzer. Man hört das „Mtata – Mtata“, aber man wartet vergeblich auf die Melodie.“

Mit seiner Kritik meinte der Großkritiker allerdings eher die Garde der Literaten. Aber könnte man damit nicht auch die Vereinseitigung der Buchproduktion meinen? Und die Frage stellen: Wer ist an dieser Vereinseitigung schuld?

Verleger und Lektoren sagen gern: Der Leser. Der Leser sagt: Ihr lasst uns keine Wahl, Ihr bewerbt mit Riesenkampagnen das, was wir lesen sollen! Und wir erliegen dem massiven Druck dieser Werbung.

Aber eigentlich war das schon der Fall, seit Verleger wie Fritz Molden Bücher wie Mario Puzos „Der Pate“ mit einer Werbekampagne unter die Leute brachten, wie sie sonst damals allenfalls bei der Einführung einer neuen Zigarettenmarke zur Verfügung stand.

Inzwischen muss man längst nicht mehr so viel tun, um die Ware Krimi an den Mann zu bringen. Ein Beispiel: In Schleswig veranstaltet eine Autorengruppe ihre jährliche Lesung in der Volkshochschule und garniert sie mit Häppchen und Wein. Der Eintritt ist frei. Was d e n großen Publikumserfolg verspricht, ist die Tatsache, dass die Tageszeitung dem Ereignis eine Dreiviertel-Seite Platz einräumt. Und was passiert? Gar nichts. Nicht viel mehr als 30 bis 35 Zuhörer sitzen im Vortragssaal, dazu gehören schon die acht Autoren, die aus ihren Werken lesen, und deren Anhang.

Am selben Abend veranstaltet eine große Buchhandlung, 250 Meter entfernt, eine Lesung der dänischen Autorin Anne Grue, die ein Buch mit einem ganz alltäglichen Plot unter dem Titel: „Die Wurzel des Bösen“ vorstellt. Der Laden ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Dame, die so viele Zuhörer anlockt, schreibt erst seit 2007 Krimis und erfindet dafür einen kahlköpfigen Privatermittler. Alle ihre fünf Romane drehen sich um ihn. Zuletzt klärt er einen Mord an einem Bauunternehmer in Christianssund auf. Ja und bald – ich zitiere – stellt sich heraus, dass er nicht nur zahlreiche Damenbekanntschaften hatte, sondern auch mit internationalen Korruptionsaffären in Verbindung gebracht wird. Ja, wie bitte? Und das ist Bestseller-Potential?

Ist denn das Leben der Leser von Madame Grue wirklich so langweilig, dass man ihnen eine so belanglose Geschichte verkaufen kann? Eigentlich doch wohl nicht. Denn unser aller Wirklichkeit ist doch durch Krieg, Mord und Totschlag, Raub und politisches Verbrechen so ungeheuerlich, dass sie fast jeden Roman in den Schatten stellt.

Eigentlich, meine ich, müsste den Leuten doch der Sinn nach ganz anderen Büchern als Krimis und Thrillern stehen. Nach Büchern, die zum Beispiel im legendären „Literarischen Quartett“ besprochen wurden und das Prädikat Literatur überhaupt erst verdienen. Diese zu verkaufen war zu Zeiten des „Literarischen Quartetts“ nicht schwer, auch wenn ihr Marktanteil beim Thema „Boom“ wohl kaum ins Gewicht fällt. Für die Werbekampagne sorgte, mindestens zum Teil, Reich-Ranicki selber. Kaum hatte er ein neues Buch verrissen, manchmal sogar zerrissen, schon stiegen die Verkaufszahlen in den Buchläden sprunghaft an. Heute fehlt dem Buchhandel ein solcher Motor, wie er Reich-Ranicki war.

Aber welche Rolle spielt denn eigentlich der Buchhändler selber, wenn es um die Beratung der Kunden geht? Ist es nicht so, dass die Verlage so viele neue Bücher auf den Markt werfen, dass eine gewissenhafte Sichtung und Empfehlung durch den Buchhändler oft nicht mehr möglich ist? Ausnahmen bestätigen die Regel, denn natürlich gibt es ihn noch, den Buchhändler alten Stils, der seinen Kunden liebevoll zu einem Regal bittet und ihm ein Buch ans Herz legt, das er selbst mit Freuden gelesen hat.

Was neben den Krimis ebenfalls boomt sind Kochbücher. Die Fernsehköche, die da Lafer, Schubeck oder Lichter heißen, sie stehen mit ihren Hochglanz-Kochbüchern in jeder Designerküche. Auf jeder großformatigen Seite perfekt ausgeleuchtete und fotografierte kulinarische Highlights vom Feinsten. Wird daraus auch gekocht? Eher nicht, wenn man sich die Verkaufszahlen von Fertigprodukten in der Lebensmittelbranche ansieht.

Also, Boom oder Krise, das ist hier die Frage, um es mit Shakespeare zu sagen. Eine eindeutige Antwort fällt schwer. Apropos Shakespeare, der gehört natürlich zu den Klassikern, wie Goethe, Schiller, Lessing, Heine, Mann und Brecht, viele von ihnen werden oder wurden noch in neuester Zeit als Meterware gekauft, um das Buchregal in der guten Stube zu schmücken. Vom vielbändigen Brockhaus gar nicht zu sprechen, der dominiert meist die oberste Reihe im Regal. Nach dem Motto: Seht her, wir sind gebildet.

Aber bleiben wir noch einen Moment bei Shakespeare, jenem Dichter, der in allen seinen Dramen so viel kriminelle Energie aufblitzen ließ, dass heutige Krimischreiber vor Neid erblassen könnten. Richard III., Macbeth, Hamlet, um nur einige zu nennen, was wären das für vielschichtige Figuren in mörderischen Krimis eines heute lebenden Shakespeare. Er wäre der Top-Autor jeder Bestseller-Liste. Manche Theater haben Shakespeare-Stücke schon ins Hier und Heute transferiert, die Inszenierungen wurden vom Publikum begeistert aufgenommen. Warum denn Shakespeare nur fürs Theaterpublikum? Auch Krimi-Autoren könnten aus Shakespeares Stoffen noch reichlich Honig saugen.

Zwei Meldungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels stimmen mich heiter und lassen mich an die Zukunft des Buches glauben. 600.000 Schüler der 6. Klassen in Deutschland starteten im Herbst einen großen Vorlesewettbewerb, also ist es um den Lesenachwuchs nicht so schlecht bestellt. Und ein Buch im Bett spart den Espresso, tatsächlich. Über 53% der Frauen und immerhin 36% der Männer schwören auf ein gutes Buch. Und wehe dem, der es mit ins Bett nimmt! Dem kann es passieren, dass die Nacht zum Tage wird. Bei eingefleischten Singles ist so eine durchwachte Nacht kein Problem. Bei Ehepartnern könnte freilich die Erotik auf der Strecke bleiben. Aber auch hier bewahrheitet sich: Ausnahmen bestätigen die Regel. „ Shades of Grey“ jenes erotische Werk von E. L. James, über dessen literarische Qualität man sicher diskutieren kann, wurde in Deutschland über 5,7 Millionen mal verkauft, weltweit mehr als 100 millionenfach.

Sachbücher sind eine Sache für sich! Man möchte einen Teppich knüpfen, ein Wandregal bauen, Pilze sammeln ohne Risiko, oder das Schachspiel erlernen? Es gibt kaum etwas, wofür bisher kein Sachbuch geschrieben wurde. Aber Achtung bei Gesundheitsbüchern! Schon Mark Twain wusste: „Seien Sie vorsichtig mit Gesundheitsbüchern – Sie, meine Leser, könnten wegen eines Druckfehlers sterben.“

Besonders günstige Tummelplätze für Bücherfreunde sind übrigens Flohmärkte. Dort finden sich manchmal sogar literarische Raritäten, die schon lange vom Markt verschwunden sind. Aber natürlich auch Bücher von Autoren, die wie am Fließband produzierten. Ich nenne nur Danella, Konsalik und Simmel. In Schleswig, wo ich wohne, werden inzwischen alte Telefonzellen genutzt, in denen man Bücher aller Genres findet. Auch in manchen Cafes gehört das Bücherregal mit den kostenlosen Bänden inzwischen zum Dienst am Kunden. Die Buchhändler vor Ort mag dies nicht sonderlich begeistern, aber der Lust aufs Lesen ist es sicherlich sehr förderlich.

Das Buch – was für eine großartige Kulturgeschichte: Sie reicht von den Tontafeln der Sumerer 5.000 Jahre v. Chr. über die Papyrusrollen der alten Ägypter, der Römer und Griechen, bis zu den Schriften auf Pergament im 3. und 4. Jahrhundert nach Chr., den handgeschriebenen Büchern der Mönche bis zu Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks.

Bücher wurden zensiert und beschlagnahmt, verboten und verbrannt, komplett vernichten konnte man sie nie. Sie haben Diktaturen überlebt.

Das Buch – Boom oder Krise? Das erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise. Während der Krimi, wie schon erwähnt, auf breiter Erfolgsspur daherkommt, ist das Genre Abenteuerroman in den Regalen der Buchhändler nicht mehr zu finden und auch der gute alte Western nicht.

Wer über das Thema „Boom oder Krise“ nachdenkt, darf allerdings die Ausreißer nicht vergessen. So will ich mal Bücher nennen, für die der Rahmen der Bestseller-Listen eher zu klein ist und die oft in keine der bis jetzt angesprochenen Kategorien passen. Sie sind dies alles: Sonderfall. Geniestreich. Glückstreffer. Ja, vor allem Glückstreffer; denn sie sind nicht planbar, nicht kalkulierbar. Diejenigen Glückstreffer, die wir kennen, hat man in keiner Backschüssel aus vermeintlich sicheren Erfolgszutaten zusammenrühren können wie einen Kuchenteig, der sicheren Geschmack garantiert.

Wir haben staunend, fassungslos, ja, auch neidvoll, einige dieser Ausreißer kommen und eigentlich noch immer nicht gehen sehen. Sie haben in der jüngeren Buchhandelsgeschichte Statistiken durcheinander gebracht, in den Verlagen hochbezahlte Planungsstäbe irritiert. Bei Buchhändlern wie Lesern aber die Ausschüttung von Glückshormonen bewirkt, wie Pralinen zum guten Kaffee.

Die Rede ist, um einen Ausreißer zu nennen, von Tolkiens „Herr der Ringe“, ein Fantasy-Stoff, der schon in den 60er Jahren Furore machte und dann Jahrzehnte später durch Spielfilme von gigantischem Aufwand den zweiten Wind bekam. Ähnlich lief es mit Michael Endes „Endloser Geschichte“ und Patrick Süßkinds „Das Parfum“, ein Roman übrigens, den der Diogenes-Verlag beinahe abgelehnt hätte.

Einen neuen, gänzlich unerwarteten Boom, haben die bitter-süßen Liebesgeschichten der Engländerin Yoyo Moya ausgelöst. Die romantischen Geschichten, in denen sich zum Beispiel ein junger Mann unsterblich in ein bildschönes, aber todkrankes Mädchen verliebt, Romane also, die von einem herzerwärmenden, jedoch all zu kurzem Glück handeln, haben inzwischen ihre Nachahmer gefunden. Schamlos wird die Titelgestaltung des Rowohlt-Verlages bis in die Farben und den Schriftcharakter zum Verwechseln ähnlich abgekupfert. Das ist nichts Neues im Verlagsgeschäft. Die Leute beim Droemer-Knaur-Verlag, die weiland Johannes Mario Simmel verlegten, können ein Lied davon singen.

Bliebe noch vom aktuellsten Ausreisser zu reden! Er ist wieder da – Asterix ante portas! Eine neue Geschichte um den listenreichen keltischen Helden, der Cäsar und seinen Römern zum größten Vergnügen der nicht nur jungen Konsumenten das Nachsehen gibt. Das Wort Konsumenten ist richtig, denn Leser kann man die Leute ja kaum nennen, die 48 Bildseiten mit Sprechblasen verschlingen und für den kurzen Spaß 12,50 Euro bezahlen.

Ja, und da ist noch eine Autorin, um die wir uns keine Sorgen machen müssen: Harry Potter läuft und läuft und läuft. Seine Schöpferin, Joanne Rowlings, wird übrigens als die wahre Auslöserin einer ganzen Kategorie von Fantasy-Büchern genannt. Erinnern wir uns an die Zeit, in der die Buchläden am Erscheinungstag des neuesten Bandes schon um Mitternacht ihre Pforten öffneten und Horden maskierter Potter-Fans johlend in die Geschäfte stürmten. Bis heute wurden mehr als 450 Millionen Bücher verkauft, die Marke Harry Potter ist mehr 15 Milliarden Dollar wert. Das nennen wir einen Boom!
Die Potter-Mutter kaufte sich ein Schloss. Ihr Ziehsohn Harry hat inzwischen Einzug in ein Museum mit 4000 Exponaten gehalten, wie das Guiness-Buch der Rekorde zu berichten weiß. Man kann es in Mexico-City besuchen. Und wem das zu eng ist, der gehe in den Harry Potter-Park in Orlando, Florida, wo unser Held sich in der Nachbarschaft von Mickey-Maus und Peter Pan behauptet.
Und die beste Nachricht kommt zum Schluss: In einem heiteren Gespräch, das seine ganze Lust am Buche widerspiegelt, erzählte mir der Geschäftsführer einer großen Buchhandlung im Norden, dass es aus seiner Sicht keine Krise um das Buch gibt. Allerdings hat eine Kategorie, die nur mittelbar mit Büchern zu tun hat, reichlich an Umsatz gewonnen. Das ist der sogenannte Beifang. Also, wer Bücher über die Wikinger liest, kauft auch Schild und Schwert. Und wer Krimis liest, hoffentlich keine Pistole.
























Die Sprache sei die Wünschelrute, die gedankliche Quellen findet. (Karl Kraus)

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 19.02.2016, 16:31

Ja, aber es kann nicht angehen, dass ein Verleger ein Buch herausbringt, dass ihm nicht gefällt.


Wer ist "der Verleger"? Liest dieser anonyme Jemand alle Bücher, die in seinem Verlag erscheinen, ehe er sie drucken lässt?
Ich nenne jetzt mal als Beispiel die englische Krimiautorin Ruth Rendell, an die ich schon weiter oben denken musste, weil sie (nach eigener Aussage) die Ideen für ihre Plots u.a. von Shakespeare bezogen hat. Mrs. Rendell schrieb eine Menge Krimis, und alle wurden ins Deutsche übersetzt. Ich gehe mal davon aus, dass jeder ihrer Titel, der in ihren englischen Leib- und Magenverlag erschien, alsbald von dem entsprechenden deutschen Verlag, der die Bücher unter Vertrag hat, angekauft und sofort an die Übersetzerin weitergeleitet wurde, ohne weitere Qualitätsprüfung. Mrs. Rendells Bücher sind, nachdem sie die 75 überschritten hatte, meiner Meinung nach erheblich abgefallen, aber bis das die Leser so richtig merkten und ihr Kaufverhalten entsprechend änderten, war die Autorin tot. :smartass:
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(Ikkyu Sojun)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.02.2016, 16:51

Kurt hat geschrieben:Ja, aber es kann nicht angehen, dass ein Verleger ein Buch herausbringt, dass ihm nicht gefällt. Es wird dann ja wahrscheinlich ebenfalls von den Kritikern nicht gelobt werden. Und wenn die potentiellen Leser davon Wind bekommen, werden die meisten wohl von dem Kauf abgeschreckt werden.

Hier sprichst du 3 völlig unterschiedliche "Instanzen" an: Den Verleger, die Kritiker und den potentiellen Leser. M.E. kann man die überhaupt nicht in einen Topf werfen. Kritiker gehen völlig anders um mit Büchern als die Verleger (die wollen meistens nur verdienen) und die Leser pfeifen m.E. auf die Kritiker. Wie oft wurde ein Buch von den Kritiken zerrissen und ich habe es mit Hochgenuss gelesen! Das ist eine so individuelle Sache, wie ein Buch beim Leser ankommt. Und wie oft werden Bücher, gerade, wenn sie von den Kritikern zerrissen werden (manchmal ist das ja gerade die Masche für das Marketing), verkauft wie frisch geschnitten Brot.

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 19.02.2016, 17:13

Kurt hat geschrieben:Ja, aber es kann nicht angehen, dass ein Verleger ein Buch herausbringt, dass ihm nicht gefällt. Es wird dann ja wahrscheinlich ebenfalls von den Kritikern nicht gelobt werden. Und wenn die potentiellen Leser davon Wind bekommen, werden die meisten wohl von dem Kauf abgeschreckt werden.

Drängen nicht immer mehr Autoren auf den Markt, denen man auch ihre Chance geben sollte? Inzwischen kann ja der Starautor an einem besseren Buch arbeiten, wie man es von ihm erwartet.

Ich glaube, es muss ma rundum reformiert werden. ;-)))

LG Kurt


Deine Argumentation setzt voraus, dass es ein allgemeingültiges Mass für Qualität gibt, was in der Literatur, in den Künsten allgemein aber nicht sein kann.
Zudem will ein Verleger natürlich Geld verdienen, und dass kritiker und Publikum nicht unbedingt die gleiche Meinung entwickeln ist ja auch keine neue Erkenntnis.

Wenn es einen wie von dir beschriebenen Mechanismus gäbe, der Qualität in jedem Fall belohnt, müsste der dann nicht um so mehr bei Tageszeitungen und anderen Periodika gelten?
Der Erfolg von BILD bspw. zeigt das Gegenteil: Erfolgreiche Verleger bedienen keine Ideale, sondern Erwartungshaltungen, die bei neuen Autoren erst mühsam aufgebaut werden müssen.

Idealistische Verleger? Für manchen Gründer mag das gelten, aber die Medienkonzerne, die den Massenmarkt beherrschen, sind mehr ihren Mitarbeitern und Investoren verpflichtet als einem abstrakten Kunstideal.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Kurt
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Beitragvon Kurt » 19.02.2016, 17:44

Ausweia, der Verlag erhält ein Manuskript, guckt, ob es zu ihm passt und ob die Qualität stimmt. So einfach ist das.
Sie wissen auch um die besagte schlechtere Qualität des Autoren unter Vertrag, und drucken trotzdem.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 19.02.2016, 17:50

Definiere "Qualität"!
Für einen Wirtschaftsbetrieb ist Qualität das, was Auflage und Umsatz verspricht. so einfach ist das.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Quoth
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Beitragvon Quoth » 19.02.2016, 20:49

Hallo Cicero,
Cicero hat geschrieben:Lass dich berühren und verführen, schlag ein Buch auf und lese.

Der Imperativ von lesen heißt "lies". Oder heißt er in Österreich "lese"? Dann wäre es ein Austriazismus ...
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Klara
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Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 03.03.2016, 14:24

"Lese" hat mit Wein zu tun, ist aber indirekt auch märchenhat imperativ:
Die guten ins Kröpfchen...
herzlich
klara

pjesma

Beitragvon pjesma » 16.03.2016, 14:55

kurt, die müßen dann wohl oft abwiegen zwischen geldplatzhirschen und neufüßindietürklemmer ...hoffentlich haben die gute waage ;-))))...vielleicht doch am besten selbst machen ;-)
pj


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