Olaf ist im Süden

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Sam

Beitragvon Sam » 02.09.2008, 23:33

Für dich liebste Nicole. Als Beweis, dass es keine Zuckerwattetexte von mir geben wird ;-)

Eine kleine Fortsetzung von dem hier:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... 64&start=0


Olaf ist im Süden

Mehr Süden geht gar nicht. Die nächste Stadt zehn Autostunden weg, eine Reihe Viertausender, die den Horizont versperren; die Waden zerschnitten von Weidengras und Disteln und ein Wind, der die Hitze aus den Sonnenstrahlen weht. Man muss schon einen guten Grund haben, soweit in den Süden zu gehen. Einfache Abenteuerlust reicht da als Erklärung nicht mehr aus. An einen solchen Ort treibt einen nur der pure Lebensüberdruss. Der pure Lebens- und Menschenüberdruss. Der lässt einen irgendwann alles Geld zusammenkratzen, das man nur irgendwie auftreiben kann; lässt einen schnell ein paar Sachen zusammenpacken und an den Flughafen fahren; lässt einen ein Ticket kaufen und in einen Flieger steigen, der einen auf ein paar Umwegen direkt in eine Hauptstadt bringt; lässt einen dort einen Bus nehmen, der ins Landesinnere fährt, weit in die Berge hinein, bis man schließlich in einem Ort landet, dessen Name wie eine Droge klingt. So wie die Namen der Berge, von denen man sich einen heraussucht, auf dessen Gipfel man etwas vermutet, von dem man überhaupt keine Ahnung hat, was es sein könnte. Nur, dass es besser ist, als alles, was man zuvor erlebt hat.
Man fährt ein Stück mit jemanden im Jeep, dann hinten auf einem alten Pickup, den Rest schließlich zu Fuß. Dabei hat man ein Zelt, Proviant und eine Karte, die zwar nicht ungenau, was die Wegbeschreibungen angeht, allerdings sehr verharmlosend ist.
Die Höhe treibt einem Nägel in den Schädel, aber man redet sich ein, es zu genießen. Die Abwesenheit von Menschen entschädigt für alles. Die Abwesenheit von der Arbeit, von den Kollegen, von der Familie. Alles abwesend und somit erträglich. Man kann sich sogar gönnen, das Ein oder Andere kurzzeitig zu vermissen, während die Höhenluft die Lungen aufbläht, die Sonne die Augen verbrennt und die Haut im Schritt vom Schweiß bis aufs Fleisch verätzt wird.



Irgendwann ist er auf dem Gipfel und das war’s dann. Die unwiederholbare Einmaligkeit dieses Augenblicks wird den Rest seines Lebens überschatten. Alles, was er jetzt noch erleben mag, muss sich damit messen und dabei zwangsläufig unterliegen. Er wird überhaupt keinen Versuch mehr machen, etwas auch nur annähernd so Großartiges zu erleben. Er wird wieder nach Hause zurückkehren, wieder in seinen Supermarkt gehen, zu den Regalen, den Tiefkühltruhen, den Kassen, dem Leergutannahmeapparat und der neuen Halbtagskraft an der Wursttheke, mit der er angefangen hat zu schlafen und auch sie zu mögen. Obwohl sie einen unansehnlichen Schorf auf der Kopfhaut hat, der besonders oberhalb der Ohren gut zu sehen ist. Wahrscheinlich wird er sie heiraten, Kinder in die Welt setzen, Enkel bekommen und wenn er stirbt, so in den letzten kurzen Momenten vor dem Tod, wird er sich daran erinnern, wie er einst auf diesem Gipfel stand, wie er diesen einen Augenblick der unwiederbringlichen Einzigartigkeit erlebte und denken, dass sein Leben alles in allem doch eine recht runde Sache gewesen ist.
Zuletzt geändert von Sam am 03.10.2008, 09:56, insgesamt 3-mal geändert.

Sam

Beitragvon Sam » 03.10.2008, 09:53

Nein. Es ist nur der mangelnden Beherrschung der deutschen Sprache und deren Rechtschreibung seitens des Autors zu verdanken.

Danke für den Hinweis. Werde es ausbessern.


Liebe Grüße

Sam


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