Die Liebkosung der Gebisse . Die Verteufelung der Wälder

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 30.10.2009, 22:28

Die Liebkosung der Gebisse . Die Verteufelung der Wälder

[align=right]Die dunklen Geisterhimmel haben es ganz gern, dass sie den Menschen etwas in die Ferne stellen,
auf dass diese immer tiefer in den Schmerz hineingehen*
[/align]


Mythologie des Schmerzes


Da ruft mich was. Das ist meine eigene Stimme. Meine Schuldstimme. Die lässt mich Geisterhimmel spannen.

In der Ferne ist nicht jetzt. Die Ferne ist nicht wahr, noch nicht.

Eine Wolke - eine Leiche. Leichenwolken.
Licht. Weißes Blut.

Dieses weiche Weh, in dem man treibt;
dass man nichts tun muss, dass man nichts halten muss
und ganze Wälder ihrer Bäume beraubt,
bloß noch Tiere aus dem Boden ragen,
blutende Tiere, die sich allesamt verstecken, indem sie einander wundreißen
und lecken und lecken und lecken.



Knirschen im Park

wie dem zarten Mädchen am Wasser seine durch die Bluse scheinenden Schulterblätter brechen wie den tchibogerüsteten Walkingtanten ihren Kuchenkot ins Gesicht matschen wie der über ihre krebszerfressenden Kinder jammernden Alten auf der Plastikbank ihr fleckiges Häutchen aus dem Gesicht reißen wie dem hektisch joggenden Schnurrbartbeamten mit seinem Dünngürtel den Rücken mit Striemen übersähen wie dem schleimenden H&M-Röhrenjeansdrogenjungen mit der Flasche des im Gebüsch liegenden pseudodiogenessuffschlummernden Penners den Schädel zerspritzen wie oben auf dem Hügel angekommen den sich in weiter Ferne erleichternden labbrig gezüchteten Labrador abknallen bevor er wieder den Kindern durchs Gesicht leckt weil die Hände ihrer Mutter ach lassen wir das wie die zeternde Elster voller Geschwüre mit einer Kinderzwille aus ihren Ästen schießen wie das schon auch durch irgendetwas den Tod verdienende kastanieleuchtende Eichhorn am Ende des Stumpfes mit bloßen Füßen zu Matsch treten ! auf die Zähne beißen wie ein dunkler Magier seinen Zauberstab erhebt, so lange und so fest, so totbringend, bis ich nicht länger mich beiße; bis ich mich hindurchgebissen habe durch alle Gesichter die schon immer wie das eigene Gesicht



Kräuterwünsche

Siehst du das Tier? Jeder sieht einmal solch ein Tier.
Nimm es dir, denn es kann nicht mehr.
Entscheide, was du mit dem Tier tun willst.
Entschließe dich gegenüber dem Tier.
Wenn du nichts mit ihm anzufangen weißt, iss das Tier auf.
Bitte iss es auf, denn es kann nicht mehr.
So hör doch! Du musst das Tier aufessen, wenn du keine andere Verwendung für es hast.

Niemand ist vor Ort, nur ein Dröhnen. Nacht. Regen. Das Tier liegt auf der Seite. Es schlägt sich mit dem eigenen Schweif. Es liegt hautfarben in der violetten Nacht.



Das also, der Anfang des Stumpfes

Er hatte der Fässin ohne Boden von der Frau mit dem großen Gesicht erzählt. In all den Stunden, in denen er nichts gesagt hatte, hat er ihr von dieser Frau erzählt. Und die Fässin ohne Boden hatte gelauscht, nach dem Knirschen seiner Zähne, wie es ihn verriet. Das Lauschen, ihre grausige, einzige Stimme.

Die Fässin ohne Boden flüchtet sich zurück in den Wald. Wie hatte sie ihre dicken Finger vergessen können, ihre feiste Lust, wie hatte sie ihren Blick von sich fort entspannen können zu einem Himmel, unter dem sie als eine andere ging.

Sie dreht sich auf die Seite. Neben ihr ragt ein Fuchs aus dem Boden. Das Aufgerissene, das Faltige, die Schwärze, der Pilz, der Schleim; alles so, wie sie es befürchtet hatte und wie sollte es auch anders sein, denn, das versteht sie nun, befürchten, befürchten kann man nur, was ist. Es ist ein Berühren, das Befürchten.






*Der kleine Satz steht Pate für all das, was ich schreibe, weil ich Peter gelesen habe und zugleich ist es ein Zitat von ihm. Ich hoffe, das gilt (etwas)
Zuletzt geändert von Lisa am 31.10.2009, 20:00, insgesamt 2-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 01.11.2009, 13:34

Liebe Leonie,

ich verstehe, dass Du Deine Probleme mit Deiner Position sowohl in der Diskussion als auch gegenüber dem Text hast. Ich glaube aber es ist auch deutlich, dass die Probleme nur zum Teil beim Text liegen (und ich muss sagen, dass im Vergleich zu sehr Vielem, was ich kenne, der Text in Bezug auf "Ekel" noch sehr moderat ist). Dass Ekel und Kunst durchaus miteinander vereinabr sind, weiß ich nicht zuletzt aus einer Diskussion, die ich unlängst mit jemandem geführt habe, der eine Dissertation über die "Ästhetik des Ekels" geschrieben hat. Wobei ich auch glaube, dass es Lisa nicht um Ekel geht.

Wenn Du schreibst:

Wenn ich als Autorin einen Text schreibe, geht es mir darum mitzuteilen, zu kommunizieren.



dann habe ich eine unmittelbare Reaktion in den Tasten zu schreiben, dass das aber nicht notwendig die einzige Haltung ist, die ein Autor haben kann. Von Celan ist bekannt, dass er dieses Element des Kommunizierens nicht sehr hoch ansiedelte. Es geht ja sowieso nur um Nuancen. Eine strikt durchgeführte Kommunikationsverweigerung fürht zu Schweigen, ein "mit-jedem-kommunizieren-Wollen" zu Volksmusik.
Ich glaube, dass es sich lohnt, sich auf Texte einzulassen, die sich einem nicht sofort erschließen, dass es sich lohnt nicht nur Ansprüche an den Text zu stellen, sondern auch an sich selbst. (Wer jemals naturwiss. oder mathematische Arbeiten gelesen hat, weiß, was ich meine, wer Celan liest vermutlich auch ;-) )

Liebe Grüße
Max

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 01.11.2009, 13:40

Ich glaube, dass es sich lohnt, sich auf Texte einzulassen, die sich einem nicht sofort erschließen, dass es sich lohnt nicht nur Ansprüche an den Text zu stellen, sondern auch an sich selbst.


Dazu bin ich durchaus bereit. Ich denke, Du weißt es auch. Aber ich muss zumindest das Zutrauen zu einem Text gewonnen haben, dass er mir etwas sagen könnte.
Dieser Text hier hat mich beim ersten Lesen verprellt.

Das mit der Volksmusik stimmt nicht. Wer mit jedem kommunizieren will, kann eine Menge sich lohnender Überraschungen erleben. Und er stelle sich auf Streit ein.

Liebe Grüße

leonie

Benutzeravatar
ferdi
Beiträge: 3260
Registriert: 01.04.2007
Geschlecht:

Beitragvon ferdi » 01.11.2009, 13:40

Hallo Max!

Weißt du noch, wie du mir ganz am Anfang meiner Salonkarriere mal ein Sonett (Die Zeit) vorschlagweise auf sieben oder acht Wörter zusammengekürzt hast unter völliger Mißachtung jeglicher Aussageabsicht, die ich in der gewählten Sonettstruktur unterzubringen versucht habe? Irgendwie fällt es mir gerade schwer, das mit Aussagen deinerseits wie etwa Ich glaube daran, dass Kommuniaktion leichter wird, wenn man dem anderen die Chance gibt, das zu sagen, was er möchte und wie er es möchte und nicht das, was man zu sehen erwartet. in Übereinstimmung zu bringen ;-) Von all den (und zumindest bei mir: vielen) Fällen mal ganz abgesehen, wo eine bewußte & eindeutige Aussageabsicht eines Texts gar nicht gegeben ist... Also ich habe meinen Frieden in dieser Frage gemacht: Abgesehen von den übereindeutigen Texten akzeptiere ich einfach, dass alle anderen Saloner mit ihren persönlichen, stark ausgebildeten, guten und bewährten Kriterien auf meine Texte zugreifen und das, was mich bei den Texten so umtreibt, nicht weiter wichtig nehmen. Passt schon :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9468
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 01.11.2009, 13:52

Hallo Max,

Ich glaube, dass es sich lohnt, sich auf Texte einzulassen, die sich einem nicht sofort erschließen, dass es sich lohnt nicht nur Ansprüche an den Text zu stellen, sondern auch an sich selbst.

Seltsam, wenn du nochmal genau liest, schreibe ich das ja auch. :-) Und ich nehme das für mich genauso in Anspruch, wie du es für dich tust. Und ich erlebe Leonie auch nicht so und finde es dann befremdlich, wenn du dann auf deine Sichtweise uns betreffend bestehst, auch wenn wir dir etwas anderes sagen. Auch im Gespräch, nicht nur in der Kunst, hilft hinhören gelegentlich. ;-)
Ich kenne ja genug Texte, wo ich merke, dass ich denke, der sagt mir nix ... und die Frage wäre: Wieso eigentlich nicht, wo doch der Autor vermutlich einen Ausrcuk für etwas geben wollte.

Ja, aber bei der Frage sollte es ja dann nicht bleiben. Und warum gerät es dann hier für dich offensichtlich zum Problem, dass wir dann die Antwort, die wir auf diese Frage gefunden haben (zu meinen), dann an die Autorin als Rückmeldung weitergeben? Wir könnten natürlich auch die Schultern zucken und schweigen. Aber ich denke nicht, dass das in Lisas oder gar im Sinn des Forums wäre.

liebe Grüße
Flora

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 5286
Registriert: 25.02.2007
Geschlecht:

Beitragvon Elsa » 01.11.2009, 13:52

Liebe Leonie,

ich schreibe ja:

Was wir dann für uns mitnehmen, ob wir das Konsumierte mögen oder ablehnen, ist wiederum ein ganz persönliches Empfinden.


aber zunächst betrachten/begaffen wir das Stück, oder?

Liebe Grüße
ELsa
Schreiben ist atmen

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 01.11.2009, 14:42

Wenn man es so weit fasst, ist es mit allem so, sobald wir die Augen aufmachen.
Mir geht es darum, nciht in der Rolle des Gaffers zu bleiben...

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 01.11.2009, 17:42

Lieber Ferdi,

lustigerweise musste ich auch daran denken. Es wäre vielleicht gut, wenn Du mich als auch lernfähig und nicht feststehend wie einen Stein betrachtest ;-) ... Außerdem kann es nun mal sein, dass es schwieriger ist als gewünscht, seine eigenen salbungsvollen auch umzusetzen. Das ändert aber nix an ihrem Wahrheitsgehalt ...

Liebe Grüße
Max

Max

Beitragvon Max » 01.11.2009, 17:47

Liebe Flora,

das Problem, das sich für mich ergab, entsteht, wenn man vorher erklärt wie ein Text sein muss und dann sagt, dass der vorliegende leider nicht so ist - ohne sich zu fragen, ob der Text so sein möchte und warum er nicht so ist ... Ich fand einfach den Text nicht ganz fair behandelt. Die Alternative ist ja nicht, den Text zu ignorieren .. zumindest sehe ich es nicht als einzige Alternative.

Außerdem finde ich, dass lustigerweise meine Lesart des Textes überhaupt nicht thematisiert wird. Es ist ja nur ein Versuch. Aber für mich ist die interessantere Frage, ob diese Lesart funktioniert.

Liebe Grüße
Max

Max

Beitragvon Max » 01.11.2009, 17:50

Liebe Leo,

natürlich war der Satz über die Volksmusik auf Effekt aus - aber einen, übder den ich mich beim Schreiben gefreut habe ;-).
Ich glaube der feine Unterschied entsteht bei der Frage, ob man mit jedem kommunizieren oder von jedem verstanden werden will.

Liebe Grüße
Max

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 01.11.2009, 17:57

Hi Max,
Außerdem finde ich, dass lustigerweise meine Lesart des Textes überhaupt nicht thematisiert wird. Es ist ja nur ein Versuch. Aber für mich ist die interessantere Frage, ob diese Lesart funktioniert.

m.E. bin ich schon auf deine Lesart eingegangen, indem ich darstellte, wo ich die "Eingangspforte" lese, aber mich interessiert nach den nun sehr vielen Lesarten und Eindrücken, wie Lisa, als Autorin, all diese Eindrücke sieht, was ihrer Intention entspricht, was nicht, was sie zu den diversen Kommentaren meint.

Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 01.11.2009, 18:27

Liebe Mucki,

ja, richtig, das habe ich auch gesehen ... ich fand nur, dass sich die Diskussion sehr stark darum dreht, dass ich anscheinend die Kritiker zu stark kritisiert habe (was eigentlich nur ein sekundärer Aspekt meines Kommentars war - jedenfalls gefühlt, als ich ich ihn schrieb).

Liebe Grüße
Max

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 01.11.2009, 18:37

Gerade ist mir ein Satz der weißrussischen Lyrikerin Valzyna Mort zugefallen:


"dichter sind keinen deut besser als züchter / die ihre gepflegten hunde vorführen / und sie neue kunststücke lehren // in der einen hand hält er die leine / in der anderen die tüte für exkremente."

diese Art der Dichtkunst entnehme ich Floras Ausführungen als gewünscht,

Beste!
Fux

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9468
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 01.11.2009, 18:56

diese Art der Dichtkunst entnehme ich Floras Ausführungen als gewünscht,

*lach* Ben, schön, wie unpolemisch du dich hier einbringst, da bekommt man richtig Lust, mit dir zu diskutieren. Wenn du mir sagst, wo genau du das in meinen Ausführungen liest, oder was du darunter verstehst, mach ich das auch gerne. ;-)

Liebe Grüße
Flora

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 01.11.2009, 21:11

Hallo,

ich freue mich, dass jetzt hier der Text doch eine kleine Diskussion ausgelöst hat, ich finde das nämlich spannend! Ich versuche knapp zu antworten, um erst einmal an den Punkt zu kommen, worauf ich meine, dass es ankommt:

liebe leonie,

bei dir muss ich zunächst ausdifferenzieren:
Ich will überhaupt nicht sagen, dass der Text "keine Kunst" sei. Darüber maße ich mir kein Urteil an.


Das ist für mich zum einen ein Selbstschutz, aber ich finde, es zeugt auch durchaus von einer gewissen Achtung gegenüber mir selbst und den Menschen, die in der Realität mit solchem konfrontiert sind.


Das kann ich voll akzeptieren, ja anerkennen. Allerdings ist das dann eben auch keine ästhetische Auseinandersetzung mit dem Text, die die einzige ist, welche den Text als Text qualifizieren oder disqualifizieren kann.


Als zweites gibt es dann (ich fasse jetzt der Prägnanz wegen leonies, Floras, Gabriellas und ferdis Meinung als "dieselbe" auf, auch wenn ich weiß, dass sie nicht 100 Prozent deckungsgleich ist, sollte das als unangemessen angesehen werden, können wir das dann ja anschließend auch betrachten) das Verlangen nach bestimmten "Merkmalen", Ansprüchen, die ein Text erfüllen soll, wenn er dem jeweiligen Leser zusagen soll (zusagen = gefallen/bewegen/mit Sinn versehen).
Zuerst einmal: Ich finde es völlig legitim, dass man bestimmte Ansprüche an Texte hat - das geht sogar gar nicht anders, jeder hat diese und anders wäre ja kein ästhetisches Urteil möglich.
Weiterhin können diese dann eben sehr verschieden sein. Ich eben bin nicht der Meinung, dass ein Text folgendes erfüllen muss:

Texte dürfen weh tun. Aber dann will ich erstens nicht nur zuschauen, wie jemand in seinen Schmerz immer tiefer hineingeht, sondern begleiten. Und nicht nur hineingehen, sondern gemeinsam einen Weg hinaus suchen. Kommunikation und Solidarität und nicht den Platz auf der anderen Seite der Glaswand, wo ich betrachten kann, wie jemand sich windet. Da setzten meine Selbstschutzfunktionen ein, ich sehe nicht, welchen Sinn das haben sollte und wende mich ab.


oder

Mir fehlen die sanften Farben, die Wegweiser, die Worte, die mir sagen: ja, da ist diese Wunde und es ist schlimm, dass es diese Wunde gibt. Ich suche das Pflaster, finde jedoch keines.



Das sehe ich anders (Was nicht heißt, dass ich das hier eigeforderte in diesem Text nicht sehe, für mich leistet die Konstruktionsart des Textes dies sogar)


Für mich ist Kunst deshalb wertvoll, weil sie ein Mittel zum Ausdruck und zur Darstellung ist, die aufgrund ihrer Eigenarten die Fähigkeit hat, bestimmte Zustände/Gegebenheiten/Dinge usf. zu zeigen, die kein anderes Medium zeigen kann.
Und es (mir) ist klar, dass es in der Welt Furchtbares/Hässliches/Grausiges gibt, was außer eben im Inneren nur in der Kunst erlebbar und damit vorzeigbar ist. Und deshalb sind Zumutungen in der Kunst wichtig. Und echte Zumutungen sind halt nicht mit Pflaster zu haben, zumindest nicht mit den unmittelbaren, die hier eingefordert werden.
Und weil Kunst in diesem Sinne Ausdrucks- und zeigekraft hat, unterscheidet sie sich eben von so etwas wie Ekel_TV.

Ansonsten wurde ja kaum konkreter auf den Text eingegangen, weshalb mir etwas die Diskussionsanknüpfungspunkte ausgehen und ich nicht zu dem Punkt kommen kann, wo es dann darum geht, ob dieser konkrete Text hier dann so etwas leistet oder ob er scheitert. In diesem Zusammenhang habe ich übrigens den Eindruck, dieser Faden würde sich nicht von einem Faden unterscheiden, in dem ich nur den zweiten Abschnitt (Knirschen im Park) gepostet hätte. Oder?

Ganz allgemein, wirklich nicht provokativ sondern gespannt gefragt, würde mich interessieren, ob es für euch, leonie, Flora, Gabriella oder ferdi, eigentlich einen Text (hier im Forum oder überhaupt einer in der Literatur) gibt, der euch mit dem starken Einsatz von Grusel/Gewalt/Ekel oder dergleichen hat überzeugen können?


Lieber Max,
danke, dass du dich mit dem Text so intensiv auseinandergesetzt hast. Ich finde, du hast wesentliche Konstruktionen aufgezeigt, vor allem in Bezug auf die Stimmen und Perspektiven.

liebe Elsa,
ich freu mich über deine Lesart und dass der Text dich ergriffen hat.

lieber Ben,
ich freu mich, dass du mit dem Text etwas anfangen konntest und teile deine Auffassung, dass es solche Texte geben muss.


liebe Gabriella,

noch kurz zu deiner Frage. Die Stelle, die du selbst genannt hast (der dritte Teil), hätte ich dir auch als Einstieg genannt. Allerdings ist das Problem, dass der text nicht chronologisch arrangiert ist, das heißt, ich sehe es so, dass alle verschiedenen Abschnitte absolut gleichgeordnet sind. Aber die weicheste Stelle ist dies auch für mich.

Und was ich mit dem Text beabsichtigt habe (soweit das noch nicht bis hierhin deutlich geworden ist), lässt sich gut mit einem Verweis auf den Titel von einem Text von fenestra (den ich unbedingt noch kommentieren muss) im Publicus andeuten, der da lautet:
"Die Menge der Legenden von der wir nicht sprechen" und den ich ziemlich genial finde. Wie auch dieser Titel versucht dieser Text etwas zu fassen, was ja eigentlich eine Existenz mit Nullausdehnung hat. Etwas, was gerade durch die Art seines Nichtvorhandenseinkönnens in einem bestimmten Raum, wirkt. So wie sich in der unendlichen Geschichte das Nichts immer weiter ausdehnt, so können auch Legenden, von denen nicht gesprochen wird, aus. Und meines Erachtens versucht der Text einen inneren Zustand zu fassen, der öffentlich nicht da ist, aber eben öffentlich oder sagen wir in der Gemeinschaft wirkt. Kannst du damit etwas anfangen? ich habe es jetzt bewusst noch abstrakter gehalten, dait du selbst vielleicht nochmal schaust, ob du das, was ich konkret meine, nicht doch lesen kannst (Und die anderen vielleicht auch).

Ich hoffe, das war etwas aufschlussreich.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 24 Gäste