Die Liebkosung der Gebisse . Die Verteufelung der Wälder

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.10.2009, 22:28

Die Liebkosung der Gebisse . Die Verteufelung der Wälder

[align=right]Die dunklen Geisterhimmel haben es ganz gern, dass sie den Menschen etwas in die Ferne stellen,
auf dass diese immer tiefer in den Schmerz hineingehen*
[/align]


Mythologie des Schmerzes


Da ruft mich was. Das ist meine eigene Stimme. Meine Schuldstimme. Die lässt mich Geisterhimmel spannen.

In der Ferne ist nicht jetzt. Die Ferne ist nicht wahr, noch nicht.

Eine Wolke - eine Leiche. Leichenwolken.
Licht. Weißes Blut.

Dieses weiche Weh, in dem man treibt;
dass man nichts tun muss, dass man nichts halten muss
und ganze Wälder ihrer Bäume beraubt,
bloß noch Tiere aus dem Boden ragen,
blutende Tiere, die sich allesamt verstecken, indem sie einander wundreißen
und lecken und lecken und lecken.



Knirschen im Park

wie dem zarten Mädchen am Wasser seine durch die Bluse scheinenden Schulterblätter brechen wie den tchibogerüsteten Walkingtanten ihren Kuchenkot ins Gesicht matschen wie der über ihre krebszerfressenden Kinder jammernden Alten auf der Plastikbank ihr fleckiges Häutchen aus dem Gesicht reißen wie dem hektisch joggenden Schnurrbartbeamten mit seinem Dünngürtel den Rücken mit Striemen übersähen wie dem schleimenden H&M-Röhrenjeansdrogenjungen mit der Flasche des im Gebüsch liegenden pseudodiogenessuffschlummernden Penners den Schädel zerspritzen wie oben auf dem Hügel angekommen den sich in weiter Ferne erleichternden labbrig gezüchteten Labrador abknallen bevor er wieder den Kindern durchs Gesicht leckt weil die Hände ihrer Mutter ach lassen wir das wie die zeternde Elster voller Geschwüre mit einer Kinderzwille aus ihren Ästen schießen wie das schon auch durch irgendetwas den Tod verdienende kastanieleuchtende Eichhorn am Ende des Stumpfes mit bloßen Füßen zu Matsch treten ! auf die Zähne beißen wie ein dunkler Magier seinen Zauberstab erhebt, so lange und so fest, so totbringend, bis ich nicht länger mich beiße; bis ich mich hindurchgebissen habe durch alle Gesichter die schon immer wie das eigene Gesicht



Kräuterwünsche

Siehst du das Tier? Jeder sieht einmal solch ein Tier.
Nimm es dir, denn es kann nicht mehr.
Entscheide, was du mit dem Tier tun willst.
Entschließe dich gegenüber dem Tier.
Wenn du nichts mit ihm anzufangen weißt, iss das Tier auf.
Bitte iss es auf, denn es kann nicht mehr.
So hör doch! Du musst das Tier aufessen, wenn du keine andere Verwendung für es hast.

Niemand ist vor Ort, nur ein Dröhnen. Nacht. Regen. Das Tier liegt auf der Seite. Es schlägt sich mit dem eigenen Schweif. Es liegt hautfarben in der violetten Nacht.



Das also, der Anfang des Stumpfes

Er hatte der Fässin ohne Boden von der Frau mit dem großen Gesicht erzählt. In all den Stunden, in denen er nichts gesagt hatte, hat er ihr von dieser Frau erzählt. Und die Fässin ohne Boden hatte gelauscht, nach dem Knirschen seiner Zähne, wie es ihn verriet. Das Lauschen, ihre grausige, einzige Stimme.

Die Fässin ohne Boden flüchtet sich zurück in den Wald. Wie hatte sie ihre dicken Finger vergessen können, ihre feiste Lust, wie hatte sie ihren Blick von sich fort entspannen können zu einem Himmel, unter dem sie als eine andere ging.

Sie dreht sich auf die Seite. Neben ihr ragt ein Fuchs aus dem Boden. Das Aufgerissene, das Faltige, die Schwärze, der Pilz, der Schleim; alles so, wie sie es befürchtet hatte und wie sollte es auch anders sein, denn, das versteht sie nun, befürchten, befürchten kann man nur, was ist. Es ist ein Berühren, das Befürchten.






*Der kleine Satz steht Pate für all das, was ich schreibe, weil ich Peter gelesen habe und zugleich ist es ein Zitat von ihm. Ich hoffe, das gilt (etwas)
Zuletzt geändert von Lisa am 31.10.2009, 20:00, insgesamt 2-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 16:07

Für mich drückt das das Dilemma des Textes gut aus.

ich kann kein "dilemma des textes" erkennen.

wenn, dann ein 'dilemma mancher leser', die diesen text auf den abschnitt "knirschen im park" zu reduzieren scheinen.

kann es sein, dass der kontext mehr oder weniger ignoriert wird?
ich bin einigermaßen geschockt, dass dieser text von manchen so amputiert besprochen wird - kommentiert doch bitte mal den ganzen text.

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.11.2009, 16:30

Lieber aram,

Du kannst kein Dilemma erkennen und ich offensichtlich anderes nicht, was Du siehst.
Da hilft kein: Bemüh Dich mal ein bisschen mehr, dann wird es schon gehen. Das würde voraussetzen, dass der Text objektiv verstehbar und bewertbar ist.

Ich denke, es geht hier gerade um unterschiedliche Einschätzungen und Bewertungen. Die treten oft auf, wenn ein Text polarisiert.
Oft hat das eine Menge mit der Unterschiedlichkeit der Leser, ihren Erfahrungen, Einstellungen, Hintergründen zu tun. Die wiederum haben ihren Grund.
Wir werden hier deshalb keinen Konsens erreichen. Für mich ist das auch in Ordnung so.

Aber wenn ich zum Beispiel lese, ich hätte eine erzieherische Erwartung an den Text und mich in dieser "Charakterisierung" in keinster Weise wiederfinde, dann werde ich auch in diesem Faden weiterhin widersprechen.


Liebe Grüße

leonie

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 14.11.2009, 16:55

Lieber Aram,

du hast Recht. Aber diese Diskussion über diesen Aspekt des Textes fand ich sehr interessant. Ich habe nun versucht, skizzenhaft zu erklären, wie ich den Text wahr nehme:

Das Befürchten ist ein Berühren

Wo der Schmerz herkommt
Wo er sich ereignet
Womit er zu betäuben wäre : Die Verdinglichung der Kreatur
Wo er beginnt
So ungefähr lese ich den Text: als eine Frage zum Kreatürlichen des Seins. Das, was uns treibt, die Ferne, die Wanderung, das Ausspannen der Geister (des Geistes); die Beobachtung des Unmenschlichen; das Verlangen nach Verzehr und Vernichtung; das endlose Füllen eines Mangels und die Unfertigkeit des Leibes ausgestreckt neben dem, was Kreatur ist, aber furchtbar.

Für mich ist dieser Text eine sehr einleuchtende Evokation von Furcht, Mangel, Gier ... und Liebe

liebe Grüße

Renée

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 19:27

zum text:

ein wunderbarer text, dem gelingt, was ich für schwierig und selten erreicht halte - er transportiert:

eine (tabuisierte) not und ohnmacht - ohne dafür vorsorglich eine 'zugehörige opferrolle' zu konstruieren

eine zerstörungsphantasie - ohne sie abzuschwächen, ohne sie in einen 'äußeren rahmen' zu packen, um ('rettende') distanz zu ermöglichen

vielmehr schafft es der text, eine 'relativierung in sich' zu vollziehen, ein hineinnehmen des getrennten subjekts in das trennende.

in teil 1 ein 'ich', das sich ins 'man' verliert; mit teil 2 über das zulassen/durchführen einer gedanklichen vernichtung von 'anderem/ anderen' ein zurückfinden des ich zu sich als sich selbst zerstörendes; teil 3 ein 'handlungsappell als heilungs- / beendigungsversuch', der wiederum in das erleben des 'allein' mündet - dass kein 'äußeres' mehr da ist um zu 'handeln/beenden' - nun aber 'ruhig' ist nach der emanation der noch vorhandenen energie ins 'beißen' von teil2; teil 4 ein übergang zu einem gegenüber, der "fässin ohne boden", das auflösen des gegenübers durch ein hineingleiten, übergleiten dazu, das wiederfinden des befürchteten, ein schließen des kreises und doch das neu vollzogene, die berührung.

(der text schildert erheblich feiner und mehrschichtiger als dieser grobe bogen, doch ich versuche ihn stehen zu lassen, weil ich in den seiten dieses fadens noch nicht so viel annäherung dazu finden kann)


zur diskussion:

ich verstehe ganz und gar nicht, wie man einen solchen text so reduzierend betrachten kann, wie mir das hier teilweise zu geschehen scheint - es sei denn, man gibt sich mit der simplen prämisse zufrieden: "wenn mich ein text abstößt, dann ist offensichtlich etwas problematisch an diesem text" - und dann wird nur der aspekt besprochen, der als 'tretmine' wirkte - da der text aber genügend, erheblichen und erweiternden kontext selbst mitbringt und selbst dahin weiterführt, geht das, was an besprechung folgt unter dieser prämisse - quasi der sich selbst rechtfertigenden vorgabe, (nur) das zu behandeln, was starke gefühle (der abwehr) auslöst - m.e. völlig am text vorbei.
(der grausige begriff 'ekelfernsehen' z.b. wird gerade von denen ins spiel gebracht, die ihre wahrnehmung selber genau darauf beschränken - liebe leo, mit verlaub, daran ist was faul - es ist m.e. sehr wohl 'objektivierbar', dass es hier mehr und anderes zu lesen gibt - aber trotzdem, nichts für ungut.)

liebe grüße,
aram

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.11.2009, 20:22

Lieber aram,

wenn etwas eine Selbstschutzfunktion auslöst bei mir, dann ist es zunächst einmal gut, diese Funktion als das wahr-und ernst zu nehmen, was sie ist: Ein Schutz. Natürlich kann ich dann reflektieren: Brauche ich diesen Schutz tatsächlich? Kann ich mir nicht zumuten, diese Grenze zu überschreiten?

Die Entscheidung darüber treffe allein ich. Ich habe mich dafür entschieden, diese Grenze nicht noch einmal zu überschreiten. Dafür habe ich gute Gründe, die ich hier aber nicht im Einzelnen darlegen werde. Ich finde, das sollte respektiert werden. Ohne Polemik, Angriffe, Ironisierungen, Unterstellungen.

Genauso wenig wie ich sage: Lisa muss den Text anders schreiben finde ich es berechtigt, dass andere sagen: Du musst den Text anders wahrnehmen und Dich anders damit auseinandersetzen.

Wir sind hier um Rückmeldungen zu geben. Unter anderen Texte reicht oft: Gefällt mir. Da sagt kaum noch jemand: Begründe doch mal. Hast Du gründlich gelesen?
Unter diesem Text werden die Kritikern immer darauf hingewiesen, dass man an Texte keine bestimmten Kriterien anlegen darf.
Warum darf man es denn dann an die Kommentare und Kommentatoren? Ich habe hier viel mehr eingebracht an Überlegungen und Erklärungen als: Das gefällt mir nicht.
Ich sage doch nicht einmal, dass etwas problematisch ist an diesem Text. Ich sage: Bei mir ist er grenzüberschreitend auf eine Weise, die mich die Konsequenz ziehen lässt, ihn vor die Tür zu setzen. Mich erreicht er nicht.
Da kann Lisa sich ein Ei drauf pellen, wenn sie will. Ist für mich völlig in Ordnung.
Nur würde ich auch gerne so sein dürfen, wie ich nun mal bin und Texte so lesen, wie ich so nun mal lese. Und ich gewinne hier gerade den Eindruck (nicht zum ersten Mal), mit mir sei etwas nicht in Ordnung. Wo bleibt denn da die Toleranz gegenüber den Kritikern?

Liebe Grüße

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.11.2009, 20:27

Hallo aram,

beziehst du dich auch auf meine Kommentare?
Ich finde auch hier die "denen, manche und diversen mans" unangenehm und wenig hilfreich für eine sinnvolle Auseinandersetzung mit den betreffenden Kommentaren.

liebe Grüße
Flora

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 20:37

liebe flora,

passt meine kritik auf deine einstellung?

liebe abendgrüße

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 20:43

liebe leo,

nein, so wie du das darstellst, sehe ich es nicht.

du hast nicht bloß geschrieben (jetzt von mir frei formuliert) "der text stößt mich ab", sondern "das finde ich nicht in ordnung am text" -

auch jetzt schreibst du wieder "der text ist für mich problematisch", also 'pars pro toto'.

und darin liegt meines erachtens eine perfidie - die ich allerdings nicht als absicht unterstelle, sie zeigt sich aber darin:

ein text zeigt etwas auf, und er zeigt noch etwas anderes auf.

das eine kommt bei dir an und es löst etwas aus, was dazu führt, dass du das andere nicht mehr aufzunehmen bereit bist.

in einem solchen fall ist es meines erachtens verfälschend, den text so zu besprechen, als wäre er auf das 'eine' zu reduzieren.

deine reaktion als solches kritisiere ich dabei nicht. sie dem text anzulasten, geht aber am text vorbei.
Zuletzt geändert von aram am 14.11.2009, 20:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.11.2009, 20:44

passt meine kritik auf deine einstellung?

*lach* eine schlaue Antwort aram, so hatte ich mir das gedacht.
Nein, aus meiner Sicht passt deine Kritik nicht. Aber das heißt ja leider noch lange nichts, wie ich schon öfter feststellen durfte. ;-)

liebe Grüße
Flora

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.11.2009, 20:56

Lieber aram,

ich kann ihn nicht anders besprechen als so. Das hat mit den Grenzen zu tun, die ich oben beschrieb.

auch jetzt schreibst du wieder "der text ist für mich problematisch", also 'pars pro toto'.


Huch, ich dachte, genau das hätte ich nicht geschrieben!!!
Außerdem: ich bin doch nicht pars pro toto???? Ich bin ich und spreche nur für mich selbst.

Ich schreibe, was zwischen dem Text und mir passiert. Was davon wem anzulasten ist, ist natürlich schwer aufzudröseln.
Aber ich bin bereit, darüber Lisa die Entscheidung zu überlassen. Ich verlange nicht, dass sie den Text anders schreibt. Ich sage: So wie er geschrieben ist, löst er Abwehr in mir aus und erreicht offensichtlich nciht das, was er eigentlich sollte. Für mich müsste er also anders geschrieben sein. Aber Lisa schreibt ja nicht speziell für mich.


Übrigens: darauf hatte ich mich schon mit Lisa "geeinigt", (zwei Seiten zurück)

An mich bleibt die Frage, ob ich mich dem Text nicht trotzdem mehr hätte widmen müssen.

An Lisa bleibt die Frage, wie sie Leute wie mich als Leserin hätte gewinnen können (wenn sie es möchte).



Interessanter finde ich die Frage, warum unter diesem Text plötzlich an die Kritiker so hohe Maßstäbe bezüglich des Textlesens, -einlassens, -verstehens angelegt werden.


Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.11.2009, 21:53

Hallo,

erstmal: Sethe, ich schulde dir noch eine Antwort, auf das, was ich ankündigte, es ging hierrum (kommt jetzt etwas schräg rein in die akute Diskussion, entschuldigung):

Aber kann es ein gestaltetes Kunstwerk - was ja auch etwas künstlich Geschaffendes ist - es schaffen, eine Realität darzustellen, die dem Leser einen über seinen eigenen Erfahrungshorizont hinausgehende Realität eröffnet? Zumal wenn es Leser gibt, so wie mir jetzt, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wissen, daß das was Lisa beschreibt, nicht eine von ihr so tatsächlich erlebte Gewalt und Schmerz ist? Wie kann es die zwar auf tatsächlichen Geschehnissen beruhende aber doch künstlich erschaffende Realität es schaffen, es mir zu ermöglichen, meinen Erfahrungshorizont mit meiner erlebten Realität zu erweitern, wenn ich doch zumindest spüre ich lese eine Fiktion?


Dazu wollte ich sagen, dass es eben darauf ankommt, was man unter Fiktion versteht - du verwendest als eine Art Antonym zu Realität - und genau das würde ich nicht tun. Für mich ist die Fiktion nichts willkürlich erscheinendes, man kann sich nicht beliebig Fiktionen ausdenken, sondern die Fiktionen ergeben sich aufgrundessen, wer du bist, was dir widerfährt, was du weißt, was du nicht weißt, unter welchen Menschen du lebst usf. Für mich sind Fiktionen Teil der Realität.

Und in diesem Sinne behandle ich auch das Wort Erfahrunngshorizont: Denn zum einen ist dieser Begriff doch insofern offen, als wir den Menschen als lernendes Wesen begreifen, oder? Außerdem sind für mich die Grenzen eines bestehenden Erfahrungshorizontes nicht so klar wie du sie anscheinend anlegst. Für mich kann man zum Beispiel etwas nicht wissen, was man eigentlich genau weiß (etwa Arams Stichwort Tabu) und ich glaube eben, dass Kunstwerke besonders gut in der Lage sind, solche Mechanismen von Menschen zu unterlaufen oder aufzuknacken, zu berühren eben.

Lieber aram,

danke, dass du dich so für den Text selbst bemühst - wenn so eine Diskussion erstmal in Gang kommt und ins Allgemeine fällt, bewegt sie oft schnell weg vom Text.
Besonders hat mich gefreut, dass du das Wort Tabu erwähnt hast - nicht, dass das alles in dem Wort aufginge, aber etwas vorzeigbar zu machen, was eben gerade dadurch (auch/in der Form) besteht, dass es nicht ausgesprochen/direkt gezeigt werden kann, das war mein Anliegen,
Auch deiner Bewegung des Textes durch die einzelnen Abschnitte kann ich sehr folgen und dein ganzer Kommentar trägt dazu bei, dass ich mir ein Gefühl zu meinem Text erhalten kann, das ist ja bei schwierigeren Besprechungen - danke.

Zur weiteren Diskussion: Ich fühle mich etwas hilflos in meiner Sonderrolle als Autorin - ich hoffe, ich habe in meinen letzten Postings klar gemacht, was mir wichtig ist, was ich respektiere und dass mir die Diskussion wichtig war. Ich weiß nicht, ob von mir jetzt nochmal erwartet wird, das zu betonen oder zu positionieren, aber ich würde mich, soweit es keine konkreten Fragen mehr an mich gibt oder jemand konkret äußert (auch gerne per PN), dass es mich hier braucht, diesbezüglich gern ausklinken. Ich hoffe, das kommt fair rüber... ansonsten bitte (!) Bescheid geben.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 22:02

liebe leo,

leonie hat geschrieben:Huch, ich dachte, genau das hätte ich nicht geschrieben!!!

entschuldige, mein komm war etwas schnell hingeschrieben -
ok. ich tauche später nochmals in deine vorhergehenden komms wenn nötig -

ich bin doch nicht pars pro toto???? Ich bin ich und spreche nur für mich selbst.

wenn du 'lisas text' sagtest, schienst du dich in hohem maße nur auf einen teil des textes zu beziehen, ohne andere teile auch nur in betracht zu ziehen. das meinte ich - es ist bis jetzt aber noch nicht klar, sonst müssten wir vielleicht nicht mehr darüber reden.

Ich schreibe, was zwischen dem Text und mir passiert. (...) Ich sage: So wie er geschrieben ist, löst er Abwehr in mir aus und erreicht offensichtlich nciht das, was er eigentlich sollte. Für mich müsste er also anders geschrieben sein.

das ist klar und kommt an, zugleich nährt diese formulierung die frage: um welches "so", um was wie geschriebenes am text handelt es sich? was denkst du, das der text 'eigentlich' erreichen sollte?

Interessanter finde ich die Frage, warum unter diesem Text plötzlich an die Kritiker so hohe Maßstäbe bezüglich des Textlesens, -einlassens, -verstehens angelegt werden.

waren da vielleicht begriffe in den kommentaren die den text etwas undifferenziert in ein 'schlechtes licht' rückten?

Wir sind hier um Rückmeldungen zu geben. Unter anderen Texte reicht oft: Gefällt mir. Da sagt kaum noch jemand: Begründe doch mal. Hast Du gründlich gelesen?
Unter diesem Text werden die Kritikern immer darauf hingewiesen, dass man an Texte keine bestimmten Kriterien anlegen darf.
Warum darf man es denn dann an die Kommentare und Kommentatoren? Ich habe hier viel mehr eingebracht an Überlegungen und Erklärungen als: Das gefällt mir nicht.
Ich sage doch nicht einmal, dass etwas problematisch ist an diesem Text. Ich sage: Bei mir ist er grenzüberschreitend auf eine Weise, die mich die Konsequenz ziehen lässt, ihn vor die Tür zu setzen.

ich glaube, nun sind wir am punkt - 1. "setzt du den text vor die tür", bzw. wie du zu anfang schriebst, würdest du ihn kein zweites mal lesen - das finde ich ok und selbstverständlich zu respektieren.

2. hast du "viel eingebracht an überlegungen und erklärungen" - ok, das bezieht sich dann aber -siehe 1- offenbar nicht auf den text - das geht am text, der hier im kopfposting steht, ziemlich vorbei - es las sich dann aber für mich so, als ginge es doch um den text, d.h. als wäre der text für diese überlegungen verantwortlich zu machen - und an diesem punkt protestierte ich.

das ist glaube ich alles, hier 'liegt der hase im pfeffer' - kluge worte um einen text, der nicht gelesen wird.

(wenn jemand einen text nicht zu lesen bereit ist -wie gesagt zu respektieren- erwarte ich dann auch so viel pietät, sich der weiterführenden diskussion, die unter ebendiesem text abläuft, zu enthalten)

bei dir kommen die diesbezüglichen 'proteste' dann so an:
Und ich gewinne hier gerade den Eindruck (nicht zum ersten Mal), mit mir sei etwas nicht in Ordnung. Wo bleibt denn da die Toleranz gegenüber den Kritikern?

siehe oben - lässt sich das so zuordnen bzw. entflechten?

dann wäre, glaube ich, wieder alles ok .-)

entschuldige bitte, dass ich etwas vorschnell antwortete vorhin.

alles liebe!

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Beitragvon leonie » 14.11.2009, 22:34

Viele Worte um wenig Text: okay, ich denke, dass hängt dann auch damit zusammen, dass letztlich die Haltung, die ich eingenommen habe, von einigen nicht wirklich respektiert wurde und ich (und auch Flora) dann hier ziemlich angegangen wurde.
Da erklärt man sich vielleicht mehr als sein müsste, vor allem, wenn man das Gefühl hat, nicht verstanden worden zu sein. Und manches wollte ich auch einfach nicht so stehen lassen. Dann kommt noch dazu, dass ich zu denen gehöre, die am Ende immer am liebsten so eine Art Konsens stehen haben, und sei es nur die Einigkeit darüber, dass man sich uneinig ist.
Was für mich interessant ist, ist, dass manches, was ich mir im Bezug auf meine Einstellung zum Text sagen lassen musste, ich zurückgeben könnte im Bezug der Einstellung anderer zu den Kritikern.
Zum Beispiel das mit den Kriterien an die Kommentatoren.
Auch das Thema "Toleranz". Ich glaube, ich kann den Text jetzt so stehen lassen. Aber mein Eindruck ist immer noch, dass gerade die "Befürworter des Textes" die Kritik daran und vielleicht auch die Kritiker nicht so stehen lassen können.
Aber gerade, wenn es darum geht, dass eine persönliche Grenze da ist, finde ich, dass das auch respektiert werden sollte.

(Aber vielleicht täusche ich mich mit meinen Einschätzungen und Eindrücken ja auch (und das sind eher eigene Ängste) und das würde mich dann wiederum freuen.)

Liebe Grüße

leonie



Liebe Lisa,

für mich ist das okay so.

Liebe Grüße

leonie


(P.S. an aram: ich glaube, zwischen uns ist eine gewisse Basis da, die es möglich macht, sich tüchtig zu streiten oder diametral entgegengesetzter Meinung zu sein, ohne darüber die virtuelle Sympathie füreinander zu verlieren, oder?)

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2009, 22:48

Lisa hat geschrieben:hat mich gefreut, dass du das Wort Tabu erwähnt hast - nicht, dass das alles in dem Wort aufginge, aber etwas vorzeigbar zu machen, was eben gerade dadurch (auch/in der Form) besteht, dass es nicht ausgesprochen/direkt gezeigt werden kann, das war mein Anliegen,


liebe lisa,

dieses anliegen geht in diesem text m.e. vollständig auf - dass er ohne 'schaumbremsende verpackung' (rahmenperspektive) auskommt - die das 'tabu' ja wieder bestätigen/neu aufrichten würde - finde ich beeindruckend. es lässt diesen text gelingen und so 'einschlagen' - derartiges habe ich noch nicht all zu oft gefunden.

liebe grüße, danke für den text.


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