Das Amulett

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 16.09.2010, 20:03

Verstecken ist aktiviert
Um diesen versteckten Text lesen zu können, mußt du registriert und angemeldet sein.
Zuletzt geändert von carl am 04.02.2011, 18:42, insgesamt 6-mal geändert.

african queen

Beitragvon african queen » 17.09.2010, 09:44

Hallo Carl,
da afrikabegeistert, hat mich dein Titel magisch angezogen. So grausam die Geschichte an sich, habe ich das
Gefühl, echte Erlebnisse gelesen zu haben, oder doch nur Fiktion??? So spannend, bin ich nicht davon losgekommen
und bis zu Ende gelesen. Deine Verpackung der " Berichterstattung " läßt nachdenken, sehr eindringlich. Erst dachte
ich, das haben wir schon oft gelesen, und doch ist es anders, als die anderen Berichte. Aufrüttelnd, aber nicht flach,
die Wiederholungen läßt einen die Alpträume spüren, nachfühlen, aber doch nicht mitleiden. Diese Distanz ermöglicht
dem Leser die Nachvollziehbarkeit. Finde deine Geschichte großartig. Der Gesamteindruck ist für mich stimmig.
Ein Buch, ich würde es lesen.
lg
african queen

Yorick

Beitragvon Yorick » 17.09.2010, 11:33

Hallo Carl,

ich fühle mich inspiriert von deinem Text. Eine berührende Vermischung von Albtraum, Realität, Spiritualität und Suche. Das wirkt nach, wird ein eigenständiges Gefühl und entwicklet sich zur "eigenen Geschichte", weit über den Text hinaus.
Das gibt viele Sterne als Bewertung :-)

Die Ortsbeschreibungen haben in mir eine plastische Vorstellung erzeugen können. Atmosphäre im besten Sinne.

Probleme hatte ich mit der 2. Person in den kursiven Passagen. Interessante Idee, spannend ob es klappt. Aber immer wieder passierten Dinge, die eben zu sehr nicht "ich" sind und mich so immer wieder rausgerissen haben. Das hat bei mir eine Distanz geschaffen, in der ich den "Text" betrachtet habe.

Das Ende finde ich wenig gelungen. Die explizite Auflösung, das "betonte Wunder" - das wirkt für mich wie ein nachträglich geändertes Drehbuch, um dem Film massentauglich zu machen. Magie-Killer. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein offeneres Ende der ausreichend angefütterten Phanatasie des Lesers mehr Möglichkeiten bietet.

Auch spanned die entmystifizierung des "Alten vom Berg" durch die saloppe Sprache und den Bezug zu Stadler. Mystik (Wahrheit) nicht als außerhalb stehend, sondern inhärent.
Dennoch für mich an der Grenze zum "gewollt-komischen" zum Slapstick. Etwas mehr "Ernst" könnte mMn die "heitere Wahrheit" gut unterstützen.

Und der Text ist verwirrend genug - etwas weniger erzählerische (nicht inhaltliche) Schlingen, Verschlingungen, Verschachtelungen hätten mir beim Verständnis geholfen. Die Geschichte spielt "per se" ja schon auf verschiedenen Ebenen, da ist eine einfachere Erzählweise glaube ich hilfreicher.

Eines noch: "...Es geht los"" (und er rennt zur Latrine, Durchfall) 1. Assoziation: Es geht los - ich muss kacken. Ist das so gemeint? Oder meinst du die Ahnung des bevorstehenden Angriffs?

VisionQuest in Uganda meets "Die Wächter der Nacht" - Änderung der Vergangenheit durch Veränderung des Bewußtseins. Ich mag diese Themen sehr.

Gerne gelesen.
Viele Grüße,
Yorick.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 17.09.2010, 14:28

Hallo Carl,

eigentlich wollte ich deine Geschichte erst mal nur anlesen, doch dann konnte ich mich nicht davon lösen. Unglaublich beklemmend, erdrückend, plastisch geschrieben. Oft musste ich Luft holen. Obwohl du nicht in der Ich-Perspektive schreibst, entsteht bei mir dadurch keine Distanz. Es zieht mich mitten rein, in diese verschiedenen Stränge, Traum-Sequenzen, Vergangenheitsschilderungen. Die Rituale erlebe ich als Leser sehr intensiv. Die Albträume sind schier unerträglich.
Einzig beim Ende stimme ich Yorick zu. Das würde ich offener lassen, um deiner Geschichte das Magische nicht zu rauben.

Sehr gelungen!

Saludos
Gabriella

Sam

Beitragvon Sam » 17.09.2010, 16:10

Hallo carl,

einen faszinierenden, vielschichtigen und sehr anspruchsvollen Text hast du da eingestellt, und von dem Moment an, als ich ihn heute morgen das erste Mal las, ging er mir nicht mehr aus dem Kopf. Das Geschilderte hat sich widerspruchsfrei in fesselnden und plastischen Bildern auf mich als Leser übertragen, und so ist der erste Gedanke auch gewesen: Da weiß einer sehr genau, was er da beschreibt - sei es, weil er es persönlich kennt oder eben sehr gut recherchiert hat.

Nun würde man dem Text aber nicht gerecht werden, reduzierte man seine Beurteilung nur auf den Faktor der Authentizität oder auch nur auf den anderen, ebenfalls sehr bemerkenswerten Aspekt der Vermischung von Traum und Realität, Psychologie und Esoterik.

Diese Dinge als gegeben und sehr gekonnt umgesetzt annehmend, drängt es mich als Leser, dem Text noch weiter auf den Grund zu gehen (die Krux bei so guten Texten: Man hat das Bedürfnis ihnen so richtig auf den Leib zu rücken).

Ein Umstand, den die Art der Erzählung mit sich bringt, ist, dass man dem Erzählten nicht ganz trauen kann. Es erscheint anfangs klar, dass die kursiv gesetzten Passagen die Traum- bzw. Erinnerungssequenzen sind (die nicht wirklich voneinander unterschieden werden können), aber gerade der Schluss reißt diese optische Grenze ein, den er ist selbst eine Art Traum, er ist nicht mehr Wirklichkeit. Höchstens geänderte Wirklichkeit, und damit eben doch wie ein Traum. Eigentlich könnte alles ein Traum sein, oder auch die Träume Realität. Die Brücke dazu wird im Text selber gebaut, indem der Protag Wahr-Träume hat. Diese unterscheiden sich von den, wie gesagt wird, unlogischen Abfolgen wirrer Bilder der normalen Träume. Hinsichtlich des Endes könnte man sogar sagen, dass der Protag sich eine neue Wirklichkeit erträumt hat (was mich an die kreisrunden Ruinen von Borges denken lässt, allerdings mit umgekehrten Ende und ohne die Intention des Erträumens).

Der Leser jedenfalls steht nicht wirklich auf festen Boden, was die Geschichte betrifft, auch wenn ihm dessen optische Aufmachung dies suggeriert. Als Beweis dafür kann man auch das Amulett selber anführen, welches ja Titelgebend eine Hauptrolle spielt. Es wird von Sylvie gefunden, aber die Übergabe von Mutter an den Sohn erfolgt in einer Traumsequenz. Ebenfalls in einer solchen Passage bemerkt es der Protag zum ersten Mal. Und erst im Laufe der Geschichte bekommt das Amulett ein "Gesicht" (einer der vielen wirklich gekonnten Kleinigkeiten im Aufbau des Textes). Ein Löwengesicht, was den Alten vom Berg mit dem Amulett verschmelzen lässt.

Was also ist das Amulett? Ein pfeiferauchender Löwenmann, der senil-sympathisch vor sich hinplappert und nebenbei Wunder wirkt? Nein, es ist ganz einfach eine Droge. Eine Droge, die die Realität verändert, aufdass der Traumatisierte sich mit der Welt versöhnen kann, auch wenn ein asmathisches Lachen als (warnendes, drohendes?) Hintergrundrauschen verbleibt.

Du siehst carl, ich versuche gerade das für mich beim ersten Lesen unsägliche und völlig unbefriedigende Ende für mich zurechtzubiegen. Nähme ich die Geschichte so, wie sie oberflächlich erscheint, würde mir das Ende die Freude am ganzen Text vergällen. Das Ganze erschiene mir als Apoteose esoterischen Denkens. Wunder und Magie als heilendes Element. Mit eingebauter Bekehrungsgeschichte, denn der Erzähler belächelt ja am Anfang Sylvie und ihre Schamanenschwestern, am Ende aber umfasst er das Amulett und hat eine Heimat gefunden. Das will ich einfach nicht glauben. Und kann es angesichts des Textes auch nicht wirklich. Warum z.B. dieses, eigentlich fremdartig aus dem Duktus des Textes herausstechende, slapstikhafte Gerede des Alten bei seinem ersten Auftritt? Der Verweis auf die Muppet-Show? Hier sind doch wirklich nur Puppen am Werk, oder?

Am Ende des Nachdenkens übner diesen wirklich nachdenkenswerten Text bleiben mir als Leser nur zwei Wege offen:

Entweder bin ich begeistert, über eine hervorragend geschriebene Geschichte, die sehr bildhaft den Weg eines mit PTBS belastenden Soldaten in die Drogenabhängigkeit schildert, oder ich bin in meiner anfänglichen Begeisterung über das glaubwürdige Setting der ganzen Erzählung einer Geschichte aufgesessen, die nur als Überbau für nebulöse Beschwichtigungsfantasien dient.

Das dritte wäre natürlich, dass ich den Text einfach nicht verstanden habe (was mir immer noch lieber wäre, als Variante Nummer zwei.)

Gruß

Sam

Yorick

Beitragvon Yorick » 17.09.2010, 16:44

Was für ein wunderbarer Kommentar, Sam. Auch sehr gerne gelesen.

Ich zähle mich ja eher zu der Ecke der New-Age-Jünger, der Esoterikfreaks und Mystipokus-Weltbildler. Ich *liebe* diese Verschmelzung von Traumpfaden und logischen Erklärungen. Jeder kann sich nehmen, was er möchte.

"Das Ganze erschiene mir als Apoteose esoterischen Denkens. " bringt es (das Ende) wunderbar auf den Punkt. Finde ich auch. Nicht mein Fall.

Wenn jetzt der Text dieses "Entweder-Oder" in gekonnt in der Schwebe ließe, sodass sowohl die PTBS-Diagnostiker als auch die Schamanen-Supporter sich ihr Ende denken könnten - mir täts gefallen.

(Auch) eine Frage, wo der Autor hin will.

Viele Grüße,
Y.

Sam

Beitragvon Sam » 17.09.2010, 18:23

Hallo Yorick,

vielen Dank! Das freut mich sehr!

Bliebe es in der Schwebe, dann wäre es nahezu perfekt. So aber, befürchte ich, erdet das Ende und es bleibt nur das Eine oder das Andere.

Gruß

Sam

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 17.09.2010, 19:51

Hi Sam,
Sam hat geschrieben:Bliebe es in der Schwebe, dann wäre es nahezu perfekt. So aber, befürchte ich, erdet das Ende und es bleibt nur das Eine oder das Andere.

ja, das ist der richtige Ausdruck dafür: das Ende darf hier nicht erden. Denn genau das geschieht hier und nimmt der Geschichte das magische Element.
Bin gespannt, was Carl dazu meint.

Saludos
Gabriella

Quoth
Beiträge: 1853
Registriert: 15.04.2010
Geschlecht:

Beitragvon Quoth » 17.09.2010, 21:28

Hallo, Carl,
für mich ist Dein Text mit Exotischem zu überladen: In afghanische Militär- und Stammesverhältnisse in Uganda soll ich mich einfinden und einfühlen, und sie sind zudem noch so in einander geschoben, dass bei mir eine leichte Desorientierung auftritt, die, sobald dann das Amulett und die merkwürdige Heilzeremonie des Eingrabens in den Mittelpunkt rücken, auch in Desinteresse übergeht.
Susanne Bier hat in dem Film "Brothers - Zwischen Brüdern" einen ähnlichen Fall als Filmdrehbuch entwickelt. Freilich kehrt dort der in Afghanistan traumatisierte Held ins bürgerliche Kopenhagen zurück, kann nicht mehr Tritt fassen und findet erst wieder zu sich zurück, als seine Ehefrau ihm gleichsam die Pistole auf die Brust setzt.
Ich finde es gut, mutig und notwendig, das auch hierzulande verdrängte und schöngeredete Thema Krieg in Afghanistan literarisch zu bearbeiten. Aber die von dort mitgebrachten "postraumatischen Belastungsstörungen" werden für meine Begriffe verharmlost, wenn man sie Amuletten und Heilerritualen überlässt.
Was sich da in Ludwigsburg mit Sylvie abgespielt hat, wie die frisch gebackene Soldatenwitwe in Schamanismus flüchtet und der heimgekehrte Jagdflieger nicht mehr in die Realität zurückfindet - das wäre für mich die Geschichte, die ich hören möchte, sie hätte auch was mit mir zu tun (und einem Schüler, dessen Bruder jetzt nach Afghanistan geht).
Aus dem Afrikaplot mit der Mutter, die in Uganda Ärztin war, ließe sich eine andere basteln ...
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 18.09.2010, 08:48

Hallo ihr,
vielen Dank für eure tollen Rückmeldungen! Dass euch die Geschichte in Bann zieht, freut mich sehr!!!

@ African Queen: ich war noch nie in Afrika oder am Hindukusch Jedenfalls nicht in diesem Leben (grins). Dass du als Afrika-Fahrerin die Geschichte trotzdem für glaubwürdig hältst, ist ein großes Kompliment, danke!

@ Quoth: Afrika und Hindukusch sind eine Rahmenhandlung für was anderes...

Dass ihr, Gabriella, Yorick und Sam, den Schluss bemängelt, gibt mir natürlich zu denken...

Ich wollte eine Geschichte schreiben, die gut ausgeht.
Aber ich wollte offen lassen, wie dieses gute Ergebnis zustande kommt. Ich wollte die Interpretations­-Möglichkeiten so ausbalancieren, dass dem Leser die Wahl bleibt (wie Yorick schreibt). Da muss ich wohl noch nachbessern...

Die zwei Ebenen des Erzählens, die suggestive 2. Person in kursiv und die mehr distanzierte 3. Person (ursprünglich sogar im Imperfekt geschrieben) stellen auf den 1. Blick Traum und Realität dar. Beide Ebenen beschreiben die Ereignisse, am Anfang stehen sie im Konflikt und am (guten!) Ende sollen sie in Einklang sein.
Aber der Weg dahin, die Frage: was ist eigentlich genau passiert?, soll Interpretationssache bleiben.
Dabei bist du, Sam, mit deinem brillianten Kommentar auf der richtigen Spur:
Sind die Ebene wirklich das, was sie vorgeben?
Wenn auf der einen Seite „Wahr-Träume“ behauptet werden, ist dann auf der andern Seite die behauptete Realität wirklich genau so passiert?
Welche Version von dem Bombenangriff „stimmt“ den eher mit dem überein, was „wirklich“ passiert ist?
Zur dissoziativen Persönlichkeits-Störung des PTBS gehören m. M. nach nicht nur die flashbacks, sondern auch eine mögliche schizophrene Verschiebung: das Erinnerte muss keineswegs so passiert sein, wie es erinnert wird.
Konkret korrespondiert die Version des Bombenangriffs, die der Protagonist als einziger überlebt, mit der „Realität von Ludwigsburg“, die 2. Version mit dem Schluss in Frankfurt: Aber welche stimmt denn?
Vom Schluss her gesehen muss die 1. falsch sein.
Vielleicht war es so, dass Clemens mit Sylvie ein Verhältnis hatte als Markus z.B. noch in stationärer Behandlung war? „In Wirklichkeit hatten Sylvie und er sich aneinander geklammert wie Ertrinkende.“
Dass er dann aus Schuldgefühlen seinen Freund als in Afghanistan umgekommen imaginiert, ist meines Wissens nach psychologisch durchaus möglich. „Als die Realität von Ludwigsburg zu verblassen drohte gegen die Wirklichkeit der Träume“ ist doppelsinnig gemeint.

Der Leser soll natürlich die Realität von Ludwigsburg als die gegebene annehmen, damit der Schluss um so überraschender kommt. Da habe ich als Autor zuviel des Guten getan.
Andererseits: wenn ich diese Möglichkeit stärker andeute, dann kippt die Balance der Geschichte in die andere Richtung und die esoterische Variante degradiert tatsächlich zum Puppentheater.
Vielleicht muss ich auch den Schluss überarbeiten.
Clemens ist nämlich keinesfalls „bekehrt“: er hält auch nach seiner Spontan-Heilung die magische Variante für Hokuspokus. Wenn er "zuhause" ankommt, dann in damit die „Realität von Frankfurt“ gemeint, wo seine Kameraden noch leben und alles gut ist.
Die andere, krankmachende Version der Geschichte, hat er vergessen: „Selbst, wenn er mit aller Kraft versucht sich zu erinnern: die Bilder entziehen sich, verblassen immer mehr.“
Das Schwindelgefühl am Schluss ist nur ein letztes Nachwehen.

Ich möchte die üblich Gleichung Realität = Wirklichkeit in Frage stellen. Realität als alles, was der Fall ist, und Wirklichkeit als das, was wirkt, sind nicht deckungsgleich.
Ich frage, ob die Realität das an-und-für-sich Seinede ist, dem gegenüber man sich nur subjektiv abgrenzen kann oder psychologisch, oder eine Drogen- oder sonstwie induzierte Scheinwelt aufbauen.
Oder ob die Wirklichkeit dialogisch ist. Ob selbst die Realität sich ändert, wenn man sie anders sieht.
Kleine Unterschiede, die große Wirkungen nach sich ziehen.
Wie in den Träumen des Protagonisten.
Wenn sich der Leser zum Schluss für die psychologische Deutung entscheidet, soll er wenigstens das machen (müssen), was in der esoterischen Version das Universum für den Helden macht:
die Geschichte, die er bisher für wahr gehalten hat, rückwirkend ändern.
Und wissen, dass sie um Haaresbreite auch anders hätte ausgehen können...
Zuletzt geändert von carl am 22.09.2010, 13:50, insgesamt 1-mal geändert.

carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 21.09.2010, 19:25

Liebe Gabriella, lieber Yorick, lieber Sam:

ich habe jetzt die "Realität von Ludwigsburg" und vor allem den Schluss geändert (unterstrichener Text)!
Was sagt ihr dazu?

LG & vielen Dank! Carl

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 21.09.2010, 21:02

Lieber Carl, mit Yorick möchte ich sagen, dass dein Text mich inspiriert, mit Sam bescheinige ich dem Schreiber hohen Anspruch, mit Gabriella das Gelingen von magischem Hineinziehen.

Für mich ist dir gelungen, das narkotische Element mit dem erzählerischen zu verbinden, die politische Realität in jene über-journalistisch-ideologische Welt zu verankern, in der sich Stifter, Karl May, Jules Verne und Flaubert verbinden: Gerade Sylvie und Komparsen gehören notwendigerweise zu dieser Geschichte hinzu - vielleicht ein Houellebecquescher Zusatz, sonst geriete sie in den viel gefährlicheren Bannkreis der Frank Hebert "Philosophie", in der die Ebenen esoterisch verschmelzen und von der Ironie der Realität nichts mehr abbekommen.

Dieses Herunterholen (sic) der Geschichte auf ein unglaubwürdiges Happy-End erlöst sie von der Fragwürdigkeit einer im fiktiven Raum verbleibenden Schwebe. Dort würde sich der Ästhet befriedigt sehen, nicht aber der, dem Literatur noch ein Stückchen mehr ist. Das Stückchen Fleisch würde dem Autor nicht herausgeschnitten.

Entschuldigung, so weit wollte ich gar nicht gehen. Ich will nur sagen, dass ich diese Geschichte sehr mochte, dass ich versuche, sie in ihrer jetzigen Form zu verteidigen gegen eine eventuelle Amputation, der Augsburger Realität.

liebe Grüße
Renée

carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 24.09.2010, 13:45

Liebe Renée,

Dank für dein Kompliment! Ich muss zugeben, dass ich nicht alles daran verstanden habe ;-) (z.B. den Herbertschen Bannkreis) um so mehr: danke!
Der alte Schluss scheint dir besser zu gefallen als der neue?
Ich habe ihn nochmal hinzugefügt, damit der Leser vergleichen kann...

Lieber Sam: die Interpretation des Amuletts als Droge war nicht von mir beabsichtigt, liest sich aber auch schlüssig.

Liebe Gabriella, lieber Yorick (sorry, dass ich dich falsch geschrieben habe): sieht ihr denn jetzt die Balance zwischen den Deutungsebenen eher gehalten, auch wenn man von einem "happy end" ausgeht, oder stört euch gerade das?

Liebe Grüße, Carl

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 24.09.2010, 14:03

Hallo Carl,
carl hat geschrieben:Liebe Gabriella, lieber Yorick (sorry, dass ich dich falsch geschrieben habe): sieht ihr denn jetzt die Balance zwischen den Deutungsebenen eher gehalten, auch wenn man von einem "happy end" ausgeht, oder stört euch gerade das?

jep, mich stört, dass der Text so "aufgelöst" wird, nicht in der Schwebe bleibt, sondern "geerdet wird", wie Sam es nannte.
Auch gefiel mir gerade das "Von irgendwo weht ein asthmatisches Lachen herüber."

Ich würde das eher so enden lassen:

„Walter Scheffzyk.“ Am anderen Ende der Leitung hört er die vertraute Stimme.
Walter? Das kann doch nicht ... ihm wird schwindelig. Er greift nach seinem Amulett und legt auf.
Von irgendwo weht ein asthmatisches Lachen herüber.



Saludos
Gabriella


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 15 Gäste