Muttertag
Verfasst: 25.04.2006, 06:56
Muttertag
Paarweise stehen sie da – eine Formation kleiner Kostbarkeiten.
Die Strahlen der untergehenden Abendsonne die vom See her durch mein Wohnzimmerfenster scheinen, brechen ihr Licht in den Scheiben meines alten Bauernkastens.
Zeitzeugen, eingehüllt in ein warmes Rotgold, das ihre verschiedenen Muster in zauberhaftem Glanz wiederspiegelt.
Es sind zehn Stück und jedes hat seine eigene Geschichte.
Von Zeit zu Zeit nehme ich sie behutsam heraus, wasche sie mit lauwarmem Seifenwasser, trockne sie vorsichtig ab und stelle sie wieder zurück in den Schrank –
deine Muttertags-Sammeltassen.
Als du sie mir vor fünf Jahren geschenkt hast, war ich verwundert wie leichtherzig du dich von deiner Sammlung getrennt hast. Ich glaubte immer, dir läge viel an diesen zierlichen Gebilden, die du all die Jahre sorgfältig in deiner Vitrine aufbewahrt hast.
Nie wurde daraus auch nur einmal Kaffee getrunken. Jungfräulich unbenutzt standen sie über all die Jahre an dem ihnen zugewiesenen Platz.
„Dein alter Bauernkasten ist ein würdiger Rahmen dafür“ antwortetest du auf mein erstauntes „Warum“ und „Du hättest sie sowieso eines Tages geerbt“
Für mich sind sie ein Stück Lebensgeschichte.
Die Tasse mit den englischen Rosen war die erste, die ich dir schenkte.Vati und ich hatten sie gemeinsam ausgesucht. Ich war fünf und stand am Muttertags-morgen strahlend vor deinem Bett. Artig sagte ich mein Gedicht auf. Mit wohlgefälligem Lächeln nahmst du mein Geschenk entgegen. Als ich beim Nachmittagsspaziergang mit meinen neuen roten Schuhen in eine Pfütze sprang, sagtest du, dass du statt der Rosentasse lieber ein braves Kind hättest.
Die zierliche Hutschenreuther mit ihrem grau-goldenen Rand überreichte ich dir festlich verpackt aber ohne Gedicht. Ich war zehn und fühlte mich für Gedichte schon zu alt. Allerdings hoffte ich inständig, dass dich meine muttertägliche Morgengabe gnädig stimmen möge, denn ich hatte noch einen Mathefünfer zu beichten. Ich beichtete erst drei Tage später, als sich die Unterschrift auf der Arbeit nicht mehr länger hinausschieben ließ. Daraufhin wanderte die unschuldige Tasse in die zweite Reihe der Sammlung.
Die Bavaria mit dem goldenen Rand und dem schwarzen Blümchendekor – schwarz als Symbol für Trauer – wählte ich aus, als ich meinen ersten Liebeskummer hatte. Du hast es nicht einmal bemerkt und als ich an deinem Ehrentag lustlos im Essen stocherte, meintest du die armen Negerlein im Urwald haben nichts zu essen und ich solle nicht so undankbar sein.
Mir taten die Kinder leid aber gleichzeitig beneidete ich sie. Bestimmt gab es im Urwald keinen Muttertag.
Damals war ich vierzehn und schwor mir, mit dem Muttertagsritual zu brechen, wenn ich einmal Kinder habe.
Die Tirschenreuth mit dem traditionellen Rosendecor und der grünen Ranke schenkte ich dir als junge Ehefrau. Als wir nach dem gemeinsamen Mittagessen in einem eleganten Restaurant in das wir dich einluden nach Hause fuhren und dein Schwiegersohn nach einer hitzigen Debatte mit dir an einer roten Ampel zornig aus dem Auto sprang und zu mir gewandt meinte „Fahr du sie nach Hause“ wusste ich, dass ich meinen Schwur, den ich als vierzehnjährige getan hatte, ab sofort in die Tat umsetze.
Morgen ist Muttertag.
Die Koffer sind gepackt.
Ich stehe am Flughafen und habe einen Last Minute Flug gebucht.
Paarweise stehen sie da – eine Formation kleiner Kostbarkeiten.
Die Strahlen der untergehenden Abendsonne die vom See her durch mein Wohnzimmerfenster scheinen, brechen ihr Licht in den Scheiben meines alten Bauernkastens.
Zeitzeugen, eingehüllt in ein warmes Rotgold, das ihre verschiedenen Muster in zauberhaftem Glanz wiederspiegelt.
Es sind zehn Stück und jedes hat seine eigene Geschichte.
Von Zeit zu Zeit nehme ich sie behutsam heraus, wasche sie mit lauwarmem Seifenwasser, trockne sie vorsichtig ab und stelle sie wieder zurück in den Schrank –
deine Muttertags-Sammeltassen.
Als du sie mir vor fünf Jahren geschenkt hast, war ich verwundert wie leichtherzig du dich von deiner Sammlung getrennt hast. Ich glaubte immer, dir läge viel an diesen zierlichen Gebilden, die du all die Jahre sorgfältig in deiner Vitrine aufbewahrt hast.
Nie wurde daraus auch nur einmal Kaffee getrunken. Jungfräulich unbenutzt standen sie über all die Jahre an dem ihnen zugewiesenen Platz.
„Dein alter Bauernkasten ist ein würdiger Rahmen dafür“ antwortetest du auf mein erstauntes „Warum“ und „Du hättest sie sowieso eines Tages geerbt“
Für mich sind sie ein Stück Lebensgeschichte.
Die Tasse mit den englischen Rosen war die erste, die ich dir schenkte.Vati und ich hatten sie gemeinsam ausgesucht. Ich war fünf und stand am Muttertags-morgen strahlend vor deinem Bett. Artig sagte ich mein Gedicht auf. Mit wohlgefälligem Lächeln nahmst du mein Geschenk entgegen. Als ich beim Nachmittagsspaziergang mit meinen neuen roten Schuhen in eine Pfütze sprang, sagtest du, dass du statt der Rosentasse lieber ein braves Kind hättest.
Die zierliche Hutschenreuther mit ihrem grau-goldenen Rand überreichte ich dir festlich verpackt aber ohne Gedicht. Ich war zehn und fühlte mich für Gedichte schon zu alt. Allerdings hoffte ich inständig, dass dich meine muttertägliche Morgengabe gnädig stimmen möge, denn ich hatte noch einen Mathefünfer zu beichten. Ich beichtete erst drei Tage später, als sich die Unterschrift auf der Arbeit nicht mehr länger hinausschieben ließ. Daraufhin wanderte die unschuldige Tasse in die zweite Reihe der Sammlung.
Die Bavaria mit dem goldenen Rand und dem schwarzen Blümchendekor – schwarz als Symbol für Trauer – wählte ich aus, als ich meinen ersten Liebeskummer hatte. Du hast es nicht einmal bemerkt und als ich an deinem Ehrentag lustlos im Essen stocherte, meintest du die armen Negerlein im Urwald haben nichts zu essen und ich solle nicht so undankbar sein.
Mir taten die Kinder leid aber gleichzeitig beneidete ich sie. Bestimmt gab es im Urwald keinen Muttertag.
Damals war ich vierzehn und schwor mir, mit dem Muttertagsritual zu brechen, wenn ich einmal Kinder habe.
Die Tirschenreuth mit dem traditionellen Rosendecor und der grünen Ranke schenkte ich dir als junge Ehefrau. Als wir nach dem gemeinsamen Mittagessen in einem eleganten Restaurant in das wir dich einluden nach Hause fuhren und dein Schwiegersohn nach einer hitzigen Debatte mit dir an einer roten Ampel zornig aus dem Auto sprang und zu mir gewandt meinte „Fahr du sie nach Hause“ wusste ich, dass ich meinen Schwur, den ich als vierzehnjährige getan hatte, ab sofort in die Tat umsetze.
Morgen ist Muttertag.
Die Koffer sind gepackt.
Ich stehe am Flughafen und habe einen Last Minute Flug gebucht.