Benjamins Totenmaske
Verfasst: 12.03.2011, 22:48
Benjamins Totenmaske
Ich lerne zu begreifen dass ich nichts kann
außer das zu begreifen
irgendwann
Kennst du das, sagt sie, wenn du beim Schreiben das Gefühl hast, du lernst nochmal sprechen? Wenn jeder Satz wie ein Stollen ist, den du in deinen Kopf treibst, aus dem du Dinge zu Tage förderst, die du noch nie gesehen hast?
Nein, sage ich. Nein, im Gegenteil, ich bin mir sicher, ich verlerne das Sprechen beim Schreiben. Und ich verlerne das Denken beim Schreiben. Wenn ich einen Gedanken verdichten und in eine Form pressen will, folgt er mir nicht, sondern bläst sich auf und wird größer und größer und zerplatzt, sobald ich nach ihm greife, verstehst du? Ich kann ihn mit meiner Sprache nicht beherrschen, er verweigert sich seiner Materialisierung, zerplatzt mitten in meinem Kopf und nur seine Hülle segelt aufs Papier – ein leeres, wabbeliges Nichts, ein Luftballonhund ohne Luft, ein Schwindel an mir und der ganzen Welt, unzulänglich, unzuständig für alles, was transportiert werden wollte. Und warum: Weil das, was dann da steht, nicht mehr von mir stammt, sondern von der Idee, die ich von mir hab. Verstehst du, was ich meine? Fro, der Schriftsteller, formuliert einen Gedanken von Fro. Dabei fällt Fro auf, dass es Fro, den Schriftsteller, gar nicht gibt – Bumm!
Das Werk ist die Totenmaske der Konzeption, sagt Benjamin. Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.
Sieh sie dir an, die unschuldigen kleinen Biester, wie sie vor mir auf den Tasten sitzen, hellwach und zu jedem Unfug bereit. Nur um irgendwann, kurz vor Ende einer weiteren geschwiegenen Seite, kurz vor Ende einer weiteren abgestorbenen Nacht in blinder Verzweiflung loszustürmen, jeder in eine andere Richtung: Zehn Hunde ohne Schlitten. Auf einem Eisberg, dessen Stunden gezählt sind.
Ich lerne zu begreifen dass ich nichts kann
außer das zu begreifen
irgendwann
Kennst du das, sagt sie, wenn du beim Schreiben das Gefühl hast, du lernst nochmal sprechen? Wenn jeder Satz wie ein Stollen ist, den du in deinen Kopf treibst, aus dem du Dinge zu Tage förderst, die du noch nie gesehen hast?
Nein, sage ich. Nein, im Gegenteil, ich bin mir sicher, ich verlerne das Sprechen beim Schreiben. Und ich verlerne das Denken beim Schreiben. Wenn ich einen Gedanken verdichten und in eine Form pressen will, folgt er mir nicht, sondern bläst sich auf und wird größer und größer und zerplatzt, sobald ich nach ihm greife, verstehst du? Ich kann ihn mit meiner Sprache nicht beherrschen, er verweigert sich seiner Materialisierung, zerplatzt mitten in meinem Kopf und nur seine Hülle segelt aufs Papier – ein leeres, wabbeliges Nichts, ein Luftballonhund ohne Luft, ein Schwindel an mir und der ganzen Welt, unzulänglich, unzuständig für alles, was transportiert werden wollte. Und warum: Weil das, was dann da steht, nicht mehr von mir stammt, sondern von der Idee, die ich von mir hab. Verstehst du, was ich meine? Fro, der Schriftsteller, formuliert einen Gedanken von Fro. Dabei fällt Fro auf, dass es Fro, den Schriftsteller, gar nicht gibt – Bumm!
Das Werk ist die Totenmaske der Konzeption, sagt Benjamin. Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.
Sieh sie dir an, die unschuldigen kleinen Biester, wie sie vor mir auf den Tasten sitzen, hellwach und zu jedem Unfug bereit. Nur um irgendwann, kurz vor Ende einer weiteren geschwiegenen Seite, kurz vor Ende einer weiteren abgestorbenen Nacht in blinder Verzweiflung loszustürmen, jeder in eine andere Richtung: Zehn Hunde ohne Schlitten. Auf einem Eisberg, dessen Stunden gezählt sind.