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Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
heinz

Beitragvon heinz » 09.04.2011, 19:05

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Zuletzt geändert von heinz am 26.01.2015, 00:33, insgesamt 5-mal geändert.

Yorick

Beitragvon Yorick » 10.04.2011, 12:01

Hallo heinz,

der Text löst bei mir Beklemmungen aus. Geht es um die körperliche Annäherungen an die Geliebte? Es steckt viel Zögerlichkeit darin, und viel Angst. Wird es in Ordnung sein? Darf LI das? Der Blick geht aufs Detail, ist eine Lupe, das Ganze liegt außerhalb des Sichtfeldes. Dazu eine kühle Sprache, die von "Referenzpunkten" spricht, gestelzt wirkt, technisch.

Das Gefühl tiefster Verunsicherung wird für mich spürbar - aber darüber hinaus kein anderes Gefühl. Der Blick geht zu 100% auf "sie", eine LI-eigene Gefühlswelt scheint außer den "taktischen" Überlegungen nicht zu existieren. Dadurch wirkt LI auf mich zusätzlich noch "schmierig".

Für mich ein unangenehmer Text, der Schamgeühle weckt und leider den Leser darin zurücklässt, anstatt diese zu reflektieren, damit zu arbeiten.

Grüße,
Yorick.

Gerda

Beitragvon Gerda » 10.04.2011, 12:44

Merkwürdig, Yorick, ich war erst auch auf der Fährte: Kontaktversuch ... aber dann ...

Hallo Heinz,

vielleicht ist es ja ein Insekt, das erzählt ... ein ganz harmloser Marienkäfer ;-) vielleicht aber auch eine nette Spinne ...
Besonders der letzte Satz vermittelt mir meinen sehr freien Zugang zum Text, ohne dass dieser bei mir irgendwelche negativen Gefühle auslösen würde.
Das ist jetzt nur ein Eindruck und keine besonders hilfreiche Rückmeldung oder gar Besprechung, dazu fehlt mir derzeit noch mein Ansatz.

Liebe Grüße
Gerda

Yorick

Beitragvon Yorick » 10.04.2011, 13:23

Hallo Gerda,

ja, das "Krabbeln" bringt diese Vorstellung ins Spiel. Aus der Sicht eines Käfers, für den die Welt natürlich eine andere Dimension hat.

Nur ist der Text m.M. nicht aus der Sicht eines Käfers (oder sonstiges Kleingetier) geschrieben, nichts deutet auf diese "Welt" hin. Und selbst wenn es ein "harmloser" Käfer oder "nette" Spinne wäre: wohin geht dann der Text? Wäre das dann (in der Absicht des Autors) ein typischer "Clou"-Text (ätschibätschi) oder das Getier Projektionsfläche menschlicher Regungen (die eben bei mir unangenehme Gefühle auslösen)? Den ersten Fall kann ich nichts abgewinnen, im zweiten: s.o.

Grüße,
Y.

Gerda

Beitragvon Gerda » 10.04.2011, 13:54

Hallo Yorick,

ich schrieb ja auch, dass mir ein Ansatz für Textkritik fehlt; soll heißen, ich weiß nicht wo der Text hinwill oder was die Aussage sein könnte.
Ein bisschen sehr kopflastig, als wolle er etwas sehr Kluges verschlüsselt mitteilen ... :frage:

LGG

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 10.04.2011, 14:51

Hallo!

Also wie ihr bei Begriffen wie "die eigene Fingerkuppe" auf "Käfer" verfallen könnt, verstehe ich nicht ganz :-) Ich lese hier eigentlich nur das, was der Titel verspricht, Zeilen über Behutsamkeit, die mit Hilfe der geschilderten Kleinschrittigkeit dargestellt wird.

Stören tut mich eigentlich Kleinkram - dass die Härchem auf dem Rücken ihres Unterarms (äh, wo ist das?) intensiver sind, etwa - was ist denn ein "intensives Härchen"?!

Oder Schreibfehler wie "ihres Handgelenk", "ihrem Unterarm umformend", etc

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

heinz

Beitragvon heinz » 10.04.2011, 15:33

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Zuletzt geändert von heinz am 11.04.2015, 11:31, insgesamt 1-mal geändert.

Sam

Beitragvon Sam » 10.04.2011, 15:48

Hallo,

was hier beschrieben wird, ist wohl eine vorsichtige körperliche Annäherung. Wie in Zeitlupe machen sich erst eine, dann mehrere Finger bzw. Fingerkuppen über eine Hand her. In der Gewissheit, wenn dieses Terrain auf die angemessen Art und Weise erobert wird, dann steht das weite Land des restlichen Körpers offen. Was diese zaghaften Berührungen wollen, ist Zustimmung zu erreichen. Bis wohin dürfen sie gehen, wann ist Schluss? Oberstes Gebot: Behutsamkeit.

Das Problem des Textes ist seine Zeitlupenperspektive. Wo mit vielen Worten etwas erzählt wird, das ebenso mit wenigen Worten berichtet werden kann, muss dieses Übermaß in der Sprache seine Berechtigung finden. Da wird von dem Erzähler schon einiges verlangt, damit es den nicht Leser nicht langweilt, erschöpft, sich ihn abwenden lässt, weil er sich in die Langsamkeit nicht einfügen kann, die Sprache ihn nicht in die Langsamkeit hineinzwingt. Und genau das passiert hier bei mir. Die Langsame und Genaue überträgt sich mir nicht, ich empfinde es als langatmig und übergenau. Was in die die Richtung geht, die Yorick erwähnte, das Unangenehme, das vielleicht daher rührt, dass man als Leser keinen Grund findet, so genau hinzusehen.

Der letzte Absatz verwirrt mich, denn er lässt die Idee aufkommen, es handele sich vielleicht doch um einen Text, der auf einen Gag aufgebaut ist. Womöglich ist aber nur das Krabbeln einfach das Gegenteil von dem so behutsamen An- und Vortasten. Wenn dem so ist, dann wärs eine ironische Volte, der mir gut gefiele. Überhaupt scheint es mir, dass dies ein ironischer Text ist, der die Schwierigkeiten der körperlichen Annäherung in dieser "Gebrauchsanweisung" humorvoll beleuchtet. Und das wäre sogar recht gelungen, gäbe es da nicht doch eine Menge sprachliche Schwächen im Text - nichts gravierendes, aber herausstechend aufgrund der Machart des Textes. Am auffälligsten die Wortwiederholungen. Wie hier:

"Noch besser ist es noch ein ganz klein wenig höher, wo gerade noch ihre Wärme spürbar sein könnte."

Drei Mal "noch" in einem Satz klingt einfach ungeschickt.

Heinz, ich hätte gerne positiveres zu deinem ersten Text hier geschrieben. Andernorts habe ich sarkastischerweise geschrieben, ich freute mich auf neue Texte eines Autors. Hier meine ich es aber ganz ernst. Ich bin sehr gespannt darauf, weitere Texte von dir zu lesen.

Gruß

Sam

PS: Heinz, unsere Beiträge haben sich überschnitten. Deine Änderungen habe ich in meinem Kommentar nicht berücksichtigt.

Yorick

Beitragvon Yorick » 10.04.2011, 17:40

Hallo Heinz,

ich freue mich über deine Rückmeldung. Ich möchte dich nicht überrumpeln mit meinem Nachfragen (gerade als "Neuer" - vielleicht hast du die anderen Beiträge im Cafe gelesen). Mich interessiert der Text, gerade weil er ungute Gefühle auslöst, ich ihn aber auch nicht gerne gelesen habe.

du schreibst:
Der Text hat keine versteckte Botschaft und auch kein Ziel. Er möchte nirgends hin. Es ist nur eine Beschreibung.


und im Text:
Den Referenzpunkt darf angetippt werden. Dann wird schnell spürbar, ob das weitere Ansinnen überhaupt auf ihr Wohlgefallen stößt oder doch zumindest billigend hingenommen wird.


Was wird denn hier beschrieben? Wer spürt was? Wer hat welches "Ansinnen"? Wer stellt Kategorien von "Wohlgefallen" oder "billigend hingenommen" auf?
Es kann ja nur die Seelenwelt des LI sein, denn die reine äußerliche Beschreibung könnte nicht mehr sehen als die Härchen. Wenn der Text aber "nirgends hin" möchte, was willst du dann erzählen von dieser Innenwelt eines Menschen? Warum möchtest du, dass ich (oder jemand) diesen Text liest, wenn er kein Ziel hat?

Hallo Sam,

Was in die die Richtung geht, die Yorick erwähnte, das Unangenehme, das vielleicht daher rührt, dass man als Leser keinen Grund findet, so genau hinzusehen.


Ja, auch. Sprachlich nicht dicht, inhaltlich mager. Was ist jetzt aber spannend? Das hier:

"Was diese zaghaften Berührungen wollen, ist Zustimmung zu erreichen." (Sam)

Das finde ich unangenehm. Ich gehe von einer Berührung zwischen zwei (möglichen) Liebenden (keine Geschwister, Eltern, Kinder, etc) aus.
Funktioniert Zuneigung so? Kann man sie "erreichen" (durch vorsichtiges Vortasten, verhaltenes Nachfragen, schnelles Zurückziehen im Negativfall).
Wenn meine Liebste meine Berührungen "billigend hin nimmt", läuft m.M. etwas schief! "Ja" ist ebenso in Ordnung wie "Nein". Aber was ist, wenn sie mich ertragen muss? Was bedeutet sonst "billigend hinnehmen"?

Auf mich wirkt der Text nicht wie ein zartes Liebesspiel, welcher mit Annäherung kokettiert, der den zarten Grenzbereich zwischen Locken und Begehren auslotet, zwischen Anziehung und (natürlicher) Scham.

Für mich ist das das Thema des Textes: LI "glaubt" offensichtlich, dass er nur ertragen wird. Was kann dahinter stecken? Schuld? Scham? Angst? Ist das normal? Ist das gut? Ist das egal?

Könnte auch ein humorvoller Text werden, das ist wahr. "Liebes-Gebrauchsanweisung für Dackel". Aber ich habe nicht das Gefühl, dass der Text in eine humoristische Ecke geht, gehen soll, oder?

Grüße,
Yorick.

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 10.04.2011, 17:59

Hallo,
mein erster Eindruck war: Kontaktaufnahme mit einer Frau, die im Wachkoma liegt - irgendeine Art von Sprache, die sich nur noch in Berührungen artikulieren kann. Das kam vermutlich daher, weil ich bei Texten einen Subtext unterstelle, ein Geheimnis. Das muss keine logische Botschaft für den Verstand sein, kann meiner Meinung nach ganz in Bild-Ebenen leben. Bei eigenen - unreifen - Texten habe ich das öfter, dass der Text mich anspricht und ich etwas darin empfinde, was noch nicht recht klar ist - bzw.ich drücke mich noch vor der Entscheidung, es mir klar zu machen. Bei einem fertigen Text, glaube ich, muss der Autor eine Entscheidung für das Warum des Textes treffen. Insofern lese ich das als vielversprechende 'Work in Progress'.
Grüße
Franz

Sam

Beitragvon Sam » 10.04.2011, 18:21

Hallo Yorick,

Das finde ich unangenehm. Ich gehe von einer Berührung zwischen zwei (möglichen) Liebenden (keine Geschwister, Eltern, Kinder, etc) aus.
Funktioniert Zuneigung so? Kann man sie "erreichen" (durch vorsichtiges Vortasten, verhaltenes Nachfragen, schnelles Zurückziehen im Negativfall).
Wenn meine Liebste meine Berührungen "billigend hin nimmt", läuft m.M. etwas schief! "Ja" ist ebenso in Ordnung wie "Nein". Aber was ist, wenn sie mich ertragen muss? Was bedeutet sonst "billigend hinnehmen"?


Gute Fragen. Ein Wort, dass mir beim Nachdenken über den Text in den Sinn kam, war "Pubertär". Das wollte ich so aber nicht schreiben, weil es doch abwertend klingt. Aber dies Vortasten, dieses nicht wissen wie weit man gehen kann, diese Fixierung auf die Reaktion des anderen, das passt irgendwie sehr zu adoleszenter Unsicherheit. Dagegen spricht aber die Genauigkeit des Hinschauens und der wissende Duktus des Textes. Bleibt also nur noch Ironie. Wenn ich heinz aber richtig verstanden habe, ging es ihm nur ums Beschreiben an sich. Für mich als Leser aber ein zu dünnes Brett, um drauf stehen zu können.

Gruß

Sam

Yorick

Beitragvon Yorick » 10.04.2011, 18:34

Stimmt! Darauf bin ich gar nicht gekommen! Wahrscheinlich aus genau dem Grund: "wissender Duktus". Ich habe sofort einen erwachsenen Menschen gesehen.

Wenn das so sein soll, wäre eine Ausarbeitung/Vertiefung in der Richtung sicherlich hilfreich.

Ja, sein sehr dünnes Brett. Ist das überhaupt möglich?

heinz

Beitragvon heinz » 10.04.2011, 22:02

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Zuletzt geändert von heinz am 11.04.2015, 11:31, insgesamt 1-mal geändert.

Yorick

Beitragvon Yorick » 11.04.2011, 00:21

Hallo Heinz,

warum hake ich so nach? Ich will dich ja nicht ärgern. Bei mir sind unangenehme Gefühle angetickt worden, und gerne würde ich die nun in dem Text behandel sehen. Aber vielleicht ist das gar nicht deine Absicht, und das ist natürlich in Ordnung.

Es ist dieses Gefühl des "ertragen werdens" (in der zärtlichen/erotischen) Annäherung, der mich an dem Text reizt. Möglicherweise hänge ich mich gerade daran zu sehr auf und übergehe deine Intention, die du eigentlich verfolgst. Deshalb habe ich nachgefragt, wo der Text hin will. Denn es hätte ja auch sein können, das eben dies das Thema sein soll.

Und deshalb auch die Frage nach der Absicht. Dem Leser eine Freunde zu machen ist gut. Ich meinte aber in diesem Zusammenhang eher die inhaltliche Zielsetzung. Eigentlich ist die Antwort schon da: Beschreibung von Behutsamkeit. Ferdi hat es auch genau so gelesen.

Grüße,
Y.


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