Abrechnung
Verfasst: 15.04.2013, 23:51
Abrechnung
Er zitterte leicht. In der linken Hand hielt er eine halb leere Cognac-Flasche, in der rechten die Pistole. Sein Blick war starr, er bemühte sich seinen Hustenreiz zu unterdrücken und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche. Der edle Cognac brannte seine Kehle hinunter, die Wirkung war fatal, er musste stärker husten, spürte Schmerzen in seiner Brust, nur langsam beruhigten sich seine Bronchien. Mit dem Jackenärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn, sein Oberkörper schwankte hin und her. Ja, er hatte getrunken, zu viel getrunken, sein Körper war diese Menge Alkohol nicht mehr gewöhnt, aber im Kopf war er erstaunlicherweise ziemlich klar.
Sein Körper straffte sich, er hob die Hand mit der Pistole und nahm sein Vis-a-vis fest in den Blick.
„Siehst Du, was aus dir geworden ist, siehst Du es? Du, der große Rüdiger Richter, Chef der Richter-Werke, Vizepräsident der Industriellenvereinigung, Träger des Bundesverdienstkreuzes, Du, der Stahlmagnat Rüdiger Richter bist ein Schwein, ein skrupelloses, fieses Schwein.“, er nahm wieder einen Schluck aus der Cognac-Flasche.
„ Du weißt, die Ärzte geben mir nur noch ein paar Monate, Krebs im Endstadium. Ich habe also nicht mehr viel Zeit, Dir zu sagen, was ich von Dir halte. Ja, Du hast Karriere gemacht, Karriere durch einen Mord. Erinnere Dich, der Autounfall Deines älteren Bruders, dreißig Jahre ist das nun her. Auf schnurgerader Straße fuhr er gegen einen Baum, es wurde nicht großartig ermittelt, ein Telefonat Deines Vaters mit dem Polizeipräsidenten genügte, dann stand in den Unfallakten irgend etwas von menschlichem Versagen. Die Richter-Werke konnten keinen Skandal brauchen. Du weißt es besser, Rüdiger. Deine Ansprache am Grab, Deine Tränen, das war ganz großes Schauspiel, Kompliment!“, er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Zwei Jahre später starb Dein Vater, Deine Trauer hielt sich in Grenzen, schließlich warst Du jetzt am Ziel. Du warst der Chef eines gigantischen Imperiums, zum Hundertjahr-Jubiläum reiste der Bundeskanzler an, der Wirtschaftsminister war einer Deiner engsten Freunde. Kritische Journalisten, die Dich mit Korruption und Schmiergeld in Zusammenhang brachten, wurden von ihren Verlagschefs gefeuert. Kein Wunder, auch die Medienmacher feierten bei Dir so manche Party.“, er musste wieder husten, das Blut pochte gegen seine Schläfen, aber er hatte noch nicht alles gesagt.
„Über private Dinge haben wir noch gar nicht gesprochen, Rüdiger, stimmt´s? Du und die Frauen in Deinem Leben, spannend, sehr spannend. Rücksichtslos warst Du, berechnend, ohne Skrupel. Elegant warst Du, redegewandt, ein Mann der Frauen den Himmel versprach, sie benutzte und wenn er ihrer überdrüssig wurde sie fallen ließ. Selbst Deine Hochzeit mit Cornelia war keine Liebesheirat, es war eine finanzielle Verbindung mit der Bank ihres Vaters. Immerhin war er Vorstandschef der Krüger-Bank, ein Kredit in Millionenhöhe war die Mitgift, übrigens zu einem Zinssatz, von dem andere Unternehmer nur träumen können.“, wieder nahm er einen Schluck aus der Flasche, die Hand mit der Pistole begann stärker zu zittern.
„Was bist Du nur für ein Mensch, paar Monate nach der Hochzeit wurde Cornelia schwanger, in der Zeit hast Du sie zum ersten Mal betrogen. Erinnerst Du Dich, Rüdiger? Eine Industriellen-Tagung in Stuttgart, Du bist mit Deiner Sekretärin angereist. Doppelzimmer im 5-Sterne Hotel. Dein Pech war nur, dass irgendjemand es Cornelia gesteckt hat. Nach Deiner Rückkehr machte sie Dir eine Riesen-Szene, Du hast es gar nicht abgestritten, nur, als sie nicht aufhörte Dir Vorwürfe zu machen, da hast Du ihr einfach eine gescheuert. Cornelia hat Dich geliebt und war schwanger, das war wohl der einzige Grund, warum sie Dich nicht sofort verlassen hat. Später hat sie es dann doch getan, manchmal braucht man eben etwas länger, um zu wissen, dass man mit einem Schwein verheiratet ist.“, wieder schüttelte ihn ein Hustenanfall, er stellte die Flasche auf den Boden und suchte in seiner Jacke nach einem Taschentuch. Er hustete in das Stück Stoff, seine Augen tränten. Seine Stimme wurde rauer.
„Wann hast Du zum letzten Mal Deinen Sohn gesehen, Rüdiger? Es ist Jahre her, er ist zum Glück nicht nach Dir geraten, Weichei hast Du ihn genannt, weil er nicht in den Richter-Werken an Deiner Seite arbeiten wollte, weil er an der Kunstakademie Malerei studierte und nach dem Studium nach Paris ging. Mittlerweile hat er Erfolg und stellt in den besten Galerien seine Bilder aus. Er signiert sie mit dem Mädchennamen seiner Mutter, Krüger. Er hat sich von Dir losgesagt, Rüdiger, er will nichts mit Dir zu tun haben. Begreifst Du?“, er beugte sich nach der Flasche, taumelte ein wenig, dann setzte er sie an die Lippen und trank den letzten Rest.
„Was ist Dir geblieben, Rüdiger, von Deinem beschissenen Leben? Du bist ein einsamer Mann, wo sind die Weiber, mit denen Du deine Champagner-Partys gefeiert hast, sie sind kalt geworden, Deine Nächte, Deine Tage auch. Die Wirtschaftskrise lässt Dein Imperium bröckeln, Stahl wird in China und Indien billiger produziert, die Banken geben Dir keine Kredite mehr, die Richter-Aktien sind im Keller, Du hast Dich verzockt. Die Wirtschaftszeitungen schreiben Dich schon in die Insolvenz.“, die Hand mit der er die Pistole hielt zitterte nicht mehr.
„Ich wusste, der Tag wird kommen, wo ich Dir das alles sagen kann, Auge in Auge. Der Tag der Abrechnung, jetzt ist er da. Denkst du an Deinen Bruder, deine Frau, deinen Sohn? Steigt ein Gefühl von Reue in Dir hoch, Rüdiger? Es ist zu spät, mir ekelt vor Dir, fahr zur Hölle!“, er jagte alle Kugeln aus dem Magazin seiner Pistole. Der große Spiegel zerbarst in tausend Stücke.
Er zitterte leicht. In der linken Hand hielt er eine halb leere Cognac-Flasche, in der rechten die Pistole. Sein Blick war starr, er bemühte sich seinen Hustenreiz zu unterdrücken und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche. Der edle Cognac brannte seine Kehle hinunter, die Wirkung war fatal, er musste stärker husten, spürte Schmerzen in seiner Brust, nur langsam beruhigten sich seine Bronchien. Mit dem Jackenärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn, sein Oberkörper schwankte hin und her. Ja, er hatte getrunken, zu viel getrunken, sein Körper war diese Menge Alkohol nicht mehr gewöhnt, aber im Kopf war er erstaunlicherweise ziemlich klar.
Sein Körper straffte sich, er hob die Hand mit der Pistole und nahm sein Vis-a-vis fest in den Blick.
„Siehst Du, was aus dir geworden ist, siehst Du es? Du, der große Rüdiger Richter, Chef der Richter-Werke, Vizepräsident der Industriellenvereinigung, Träger des Bundesverdienstkreuzes, Du, der Stahlmagnat Rüdiger Richter bist ein Schwein, ein skrupelloses, fieses Schwein.“, er nahm wieder einen Schluck aus der Cognac-Flasche.
„ Du weißt, die Ärzte geben mir nur noch ein paar Monate, Krebs im Endstadium. Ich habe also nicht mehr viel Zeit, Dir zu sagen, was ich von Dir halte. Ja, Du hast Karriere gemacht, Karriere durch einen Mord. Erinnere Dich, der Autounfall Deines älteren Bruders, dreißig Jahre ist das nun her. Auf schnurgerader Straße fuhr er gegen einen Baum, es wurde nicht großartig ermittelt, ein Telefonat Deines Vaters mit dem Polizeipräsidenten genügte, dann stand in den Unfallakten irgend etwas von menschlichem Versagen. Die Richter-Werke konnten keinen Skandal brauchen. Du weißt es besser, Rüdiger. Deine Ansprache am Grab, Deine Tränen, das war ganz großes Schauspiel, Kompliment!“, er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Zwei Jahre später starb Dein Vater, Deine Trauer hielt sich in Grenzen, schließlich warst Du jetzt am Ziel. Du warst der Chef eines gigantischen Imperiums, zum Hundertjahr-Jubiläum reiste der Bundeskanzler an, der Wirtschaftsminister war einer Deiner engsten Freunde. Kritische Journalisten, die Dich mit Korruption und Schmiergeld in Zusammenhang brachten, wurden von ihren Verlagschefs gefeuert. Kein Wunder, auch die Medienmacher feierten bei Dir so manche Party.“, er musste wieder husten, das Blut pochte gegen seine Schläfen, aber er hatte noch nicht alles gesagt.
„Über private Dinge haben wir noch gar nicht gesprochen, Rüdiger, stimmt´s? Du und die Frauen in Deinem Leben, spannend, sehr spannend. Rücksichtslos warst Du, berechnend, ohne Skrupel. Elegant warst Du, redegewandt, ein Mann der Frauen den Himmel versprach, sie benutzte und wenn er ihrer überdrüssig wurde sie fallen ließ. Selbst Deine Hochzeit mit Cornelia war keine Liebesheirat, es war eine finanzielle Verbindung mit der Bank ihres Vaters. Immerhin war er Vorstandschef der Krüger-Bank, ein Kredit in Millionenhöhe war die Mitgift, übrigens zu einem Zinssatz, von dem andere Unternehmer nur träumen können.“, wieder nahm er einen Schluck aus der Flasche, die Hand mit der Pistole begann stärker zu zittern.
„Was bist Du nur für ein Mensch, paar Monate nach der Hochzeit wurde Cornelia schwanger, in der Zeit hast Du sie zum ersten Mal betrogen. Erinnerst Du Dich, Rüdiger? Eine Industriellen-Tagung in Stuttgart, Du bist mit Deiner Sekretärin angereist. Doppelzimmer im 5-Sterne Hotel. Dein Pech war nur, dass irgendjemand es Cornelia gesteckt hat. Nach Deiner Rückkehr machte sie Dir eine Riesen-Szene, Du hast es gar nicht abgestritten, nur, als sie nicht aufhörte Dir Vorwürfe zu machen, da hast Du ihr einfach eine gescheuert. Cornelia hat Dich geliebt und war schwanger, das war wohl der einzige Grund, warum sie Dich nicht sofort verlassen hat. Später hat sie es dann doch getan, manchmal braucht man eben etwas länger, um zu wissen, dass man mit einem Schwein verheiratet ist.“, wieder schüttelte ihn ein Hustenanfall, er stellte die Flasche auf den Boden und suchte in seiner Jacke nach einem Taschentuch. Er hustete in das Stück Stoff, seine Augen tränten. Seine Stimme wurde rauer.
„Wann hast Du zum letzten Mal Deinen Sohn gesehen, Rüdiger? Es ist Jahre her, er ist zum Glück nicht nach Dir geraten, Weichei hast Du ihn genannt, weil er nicht in den Richter-Werken an Deiner Seite arbeiten wollte, weil er an der Kunstakademie Malerei studierte und nach dem Studium nach Paris ging. Mittlerweile hat er Erfolg und stellt in den besten Galerien seine Bilder aus. Er signiert sie mit dem Mädchennamen seiner Mutter, Krüger. Er hat sich von Dir losgesagt, Rüdiger, er will nichts mit Dir zu tun haben. Begreifst Du?“, er beugte sich nach der Flasche, taumelte ein wenig, dann setzte er sie an die Lippen und trank den letzten Rest.
„Was ist Dir geblieben, Rüdiger, von Deinem beschissenen Leben? Du bist ein einsamer Mann, wo sind die Weiber, mit denen Du deine Champagner-Partys gefeiert hast, sie sind kalt geworden, Deine Nächte, Deine Tage auch. Die Wirtschaftskrise lässt Dein Imperium bröckeln, Stahl wird in China und Indien billiger produziert, die Banken geben Dir keine Kredite mehr, die Richter-Aktien sind im Keller, Du hast Dich verzockt. Die Wirtschaftszeitungen schreiben Dich schon in die Insolvenz.“, die Hand mit der er die Pistole hielt zitterte nicht mehr.
„Ich wusste, der Tag wird kommen, wo ich Dir das alles sagen kann, Auge in Auge. Der Tag der Abrechnung, jetzt ist er da. Denkst du an Deinen Bruder, deine Frau, deinen Sohn? Steigt ein Gefühl von Reue in Dir hoch, Rüdiger? Es ist zu spät, mir ekelt vor Dir, fahr zur Hölle!“, er jagte alle Kugeln aus dem Magazin seiner Pistole. Der große Spiegel zerbarst in tausend Stücke.