Vom Allgemeinen zum Besonderen und umgekehrt
Verfasst: 21.05.2013, 22:33
Das Allgemeine und das Besondere
Oder von einem vermeintlichen Recht, Allgemeinheiten grundsätzlich als Pauschalisierungen und unüberlegte Dummheiten zu deklarieren. Man glaubt zu wissen, dass unüberlegt daher geschwätzte allgemeine Aussagen den Sprecher oder die Sprecherin als Ignoranten entlarven.
Das gilt insbesondere für Aussagen über den Nationalcharakter, der als solcher nur noch in diesem entlarvenden Zusammenhang gebraucht wird. Wenn also der Brite als insular denkend deklariert wird, oder als monarchistisch, dann könnte das heißen, dass keine Ausnahmen geltend gemacht werden, dass ein ganzes Volk auf sein Verhältnis zu fish & Chips einerseits und zu indischem Fladenbrot andererseits reduziert wird.
Der zeitgenössische Sprecher (also auch der unüberlegte Schwätzer) weiß allerdings sehr wohl, dass diese allgemeinen Aussagen lediglich eine Empfindung des wiederholt erlebtem widerspiegeln. Selten treffen wir Schwatz und Geplänkelhörige, die sich durch ihre verallgemeinernden Aussagen zu tätlichem Ausrotten von Hutträgerinnen (bei Pferderennen z.B.) hinreißen lassen.
Gewisse geschichtliche Gegebenheiten zwingen uns zudem, die Verallgemeinerung als schlichte Mehrheitsfeststellung gelten zu lassen. Darf man sagen, dass die Deutschen gerne mit dem Waschen ihrer Wagenkolonne beschäftigt sind, obwohl bestimmt 30, ja vielleicht 40 Prozent dies nicht tun?
Darf behauptet werden, dass sich im mehrheitlichen Abbuchungsakt (der Kirchensteuer) eine deutsche Besonderheit – zumindest gegenüber Frankreich darstellt – und zwar obwohl die aktuelle Tendenz gegenläufig ist und in 20 Jahren möglicherweise gesagt werden kann, dass weniger als 30 % diese recht typisch deutsche Steuer entrichten, deren Absterben wiederum etwas -hm- Interessantes über den Widerspruch zwischen Glaube und Geldbörse ausdrücken ?
All diese wunderschönen Besonderheiten, die auf Allgemeinheiten entweder beruhen oder aus ihnen heraus entstehen, dürfen doch beobachtet und benannt werden ?
Denn ist es nicht auch beim Individuum zu bemerken, dass die Blöden stets blödes Zeug von sich geben – was einerseits bestimmt auf realer Beobachtung beruht, andererseits jedoch eine Verallgemeinerung darstellt ? Und ist dann die aufrechte pfeilscharfe Erregung über die Blödheit anderer nicht auch ein Zeichen allgemein verbreiteter Beschränktheit ?
Verallgemeinerungen drohen allerorten. Oft gerade dort, wo das Freisein von jeglichem Allgemeinplatz besonders prahlerisch als Markenzeichen sich selbst verordnet wird.
Eine allgemeine und eine besondere Aussage unterscheiden sich eindeutig voneinander. Und eine pauschale Aussage ist von einer allgemein gültigen Aussage zu unterscheiden.
Dass 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Wahlen gewonnen haben, hat bestimmt so manche Pauschalisierung bewirkt, von der loszukommen noch lange sehr schwer war.
Nicht jeder Deutsche ist in einem Chor. Es gibt aber sehr viele Chöre, und ihr massives Auftauchen im Fernsehen ist gewiss eine Besonderheit, die allgemein festgestellt werden kann, obwohl ich vermute, dass viele von uns dieses Phänomen in seiner ästhetischen Gestaltung (Kleidung, Dekor, Landschaft) nicht zum Dauerrprogramm machn würden.... Ich kann also behaupten – und wenn ich will, kann ich mich darüber auslassen, dass es diesen Musikzweig (Chorsingen auf der Alm) in Frankreich nicht gibt.
Eine andere Besonderheit, die mir nie auffiel, die aber doch eine ist: Heute gibt es sie nicht mehr, die Kloschüssel, die als Stuhlgangbetrachtungsobjekt dient. So etwas hat der Franzose nicht. Daraus darf man - scheint es - keine Schlüsse ziehen, aber interessant isses doch ?
Solche amüsanten Besonderheiten, die sich letztlich als allgemein zu beobachtende Erscheinungen erweisen, und zwar nachweislich anhand von Fabrikations- und Verkaufszahlen, können und dürfen meiner Meinung nach festgestellt werden. Man halte jedoch diese Gedankengänge nicht für ein Plädoyer für mehrheitliches Denken. Dass ein kleiner Prozentsatz (es sollen weniger als 3 % gewesen sein), aktiven Widerstand gegen das dritte Reich leistete, hat in Frankreich zur Befreiung geführt und in Deutschland zu einer gewissen Ehrenrettung gedient. Mir waren Minderheiten immer lieber. Dennoch fühle ich mich nicht berufen, etwas Besseres zu sein, als all diejnigen die, wie ich in einer Welt voller Normen leben und diesen selten entkommen. Ja, Liesel und Babette mögen beide Kartoffeln essen: sie tun aber andere Gewürze rein.
Wo immer man hinschaut gibt es geographische, klimatische, historische , ökonomische, politische Besonderheiten, die sich auf Arbeits. Denk und Lebensweisen auswirken. Den von Allgemeinheiten freien Menschen gibt’s nur im Reagenzglas... solange er dort bleibt. Es gibt ihn natürlich auch in der Einbildung.
Oder von einem vermeintlichen Recht, Allgemeinheiten grundsätzlich als Pauschalisierungen und unüberlegte Dummheiten zu deklarieren. Man glaubt zu wissen, dass unüberlegt daher geschwätzte allgemeine Aussagen den Sprecher oder die Sprecherin als Ignoranten entlarven.
Das gilt insbesondere für Aussagen über den Nationalcharakter, der als solcher nur noch in diesem entlarvenden Zusammenhang gebraucht wird. Wenn also der Brite als insular denkend deklariert wird, oder als monarchistisch, dann könnte das heißen, dass keine Ausnahmen geltend gemacht werden, dass ein ganzes Volk auf sein Verhältnis zu fish & Chips einerseits und zu indischem Fladenbrot andererseits reduziert wird.
Der zeitgenössische Sprecher (also auch der unüberlegte Schwätzer) weiß allerdings sehr wohl, dass diese allgemeinen Aussagen lediglich eine Empfindung des wiederholt erlebtem widerspiegeln. Selten treffen wir Schwatz und Geplänkelhörige, die sich durch ihre verallgemeinernden Aussagen zu tätlichem Ausrotten von Hutträgerinnen (bei Pferderennen z.B.) hinreißen lassen.
Gewisse geschichtliche Gegebenheiten zwingen uns zudem, die Verallgemeinerung als schlichte Mehrheitsfeststellung gelten zu lassen. Darf man sagen, dass die Deutschen gerne mit dem Waschen ihrer Wagenkolonne beschäftigt sind, obwohl bestimmt 30, ja vielleicht 40 Prozent dies nicht tun?
Darf behauptet werden, dass sich im mehrheitlichen Abbuchungsakt (der Kirchensteuer) eine deutsche Besonderheit – zumindest gegenüber Frankreich darstellt – und zwar obwohl die aktuelle Tendenz gegenläufig ist und in 20 Jahren möglicherweise gesagt werden kann, dass weniger als 30 % diese recht typisch deutsche Steuer entrichten, deren Absterben wiederum etwas -hm- Interessantes über den Widerspruch zwischen Glaube und Geldbörse ausdrücken ?
All diese wunderschönen Besonderheiten, die auf Allgemeinheiten entweder beruhen oder aus ihnen heraus entstehen, dürfen doch beobachtet und benannt werden ?
Denn ist es nicht auch beim Individuum zu bemerken, dass die Blöden stets blödes Zeug von sich geben – was einerseits bestimmt auf realer Beobachtung beruht, andererseits jedoch eine Verallgemeinerung darstellt ? Und ist dann die aufrechte pfeilscharfe Erregung über die Blödheit anderer nicht auch ein Zeichen allgemein verbreiteter Beschränktheit ?
Verallgemeinerungen drohen allerorten. Oft gerade dort, wo das Freisein von jeglichem Allgemeinplatz besonders prahlerisch als Markenzeichen sich selbst verordnet wird.
Eine allgemeine und eine besondere Aussage unterscheiden sich eindeutig voneinander. Und eine pauschale Aussage ist von einer allgemein gültigen Aussage zu unterscheiden.
Dass 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Wahlen gewonnen haben, hat bestimmt so manche Pauschalisierung bewirkt, von der loszukommen noch lange sehr schwer war.
Nicht jeder Deutsche ist in einem Chor. Es gibt aber sehr viele Chöre, und ihr massives Auftauchen im Fernsehen ist gewiss eine Besonderheit, die allgemein festgestellt werden kann, obwohl ich vermute, dass viele von uns dieses Phänomen in seiner ästhetischen Gestaltung (Kleidung, Dekor, Landschaft) nicht zum Dauerrprogramm machn würden.... Ich kann also behaupten – und wenn ich will, kann ich mich darüber auslassen, dass es diesen Musikzweig (Chorsingen auf der Alm) in Frankreich nicht gibt.
Eine andere Besonderheit, die mir nie auffiel, die aber doch eine ist: Heute gibt es sie nicht mehr, die Kloschüssel, die als Stuhlgangbetrachtungsobjekt dient. So etwas hat der Franzose nicht. Daraus darf man - scheint es - keine Schlüsse ziehen, aber interessant isses doch ?
Solche amüsanten Besonderheiten, die sich letztlich als allgemein zu beobachtende Erscheinungen erweisen, und zwar nachweislich anhand von Fabrikations- und Verkaufszahlen, können und dürfen meiner Meinung nach festgestellt werden. Man halte jedoch diese Gedankengänge nicht für ein Plädoyer für mehrheitliches Denken. Dass ein kleiner Prozentsatz (es sollen weniger als 3 % gewesen sein), aktiven Widerstand gegen das dritte Reich leistete, hat in Frankreich zur Befreiung geführt und in Deutschland zu einer gewissen Ehrenrettung gedient. Mir waren Minderheiten immer lieber. Dennoch fühle ich mich nicht berufen, etwas Besseres zu sein, als all diejnigen die, wie ich in einer Welt voller Normen leben und diesen selten entkommen. Ja, Liesel und Babette mögen beide Kartoffeln essen: sie tun aber andere Gewürze rein.
Wo immer man hinschaut gibt es geographische, klimatische, historische , ökonomische, politische Besonderheiten, die sich auf Arbeits. Denk und Lebensweisen auswirken. Den von Allgemeinheiten freien Menschen gibt’s nur im Reagenzglas... solange er dort bleibt. Es gibt ihn natürlich auch in der Einbildung.