Gruppensitzung

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 01.10.2013, 23:28

Gruppensitzung



Sie zieht den Pulloverärmel über die Hand, ehe sie die Klinke drückt. Besser nicht direkt anfassen. Die Klinke sieht sauber und glänzend aus, aber es könnte noch etwas daran haften, Fingerspuren von Schwitzehänden, all das Nicht-gekonnt, das Mich-hat-niemand-gewollt, Übrig-geblieben, saure Mägen, Schweißfüße, Aber-warum-ich. Da kann die Putzfrau noch so oft durchgehen mit Gummihandschuhen und Sagrotan.
Drei Leute sitzen in der Runde, vier Stühle leer, es ist eine flaue Zeit. Christa ist in Urlaub, der Plowitzer seit Wochen krank (wenn er sich nicht drückt), die kleine Frau Hartwolf ist lange nicht mehr da gewesen, wahrscheinlich Kann-nicht-mehr-konfrontieren (oder Alles-wieder-gut? Aber unwahrscheinlich, das ist es nie).
Statt dessen sitzt jetzt aber ein Neuer da, ein dünner Mann weit über fünfzig, mit langen grauen Haarfusseln im Nacken, Lederweste, kunstloses Tattoo auf dem linken Handgelenk, halb versteckt unter dem Uhrarmband. Die Hände sind dürr im Schoß gefaltet, Nikotinfingernagel rechts. Neben ihm der Junge mit den dunkelblonden Dreadlocks, der nie was sagt. Valeska, die Siebzigjährige, Gepflegte, Arrivierte, wie immer mit skeptischen Augen und spitzem Mund, als wolle sie gleich »pfüh« sagen. Und die Leiterin: gefällig anfrisierte Wuschelhaare wie ein freundlicher Zwergspitz, rotgeränderte Nerdbrille. »Willkommen-Ulla-nimm-Platz, wir-sind-im-ganz-kleinen-Kreis-heute, wie du siehst«: (nervöses Zwinkern hinter der Brille): »Das ist Bruno, er ist neu bei uns« (Handwinken).
»Hallo Bruno.«
»-lo.« Räuspern. »Ja, hallo.«

Man sitzt im Stuhlkreis wie im Kindergarten. Ulla hat eine flüchtige Vision von überhängenden Kingsize-Hinterteilen in Kinderstühlchen Größe 104. Wir-sind-alle-Riesenärsche. Muss deplaziert grinsen. Bruno stellt sich vor. Wie alle Teilnehmer ist er anfangs geizig mit Worten. Bruno, Mitte fünfzig, »gesundheitliche Probleme«. Er redet leise und unsicher in den Hemdkragen. Reibt die Handflächen an der Hose.
»Valeska, vielleicht machst du den Anfang. Damit es für Bruno etwas leichter wird.«
»Pfüh, ja, ich habe es ja schon mehrmals erzählt …«, strenger Blick in die Runde, »ich bin Valeska, ich bin Witwe, seit fünf Jahren schon, nein Moment, seit fünfeinhalb Jahren. Das ist normal in meinem Alter, sagen alle. Aber es wird nicht leichter, nein, es wird nicht leichter.« Wenn sie längere Zeit redet, macht ihre Stimme sich frei und orgelt wie die einer Primadonna, sie hätte eine großartige Sängerin abgeben können, denkt Ulla, eine tolle Donna Elvira wäre sie geworden mit ihrem Ach und Weh, find ich den Ungetreuen, rührt ihn nicht mehr mein Schmerz, dann soll er’s schwer bereuen, mein Zorn zermalmt sein Herz.
Aber sie findet ihn nie, den Ungetreuen. »Ich sollte lernen, den Verlust zu tragen, aber ich kann ihm einfach nicht verzeihen. Ich glaube, er weiß es. Ich bin ein bisschen gehbehindert, wissen Sie ähm weißt du, und wenn ich aus einem tiefen Sessel aufstehen muss, oder aus dem Auto aussteigen, dann fühle ich jetzt noch seine Hand an meinem Ellbogen. So tröstend, so bittend. Ich glaube, er möchte, dass ich ihn gehen lasse, aber es ist nicht leicht, nein, es ist nicht leicht.« Seit fünf Jahren ist es immerfort nicht leicht. Es wird sogar von Jahr zu Jahr nichter leicht.
Ulla schaut auf ihre Hände, die sie ineinander verschlungen und zu einer Muschel geformt hat. Darin liegt ihr Häschen. Es ist fünf Zentimeter hoch und aus weißer, leicht angegrauter Wolle gestrickt. Ihr Schwitzhäschen. Sie bringt es jedes Mal mit. Der ganze Vierteljahrselbsterfahrungstrauergruppenschweiß klebt in seinem Wollfell.


Sie muss einen Moment in Gedanken gewesen sein und die Aufforderung an Joachim verpasst haben. Er rutscht tief in den Stuhl und bewegt stumm den Kopf links-rechts-links in gemessener Verneinung. Will-nicht-reden. Er ist ein harter Brocken, ebenso lange dabei wie sie und noch immer im Anfangsstadium des Geizes. Nicht viel älter als sie, nicht groß, trägt Tarnmusterhosen, kurze Dreadlocks, die stachlig abstehen; hat eine sozusagen sparsame Figur, ohne Fett und wenig Muskeln (seine Schultern sehen immerhin aus, als ob er hin und wieder ein Trainingsbällchen zusammendrückt), spricht in Dreiwortsätzen; sie weiß nicht mal, wie seine Stimme klingt, obwohl er sich irgendwann vorgestellt haben muss, denn das müssen alle; wer das verweigert, wird sofort weggeschickt. Gleicht die Leiterin einem netten Spitz mit Familienanschluss, ist er ein nervöser Airedale, der im Tierheim abgegeben wurde. Traumatisiert schaut er durch die Maschendrähte.
»Ulla? Darf ich stören?«
»Ja,« Räuspern. »Haha. Also, ich bin Ulla. Ich bin sechsundzwanzig. Ich bin hier, weil ein guter Freund von mir verschwunden ist.« (Bei jeder Wortmeldung die ersten Sätze mit ‚Ich’ beginnen; es sei denn es sind Fragen. Achtung: Keine Aussagen als Fragen formulieren. Keine rhetorischen Tricks.) »Er ist eines Morgens verschwunden und nie zurückgekommen. Ich habe ihn nicht mal weggehen gesehen. Ich habe bei ihm in seinem Haus gewohnt, so eine Art Dauerbesuch. Also bin ich noch zehn Wochen oder so geblieben, dann habe ich das Haus abgesperrt. Meines Wissens ist er nie wieder aufgetaucht. Das ist jetzt, ähm, über ein Jahr her.« Das Häschen hockt entspannt in ihrem muschelförmigen Händen: Sie regt sich nicht mehr auf, die Aufregung hat sich in all den Tagen, Wochen, Monaten verschliffen zu einem Gefühl stumpfsinnigen Unbehagens. Futter für Alpträume. Manchmal vergisst sie, warum sie sich so fühlt, und muss sich alles mit einer bewussten Anstrengung wieder ins Gedächtnis zurückrufen.
Der dünne Mann lehnt sich nach vorne, plötzlich interessiert. »Ein guter Freund, sagen Sie, äh, sagst du?« Man muss ihm gesagt haben, dass sich hier alle duzen. Er reibt immer noch die Hände. Braucht wohl auch ein Schwitzhäschen. »Ich versteh das mit dem Haus nicht. War denn da sonst niemand?«
»Das war so ein Cottage. Auf dem Land«, sagt Ulla, absichtlich unbestimmt.
»Kann es sein, dass er Opfer eines Verbrechens wurde?«
Der will mir was anhängen. Ein rhetorischer Fallensteller. »Ich habe keine Hinweise darauf gefunden«, antwortet Ulla streng nach Vorschrift.
»Aber wenn du dort weggegangen bist …«
»Ja?«
»Dann hast du die Hoffnung aufgegeben?«
Das Häschen hüpft in ihrer Hand. Sie drückt die Handflächen zusammen. »Ja. Ich habe mich damit abgefunden. Ich dachte, er ist tot«, sagt sie und senkt den Blick auf ihre Hände. Habe mich abgefunden. Dachte, er ist tot. Die Wahrheit wäre allzu verwirrend. Sie spielt manchmal Escape-Spiele am Computer. Wenn ihr langweilig ist. Am liebsten solche, die aus einer Serie Fotos von richtigen Häusern bestehen. Die Herausforderung besteht darin, Gegenstände zu finden, die in den Fotos versteckt sind: Schraubenzieher, Brecheisen, Rohrzangen. Mit den gefundenen Werkzeugen öffnet man eine Tür nach der anderen in immer neue virtuelle Räume, bis der Ausgang gefunden ist. Bei komplizierten Häusern kann das schon mal ein, zwei Stunden dauern.
In einem dieser Räume (auf bizarre Weise verfallen, mit abblätternden Tapeten, herunterhängenden Wasserrohren, Putzbrocken auf dem Fußboden) hat sie eines Tages ein virtuelles Bild an einer virtuellen Wand gesehen, das sie an ihren verschwundenen Freund erinnert hat. Er war Landschaftsmaler. Sie kannte seine Bilder, alle. Sie hätte im Schlaf jedes seiner Bilder erkannt. Auch die, die sie nie gesehen hat, hätte sie als seine erkannt. Da hing ein Bild an der virtuellen Wand, das von ihm stammte. Sie hat das ganze Haus durchstreift, unzählige Male. Hat Screenshots von den Bildern gemacht, ausgedruckt, in einem Ordner abgeheftet, den sie wieder und wieder durchforstet wie ein Ermittler seine Beweisstücke. Auch die Betreiber der Spieleseite hat sie angeschrieben. Gefragt, wo die Hintergründe für das Escape-Spiel fotografiert wurden. Keine Antwort. Sie kann sich denken, dass die Schöpfer solcher Spiele ihre Hintergründe mit Photoshop zusammenstoppeln. Das virtuelle Haus hat wohl kein Gegenstück in der Welt. Aber die Bilder müssen so, wie sie fotografiert wurden, irgendwo an echten Wänden hängen.
Darüber zu denken, gar zu sprechen, zieht Gedankenknäuel nach sich, die nie zu entwirren wären. Zum Beispiel: Warum verplempert sie Stunden mit Durchsuchen nichtexistierender Häuser? Ist ihr langweilig, wo-ihr-doch-nie-langweilig-ist? Wie kommt sie überhaupt dazu, Bildern in Computerspielen Aufmerksamkeit zu widmen? Worauf baut sich diese komplizierte Verkettung, erst in virtuellen Häusern zu spielen (denn Häuser müssen es sein, gezeichnete Spiele interessieren sie nicht), und dann darin Bilder zu finden, die sie ganz persönlich anzugehen scheinen?
Ihre Gedanken wandern weiter, ziehen ungewollte Schlussfolgerungen, aber darüber spricht sie nicht. (Spielst du oft? In diesen virtuellen Räumen? Warum? Kann es sein, dass du süchtig danach bist? Es gibt sogar ein Wort dafür. Eskapismus.)
Ich habe mich abgefunden. Ich dachte, er ist tot.
Niemand bemerkt den Widerspruch.

Bruno erzählt von Meiner-Frau. Eine späte Liebe. Spät, aber intensiv. Sie haben erst vor acht Jahren geheiratet. Meine-Frau hatte eine Tochter aus früherer Ehe. Er keine Kinder und keine frühere Ehe.
Er redet gleichmäßig und wenig artikuliert wie eine Nähmaschine, ratter-hmn-ratter-hmn-hmn und immer so weiter. Valeska, die ihm im Alter am nächsten ist, lauscht gespannt in stummer Solidarität der Grauköpfe, leicht vorgelehnt, die elegant beschuhten Füße unelegant hinter die Stuhlbeine geklemmt. Joachim hört zu, aber distanziert mit verschränkten Armen. Ulla empfindet leise Feindseligkeit. Sie schaut demonstrativ aus dem Fenster, knetet ihr Häschen, weiß-nicht-warum, spürt den Blick der Leiterin auf sich (warumhörstdunichtzuUlla? WashastdugegenBrunoUlla? WassagtdasüberdichselbstausUlla?) und schafft es mit einer bewussten Anstrengung, sich in die Geschichte einzuklinken, die mit einer Schiffsreise beginnt. Ohne Bruno. Nur Seine-Frau (Bri-ta, sagt Bruno und zerdehnt in freundlichem Gedenken die beiden Silben) und die Tochter (deren Name nicht fällt). Bruno hat ihnen Tickets dafür gekauft. Nur für sie beide. Nein, für sich selbst nicht. Zu teuer. (WasssagtdasüberdichausBruno? WarumwolltestdunichtmitBruno?) Das Schiff lief irgendwo vor Oslo auf Grund. Alle Passagiere ausgebootet. Alle bis auf zwei Vermisste. Einer davon ist Brunos Frau. Bri-ta.
Valeska: »Hat man das Schiff nicht gehoben? Oder wenigstens durchsucht?«
»Es wurde nach einem Jahr gehoben.« Bruno knetet die tätowierten Hände. »Sie war nicht drin.«
Er muss die Geschichte von vorne beginnen. Diesmal hören alle gespannt zu, das Geheimnisvolle, Krimigenrehafte darin weckt Interesse. Bri-ta hat noch vom Schiff aus mit dem Handy telefoniert, während ihre Tochter das Rettungsboot bestieg. Das Ausbooten ging wohlgeordnet vor sich. Sie wäre als nächste dran gewesen. »Ich bin als nächste dran, wir stehen schon am Boot«, war das letzte, was er von ihr hörte. An Land hat sie niemand gesehen. Die geretteten Passagiere wurden auf einige Hotels an der Küste verteilt. Bruno hat alle Hotels abtelefoniert. Bri-ta war in keinem. Der andere Vermisste gehörte zum Schiffspersonal. Ein Kellner. Mexikaner.
»Was für ein Elend«, sagt Valeska.

Ulla kann nicht anders, als sich die tote Brita in ihrer Kabine vorzustellen. Wie ein Taucher mit Scuba-Flaschen auf dem Rücken, in schwarzem Moltopren, die teppichbelegten Flure im Schiffsbauch entlangtrudelt, eine Tür nach der anderen öffnet; der Blick auf immer neue Implosionen. In einer Kabine Essensreste auf Papiertabletts, über dem Tisch schwebende verquollene Spielkarten; daneben freundlich wolkendes Strickzeug über der Couch, regenbogenfarbig, die Holznadeln stecken noch drin; in einer anderen ausgewaschene Bücher auf dem Kabinenboden; dann leere Flaschen, alle in eine Ecke gerollt, die Kabine eines Reisenden, den der Alkohol glücklich ins Boot und ans Land getragen hat. Und dann endlich TUSCH! die Kabine, die nach dem Öffnen der Tür eine Wasserleiche entlässt, graziös durch eine milchige Wolke schwebend augenlos in einem Wust von Haaren und geblähten, bleichen Hautfetzen. Sie streckt dem Taucher eine flusige Hand entgegen.

Aber nein, sie war ja nicht da. Man hat das Schiff durchsucht. Sie war nicht da, und das ist es, Was Bruno Fertig Macht.
«Hat man denn genau gesucht?«, fragt Valeska teilnahmsvoll »So ein Schiff hat doch Kabinen und Räume und Verstecke noch und noch. Hat man wirklich überall nachgesehen?«
Escape.
Ulla, in Gedanken an ihre Screenshots, stellt in neutralem Ton die falsche Frage: »Und der mexikanische Kellner, war der denn da?«
Bruno stockt, ringt die Hände, ringt sich die Antwort ab: »Keine Ahnung. Nein, wirklich. Danach hab ich nie gefragt.«

Und-was-macht-die-Trauer-mit-dir, Bruno. Er erzählt noch eine ganze Weile. Redet in seinen Hemdkragen, die Sätze fallen aus ihm heraus wie klickernde Murmeln. Die Leiterin muss ihn mehrmals auffordern, deutlicher zu sprechen. Valeska verwickelt ihn in ein Verhör, befragt ihn über die Umstände, die kurze Zeit der Liebe, die Tochter (sie wohnt nicht bei Bruno, man sieht sich kaum), die Trauer (er hat einen Tauchkurs besucht). Ulla, die sich auf vage Weise blamiert fühlt, beschränkt sich auf Nickbewegungen. Joachim hört schweigend zu. Was tut er überhaupt in dieser Gruppe? Er spricht weder über sich noch über die anderen. Sitzt wortlos auf Posten in seinen Tarnmusterhosen.
Die Zeit ist um. Die Sitzung wird aufgelöst. Alle stehen auf, finden noch letzte Worte, diesmal deutlich privater, herzlicher, feuchte Händedrücke vor allem zwischen Bruno und Valeska, Bis-zum-nächstenmal-dann-wieder, Ja-sicher-ich-komme, während Ulla ihre Tasche aufnimmt, ihr Häschen wegpackt, auf die Uhr sieht.

Es reicht noch für eine Pizza oder ein Döner, ehe sie nach Hause fährt. Im Augenblick ist ihr Leben recht langweilig. Sie arbeitet, so unglaublich es klingt, in einem Kurzwarenladen. Ja, das gibt es wahrhaftig noch. Sie rotiert acht Stunden täglich zwischen Knöpfen und Gummiband. Das ist das reinste Märchen. Der Laden, in dem sie arbeitet, muss der letzte Kurzwarenladen Deutschlands sein. Sie kann sich gut vorstellen, mitsamt dem Laden auszusterben, wenn die Inhaberin den Löffel abgibt. Es entspricht ihrer Natur, mehrere tausend Knöpfe mit Namen zu kennen. Abends setzt sie sich wieder vor ihren Rechner, die Pizzareste in einem Karton neben sich; knipst die Schreibtischlampe an, die eine erleuchtete Insel um sie herum schafft, und beginnt wieder ihre Suche in virtuellen Räumen: Immer etwas Neues. Diesmal gefasst auf die Begegnung Mit Einem Mexikanischen Kellner. Wird das schön, wenn sie eine Tür öffnet und er sich ihr plötzlich entgegen neigt, mit freundlichem Lächeln. Mit einem Tablett. Darauf ein Glas, dessen Inhalt mit Meerwasser gemischt ist. Ein Glas mit Salzrand.


@Anna Rinn-Schad
Zuletzt geändert von Zefira am 02.10.2013, 08:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.10.2013, 00:43

Hi Zefi,

wie schön. Du spinnst an der Ulla-Geschichte weiter. Gefällt mir sehr, wie du die Innenwelt von Ulla anhand ihrer Gedanken und Beobachtungen darstellst. Und ihr Schwitzhäschen, das so viel bedeutet. Wieder sehr bildhaft, wie immer bei dir. Auch die zusammengezogenen Wort-Kombinationen finde ich sehr gelungen. Die Ellipsen verleihen deiner Geschichte ein schönes, leicht lesbares Tempo. Und die "Selbst-Psycho-Analysen", die zur Außenwirkung werden, tun ihr Übriges.

Ein paar Vertipperli:
Zefira hat geschrieben:die kleine Frau Hartwolf ist lange nicht mehr dagewesen

da gewesen
Zefira hat geschrieben:Es wird sogar von Jahr zu Jahr nichter leicht.

nicht leichter
Zefira hat geschrieben:Vierteljahrselbstfahrungstrauergruppenschweiß

Vierteljahrselbsterfahrungstrauergruppenschweiß
Zefira hat geschrieben:Das Ausbooten ging wohlgeordnet wor sich.

vor sich
Zefira hat geschrieben:das ist es, Was Bruno Fertig Macht.

was Bruno fertig macht (oder ist die Großschreibung Absicht?)
Zefira hat geschrieben:die eine erleuchtete Insel im sie herum schafft,

um sie
Zefira hat geschrieben:Diesmal gefasst auf die Begegnung Mit Einem Mexikanischen Kellner.

mit einem mexikanischen


Liebe Grüße
Gabi

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 02.10.2013, 08:14

Hallo Gabi,
danke für Deine Rückmeldung. Die Großschreibung an den zitierten Stellen ist allerdings Absicht.
Auch das "nichter leicht" ist Absicht. Ich finde, dass es so absoluter klingt. Es geht ja nicht darum, dass der Verlust weniger leicht wird, sondern darum, dass das "nicht leicht" immer schwerer zu tragen ist. Andererseits wollte ich die Wendung "nicht leicht" stehen lassen, weil das so eine typische Konversationsbeschönigung ist; man sagt nicht " es ist schwer", sondern "es ist nicht leicht", auch wenn es in Wirklichkeit sauschwer ist.
Die Sprache ist schon ein bisschen experimentell. Ich wollte etwas in Richtung Bewusstseinsstrom versuchen ... Die Tippfehler werde ich gleich berichtigen. Danke!

Grüße von Zefira
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Beitragvon Ylvi » 02.10.2013, 09:01

Ulla! Juhuuuu! Sehr schön und bildhaft und ein in sich abgerundeter Text, dem man aber gerne weiterfolgen möchte ... mehr! :) Die Sprache passt für mich sehr gut. Und das Schwitzhäschen ist herrlich.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.10.2013, 10:55

Hi Zefi,
Zefira hat geschrieben:Die Sprache ist schon ein bisschen experimentell. Ich wollte etwas in Richtung Bewusstseinsstrom versuchen
das ist dir auch gut gelungen!
Ich dachte mir schon, dass die Großschreibung Absicht sein könnte, deshalb schrieb ich es dahinter. Passt schon gut, auch das "nichter leicht".
Ich würde ja zu gern diese Geschichte von dir gelesen hören. ,-)))

Liebe Grüße
Gabi
P.S. Geht mir wie Flora, ich möchte auch mehr von Ulla lesen. Sie ist eine so komplexe und liebenswerte Figur.
PPS: Übrigens, ich kannte diese Escape-Spiele gar nicht. Habe daraufhin gestern mal eins online gespielt. *g*

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Beitragvon Zefira » 02.10.2013, 11:00

Habt ihr denn auch den im Tierheim abgegebenen Joachim wiedererkannt? *hihi*

@ Gabi: ich bin durch die Spielesammlung von "selfdefiant" auf dieses Thema gekommen. Der hat sehr stimmungsvolle Hintergründe, die Spiele selbst sind allerdings eher simpel, es gibt sehr viel kompliziertere (für die ich zu ungeduldig bin).
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Beitragvon Mucki » 02.10.2013, 11:04

Ne, die Dreadlocks haben mich abgelenkt. Aber jetzt, wo du es ansprichst. *kicher*

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Beitragvon Ylvi » 02.10.2013, 11:37

Habt ihr denn auch den im Tierheim abgegebenen Joachim wiedererkannt? *hihi*
Aber natürlich! Noch ein Grund für :banana_1:
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RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 03.10.2013, 01:49

Das experimentelle ist wunderbar eingebettet in den Erzählfluß und tut effizient und still seine Arbeit, lockert und schüttelt auf, knifft die wohlplatzierten Kissen, ich finde an der Geschichte nichts auszusetzen, auch ohne die Ullaschen Vergangenheiten zu kennen (der Text verweist mich deutlich auf mehr, wirkt als eine in sich geschlossene Episode, in der Bruno nur eingeführt wird mit dem impliziten Versprechen, dass Dr. House noch mehr mit ihm zu tun bekommen wird ...).
Toller Text!

Insa
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Beitragvon Insa » 05.10.2013, 19:02

Ich liebe diesen Text! Keine Ahnung wer Ulla vorher schon war - aber .... ich bin wirklich begeistert!

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 15.10.2013, 11:11

Ich bin stolz darauf, das "nichter leicht" sofort akzeptiert zu haben. So entwickelt und verändert sich die Sprache. So muss das "noch und nöcher" entstanden sein.

Ich bin der Meinung, manche kurze Geschichten sind wertwoller als viele dicke Bücher.

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Beitragvon Zefira » 25.10.2013, 00:42

Das könnte ein dickes Buch werden, wenn ich irgendwann die Selbstdisziplin dazu aufbrächte, denn Ulla und der dreadlockige Joachim machen mittlerweile einen dicken Ordner bei mir zuhause aus.
Danke allen!
Grüße von Zefira (aus dem Urlaub zurück)
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