Geduldig warten
Verfasst: 05.12.2013, 13:45
…
Geduldig warten
„Verstehe“, murmelte Sophie, verließ sein Büro und schlich zurück an ihren Schreibtisch. Es war nicht leicht, sich in diesem verdammten Laden in Luft aufzulösen. Kein Raum für Herzzerreißen. Absicht? Ahnungslosigkeit? Verstanden sich Architekten als partizipierende Enthusiasten, für die der Arbeitsplatz nur Werkzeug war? Stopp. Sophie rief sich zur Ordnung. Jetzt reiß dich mal zusammen! Was lag an? Der Schüler Maf. Was hatte er erzählt? Wegen seines Passes hätte er mit der Ausländerbehörde in Eutin telefoniert. Welche Behörde? In Eutin?
Migration und Flüchtlingsangelegenheiten waren Neuland für Sophie. Ihre Selbstlernkompetenz anwendend googelte sie Eutin und Behörde. Ortsdienst.de informierte tatsächlich über eine Eutiner Behörde namens Ausländerbehörde. Sophie traute ihren Augen kaum. Überall brach man sich einen ab wegen politisch korrekter Formulierungen wie Migration oder Menschen verschiedenen ethnischen Ursprungs. Ostholstein aber blieb schlicht bei dem guten alten Ausdruck Ausländer. Für Sophie ein Begriff wie vor neunhundertachtundachtzig Jahren abgeschafft. Ausländerbehörde. Klang da das Wort Verhör mit? Zudem musste sie sich immer wieder neu vergegenwärtigen, dass sie jetzt in einem Flächenland lebte. Ein wunderschönes Schloss mit Vorgarten entpuppte sich unversehens als Kreisstadt und Oberzentrum der Region.
Der zuständige Sachbearbeiter war in Urlaub, seine Vertretung, eine Frau Korb, wollte sich nicht in dessen Fälle mischen. Sie bat um Geduld, bis nächsten Montag. Aber es sei dringend, es handele sich um eine abgelaufene Aufenthaltserlaubnis. Ihrem Schüler habe die Behörde geraten, im Falle eines Aufgreifens durch die Polizei diese zu bitten, eben ihre Behörde anzurufen? Ja, das könne er so handhaben. Und am Wochenende? Ich möchte dazu nichts sagen, verstehen sie das bitte. Wie heißt der zuständige Sachbearbeiter? Montag ist er wieder da? O.k. Sophie bedankte sich freundlich für das Gespräch und tippte auf das rote Off-Feld des Telefonapparates.
Den Kopf in die Hand gestützt grübelte sie über ihr weiteres Vorgehen nach. Aus Erfahrung wusste sie, dass zu viel Aktivität Steine ins Rollen bringen konnten, die ohne ihr Zutun fest an ihrem Platz geblieben wären. Nichts zu unternehmen konnte hingegen das Schicksal ermutigen, Maf mitten in der Nacht in eine Polizeikontrolle zu schicken, deren Beamten, genau wie sie, noch nie von Eutin als Kreisstadt gehört hatten und den Begriff Ausländerbehörde als schlechten Witz betrachteten. Schluss jetzt, keine Blasphemie bitte. Warte einfach ab bis Montag.
Sophie öffnete die Teilnehmerdatenbank, dokumentierte das Schülergespräch, das Behördengespräch und begründete ihr weiteres Vorgehen mit knappen Worten. Die kleinen Tränen in den Augenwinkeln bemerkte niemand.
…
Geduldig warten
„Verstehe“, murmelte Sophie, verließ sein Büro und schlich zurück an ihren Schreibtisch. Es war nicht leicht, sich in diesem verdammten Laden in Luft aufzulösen. Kein Raum für Herzzerreißen. Absicht? Ahnungslosigkeit? Verstanden sich Architekten als partizipierende Enthusiasten, für die der Arbeitsplatz nur Werkzeug war? Stopp. Sophie rief sich zur Ordnung. Jetzt reiß dich mal zusammen! Was lag an? Der Schüler Maf. Was hatte er erzählt? Wegen seines Passes hätte er mit der Ausländerbehörde in Eutin telefoniert. Welche Behörde? In Eutin?
Migration und Flüchtlingsangelegenheiten waren Neuland für Sophie. Ihre Selbstlernkompetenz anwendend googelte sie Eutin und Behörde. Ortsdienst.de informierte tatsächlich über eine Eutiner Behörde namens Ausländerbehörde. Sophie traute ihren Augen kaum. Überall brach man sich einen ab wegen politisch korrekter Formulierungen wie Migration oder Menschen verschiedenen ethnischen Ursprungs. Ostholstein aber blieb schlicht bei dem guten alten Ausdruck Ausländer. Für Sophie ein Begriff wie vor neunhundertachtundachtzig Jahren abgeschafft. Ausländerbehörde. Klang da das Wort Verhör mit? Zudem musste sie sich immer wieder neu vergegenwärtigen, dass sie jetzt in einem Flächenland lebte. Ein wunderschönes Schloss mit Vorgarten entpuppte sich unversehens als Kreisstadt und Oberzentrum der Region.
Der zuständige Sachbearbeiter war in Urlaub, seine Vertretung, eine Frau Korb, wollte sich nicht in dessen Fälle mischen. Sie bat um Geduld, bis nächsten Montag. Aber es sei dringend, es handele sich um eine abgelaufene Aufenthaltserlaubnis. Ihrem Schüler habe die Behörde geraten, im Falle eines Aufgreifens durch die Polizei diese zu bitten, eben ihre Behörde anzurufen? Ja, das könne er so handhaben. Und am Wochenende? Ich möchte dazu nichts sagen, verstehen sie das bitte. Wie heißt der zuständige Sachbearbeiter? Montag ist er wieder da? O.k. Sophie bedankte sich freundlich für das Gespräch und tippte auf das rote Off-Feld des Telefonapparates.
Den Kopf in die Hand gestützt grübelte sie über ihr weiteres Vorgehen nach. Aus Erfahrung wusste sie, dass zu viel Aktivität Steine ins Rollen bringen konnten, die ohne ihr Zutun fest an ihrem Platz geblieben wären. Nichts zu unternehmen konnte hingegen das Schicksal ermutigen, Maf mitten in der Nacht in eine Polizeikontrolle zu schicken, deren Beamten, genau wie sie, noch nie von Eutin als Kreisstadt gehört hatten und den Begriff Ausländerbehörde als schlechten Witz betrachteten. Schluss jetzt, keine Blasphemie bitte. Warte einfach ab bis Montag.
Sophie öffnete die Teilnehmerdatenbank, dokumentierte das Schülergespräch, das Behördengespräch und begründete ihr weiteres Vorgehen mit knappen Worten. Die kleinen Tränen in den Augenwinkeln bemerkte niemand.
…