Bejahung

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 01.12.2014, 18:47

Ja.











Die oben stehende Version ist die dritte. Die vorigen Versionen waren eine Collage aus Alltagssituationen und -ideen: Saudi-arabische Polizisten befahlen einer Frau, das eigenhändige Autofahren zu beenden; deutsche Polizisten befahlen einer fahrradfahrenden Frau, ihren Schleier abzulegen; eine führende CDU-Politikerin kam auf die Idee, das Schleiertragen zu bestrafen; eine Dame an der Wurstbude kam auf die Idee, das Bikini-Tragen zu bestrafen. Diese Collage zündete nicht. Um das Internet zu entlasten, und der dritten Version mehr Raum zu geben, Raum, der nötig ist, um sie als eigenständiges Werk auszuhängen, habe ich die vorigen Versionen rückstandslos ausradiert. Der Schwund der vorigen im Kontext mit der Kürze der dritten Version versteht sich im Großen Ganzen als Kurzprosa in ihrer radikalsten Form.
Zuletzt geändert von Pjotr am 29.12.2014, 01:41, insgesamt 22-mal geändert.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 02.12.2014, 10:44

Ich weiß, mindestens die erste Hälfte mag gewissermaßen "moralisch" klingen, zu direkt. Derartig klingende Texte werden nicht gern gelesen. Meine Absicht allerdings zielt nicht auf eine moralische Zeigefingererhebung, sondern auf kommentarlose, szenische Vergleiche (mittels Raum- und Zeitsprüngen), und die sollen durchaus direkt daherkommen. Aber das funktioniert wahrscheinlich nur im Film, in einem wortkargen Film, wo das Schweigen zwischendurch mehr Raum hat.

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birke
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Beitragvon birke » 02.12.2014, 11:06

hallo pjotr,
tja, wie unterschiedlich aus verschiedenen blickwinkeln beurteilt wird ... und gehandelt.
ich glaube, in einem film würde ich sogar die szenen (saudi-arabien/ deutschland und cdu-chefbüro/ wurstbude) zeitgleich nebeneinander laufen lassen, das würde das paradoxe, das absurde vielleicht noch besser herausstellen.
im text könnte man evtl die jeweiligen szenen/ passagen nebeneinander stellen ...?
da bei dir aber die jeweiligen szenen chronologisch nacheinander passieren, weiß ich nicht, ob das so deiner intention noch entsprechen würde.

lg
birke
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Zefira
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Beitragvon Zefira » 02.12.2014, 12:46

Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 02.12.2014, 17:19

Hallo Birke & Zefira,

die genaue Chronologie ist eigentlich egal. Ja, man könnte vielleicht Textfragmente nebeneinander setzen, durcheinander, wie auf einem Schwarzen Brett; das würde sogar passenderweise ein bisschen fußgängerische Beiläufigkeit einstreuen.

Der Cartoon gefällt mir.


Ahoy

P.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.12.2014, 17:36

Lieber Pjotr,

es müssten vielleicht noch zehn, fünfzehn weitere Szenen hinzukommen. Und sprachlich müsste alles vielleicht etwas weniger direkt angesprochen werden, ich finde, die Szenen könnten noch mehr beschreiben? So wirkt alles noch so arrangiert und bewusst moralisch vorgeführt?

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 03.12.2014, 20:34

Hallo Lisa,

wenn ich Dich richtig verstehe, würdest Du in "bewusst moralisch" nur das "bewusst" austauschen wollen gegen "unbewusst"; sprich: es "unbewusst moralisch" machen wollen.

(Ich bin leider unfähig, viele weitere Szenen hinzuzuschreiben, und auszuschmücken, zumal ich glaube, dass Ausschmückungen vom Thema nur ablenken würden; und die Klarheit zerschwafeln würden.)

Andererseits frage ich mich gerade, warum "moralisch klingende" Texte so wenig gefallen. Was ist denn eigentlich unangenehm an direkten, unillustrierten, polarisierenden Schreibereien? Ich ertappe mich gerade bei der Erkenntnis, dass ich selbst solche Texte nicht ablehne (egal ob inhaltlich pro oder contra), sondern Ablehnung nur hier im Forum mitbekommen habe, im Lauf der Jahre, beim Mitverfolgen diverser Diskussionen. Ich sollte daraus kein allgemeines moralverbietendes Schreibgesetz machen. Wenn ich mich dem unterwärfe, würde ich das nur deshalb tun, um den Moralablehnern zu gefallen. So eine Art Textprostitution. (Wobei ich nicht grundsätzlich etwas gegen Prostitution habe; ich selber habe nur kein Talent dazu.)

Es kann aber auch sein, dass ich einiges noch nicht ganz verstanden habe -- in diesem Zusammenhang. (In der Literatur insgesamt sowieso nicht.)


Ahoy

Pjotr


Edit: Ich will damit aber nicht die Kritiken oder Vorschläge abweisen! Die sind ja erwünscht. Nicht, dass das jetzt so aussieht. Ich will nur meine Gedanken dazu äußern, die dadurch angeregt wurden. Die sind ja auch erwünscht.

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Beitragvon Ylvi » 04.12.2014, 08:03

Hallo Pjotr,

ich empfinde hier vor allem die Frage, wie die Frauen angesprochen werden (geduzt/gesiezt) als moralische Wertung, die einem untergeschoben werden soll. Da ich die Formulierung der Sätze der Polizisten nicht für glaubwürdig halte, wird auch dieser Aspekt zur Sichtweise des Autors/Erzählers und ich nehme es nicht als Spiegelung einer Realität wahr, was das Ganze dann in sich zusammenfallen lässt.
Von der sprachlichen Gestaltung würde ich es eher noch karger halten, wie Szenenanweisungen für ein Theaterstück.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Beitragvon Pjotr » 04.12.2014, 09:01

Hallo Flora,

in den Übersetzungen, die ich in Reportagen und Dokus bisher mitbekommen habe, wurden die Frauen in Saudi-Arabien von Obrigkeiten immer geduzt, und in Deutschland immer gesiezt. Ich halte das für höchstglaubwürdig. Mich verwundert es, das Du das als "untergeschoben" empfindest. Damit sagst Du, ich stelle die Situation dort schlechter dar, als sie in Wirklichkeit ist. Da Du mir hier ein Unterschieben unterschiebst, nehme ich an, Du bist überhaupt nicht informiert. -- Oder Du bist sehr wohl informiert, und verlangst, den Unterschied zu glätten: das hieße aber, die Wahrheit zu verfälschen.

Außerdem kann ich in Deiner Bewertung nicht herauslesen, welche Eigenschaft Du fokussierst:

"als moralische Wertung, die einem untergeschoben werden soll"

Da sind: moralisch, wertend, untergeschoben. -- Welche dieser drei Eigenschaften beklagst Du?

Untergeschoben -- Nein! Ist es nicht.
Moralisch -- Ja!
Wertend -- Ja! Und zwar das Pro als auch das Kontra. Also genaugenommen: Neutral! -- Wie auch immer: von mir aus darf das Wertungen enthalten.


Ahoy

P.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 04.12.2014, 12:21

Ich werde jetzt eine neue Version reinstellen mit einheitlicher Anrede, nein, ganz ohne Anrede, mit indirekter Rede; die Anrede ist mir nämlich völlig wurscht, sie hat mit dem Kernthema nichts zu tun (die Engländer benutzen auch kein "Sie"). Im Kernthema gehts um Symbole und um die Darstellung diverser Versuche, mittels Bestrafung Menschen zu dressieren. Die Darstellung ist bewusst skizzenhaft, damit Betrachter freier überlegen können.

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Beitragvon birke » 04.12.2014, 12:40

ok, die neue version is nix, da geb ich dir recht ;-)

aber die erste kann sehr wohl bestehen, meine ich.
ich empfinde das gar nicht so sehr als moralisch (oder) wertend. hier stehen doch einfach szenen nebeneinander. die einzige wertung, die hier stattfindet ist diese szenenauswahl des autors. aber nu denn, hätte er sie nicht ausgewählt, gäbe es diesen beitrag nicht. ;)
leicht kann so ein kurzer prägnanter text etwas plakativ wirken, und neigt dann dazu, zu polarisieren. (hier im salon stehen auch ich glaube zwei texte von mir dieser art, die sehr unterschiedlich aufgenommen wurden.)
also, zumindest regt so ein text doch zum nach- oder hinterfragen an. ist doch schon mal was.

lg, birke

ps - was ist mit dem titel passiert? ;-)
Zuletzt geändert von birke am 04.12.2014, 18:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon nera » 04.12.2014, 16:34

ich habe eigentlich keine probleme mit der anrede in der ersten version. mir würden aber auch noch mehr beispiele gefallen. das ganze schleiergedöns ist ja recht vielschichtig. es gibt noch nonnen die schleier tragen und letztendlich ist das mittlerweile seltene huttragen der frauen bei offiziellen anlässen ja auch ein überbleispel der "anstandsregeln in unserem kulturkreis, ebenso wie die hauben der krankenschwestern es waren. orthodoxe jüdinnen tragen perücken und nicht nur in südeuropa, auch in russland gehen oder gingen frauen nicht ohne kopftuch in eine kirche.

lg

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Beitragvon birke » 04.12.2014, 17:28

nera hat geschrieben:gehen oder gingen frauen nicht ohne kopftuch in eine kirche.


... wohingegen die herren bitteschön ihre kopfbedeckung abzunehmen haben.
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Beitragvon Zefira » 04.12.2014, 17:33

Das geht aber dann schon sehr in Richtung "allgemeiner Dresscode", und da tun mir i.d.R. die Männer mehr leid. Wenn ich zum Beispiel an die armen jungen Kirchenbediensteten denke, die im dreitiligen Anzug mit Schlips bei weit über 30 Grad in der Prallsonne vor dem Petersdom standen und ihrer Aufgabe oblagen, Besucher mit nackten Schultern und/oder Beinen abzuweisen ...
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