Vertagt (der Titel)

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 07.08.2019, 17:34

Das ist tatsächlich mein erster Ausflug in die Prosa, die länger sein soll als eine kurze Kurzgeschichte. Ich bin sehr an eurer ehrlichen Meinung interessiert!


Es war 7:45 Uhr. Der Tag begann wie immer. Ich nahm meine Tasse Kaffee und stellte mich ans Fenster. An der Ecke vor Nr.17 winkte die immer noch frisch verliebt wirkende Frau Erkbrecht ihrem zur Arbeit fahrenden Mann zu. Sie winkte jetzt seit einem halben Jahr an jedem Wochentag ihrem Stefan zu. Ich hatte bemerkt, dass er in dieser Zeit nie zurückwinkte. Aber das muss ja nichts heißen. Antonio Suarez, der gerne Frau Erkbrecht zulächelte, wie mir schien, kam aus dem Haus Nr 14, holte seinen schrulligen Opel Corsa aus der Garage um damit seinen Jungen zur Schule zu fahren. Er war spät dran, wie immer. Denn würde er früher fahren, würde er Frau Erkbrecht verpassen. Und er wollte sie auf keinen Fall verpassen.
In Nummer 9 schickte sich die alte Frau Dieberts etwa um die gleiche Zeit an, mit ihrem Hund in den nahegelegenen Stadtgarten zu gehen. Sie hatte vor einem Jahr ihren Mann verloren. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Nicht, dass er gestorben wäre. Nein, das nun auch nicht. Am 14. Dezember vor einem Jahr hatte Sven Dieberts das Haus verlassen, um sich noch schnell Zigaretten für die Arbeit am Kiosk eine Straße weiter zu holen. Das war wohl in den frühen Morgenstunden, so gegen 6:30 Uhr. Unser Kiosk öffnete an Werktagen eben für die Werktätigen schon um 6:00 Uhr. An Wochenenden erst um 10:00 Uhr.
Seit dem 14.Dezember um ca. 6:30 war Sven Dieberts verschwunden. Spurlos. Keine Nachricht, kein Lebenszeichen, kein gar nichts. Und seine Frau sagte mir später, dass sie Sorge hätte, dass ihm etwas passiert sei. Andererseits räumte sie ein, dass sie ihn eigenhändig umbringen würde, wenn er jetzt ohne mit der Wimper zu zucken um die Ecke käme.
7:51 Uhr Frau Dieberts entschwand um die Ecke und Familie Bartz tauchte auf und wieder ab. Niemand wusste so recht, was Familie Bartz eigentlich machte. Sie wohnten in der dritten Etage in Nr. 7, aber viel mehr war nicht bekannt. Man sah sie nie. Detlef war wohl arbeitslos, seine Frau Annmuthe jobte halbtags. Aber was genau wusste ebenso niemand. Ihre Kinder lebten schon Jahre nicht mehr bei ihnen. Sie gingen morgens irgendwohin, kamen irgendwann ungesehen beinahe zurück und das war´s.
Heute war Stephanie spät dran. Es war bereits 8:05 Uhr. Normalerweise bog ihr wunderbarer Körper um Punkt 8:00 Uhr von der Amalienstraße in die Schillerstraße ein. Und wie immer, so auch heute mit Verspätung, ging sie durch die Straße, als sei die ganze Welt völlig belanglos, als sei nichts wert, in Augenschein genommen zu werden, aber gerade so, als wolle sie, als wüsste sie, dass andere sie in Augenschein nehmen. Stephanie ignorierte wie jeden Morgen alles, die Menschen und Blicke und vielleicht auch sich selbst. Manchmal strich sie ihr langes Haar mit breit gefächerter Hand über die Stirn zurück als wolle sie Stärke zeigen.
Stephanie warf, wie jeden morgen mir keinen Blick zu, wechselte weiter hoch in der Schillerstraße die Straßenseite, weil dort das Haus ihrer Mutter lag. Ich wusste von Felix, dem Kioskbesitzer, dass ihre Mutter krank ist und Stephanie sie jeden Tag am Morgen und am Abend besuchte um nach dem rechten zu sehen.
Mein Kaffee war kalt geworden. Die morgendliche Aufbruchstimmung in dieser kleinen Oasenwelt begann sich langsam wieder zu legen. Die Schule hatte begonnen, Frau Dieberts war von ihrem morgendlichen Gassi – gehen wieder zurück und Familie Bartz war auf und abgetaucht.
Ich wusste, dass das nächste Highlight erst um 9:50 Uhr sein würde. Dann verlässt Stephanie wieder das Haus ihrer Mutter, wird sich breitgefächert durch ihr Haar fahren und wieder an mir vorbei gehen ohne mich zu beachten.
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

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birke
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Beitragvon birke » 07.08.2019, 19:10

lieber niko,
an sich könnte das interessant werden und ich wüsste auch gern, wie es weitergeht!
allerdings liest es sich für meinen geschmack etwas holprig, da könntest du noch ein bisschen feilen… zb am anfang dreimal hintereinander „winken“ oder „das nächste highlight würde sein“ besser erwartet mich oder so… auch ein bisschen viele namen und uhrzeiten für so einen kurzen abschnitt, finde ich. ist es zb wichtig, wann genau dieser herr… dingens verschwand (oder wann der kiosk an verschiedenen tagen geöffnet hat) und warum wiederholst du die uhrzeit sogar? vielleicht ist es auch absicht, die ich natürlich noch nicht erkennen kann.
liebe grüße
diana
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 07.08.2019, 19:24

Die Uhrzeit ist Absicht und liegt in der Persönlichkeit begründet, Diana. So stelle ich mir den Mann vor. Sprachlich holprig.... Ja... Daran werde ich wohl arbeiten müssen. Mir ist das alles noch sehr fremd irgendwie.
Die Namen und Uhrzeiten sollten eben das genaue beobachten und kennen der Szene unterstreichen.
Ich denk nochmal drüber nach.
Danke erstmal!

Herzliche Grüße - Niko
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Beitragvon Eule » 11.08.2019, 17:23

Hallo Nikolaus, der Verfasser wiederholt sich etwas in seiner Wortwahl. Das kann, muss aber kein passendes Stilmittel sein ... ?
Ein Klang zum Sprachspiel.

Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 11.08.2019, 17:27

Da hast du recht, Eule! Ich muss das ganze noch mal überarbeiten!

Danke!
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 31.08.2019, 17:38

Ich bin spät dran, lieber Niko, aber ich möchte gern wissen, wie es weitergeht!
An ein paar Stellen ist es noch unrund (ich helfe Dir gern dabei), aber Du solltest es fortsetzen, das scheint eine sehr interessante Nachbarschaft zu werden.

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)


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