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Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 15.04.2022, 17:46

Anfang der Sechziger gab es doch diese Kubakrise, als die USA sich in der Türkei mit schwerem Gerät aufbaute, im Gegenzug sich die Russen mit Mittelstreckenraketen auf Kuba positionierten und die Amis sich bedroht fühlten. Man hatte sich dann diplomatisch geeinigt: Die Russen zogen ihre Raketen ab und die Amis im Gegenzug die von der Türkei. Ging doch.

Die Ukraine als ehemaliger Bruder der Russen sollten Putins Forderungen weitgehend entsprechen. Das wäre das Beste. Denn wir müssen mit den Russen zusammenarbeiten gegen einen globalen Feind, die Klimakatastrophe.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 15.04.2022, 18:15

Was fordert Putin denn? Er nennt die Ukrainer "Nazis" und fordert deren Vernichtung. Er will den Genozid. Die Bilder kann jeder selber sehen, jeden Tag in den Nachrichten. Würdest Du das nicht als Völkermord bezeichnen? Putin betreibt hier offensichtlich keinen Verteidigungskrieg.

Die Theorie, Putin habe seit Jahrzehnten Angst vor einem Einmarsch der NATO und er müsse sich durch Angriff verteidigen, halte ich nicht für plausibel. Schau Dir mal Putins Nationalfeste an, wo sie alle singen über die russische Einverleibung Tschetscheniens, Georgiens, Moldawiens, etc. und der Krim, und dann der Ukraine. Das ist schlichtweg Großmachtssucht. Und wie bei Hitler und anderen Größenwahnsinnigen muss der Diktator sein Volk aufhetzen gegen den "Feind", indem er ihm irgendetwas absurd schlechtes unterstellt. In diesem Fall seien die Ukrainer "Nazis". Was hättest Du den Juden im Hitler-Reich geraten? Den Forderungen Hitlers einzugehen? Sie haben gar keine andere Chance gehabt, als ins KZ zu gehen. Sie waren wehrlos. Verbale Waffen haben auch nicht geholfen.

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Beitragvon Epiklord » 15.04.2022, 21:04

Ich höre immer, Hitler hat den Juden was angetan. Er hat seinen eigenen Soldaten was angetan: keine Winterkleidung; Krallt euch am Boden fest, in aussichtsloser Situation. Was müssen die Soldaten gelitten haben, und die es überlebt haben hatten meist erfrorene Glieder, die Juden im KZ Verbrennungen oder? Und Hitler hat junge Menschen in den Volkssturm geschickt und damit umgebracht. Juden waren nicht dabei.

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Beitragvon Epiklord » 15.04.2022, 21:04

Ich höre immer,

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Beitragvon Pjotr » 16.04.2022, 07:19

Epiklord hat geschrieben:Ich höre immer, Hitler hat den Juden was angetan. Er hat seinen eigenen Soldaten was angetan: keine Winterkleidung; Krallt euch am Boden fest, in aussichtsloser Situation. Was müssen die Soldaten gelitten haben, und die es überlebt haben hatten meist erfrorene Glieder, die Juden im KZ Verbrennungen oder? Und Hitler hat junge Menschen in den Volkssturm geschickt und damit umgebracht. Juden waren nicht dabei.


"Ich höre immer, Hitler hat den Juden was angetan. Er hat seinen eigenen Soldaten was angetan: ..."

Willst du mit diesem Vergleich ausdrücken, Hitlers Soldaten hätten mehr gelitten als die Juden?

Dann möchte ich dir sagen, dass jede einzelne Todesqual -- jedes einzelnen Menschen, egal welcher Gruppe --, die der Dikatator verursacht hat, dem Diktator unendlich hohe Schuld auflädt. Jede einzelne Unendlichkeit ist schon genauso unendlich wie die Summe mehrerer Unendlichkeiten. Für die Abwägung mehrerer Unendlichkeiten gibt es keine Waage.

Du schreibst nebulös. Ich weiß nicht, was du mit deinem Abwägungsversuch bezwecken willst. Ist es A, B oder C?

A) Der Abwägungsversuch soll Hitlers Verbrechen an den Juden beschönigen?
Das fände ich einen schäbigen und grundfalschen Versuch. An diesem unendlichen Leid gibt es nichts zu relativieren.

B) Der Abwägungsversuch soll die aussichtslose ukrainische Gegenwehr verurteilen?
Auch das fände ich einen schäbigen und außerdem paradoxen Versuch, denn das hieße gleichermaßen, die Allierten im Krieg hätten die Juden nicht gewaltsam befreien sollen. Oder fandest du deren Befreiung tasächlich falsch?

C) Der Abwägungsversuch soll zeigen, wie schlecht Hitler mit seinen Soldaten, und wie gut Putin mit seinen umgeht?
Das wäre eine falsche Beschönigung Putins. Offensichtlich verwendet auch Putin seine Soldaten als Kanonenfutter. Putin lügt sie an. Am Anfang, beispielsweise, schickte er sie in eine harmlose "Manöverübung". Das war aber dann schon der Krieg. Das ist nur ein Beispiel. Putin tötet seine eigenen Leute genauso wie andere. Alle. Kinder, Greise, Kranke.

Im Grunde vergleiche ich auch. Aber nicht, um irgendetwas zu beschönigen, sondern um zu zeigen, von was für einer Kategorie von Gewalt wir hier sprechen. Innerhalb dieser Kategorie gibt es nichts mehr zu beschönigen, weil jedes einzelne Leid darin bereits unendlich hoch ist. Ich sage, auch Putin gehört in diese Kategorie. Zusammen mit allen anderen Völkermördern.

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Beitragvon Epiklord » 17.04.2022, 09:43

"Entnazifizierung", reine Kriegsrethorik und von Putin vorgeschobener Grund. In Wirklichkeit geht es um Macht und um strategisch wichtige Zugänge zum Meer.
(Übrigens hat China mit Taiwan einen Konflikt. Geht auch um Ausweitung und Macht. Sanktionierst du auch China. Solltest du tun.

Pjotr, du musst nichts auf diese Begriffe geben, und mir jetzt noch mit den Hitlerjuden kommen. Iss unverständlich, und du weißt ja, Vergleiche hinken immer und sollte man meiden. Ich habe im Zweiten Weltkrieg einen Verwandten verloren, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo wir längst geschlagen waren und kapitulieren hätten müssen.

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Beitragvon Pjotr » 17.04.2022, 11:22

"Vergleiche hinken immer" ist eine Vakuum-Phrase. Vergleiche hinken manchmal, und manchmal nicht.

Vergleichen ist ein essentieller Vorgang im Lernprozess eines jeden Gehirns. Wer nicht vergleicht, kann nicht nach Zusammenhängen suchen. Verstehen heißt, Zusammenhänge erkennen oder verwerfen.

Vergleichen ist auch ein wesentlicher Bestandteil in der Justiz, Ethik, Rechtswissenschaft, und so weiter. In unserer Rechtskultur sollen Strafmaße für bestimmte Verbrechen universal gelten; da gibt es keinen König mehr, der je nach Tageslaune und Verwandschaftsgrad des Täters, das Strafmaß mal so oder mal so festlegt. Man muss die Verbrechen, wie zum Beispiel Völkermord, einordnen, und der Einordnungsversuch an sich ist durchweg ein Prozess des Vergleichens.

Du brauchst dich jetzt nicht an dem begriff "Vergleich" aufhängen, den ich dir in den Raum gestellt habe, und aus dem du nun ein künstliches Argument zugunsten Putins konstruieren möchtest.

Du vergleichst. Ich vergleiche. Vergleichen an sich ist nichts schlechtes. Was ich schlecht finde, sind diejenigen Vergleiche, die ein unendlich großes Verbrechen beschönigen sollen.

China und Taiwan. Ja. Und China und die Uiguren. Syrien. Libyen. Und so weiter. Ja, unzählige andere Verbrechen gibt es auf der Welt. Und dann kommt immer der Spruch vom "schönen, warmen Kämmerlein", aus dem heraus man Verbrechen in der Welt da draußen angeblich nicht kritisieren darf; man dürfe nur dann was kritisieren, wenn man selbst direkt betroffen sei, oder wenn man gleicher Meinung sei. Von diesem "Warmen Kämmerlein"-Spruch halte ich also überhaupt nichts. Es ist auch nur eine weitere Vakuum-Phrase, die ausgesprochen wird, wenn es dem Aussprecher an Argumenten mangelt. -- Ja, und noch eine Vakuum-Phrase in diesem Zusammenhang ist die "Alles-oder-nix-Forderung", jeder einzelne Erdenbürger solle entweder allen 7 Milliarden Menschen helfen oder gar keinem. Zum einen ist diese Forderung absurd, weil der Mensch einen Dringlichkeits-Filter im Kopf hat, ohne den er augenblicklich im total-authistischen Wahnsinn enden würde; zum zweiten, weil ein Einzelner, selbst wenn er keinen geistigen Filter hätte, auch körperlich und räumlich nicht alle Konflikte der Erde behandeln könnte. -- Alles bloß Vakuum, diese Phrasen.

Du hast im Zweiten Weltkrieg einen Verwandten verloren. Ich wurde erst 1963 geboren. Meine Eltern waren im Zweiten Weltkrieg. Als der Krieg begann, war mein Vater 17, und er wurde eingezogen. Mein Vater hatte seine Wurzeln im SPD-Arbeitermilieu, also eher ablehnend gesinnt gegenüber Hitler. Aber der Diktator hat die Allmacht. Mein Opa wurde in Holland erschossen. Meine Oma blieb Witwe, bis sie 1969 starb. Einer ihrer Söhne, also mein Onkel, musste in Russland kämpfen, und blieb hinterher viele Jahre in russischer Gefangenschaft. Da lernte er dann russisch. Ihr anderer Sohn lernte in französischer Gefangenschaft französisch. Mein Vater lernte in US-Gefangenschaft ein bisschen Englisch. Wie bunt das alles wurde. Alle waren sie froh, als der Krieg zu Ende war und in der Gefangenschaft wieder ein bisschen Licht aufschien ...

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Beitragvon Pjotr » 18.04.2022, 01:35

Epiklord hat geschrieben:"Entnazifizierung", reine Kriegsrethorik und von Putin vorgeschobener Grund.


Ja, dass es ein vorgeschobener Grund ist, schrieb ich ja selber oben. Leider kommt da nicht nur Rhethorik aus seinem Lügenmaul, sondern aus seinem egozentrischen Arschloch schießen echte Raketen, Bomben, Maschinengewehre. Das ist keine Rhetorik mehr. Du kannst mit deinem Rhetorikhinweis nicht diesen täglichen Völkermord schönreden.

Ich wünsche mir ja auch eine gewaltfreie Lösung. Aber die kann man meiner Ansicht nach nicht dadurch erreichen, indem man Putin als einen netten Laber-Onkel darstellt, der bloß seinen Schrebergarten erweitern will.

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Beitragvon Nifl » 18.04.2022, 11:51

Ich höre immer, Hitler hat den Juden was angetan.

Aber es ist scheinbar wohl nicht so recht durchgedrungen zu dir?

Diese mehr als dummen und ungeschickten Beiträge in letzter Zeit von dir, die nicht mal einem Stammtischpalaver genügen würden, sind ja kaum auszuhalten.

Danke Pjotr, dass du die Zivilcourage hochhältst und sachlich versuchst diesem Unfug mit Argumenten beizukommen (auch wenn nicht viel an- und zurückkommt).
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Beitragvon birke » 19.04.2022, 14:30

Epiklord hat geschrieben:Die Ukraine als ehemaliger Bruder der Russen sollten Putins Forderungen weitgehend entsprechen.


:haare: so herum wird wohl eher ein schuh draus:

putin sollte "die ukraine als ehemaliger bruder der russen ..." in frieden lassen!

ja, in der tat finde ich das auch haarsträubend, epiklord, was du in deinen texten so von dir gibst...
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Beitragvon Epiklord » 19.04.2022, 16:08

Hätten die Ukrainer die Forderungen Russlands erfüllt, hätten wir jetzt Frieden. Wie es nun aber aussieht, wird Russland weitervormarschieren und die ganze Flanke bis Odessa nachhaltig besetzen. Das Land wird geteilt werden. Mit Panzern könnten Ukrainer gegen die russische Übermacht auch nicht bestehen. Und es gibt so unendlich viel Tote und viel Leid. Ist es das wert.
Mein persönlicher Wunsch entspricht deinem. Aber schau dir die Realität an. In den Köpfen der Machthaber der USA und auch in Putins herrscht immer noch der alte kriegerische Geist. Ich wünschte auch, das es anders wäre.

Und deine Worte "Putin sollte die Ukrainer in Frieden lassen" in Gottes Ohr. Hätte ich mir auch gewünscht. Aber du siehst ja, es nützt nichts und wir müssen uns halt mit den alten Betonköppen herumschlagen.

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Beitragvon Pjotr » 19.04.2022, 17:30

Zu Beginn des Angriffs hoffte ich auch, in Putins Charakter könnte vielleicht noch so etwas wie ein Rest von "Friedensdrang" verborgen sein, so dass eine ukrainische Waffenniederlegung vielleicht die weniger tödliche Alternative sein könnte, und dass dann "Ruhe sei"; später könnten die Ukrainer dann vielleicht mittels zivilem Ungehorsam die russischen Besatzer piesacken. Aber als zwei Wochen später die Massaker begannen, der Völkermord, habe ich die Hoffnung aufgegeben. Ich kann nicht glauben, dass diese Bestie "nur" den Westen aus der Ukraine haben will. Diese "Furcht vor der NATO" war das Märchen der letzten 25 Jahre. Das ergibt kein plausibel konsistentes Charakterbild, wenn wir sehen, wie Putin handelt. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Putin, wenn er die Ukraine besiegt hat, seinen Feldzug Richtung Westen weitertreiben wird. Den hat er schon in den 1990ern begonnen. Leider haben wir immer weggeschaut.

Eine Zusammenfassung:
https://youtu.be/7P0rZthdHrM

Glaubst du wirklich, Putin gibt Ruhe, wenn er die Ukraine hat?

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Beitragvon birke » 19.04.2022, 17:38

ja, leider, so sehe ich das auch; er wird so oder so keine ruhe geben.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Beitragvon Epiklord » 19.04.2022, 18:43

Putin wäre lieb gewesen, hätten die Ukrainer seine Forderungen nach neutralem Status, Entmilitarisierung und Krim zu Russland zugestimmt. An einem Krieg konnte ihm nicht gelegen sein, wie man jetzt sieht, und was für ihn vorauszusehen war. Und er muss damit rechnen, dass es in ein zweites Afghanistan endet mit zermürbender Gurilliataktik der Ukrainer. Dies würde sich aber lange Zeit hinziehen und wäre auch nicht im Interesse der Ukrainer.


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