Der zerbrochene Bilderrahmen
Verfasst: 04.06.2006, 22:35
Der Bilderrahmen war zerbrochen. Die Fotos lagen auf dem Boden. Es waren zwei Fotos, was sie zeigten, von den Splittern des Glases merkwürdig verzerrt und gebrochen. Das eine Bild zeigte ihn und sie in einer Wohnung in Bochum. Sie war gerade aus dem Urlaub in Rumänien zurückgekommen und braun gebrannt. Ihre Haut war bronzefarben. Er war zu Hause geblieben und sehr bleich und dünn. Er war nur ein wenig größer als sie, stand aber gebeugt, als trüge er eine große Last. Er grinste, während er mit ihr Anstieß. Sie hielten Rotweingläser in der Hand und auch sie lächelte, ohne jedoch ihre Zähne zu zeigen. Sie war schön.
Das andere Bild zeigt dasselbe Paar zwei Jahre zuvor vor der College Bar des University College Cork in Irland. Er hält sie im Arm. Seine Haare sind länger, er trägt eine rote Lederjacke, einen Flickenschal und einen blauen Schlabberpullover. Er sieht aus wie ein glücklicher Taugenichts, dem nichts im Leben etwas anhaben kann. Sie ist sehr bleich, denn es ist Ostern und dies ist in diesem Jahr ihr einziger Urlaub gewesen. Vielleicht ich sie froh, dass sie bei ihm ist. Sie trägt einen grauen Filzmantel und lächelt wieder. Ihre Zähne zeigt sie nicht, aber ihre runden Wagen und die tiefen Grübchen machen das aus, was man Schönheit nennt. Sein Gesicht ist nicht zu sehen. Er beugt sich zu ihr, um sie zu küssen. Ein Glassplitter trennt die beiden voneinander und es scheint, als wolle sie sich seinem Kuss entziehen.
In beiden Situationen waren sie sich, aufgrund einer Trennung ein wenig fremd geworden, doch die Entfernung, die zwischen ihnen gelegen hatte, hatte ihre Neugierde aufeinander nur gesteigert.
Auf dem einen Bild hatte er in Irland studiert. Sie hatten sich über drei Monate hinweg nur Briefe geschrieben und sie war sich nicht sicher gewesen, ob er sie noch liebte. Er hatte unentwegt an sie gedacht. Das Schreiben war ihm schwergefallen, denn er litt unter einer Schreibhemmung, die er auch Jahre später nur unter größter Mühe überwinden konnte. Auch sie hatte oft an ihn gedacht. Nicht selten gab es Situationen, da war sie wütend auf ihn und wollte ihn betrügen. Sie hatte es nicht getan. Aus Mangel an Gelegenheit? Sie machte zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung, und die Männer, mit denen sie arbeiten musste, waren ihr zu simpel. Er war zwar nicht kräftig und auch nicht von der Schönheit, die einen Mann erst zu einem Mann machte. Aber er konnte, wenn er die Gelegenheit dazu hatte, auf sie einreden und ihr das Blaue vom Himmel herunter versprechen. Reden konnte er gut, und sie liebte es, ihm zuzuhören. In diesem Augenblick in Cork um die Osterzeit des Jahres 1999 redete er auf sie ein, so schnell er nur konnte. Dabei küsste er sie und flüsterte ihr Dinge ins Ohr, über die sie mit geschlossenen Lippen lächeln musste.
Das andere Bild zeigt eine Situation, in der er auf sie gewartet hatte. Er war im Sommer zuhause geblieben, da er kein Geld besaß und sich auf seine Abschlussprüfungen vorbereiten musste. Sie war allein in den Urlaub geflogen. Er war kaum eifersüchtig, denn er vertraute ihr völlig. Sie wäre nicht auf die Idee gekommen, ihn zu betrügen, denn sie wusste, dass sie zusammen glücklich sein konnten.
Das Foto hatte durch einen Glassplitter einen Schnitt bekommen.
Er war betrunken und schrie, schluchzte und heulte vor Schmerz. Seine Hand tat ihm weh, denn er hatte mit der ganzen Kraft seiner dünnen Arme auf das Bild eingeschlagen. Solche Akte der Aggression waren fehl am Platze. Damit würde er sie nicht zurückbekommen. Sie war wieder ohne ihn im Ausland gewesen. Mit einer Gruppe von Kommilitonen – sie studierte jetzt Architektur – war sie nach Frankreich gefahren. Der Professor war ein Trinker vor dem Herrn, der jeden Tag dreizehn Dosen Bier bei der Arbeit austrank. Aber in der Gruppe musste es einen Studenten gegeben haben, der sie – ja was eigentlich!
Immer und immer wieder, mit Tränen in den Augen und vor Rotz laufender Nase fragte er sie, was denn geschehen sei.
Sie hatte aus Frankreich nur einen teilnahmslosen Brief geschrieben. Es gab in dem Brief nur einen Hinweis auf ihre Gefühle. Sie schrieb, dass sie unruhig sei und noch nicht ganz bei sich. Sie schrieb nichts von Liebe und ließ auch die tausend Küsse aus, die sie ihm sonst immer zugesandt hatte. Vier Wochen wollte sie wegbleiben. Er war fast vor Einsamkeit gestorben, denn er hatte sein Leben viel zu sehr auf sie konzentriert. Sie war ihm alles, Freundin, Vertraute, technische Beraterin und Geliebte. An seinem achtundzwanzigsten Geburtstag hatte sie kurz angerufen. Sie klang fremd am Telefon. Sie sagte, dass sie noch mit anderen Studenten an der Weinlese teilnehmen wollte. Er fragte, warum sie nicht zu ihm zurückkäme. Er sei krank, es sei sein Geburtstag und er brauche ihre Nähe. In den letzten Tagen habe er viele Absagen erhalten. Er bewarb sich schon seit Monaten erfolglos um einen Job. Die Angst fraß ihn auf und machte ihn zu einem schlechten Gesprächspartner. Er hörte nur sich selber zu und als das viel zu kurze Gespräch beendet war, sank er entkräftet auf seine Matratze. Hatte sie nicht zu ihm gesagt, ihr Herz schlüge ihr bis zum Hals? Mir auch, hatte er lakonisch geantwortet und damit ihr die Chance auf das Geständnis genommen, das doch schon wie das Schwert des Damokles über seinem Haupt schwebte. Sie hatte ihn zu diesem Zeitpunkt schon betrogen. Hatte mehrmals mit einem anderen geschlafen. Doch sie traute sich nicht, es ihm zu sagen. Sie hatten in ihrer mehr als fünf Jahre alten Liebe schöne Stunden und sehr schwere Stunden gemeinsam durchstanden. Doch in den letzten Monaten war seine Angst zu einem Gefühl geworden, dass ihn völlig einnahm. Er war nicht mehr zu beruhigen. Dafür, dass sie ihn geliebt hatte, war es natürlich ein wenig grausam, dass sie ihn gerade in einem Moment betrog, als er die tiefste Krise seines Lebens erlebte. Oder war dies genau der richtige Zeitpunkt? Er hätte damit rechnen müssen.
Er stand heulend im Zimmer und sah, wie sie, aus Angst vor ihm, davonlief. Geh nicht weg, schrie er ihr hinterher und wollte ihr nach, aber er war so betrunken, dass er den Schlüssel nicht fand. Hektisch suchte er für einige Minuten, dann rannte er fluchend und torkelnd hinter ihr her, ohne die Türen zu schließen. Sie sah ihn besinnungslos auf der Straße und führte ihn in die Wohnung. Sie wollte ihn umarmen, doch er stieß sie von sich. Ohne Zweifel wollte er wieder von ihr in den Arm genommen werden. Er wollte von ihr geliebt werden. Sofort den Makel des Betrugs überwinden. Sie wandte sich jedoch entgültig, um zu gehen. Es war dumm von ihr gewesen, ihm drei Flaschen Wein mitzubringen und dann zu sagen, dass sie die Beziehung kaputt gemacht habe. Er dagegen hätte sie nicht nach all den Einzelheiten des Betruges fragen sollen.
So begann dieser alptraumhafte Nachmittag, auf den er über vier Wochen gewartet hatte. Vier Wochen hatte er an sie gedacht, an die gemeinsamen Liebesstunden, die vertrauten Gesten und das unterdrückte Stöhnen der Lust. Sie hatte ihn betrogen. Er versuchte zynisch zu reagieren. Lobte sie für den Wein, den sie ja offenbar mit ihrem Liebhaber gelesen hatte: Und schenkte sich ein Glas ein. Er trank schnell, während er versuchte, ihr mehr zu entlocken. Es gelang ihm nicht. Sie sagte, dass ihre Beziehung eben unerträglich geworden sei. Seine ständige Angst. Er habe ihr nicht mehr zuhören wollen und sie wüsste nicht warum sie tun musste, was sie getan hatte. Sie müsse das herausfinden. Er heulte auf, obwohl er wusste, dass man niemals flennend um die Liebe einer Frau winseln durfte. Ihr Liebhaber in Frankreich war, so musste es doch gewesen sein, durch den Auftrieb seiner gelungenen Eroberung fröhlich und unterhaltsam geworden. Seinen Stolz, die als unnahbare Schöne bekannte, verführt zu haben, ließ er sich nicht anmerken. Stattdessen war er ein geduldiger Zuhörer, während er in der Tiefe ihre grünen Augen versank und ihren Duft atmete.
Der Betrogene hatte ihr nur Wasser angeboten, während er die drei Flaschen Wein soff. Was für eine Dummheit! Hätte er ihr nur ein Glas Wein eingeschenkt, dann hätte sie nicht wieder mit dem Auto wegfahren können. Doch das ist die ganze Härte der Kontingenz. Alles könnte auch anders sein. Wenn einmal eine Entscheidung getroffen worden war, dann setzte sie sich mit unmissverständlicher Härte fort. Abweichungsverschärfung nennt man das. Für ihn bedeutete es, dass er die Liebe seines Lebens verlor.
Als er um elf Uhr abends wieder zur Besinnung kam, sah er, dass auch die Jugendstillampe, die er von seinen Eltern geerbt hatte, zu Bruch gegangen war. Der Schock der Erkenntnis traf ihn tief. Sie hatte ihn verlassen. Die Abgründe, die er in dieser Nacht noch durchschritt, wollen wir an dieser Stelle auslassen.
Das andere Bild zeigt dasselbe Paar zwei Jahre zuvor vor der College Bar des University College Cork in Irland. Er hält sie im Arm. Seine Haare sind länger, er trägt eine rote Lederjacke, einen Flickenschal und einen blauen Schlabberpullover. Er sieht aus wie ein glücklicher Taugenichts, dem nichts im Leben etwas anhaben kann. Sie ist sehr bleich, denn es ist Ostern und dies ist in diesem Jahr ihr einziger Urlaub gewesen. Vielleicht ich sie froh, dass sie bei ihm ist. Sie trägt einen grauen Filzmantel und lächelt wieder. Ihre Zähne zeigt sie nicht, aber ihre runden Wagen und die tiefen Grübchen machen das aus, was man Schönheit nennt. Sein Gesicht ist nicht zu sehen. Er beugt sich zu ihr, um sie zu küssen. Ein Glassplitter trennt die beiden voneinander und es scheint, als wolle sie sich seinem Kuss entziehen.
In beiden Situationen waren sie sich, aufgrund einer Trennung ein wenig fremd geworden, doch die Entfernung, die zwischen ihnen gelegen hatte, hatte ihre Neugierde aufeinander nur gesteigert.
Auf dem einen Bild hatte er in Irland studiert. Sie hatten sich über drei Monate hinweg nur Briefe geschrieben und sie war sich nicht sicher gewesen, ob er sie noch liebte. Er hatte unentwegt an sie gedacht. Das Schreiben war ihm schwergefallen, denn er litt unter einer Schreibhemmung, die er auch Jahre später nur unter größter Mühe überwinden konnte. Auch sie hatte oft an ihn gedacht. Nicht selten gab es Situationen, da war sie wütend auf ihn und wollte ihn betrügen. Sie hatte es nicht getan. Aus Mangel an Gelegenheit? Sie machte zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung, und die Männer, mit denen sie arbeiten musste, waren ihr zu simpel. Er war zwar nicht kräftig und auch nicht von der Schönheit, die einen Mann erst zu einem Mann machte. Aber er konnte, wenn er die Gelegenheit dazu hatte, auf sie einreden und ihr das Blaue vom Himmel herunter versprechen. Reden konnte er gut, und sie liebte es, ihm zuzuhören. In diesem Augenblick in Cork um die Osterzeit des Jahres 1999 redete er auf sie ein, so schnell er nur konnte. Dabei küsste er sie und flüsterte ihr Dinge ins Ohr, über die sie mit geschlossenen Lippen lächeln musste.
Das andere Bild zeigt eine Situation, in der er auf sie gewartet hatte. Er war im Sommer zuhause geblieben, da er kein Geld besaß und sich auf seine Abschlussprüfungen vorbereiten musste. Sie war allein in den Urlaub geflogen. Er war kaum eifersüchtig, denn er vertraute ihr völlig. Sie wäre nicht auf die Idee gekommen, ihn zu betrügen, denn sie wusste, dass sie zusammen glücklich sein konnten.
Das Foto hatte durch einen Glassplitter einen Schnitt bekommen.
Er war betrunken und schrie, schluchzte und heulte vor Schmerz. Seine Hand tat ihm weh, denn er hatte mit der ganzen Kraft seiner dünnen Arme auf das Bild eingeschlagen. Solche Akte der Aggression waren fehl am Platze. Damit würde er sie nicht zurückbekommen. Sie war wieder ohne ihn im Ausland gewesen. Mit einer Gruppe von Kommilitonen – sie studierte jetzt Architektur – war sie nach Frankreich gefahren. Der Professor war ein Trinker vor dem Herrn, der jeden Tag dreizehn Dosen Bier bei der Arbeit austrank. Aber in der Gruppe musste es einen Studenten gegeben haben, der sie – ja was eigentlich!
Immer und immer wieder, mit Tränen in den Augen und vor Rotz laufender Nase fragte er sie, was denn geschehen sei.
Sie hatte aus Frankreich nur einen teilnahmslosen Brief geschrieben. Es gab in dem Brief nur einen Hinweis auf ihre Gefühle. Sie schrieb, dass sie unruhig sei und noch nicht ganz bei sich. Sie schrieb nichts von Liebe und ließ auch die tausend Küsse aus, die sie ihm sonst immer zugesandt hatte. Vier Wochen wollte sie wegbleiben. Er war fast vor Einsamkeit gestorben, denn er hatte sein Leben viel zu sehr auf sie konzentriert. Sie war ihm alles, Freundin, Vertraute, technische Beraterin und Geliebte. An seinem achtundzwanzigsten Geburtstag hatte sie kurz angerufen. Sie klang fremd am Telefon. Sie sagte, dass sie noch mit anderen Studenten an der Weinlese teilnehmen wollte. Er fragte, warum sie nicht zu ihm zurückkäme. Er sei krank, es sei sein Geburtstag und er brauche ihre Nähe. In den letzten Tagen habe er viele Absagen erhalten. Er bewarb sich schon seit Monaten erfolglos um einen Job. Die Angst fraß ihn auf und machte ihn zu einem schlechten Gesprächspartner. Er hörte nur sich selber zu und als das viel zu kurze Gespräch beendet war, sank er entkräftet auf seine Matratze. Hatte sie nicht zu ihm gesagt, ihr Herz schlüge ihr bis zum Hals? Mir auch, hatte er lakonisch geantwortet und damit ihr die Chance auf das Geständnis genommen, das doch schon wie das Schwert des Damokles über seinem Haupt schwebte. Sie hatte ihn zu diesem Zeitpunkt schon betrogen. Hatte mehrmals mit einem anderen geschlafen. Doch sie traute sich nicht, es ihm zu sagen. Sie hatten in ihrer mehr als fünf Jahre alten Liebe schöne Stunden und sehr schwere Stunden gemeinsam durchstanden. Doch in den letzten Monaten war seine Angst zu einem Gefühl geworden, dass ihn völlig einnahm. Er war nicht mehr zu beruhigen. Dafür, dass sie ihn geliebt hatte, war es natürlich ein wenig grausam, dass sie ihn gerade in einem Moment betrog, als er die tiefste Krise seines Lebens erlebte. Oder war dies genau der richtige Zeitpunkt? Er hätte damit rechnen müssen.
Er stand heulend im Zimmer und sah, wie sie, aus Angst vor ihm, davonlief. Geh nicht weg, schrie er ihr hinterher und wollte ihr nach, aber er war so betrunken, dass er den Schlüssel nicht fand. Hektisch suchte er für einige Minuten, dann rannte er fluchend und torkelnd hinter ihr her, ohne die Türen zu schließen. Sie sah ihn besinnungslos auf der Straße und führte ihn in die Wohnung. Sie wollte ihn umarmen, doch er stieß sie von sich. Ohne Zweifel wollte er wieder von ihr in den Arm genommen werden. Er wollte von ihr geliebt werden. Sofort den Makel des Betrugs überwinden. Sie wandte sich jedoch entgültig, um zu gehen. Es war dumm von ihr gewesen, ihm drei Flaschen Wein mitzubringen und dann zu sagen, dass sie die Beziehung kaputt gemacht habe. Er dagegen hätte sie nicht nach all den Einzelheiten des Betruges fragen sollen.
So begann dieser alptraumhafte Nachmittag, auf den er über vier Wochen gewartet hatte. Vier Wochen hatte er an sie gedacht, an die gemeinsamen Liebesstunden, die vertrauten Gesten und das unterdrückte Stöhnen der Lust. Sie hatte ihn betrogen. Er versuchte zynisch zu reagieren. Lobte sie für den Wein, den sie ja offenbar mit ihrem Liebhaber gelesen hatte: Und schenkte sich ein Glas ein. Er trank schnell, während er versuchte, ihr mehr zu entlocken. Es gelang ihm nicht. Sie sagte, dass ihre Beziehung eben unerträglich geworden sei. Seine ständige Angst. Er habe ihr nicht mehr zuhören wollen und sie wüsste nicht warum sie tun musste, was sie getan hatte. Sie müsse das herausfinden. Er heulte auf, obwohl er wusste, dass man niemals flennend um die Liebe einer Frau winseln durfte. Ihr Liebhaber in Frankreich war, so musste es doch gewesen sein, durch den Auftrieb seiner gelungenen Eroberung fröhlich und unterhaltsam geworden. Seinen Stolz, die als unnahbare Schöne bekannte, verführt zu haben, ließ er sich nicht anmerken. Stattdessen war er ein geduldiger Zuhörer, während er in der Tiefe ihre grünen Augen versank und ihren Duft atmete.
Der Betrogene hatte ihr nur Wasser angeboten, während er die drei Flaschen Wein soff. Was für eine Dummheit! Hätte er ihr nur ein Glas Wein eingeschenkt, dann hätte sie nicht wieder mit dem Auto wegfahren können. Doch das ist die ganze Härte der Kontingenz. Alles könnte auch anders sein. Wenn einmal eine Entscheidung getroffen worden war, dann setzte sie sich mit unmissverständlicher Härte fort. Abweichungsverschärfung nennt man das. Für ihn bedeutete es, dass er die Liebe seines Lebens verlor.
Als er um elf Uhr abends wieder zur Besinnung kam, sah er, dass auch die Jugendstillampe, die er von seinen Eltern geerbt hatte, zu Bruch gegangen war. Der Schock der Erkenntnis traf ihn tief. Sie hatte ihn verlassen. Die Abgründe, die er in dieser Nacht noch durchschritt, wollen wir an dieser Stelle auslassen.