Heute ist Tag eins nach der Badewanne, oder besser: Tag eins seit der Erbauung von R'lyeh. Es ist gegen 18:00, als ich von der Arbeit nach Hause komme.
„Hey Cth“, rufe ich, noch im Flur stehend. „hast Du mein Portemonnaie irgendwo gesehen?“ Irgendwie muss ich heute morgen vergessen haben, es einzustecken, und auf dem kleinen Schränkchen im Flur, wo es sonst immer liegt, ist es auch nicht. „Ich muss noch einkaufen! Der Kühlschrank ist fast leer!“
„Keine Sorge“, dröhnt es in meinen Gedanken, als entlüde sich ein Gewitter in meinem Kopf, „ich war schon.“
„Also erstens: Können wir uns darauf einigen, dass Du einfach ganz normal mit mir redest, wenn ich in Hörweite bin, und dieses Stimme-im-Kopf-Ding nur bringst, wenn es nicht anders geht? Ich kriege danach jedes Mal Migräne!“
„Gut zu wissen. Und zweitens?“
Ich versuche, mich daran zu erinnern, ob ich das letzte gehört habe oder ob das auch nur in meinem Kopf war, kriege es aber irgendwie nicht zusammen. „Und zweitens: Was soll das heißen: 'ich war schon'?“
„Na, einkaufen. Dein Kühlschrank ist jetzt schön voll!“
Da sollte ich nachschauen. Das muss ich sehen. Will ich das wirklich?, denke ich in so rascher Folge, dass die Gedanken mir irgendwie ineinander laufen. Ehe ich über die letzte Frage auch nur nachgedacht habe, bin ich schon in der Küche.
Der Kühlschrank ist durch eine schwere Metallkette verschlossen, die glänzt, als käme sie gerade frisch aus dem Baumarkt. Sie läuft mehrfach um den gesamten Kühlschrank herum und ist mit drei Kombinationsschlössern und drei weiteren Vorhängeschlössern gesichert.
Ich erhebe die Stimme. „Was zur Hölle soll das denn? Ich habe meine Einkäufe doch auch immer mit dir geteilt! Da kann ich doch wohl erwarten, dass...“
In diesem Moment scheint etwas im Kühlschrank zu erwachen. Ich höre ein langgezogenes Knurren, dann wird die Tür von innen mehrfach in die Kette gedrückt, als werfe sich etwas von innen dagegen. Bei jedem Schlag knirscht das Metall, einige Kettenglieder hinterlassen Schrammen und Beulen in der Außenkante der Kühlschranktür.
Ich beschließe spontan, dass ich Cthulhus Einkaufsliste doch nicht sehen will. Hastig stolpere ich rückwärts aus der Küche. An der Türschwelle verliere das Gleichgewicht und setze mich unsanft auf den Hintern. Noch im Sitzen stemme mich mit Händen und Füßen weiter von der Tür weg, trete schließlich mit Schwung dagegen, so dass sie krachend zufällt.
Schwer atmend richte ich mich auf und wende meinen Blick mit Schaudern von der Küchentür ab. Ich haste zum kleinen Schrank im Flur, reiße die Schlüsselschublade auf, greife nach einigen Sekunden hektischen Kramens den richtigen Schlüssel heraus und schließe die Küchentür ab. Zweimal. Keine zehn Pferde werden mich dazu bringen, die je wieder zu öffnen!
Den Schlüssel spüle ich am Besten im Klo runter, überlege ich, doch da fällt mein Blick auf die ebenfalls verschlossene Badezimmertür.
Naja, die Ostsee tut es auch. Aber allmählich wird es eng hier.
Die Cthulhu-Chroniken -- Episode 7 -- Der Verlust der Küche
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