Die Flucht
Verfasst: 28.07.2006, 23:34
Die Flucht
Welcher Wahn als ich erwachte? Alles dunkel, so dunkel und kalt. "Wo bin ich hier?" Ich tastete den Boden um mich ab, erst zögerlich dann immer schneller, schneller, fanatisch. Der Boden scheint aus Holz zu sein. "In einem Sarg? In meinem Sarg?" "Nein. Zu geräumig." Die Hand nach oben. Nichts. Langsam richte ich mich auf, ich kann aufrecht stehen. "Licht, du brauchst Licht." Kein Licht, keine Hand vor Augen. Lange Stillstand, dann torkelnd nach vorne, immer die Schwärze abtastend "Schritte zählen!" "Drei, vier." Wand. Aus Holz. Groß. Nach links die Wand entlang. Tastend. Holz, Holz, Wand. Ecke, Wand, Holz, Wand, wieder Ecke, ganz glatt, nichts, Ecke, Holz, Wand Ecke. "Keine Türe!" Und kein Licht.
Eingesackt saß ich viele Tage in der Ecke auf dem Boden. Die Knie bis an die Brust herangezogen und die Beine fest mit den Armen umschlungen, während ich mich langsam aber konstant nach vorn und hinten bewegte, wie ein eingeschüchtertes Kind, wusste weder aus noch ein, perspektivlos und unkontrolliert, unartikuliert und ängstlich, vor allem ängstlich. An anderen Tagen erforschte ich mein Gefängnis, es maß sechs an acht Schritte und war so hoch, dass man gerade die Decke berühren konnte, wenn man einen enorm kräftigen Sprung versuchte, auch die Decke war ohne Ausweg. An einem dieser Tage fand ich auch den Strick der genau entlang der Kante lag. Ab jetzt hatte ich Alternativen, ich könnte qualvoll und langsam in meinem Gefängnis ersticken oder aber mich selbst strangulieren (meine Arme waren erstaunlich kräftig geworden, da ich immer wieder versuchte die massiven Wände einzuschlagen…).
Glücklicher Weise (zurückblickend gesagt) entschied ich mich anders. Mit dem Kopf durch die Wand! Risiko: Dabei verrecken (hohe Wahrscheinlichkeit), Chance: endgültiger Ausbruch (unmöglich). Gut, dass ich schon immer wusste wo vorne ist, auch ohne jeglichen Anhaltspunkt. Acht Schritte Anlauf! Eins, kraftvoll, Zwei, nachziehend, Drei, stolpernd, Vier, zögernd, Fünf, stampfend, Sechs, geduldig, Sieben, Augen zu, Acht und Schmerz. Ich bin außer mir im Schmerz. Benommen, bewusstlos? Man weiß nicht ob man wach ist oder ob man schläft, wenn es immer dunkel ist. Wie ein Silberstreif am Horizont dämmerte mir ein Streifen Licht, als der Schmerz nachließ und ich wieder ich sein durfte. Das Unglaubliche daran war, der Streifen war wirklich da, weit oben, gerade mal haarfein, aber er war da. Nun da ich ein schimmerndes Ziel besaß, das mein ganzes Gefängnis in ungewohnten Glanz tauchte, war es eine Kleinigkeit mit kräftigen Stößen den Spalt zu vergrößern, einen hohen Satz zu machen und durch ihn hindurchzuschlüpfen.
Draußen war das Licht nur grau. Doch die Freiheit war unfassbar als ich fiel. Und ich fiel tief und schnell wie ein Stein, der hervorragend zum allumfassenden Grau passte. Unerwartet weich war die Landung im grauen Gefranse, dem Dschungel der Gedanken, der mich später besiegen sollte. Ein geradezu erquickender Schlaf überkam mich hier.
Wieder erwacht, ganz klar im Geiste und sogar fröhlich im Gemüt, bot sich mir der entsetzlich schöne Anblick, der mein Leben dominierte. Ein gewaltiger, eichener Aktenschrank, fein fabriziert und nur vom allerbestem Holz, umgeben von unendlichen Weiten des gemütlich-grauen Gefranses. Die oberste Schublade stand leicht offen, niemand würde sie jemals wieder schließen.
Nun war ich wohl an dem Punkte angelangt, welchen die Menschen leichthin als Freiheit bezeichnen. Doch wisset die Freude daran ist kurzweilig, die Erinnerung aber hält ewig. Was zu tun ist, wenn man frei ist? Nach Gleichgesinnten suchen, denn wer frei ist wird alsbald merken, dass nun doch die Gemeinschaft ihre Reize hat. Mit großer Inbrunst begab ich mich daher daran die unterste Schublade zu öffnen. Nur da meine Arme so gut trainiert waren, war es mir überhaupt möglich diese einen Spalt breit zu verrücken. Ich schaute nun voller Neugier durch den Spalt, doch was ich sah, das war das maximale Erschrecken. Eine ganze Familie war dort in diesem geräumigen und hellen Ort zu erkennen, die sich wahrlich feudal eingerichtet hatte. Ein Sofa hatten sie und einen Fernseher und die Eltern sogar ein großes Ehebett. So glücklich schienen sie in ihrem Gefängnis zu sein, dass sie sicher nie auch nur einen Gedanken an die Flucht verschwendet hätten. Der nachfühlende Leser wird daher verstehen, dass ich die Schublade sogleich wieder schloss, diese Leute hatten Glück gehabt und wer bin ich, dass ich ihnen das wieder nehmen dürfte?
Ich begab mich also auf den einzigen Weg, der mir übrig blieb. Hinaus den Horizont zu finden und zu hoffen, dass hinter der weiten, grauen Ebene jemand auf mich wartet.
So ging ich dann viele Tage immer gerade aus meinen Weg und hoffte. Und eines Morgens stand ich auf und wusste nicht mehr woher ich gekommen war, den Schrank konnte ich schon lange nicht mehr sehen. Ich wusste daher auch nicht mehr wohin ich weitergehen sollte und vor allem wusste ich nicht mehr wann ich gestorben war.
Welcher Wahn als ich erwachte? Alles dunkel, so dunkel und kalt. "Wo bin ich hier?" Ich tastete den Boden um mich ab, erst zögerlich dann immer schneller, schneller, fanatisch. Der Boden scheint aus Holz zu sein. "In einem Sarg? In meinem Sarg?" "Nein. Zu geräumig." Die Hand nach oben. Nichts. Langsam richte ich mich auf, ich kann aufrecht stehen. "Licht, du brauchst Licht." Kein Licht, keine Hand vor Augen. Lange Stillstand, dann torkelnd nach vorne, immer die Schwärze abtastend "Schritte zählen!" "Drei, vier." Wand. Aus Holz. Groß. Nach links die Wand entlang. Tastend. Holz, Holz, Wand. Ecke, Wand, Holz, Wand, wieder Ecke, ganz glatt, nichts, Ecke, Holz, Wand Ecke. "Keine Türe!" Und kein Licht.
Eingesackt saß ich viele Tage in der Ecke auf dem Boden. Die Knie bis an die Brust herangezogen und die Beine fest mit den Armen umschlungen, während ich mich langsam aber konstant nach vorn und hinten bewegte, wie ein eingeschüchtertes Kind, wusste weder aus noch ein, perspektivlos und unkontrolliert, unartikuliert und ängstlich, vor allem ängstlich. An anderen Tagen erforschte ich mein Gefängnis, es maß sechs an acht Schritte und war so hoch, dass man gerade die Decke berühren konnte, wenn man einen enorm kräftigen Sprung versuchte, auch die Decke war ohne Ausweg. An einem dieser Tage fand ich auch den Strick der genau entlang der Kante lag. Ab jetzt hatte ich Alternativen, ich könnte qualvoll und langsam in meinem Gefängnis ersticken oder aber mich selbst strangulieren (meine Arme waren erstaunlich kräftig geworden, da ich immer wieder versuchte die massiven Wände einzuschlagen…).
Glücklicher Weise (zurückblickend gesagt) entschied ich mich anders. Mit dem Kopf durch die Wand! Risiko: Dabei verrecken (hohe Wahrscheinlichkeit), Chance: endgültiger Ausbruch (unmöglich). Gut, dass ich schon immer wusste wo vorne ist, auch ohne jeglichen Anhaltspunkt. Acht Schritte Anlauf! Eins, kraftvoll, Zwei, nachziehend, Drei, stolpernd, Vier, zögernd, Fünf, stampfend, Sechs, geduldig, Sieben, Augen zu, Acht und Schmerz. Ich bin außer mir im Schmerz. Benommen, bewusstlos? Man weiß nicht ob man wach ist oder ob man schläft, wenn es immer dunkel ist. Wie ein Silberstreif am Horizont dämmerte mir ein Streifen Licht, als der Schmerz nachließ und ich wieder ich sein durfte. Das Unglaubliche daran war, der Streifen war wirklich da, weit oben, gerade mal haarfein, aber er war da. Nun da ich ein schimmerndes Ziel besaß, das mein ganzes Gefängnis in ungewohnten Glanz tauchte, war es eine Kleinigkeit mit kräftigen Stößen den Spalt zu vergrößern, einen hohen Satz zu machen und durch ihn hindurchzuschlüpfen.
Draußen war das Licht nur grau. Doch die Freiheit war unfassbar als ich fiel. Und ich fiel tief und schnell wie ein Stein, der hervorragend zum allumfassenden Grau passte. Unerwartet weich war die Landung im grauen Gefranse, dem Dschungel der Gedanken, der mich später besiegen sollte. Ein geradezu erquickender Schlaf überkam mich hier.
Wieder erwacht, ganz klar im Geiste und sogar fröhlich im Gemüt, bot sich mir der entsetzlich schöne Anblick, der mein Leben dominierte. Ein gewaltiger, eichener Aktenschrank, fein fabriziert und nur vom allerbestem Holz, umgeben von unendlichen Weiten des gemütlich-grauen Gefranses. Die oberste Schublade stand leicht offen, niemand würde sie jemals wieder schließen.
Nun war ich wohl an dem Punkte angelangt, welchen die Menschen leichthin als Freiheit bezeichnen. Doch wisset die Freude daran ist kurzweilig, die Erinnerung aber hält ewig. Was zu tun ist, wenn man frei ist? Nach Gleichgesinnten suchen, denn wer frei ist wird alsbald merken, dass nun doch die Gemeinschaft ihre Reize hat. Mit großer Inbrunst begab ich mich daher daran die unterste Schublade zu öffnen. Nur da meine Arme so gut trainiert waren, war es mir überhaupt möglich diese einen Spalt breit zu verrücken. Ich schaute nun voller Neugier durch den Spalt, doch was ich sah, das war das maximale Erschrecken. Eine ganze Familie war dort in diesem geräumigen und hellen Ort zu erkennen, die sich wahrlich feudal eingerichtet hatte. Ein Sofa hatten sie und einen Fernseher und die Eltern sogar ein großes Ehebett. So glücklich schienen sie in ihrem Gefängnis zu sein, dass sie sicher nie auch nur einen Gedanken an die Flucht verschwendet hätten. Der nachfühlende Leser wird daher verstehen, dass ich die Schublade sogleich wieder schloss, diese Leute hatten Glück gehabt und wer bin ich, dass ich ihnen das wieder nehmen dürfte?
Ich begab mich also auf den einzigen Weg, der mir übrig blieb. Hinaus den Horizont zu finden und zu hoffen, dass hinter der weiten, grauen Ebene jemand auf mich wartet.
So ging ich dann viele Tage immer gerade aus meinen Weg und hoffte. Und eines Morgens stand ich auf und wusste nicht mehr woher ich gekommen war, den Schrank konnte ich schon lange nicht mehr sehen. Ich wusste daher auch nicht mehr wohin ich weitergehen sollte und vor allem wusste ich nicht mehr wann ich gestorben war.