Analyse dieses Textes

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 03.08.2006, 15:21

Analyse dieses Textes

Dieser Text von befaßt sich mit der Analyse dieses Textes. Es ist nicht nachvollziehbar, wie eine inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Werk zu einem Zeitpunkt, da dieses von seiner Fertigstellung noch weit entfernt ist, möglich sein soll; daher beginnen wir mit einer Analyse des Aufbaus sowie der Sprache und des Ausdrucks.
Der erste Absatz gibt einen kurzen Überblick über den Gesamtzusammenhang; ferner problematisiert er bereits grundsätzlich den Anspruch des Textes und greift somit vor. Von einer geordneten Struktur des Textes kann also nicht die Rede sein, insbesondere, da dieser seine chaotische Struktur bereits im zweiten Absatz kritisiert. Diesem Absatz folgt eine knappe Darlegung des sprachlichen Ausdrucks.
Das allgemeine sprachliche Niveau ist hoch; der Autor bedient sich bewußt eines elaborierten Codes, um seine allgemeine Halbbildung in den Vordergrund zu stellen und durch die unmittelbar darauf folgende Offenlegung dieser Intention zum Lachen anzuregen. Einzig im dritten Absatz findet sich ein abweichender Satz, die Ausdrucksweise fuckt voll krass ab, ey, du Arsch, um dann wieder zu einer angemessenen, der mitteleuropäischen Höflichkeit Rechung tragenden Ebene zurückzufinden. Entschuldigung. Auffallend ist die direkte Anrede des Rezipienten in Absatz 3 ("Entschuldigung") als Reaktion auf die eigene rhetorische Entgleisung sowie das überkorrekte, fast pedantisch wirkende Vokabular (vgl. etwa Z.3:"Rezipient" statt "Leser"). Dabei geht diesem Text jedoch ein gesundes kritisches Bewußtsein seiner selbst nie ganz verloren, so daß er dennoch amüsant bleibt, obwohl er sich selbst - ganz offenbar entgegen den Tatsachen - für lustig oder geistreich hält und nach Komplimenten fischt.
Allgemein läßt sich sagen, daß der Text im weiteren Verlauf immer weiter an Gehalt verliert. Man kann ihn getrost als ein Crescendo von Unsinn bezeichnen ; mag die strukturelle Analyse ja noch als ein dem besseren Verständnis dienender Vorgriff gewertet werden, so gleitet dieser Text in Zeile 30 ff., wo ein Nebensatz nur noch sich selbst zum Gegenstand hat, gänzlich ins Absurde ab.

Auf die formale Analyse folgt schließlich die inhaltliche, beginnend mit dem Satz: "Auf die formale Analyse folgt schließlich die inhaltliche, beginnend mit dem Satz: "Auf die formale Analyse folgt schließlich die inhaltliche, beginnend mit dem Satz: "(...)""". Der Anfangssatz weist einen eindeutigen Bezug zu den Arbeiten der geistigen Vätern dieses Textes, u. a. denen des bekannten Logikers Kurt Gödel und seiner selbstbezüglichen typographischen Kette auf. Die inhaltliche Untersuchung des Textes gestaltet sich etwas schwierig, da dem Text so etwas wie ein extratextueller Bezug eigentlich abgesprochen werden muß, und wirkt daher wie eine langatmige, die Geduld des Lesers, die insbesondere durch die Nebensätze, die sich in immer schwerer nachvollziehbaren Verschachtelungen, welche an und für sich schon eine Zumutung für den sich Geduldenden darstellen, in den Text winden, strapazierende, Zeilenschinderei.
Dieser Vorwurf sollte angesichts der Intention des Autors, die Überflüssigkeit mancher literarischer Analysen zu kritisieren, nicht als gegenstandslos abgetan werden; vielmehr ist dies eine wesentliche Intention des Textes.
Man hat es also mit dem seltenen Fall eines Textes zu tun, der zwar keinen direkten Inhalt, im Sinne von "Bezug zu etwas außerhalb des Textes liegendem", hat, also im engeren Verständnis nicht einmal als sprachlich angesehen werden kann, aber dennoch seine Position recht anschaulich und nachdrücklich vertritt. Daher ist er höchstens in die literarische Tradition des Dadaismus einzuordnen, sofern es sich überhaupt um einen geistesgeschichtlich kategorisierbaren Text handelt.
Im Fazit kann gesagt werden, daß der Text seinem Obertitel völlig, seinem Untertitel mit Einschränkung gerecht wird; eine formale Analyse der Abschlußkritik unterbleibt, nicht dagegen eine kritsche Analyse derselben, welche einem sinnlosen Text überflüssige Bedeutung beimißt. Teilweise geht der Text sogar über seinen eigenen Anspruch weit hinaus; nicht nur ist er in dem Sinne "überflüssig", daß er dem Leser keinen Gewinn bringt; nein, stellenweise macht es fast den Anschein, als versuche er ihm diesen einen Teil seines Rezeptionsvermögens, seinen gesunden Menschverstand, zu nehmen. Es liegt die Frage nahe, ob es dem Urheber gelungen ist, sich diesen zu bewahren.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.08.2006, 15:26

:smile: :daumen:

moshe.c

aram
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Beitragvon aram » 03.08.2006, 17:00

hey Mnemosyne,
sehr schön.

sowohl hinsichtlich inhaltlicher originalität, spannungsbogen und aufmerksamkeit/ fustrationstoleranz des lesers fände ich es ja genial,
wenn die inhaltliche analyse tatsächlich über ihren ersten satz gar nicht mehr hinauskommen würde.

(der rest ist dann auch etwas langweilig, solche sprache läßt sich klarerweise auch endlos ausbreiten - das hat der außergewöhnliche erste teil aber nicht verdient! die rhetorische schlussfrage finde ich dann auch nicht so toll in ihrer absehbaren koketterie.)

- ich habe aber auch keine ahnung, wie sich das machen ließe, d.h. zu einem ende bringen...
du machst das ja allerdings auch nicht, sondern brichst einfach ab - danach noch weiterzuschreiben sehe ich als einzigen bruch und widerspruch dieses werkes.

da könnte man auch noch wesentlich länger weiterlaufen lassen, bis sich eine art trance in der wiederholung des halbsatzes einstellt, und dann ganz abbrechen - oder noch eine meta-pointe landen (aber wie?) und aus.

-oh ich sehe du hast's ja schon gefunden: die entsprechende anzahl anführungszeichen - nur eben viel mehr, und ohne klammerausdruck -- hab den ersten teil gerade nochmal gelesen und finde ihn wirklich dermaßen gut, dass ich so nen radikalen eingriff in den zweiten teil ernsthaft erwägen würde.

sehr erfreute grüße,
aram

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.08.2006, 17:19

Trance trifft den Kern.

moshe.c

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.08.2006, 17:39

hallo Mnem,

nun schlendere ich hier so mir nichts dir nichts vorbei...und ich kann nicht mehr! das ist großartig..ich mag mich ausnahmsweise gar nicht in Einzelheiten (die sicher angebracht wären, besonders eine an manchen Stellen für mich noch versierter gewünschte Sprache) ergehen..toll...ich musste wirklich serh lachen...vielleicht liegts daran, dass ich Literatur studiere...da kommt der ganze frust dieses zu großen teilen unnützen Studienganges den lachmuskeln zur Hilfe. Und Kurts Theorien liebe ich ebenso...wundervoll!

Liebe grüße,
Lisa

PS. Die Auster verschiebe ich jetzt mal in satire und den anderen text hierher..der mir auch Prosa scheint. Bei missbilligung bitte schreien. (ich lache immer noch)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 04.08.2006, 10:34

Hi mnem,
ich kann mich Lisa nur anschließen. Ich werde gerade wach, schlürfe den ersten Kaffee, und dann das hier.... Ich habe eine Ahnung davon, was aram mit seiner Kritik meint, aber jetzt lache ich mich erstmal schlapp. Das muss ich heute abend noch mal lesen. Geniales Teil!!!

Gruß vom Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 04.08.2006, 11:53

Hin Mnem,

die Idee isrt genial und auch die Ausfürhung hat sehr viele Stellen, die neben dem rein humosirstischen auch sehr viel tiefgang haben - ich denke gerade an den Verweis auf Gödel.

Mehr davon,

liebe Grüße
max

steyk

Beitragvon steyk » 04.09.2006, 15:18

Hallo Merlin,
nur das hier :daumen:
zudem schließe ich mich Max' an und bin auf mehr von dir gespannt.

Gruß
Stefan

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 05.09.2006, 17:30

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Kommentare, das hört man gerne; die vorgeschlagenen Radikalkuren werde ich bei Gelegenheit ausprobieren. Jetzt fahre ich erstmal für zwei Wochen in die Niederlande, mal sehen, was dabei herauskommt... :-)

Grüsse

Merlin


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