Das höchste Gut

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.09.2006, 13:13

Das höchste Gut (Neue Fassung)

„'Traurige Augen', Häuptling 'Großer Bär' hat Ohren für dich“, flüsterte 'Schneller Pfeil' mir zu. Verwundert über diese Ehre, stapfte ich durch den Schnee, der mir bis zu den Knöcheln reichte, zum Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Es war das erste Mal für mich. Ich sei noch zu jung, sagten die anderen, wenn ich fragte, warum ich an den Versammlungen im Wigwam von 'Großer Bär' bisher nie teilnehmen durfte.

Obwohl das Büffelfell wärmte, spürte ich ein Frösteln in mir. Hatte ich etwas falsch gemacht? Was erwartete mich? Langsam öffnete ich sein Zelt und betrat mit Ehrfurcht sein heiliges Reich. Zögernd blieb ich am Eingang stehen, fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien dies zu spüren und lächelte mir aufmunternd zu.

„Setz dich zu mir 'Traurige Augen'“, forderte er mich freundlich auf. ‚Großer Bär’ zog an seiner langen Pfeife und fächerte sich den Rauch sanft ins Gesicht. Er saß vor einem prasselnden Feuer. Sein Wigwam strahlte Geborgenheit und Wärme aus. Ich fühlte mich wohl, verspürte keine Angst mehr. An den Wänden hingen Bärenklauen. Ihre Anzahl und Größe beeindruckten mich. Viele Bären musste er erlegt haben. ‚Schneller Pfeil’ hatte mir einmal gesagt, es seien über dreißig. Federn in verschiedenen Farben schmückten das Zelt. Auf seinem Schoß lag ein brauner Lederbeutel.

'Wie friedlich er aussieht', dachte ich. Schweigend saß ich ihm gegenüber und betrachtete sein von Falten übersätes Gesicht.

„Weißt du, welches das höchste Gut für einen alten Mann wie mich ist?“, fragte er. Ich schüttelte den Kopf.
„Ein warmes Feuer und eine gute Pfeife. Was kann es Höheres geben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.

„Du weißt, warum dir dein Name gegeben wurde?“
„Weil meine Augen traurig sind?“, murmelte ich.
„Sie spiegeln deine Seele. Du wurdest mit diesem Spiegel geboren. Deine Seele ist alt und bereits lange auf der Reise. Sie hat sehr viel Trauriges gesehen, viel mehr, als du ahnst. Welcher Tiergeist erscheint dir, wenn du zu den Ohren der Trommeln tanzt?“
„Ein großer schwarzer Adler“, sagte ich.
„Ja. Du fliegst weit fort, wenn du tanzt!“
„Du siehst meinen Flug?“, fragte ich überrascht. Ich hatte niemandem etwas davon erzählt.
„Oh ja, mit mächtigen Schwingen schwebst du über die Weite der Ebenen, deine Sehnsucht trägt dich fort. Wenn die Trommeln schweigen, fühlst du Traurigkeit im Herzen. Was wäre für dich das höchste Gut?“
„Immer so zu fliegen“, rief ich.
„Sag mir den Grund!“
„Ich fühle mich frei, so leicht wie eine Feder. Wenn die Trommeln schweigen, werde ich zum schweren Fels“, sagte ich leise.
„Die Feder wiegt schwerer als der Fels“, sprach 'Großer Bär'.
Ich verstand nicht und schaute ihn ratlos an.

„Der Fels ist dein menschliches Leben, das du zu meistern hast. Um die Leichtigkeit der Feder zu erlangen, musst du die Schwere deines Felsens überwinden. Erst dann wirst du zum Adler. Er ist in dir, doch bist du noch nicht in ihm, erreichen dich meine Worte?“
Ich dachte lange nach, erahnte langsam seine große Weisheit.

„So ruft mich der Adler im Rausch des Tanzes, um mir zu zeigen, dass ich eines Tages in ihm sein werde?“, dachte ich laut.
„So ist es! Was ist nun dein größtes Gut?“, fragte er schmunzelnd.
„Die Feder im Fels zu finden!“, sagte ich entschlossen.
Zufrieden nickte er und reichte mir den Lederbeutel.

„Nimm dies als Wegweiser und gehe auf die Suche 'Traurige Augen'. Finde, indem du die Zeichen des Felsens verstehst und du wirst zum Schwarzen Adler werden", sprach er und lächelte mich an. Seine Augen strahlten eine Güte aus, die mich tief berührte.

Im Beutel befand sich eine schwarze Feder. 'Großer Bär' ist wahrhaftig weise, dachte ich und verließ frohen Herzens sein Wigwam.

© Gabriella Marten Cortes
27.09.2006




Das höchste Gut

„'Traurige Augen', Häuptling 'Großer Bär' hat Ohren für dich“, flüsterte 'Schneller Pfeil' mir zu. Verwundert über diese große Ehre, stapfte ich durch den hohen Schnee zum weiträumigen Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Ich hatte es noch nie betreten. Ich sei noch zu jung, sagten mir die anderen, wenn ich kleinlaut fragte, warum ich an den Versammlungen im Wigwam von 'Großer Bär' nie teilnehmen durfte.

Obwohl mich das dicke Büffelfell wärmte, kroch fröstelnde Angst in mir hoch. Hatte ich etwas falsch gemacht? Langsam öffnete ich sein Zelt und betrat ehrfürchtig sein heiliges Reich. Ich fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken.

„Setz dich zu mir 'Traurige Augen'“, sprach er gütig lächelnd, zog an seiner langen Pfeife und fächerte sich den Rauch mit einer sanften Bewegung ins Gesicht. Genießerisch schloss er dabei die Augen. 'Großer Bär' saß vor einem prasselnden Feuer. Sein Wigwam strahlte Geborgenheit und Wärme aus. An den Wänden hingen verschiedene Bärenklauen und bunte Federn. Vor ihm lag ein kleiner Lederbeutel.

'Wie friedlich er aussieht', dachte ich. Ich saß ihm schweigend gegenüber.

„Weißt du, was das höchste Gut für einen alten Mann wie mich ist?“, fragte er. Ich schüttelte verlegen den Kopf.
„Ein warmes Feuer und eine gut schmeckende Pfeife, was kann es Höheres geben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
„Du weißt, warum dir der Name 'Traurige Augen' gegeben wurde?“
„Weil meine Augen traurig sind?“, erwiderte ich zögernd.
„Sie spiegeln deine Seele. Du wurdest mit diesem Spiegel geboren. Deine alte Seele ist bereits lange auf der Reise und hat schon sehr viel Trauriges gesehen, viel mehr, als du ahnst. Welcher Tiergeist erscheint dir, wenn du zu den Ohren der Trommeln tanzt?“, fragte er und zog an seiner Pfeife.

„Ein Adler, ein großer schwarzer Adler“, sagte ich.
„Ja. Du fliegst weit fort, wenn du tanzt!“
„Kannst du sehen, wenn ich fliege?“, fragte ich überrascht. Ich hatte es niemandem verraten.

„Ich sehe, wie du mit mächtigen Schwingen über die Weite der Ebenen schwebst, deine große Sehnsucht trägt dich fort. Wenn die Trommeln schweigen, fühlst du große Traurigkeit im Herzen. Was wäre für dich das höchste Gut?“
„Immer so fliegen zu können“, erwiderte ich sofort.
„Sag mir den Grund.“
„Ich fühle mich so frei, ungebunden, leicht wie eine Feder. Wenn die Trommeln schweigen, werde ich zum schweren Fels“, sagte ich traurig.
„Die leichteste Feder wiegt schwerer als der größte Fels“, sprach 'Großer Bär'.
Nicht begreifend, schaute ich ihn ratlos an.

„Der schwere Fels ist dein menschliches Leben, das du zu meistern hast. Um die Leichtigkeit der Feder zu erlangen, musst du die Schwere deines Felsens überwinden. Erst dann wirst du zum Adler. Er ist in dir, doch bist du noch nicht in ihm, erreichen dich meine Worte?“

Ich dachte lange nach, erahnte langsam seine große Weisheit.

„So ruft mich der Adler im Rausch des Tanzes, um mir zu zeigen, dass ich eines Tages in ihm sein werde?“, dachte ich laut.
„So ist es! Was ist nun dein größtes Gut?“, fragte 'Großer Bär' schmunzelnd.
„Die Feder im Fels zu finden!“, rief ich entschlossen.
Zufrieden nickte er und reichte mir den kleinen Lederbeutel, der vor ihm lag.

„Nimm dies als Wegweiser und gehe auf die Suche 'Traurige Augen'. Finde, indem du die Zeichen des Felsens verstehst und du wirst zum Schwarzen Adler werden!"

Im Beutel befand sich eine schwarze Feder. 'Großer Bär' ist wahrhaftig ein weiser Mann, dachte ich und verließ lächelnd sein Wigwam.

© Gabriella Marten Cortes
Zuletzt geändert von Mucki am 05.10.2006, 12:12, insgesamt 3-mal geändert.

pandora

Beitragvon pandora » 08.09.2006, 18:28

hallo magic,

eine schöne geschichte ist das. mir scheint, sie ist nur ein auszug aus einem längeren werk?
sprachlich fällt mir beim ersten lesen eine häufung von adjektiv-substantiv-verbindungen auf.
den folgenden satz würde ich noch einmal überdenken:
Magic hat geschrieben:„Der schwere Fels ist dein menschliches Leben, das du zu bestehen hast.
© Magic

natürlich ist mir klar, was gemeint ist. aber "besteht" man ein leben?

im übrigen: herzlich willkommen hier. ich freue mich auf weitere texte von dir.

lg
p.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.09.2006, 19:08

Hallo pandora,

eine schöne geschichte ist das.


das freut mich, danke!

mir scheint, sie ist nur ein auszug aus einem längeren werk?


Nein, es ist eine von mehreren KGs, die ich zum Thema Trommeln, Adler, Trance, etc. schrieb. Warum fragst du? Hast du das Gefühl, dass die Geschichte weitergehen müsste?

sprachlich fällt mir beim ersten lesen eine häufung von adjektiv-substantiv-verbindungen auf.


Sag mir mal Beispiele, hm? Ich hab sie eben noch mal durchgelesen, sie fallen mir nicht auf, man ist oft betriebsblind bei eigenen Texten.

den folgenden satz würde ich noch einmal überdenken:

„Der schwere Fels ist dein menschliches Leben, das du zu bestehen hast.

natürlich ist mir klar, was gemeint ist. aber "besteht" man ein leben?


Wäre "meistern" besser? "Bewältigen" würde wohl ein Häuptling nicht sagen. Was meinst du?

im übrigen: herzlich willkommen hier. ich freue mich auf weitere texte von dir.


Danke dir:)
LG
Magic

pandora

Beitragvon pandora » 08.09.2006, 19:57

liebe magic,
die frage nach dem textzusammenhang war nur ein erkundigen. ich glaubte, der begegnung mit dem schamanen sei etwas vorausgegangen und für mich las sich das so, als würde nun im anschluss die suche nach der feder im fels beschrieben.
"meistern" finde ich in der tat viel besser.
die adjektiv-substantivhäufungen habe ich markiert.

Magic hat geschrieben:Das höchste Gut

„'Traurige Augen', Häuptling 'Großer Bär' hat Ohren für dich“, flüsterte 'Schneller Pfeil' mir zu. Verwundert über diese große Ehre, stapfte ich durch den hohen Schnee zum weiträumigen Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Ich hatte es noch nie betreten. Ich sei noch zu jung, sagten mir die anderen, wenn ich kleinlaut fragte, warum ich an den Versammlungen im Wigwam von 'Großer Bär' nie teilnehmen durfte.

Obwohl mich das dicke Büffelfell wärmte, kroch fröstelnde Angst in mir hoch. Hatte ich etwas falsch gemacht? Langsam öffnete ich sein Zelt und betrat ehrfürchtig sein heiliges Reich. Ich fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken.

„Setz dich zu mir 'Traurige Augen'“, sprach er gütig lächelnd, zog an seiner langen Pfeife und fächerte sich den Rauch mit einer sanften Bewegung ins Gesicht. Genießerisch schloss er dabei die Augen. 'Großer Bär' saß vor einem prasselnden Feuer. Sein Wigwam strahlte Geborgenheit und Wärme aus. An den Wänden hingen verschiedene Bärenklauen und bunte Federn. Vor ihm lag ein kleiner Lederbeutel.

'Wie friedlich er aussieht', dachte ich. Ich saß ihm schweigend gegenüber.

„Weißt du, was das höchste Gut für einen alten Mann wie mich ist?“, fragte er. Ich schüttelte verlegen den Kopf.
„Ein warmes Feuer und eine gut schmeckende Pfeife, was kann es Höheres geben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
„Du weißt, warum dir der Name 'Traurige Augen' gegeben wurde?“
„Weil meine Augen traurig sind?“, erwiderte ich zögernd.
„Sie spiegeln deine Seele. Du wurdest mit diesem Spiegel geboren. Deine alte Seele ist bereits lange auf der Reise und hat schon sehr viel Trauriges gesehen, viel mehr, als du ahnst. Welcher Tiergeist erscheint dir, wenn du zu den Ohren der Trommeln tanzt?“, fragte er und zog an seiner Pfeife.

„Ein Adler, ein großer schwarzer Adler“, sagte ich.
„Ja. Du fliegst weit fort, wenn du tanzt!“
„Kannst du sehen, wenn ich fliege?“, fragte ich überrascht. Ich hatte es niemandem verraten.

„Ich sehe, wie du mit mächtigen Schwingen über die Weite der Ebenen schwebst, deine große Sehnsucht trägt dich fort. Wenn die Trommeln schweigen, fühlst du große Traurigkeit im Herzen. Was wäre für dich das höchste Gut?“
„Immer so fliegen zu können“, erwiderte ich sofort.
„Sag mir den Grund.“
„Ich fühle mich so frei, ungebunden, leicht wie eine Feder. Wenn die Trommeln schweigen, werde ich zum schweren Fels“, sagte ich traurig.
„Die leichteste Feder wiegt schwerer als der größte Fels“, sprach 'Großer Bär'.
Nicht begreifend, schaute ich ihn ratlos an.

„Der schwere Fels ist dein menschliches Leben, das du zu bestehen hast. Um die Leichtigkeit der Feder zu erlangen, musst du die Schwere deines Felsens überwinden. Erst dann wirst du zum Adler. Er ist in dir, doch bist du noch nicht in ihm, erreichen dich meine Worte?“

Ich dachte lange nach, erahnte langsam seine große Weisheit.

„So ruft mich der Adler im Rausch des Tanzes, um mir zu zeigen, dass ich eines Tages in ihm sein werde?“, dachte ich laut.
„So ist es! Was ist nun dein größtes Gut?“, fragte 'Großer Bär' schmunzelnd.
„Die Feder im Fels zu finden!“, rief ich entschlossen.
Zufrieden nickte er und reichte mir den kleinen Lederbeutel, der vor ihm lag.

„Nimm dies als Wegweiser und gehe auf die Suche 'Traurige Augen'. Finde, indem du die Zeichen des Felsens verstehst und du wirst zum Schwarzen Adler werden!"

Im Beutel befand sich eine schwarze Feder. 'Großer Bär' ist wahrhaftig ein weiser Mann, dachte ich und verließ lächelnd sein Wigwam.

© Magic


p.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 08.09.2006, 21:06

Hallo Magic,

eine nette (Kinder?-)Geschichte!
(noch keine Kommentare gelesen)

Mit dem Anfang habe ich ein paar Schwierigkeiten.


ich durch den hohen Schnee zum weiträumigen Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Ich hatte es noch nie betreten. Ich sei noch zu jung, sagten mir die anderen, wenn ich kleinlaut fragte, warum ich an den

zähle mal die "ichs" ...


kroch fröstelnde Angst in mir hoch

also Angst, die kriechen kann und dann noch friert? Zeig das doch.


öffnete ich sein Zelt und betrat ehrfürchtig sein heiliges Reich

Wie betritt man was "ehrfürchtig"? ...ich weiß was du meinst, aber...


Ich fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken.

Show, don't tell. Wie wirkt sich das aus? Und woran merkt er das?


sprach er gütig lächelnd, zog an seiner langen Pfeife und fächerte sich den Rauch mit einer sanften Bewegung ins Gesicht.

... du bedienst beinahe jedes gängige Klischee aus der "Indianerwelt". Der Häuptling ist stereotype gezeichnet.


Genießerisch schloss er dabei die Augen.

Ich weiß nicht, wie man genießerisch die Augen schließen kann. Allerhöchstens sind sie schon "genießerisch geschlossen".

Der Dialog gefällt mir gut. Etwas unglaubwürdig (weil zu abstrakt für ein Kind) vielleicht:

„Die Feder im Fels zu finden!“, rief ich entschlossen.

„Die Feder zum Fels zu finden!“, ?

Ich würde auch gerne meinen Schutzgeist kennen lernen, meinen Begleiter durch die Anderswelt.

Schöner Text.

Gruß
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.09.2006, 21:23


die adjektiv-substantivhäufungen habe ich markiert. "meistern" finde ich in der tat viel besser.
die adjektiv-substantivhäufungen habe ich markiert.



Hallo pandora,

ja, ich werde es in "meistern" ändern. Die vielen Adjektive, hm. Ich möchte damit beschreiben, Bilder zeichnen, so dass der Leser es sich besser vorstellen kann. Wenn ich sie weglasse, würde m.E. etwas Wichtiges fehlen. Ich könnte vielleicht hier und da eines weglassen, aber, ob das die Geschichte verbessert? Ich werde darüber nachdenken.
Danke dir für die Anregungen:)
LG
Magic

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.09.2006, 21:29

eine nette (Kinder?-)Geschichte!


Hallo Nifl,

nein, das ist doch keine Kindergeschichte! Wie soll ein Kind die Botschaft, die hierin verwoben ist, verstehen??? Nein, es ist eine Geschichte für Erwachsene.
Danke dir für deine vielen Anregungen, die durchaus berechtigt sind. Ich werde sie mir in Ruhe anschauen und die Geschichte bearbeiten.
LG
Magic

Trixie

Beitragvon Trixie » 08.09.2006, 21:50

Hi Magic!

Auch ich dachte anfangs - oh, nette Indianer-Weisheit-Geschichte, aber als ich dann weiterlas, dachte ich mir auch: Nein, das versteht wahrscheinlich kein Kind. Ich finde die Geschichte sehr weise und mit sehr viel Wissen um die Materie, die du beschreibst, verwoben. Mich hat sie getroffen und berührt, du weißt ja, wieso. Und mich haben die Adjektive auch nicht gestört, sie tragen zu dem "alles beachtenden Indianderflair" bei.

lieben Gruß
Trixie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.09.2006, 22:05

Hallo Trixie,

Nein, das versteht wahrscheinlich kein Kind.


Kann es nicht. Wie soll es z.B. den Satz "Finde die Feder im Felsen" begreifen? Ein Kind denkt doch ganz praktisch und naheliegend, also eben an eine Feder von einem Vogel oder einem Huhn *g* und an einen großen Stein.

Ich finde die Geschichte sehr weise und mit sehr viel Wissen um die Materie, die du beschreibst, verwoben.


Das freut mich:) Ja, es geht um die Botschaft, die hierin verwoben ist. Eine Botschaft, die sich jeder Mensch zu Herzen nehmen kann.

Mich hat sie getroffen und berührt, du weißt ja, wieso.


Ja, ich weiß.

Und mich haben die Adjektive auch nicht gestört, sie tragen zu dem "alles beachtenden Indianderflair" bei.


Ein paar Adjektive könnte ich vielleicht rausnehmen, mal sehen. Die vielen Ich's muss ich allerdings wirklich überarbeiten und ein bisschen mehr Sdt hineinbringen.
LG
Magic

steyk

Beitragvon steyk » 09.09.2006, 07:47

Hallo Magic,
deine Geschichte gefällt mir.
Wie Pandora bin ich jedoch der Meinung, daß du zu viele Adjektive benutzt. Ich verstehe, daß du beschreiben und Bilder zeichnen willst, damit der Leser es sich besser vorstellen kann. Aber du übertreibst es oft und setzt Adjektive unnötig ein. Als Beisspiel : Das dicke Büffelfell. Jeder weiß, daß Büffelfell dick ist. Einige der Adjektive halte ich für notwendig, um das Bild besser verständlich zu machen, aber wenn sie zu oft in zu kurzen Abständen erscheinen, empfinde ich sie eher als stöhrend.
Mit Satzumstellungen kannst du das lösen, ohne die Bilder zu zerstören.
Ich habe deine Geschichte in Abschnitte geteilt und meine Vorstellung darunter gesetzt, so kannst du vergleichen. Einige Adjektive sind gestrichen, weil sie überflüssig oder doppelt sind. Einige Satzteile habe ich
anders formuliert.
Meine Version ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluß, aber sie soll dir zeigen, daß es anders geht und als Anregung dienen.


„'Traurige Augen', Häuptling 'Großer Bär' hat Ohren für dich“, flüsterte 'Schneller Pfeil' mir zu. Verwundert über diese große Ehre, stapfte ich durch den hohen Schnee zum weiträumigen Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Ich hatte es noch nie betreten. Ich sei noch zu jung, sagten mir die anderen, wenn ich kleinlaut fragte, warum ich an den Versammlungen im Wigwam von 'Großer Bär' nie teilnehmen durfte.



„'Traurige Augen', Häuptling 'Großer Bär' hat Ohren für dich“, flüsterte 'Schneller Pfeil' mir zu. Verwundert über diese große Ehre, stapfte ich durch den Schnee, der mir bis zu den Knöcheln reichte, zum Wigwam unseres Stammesoberhauptes. Ich hatte es noch nie betreten. Ich sei noch zu jung, sagten mir die anderen, wenn ich kleinlaut fragte, warum ich an den Versammlungen im Wigwam von 'Großer Bär' bisher nie teilnehmen durfte.


Obwohl mich das dicke Büffelfell wärmte, kroch fröstelnde Angst in mir hoch. Hatte ich etwas falsch gemacht? Langsam öffnete ich sein Zelt und betrat ehrfürchtig sein heiliges Reich. Ich fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken.



Obwohl mich das Büffelfell wärmte, spürte ich ein Frösteln in mir. Hatte ich etwas falsch gemacht? Langsam öffnete ich sein Zelt und betrat mit Ehrfurcht sein heiliges Reich. Ich fühlte mich klein und unbedeutend in seiner Gegenwart. Er schien meine Unsicherheit zu bemerken.

„Setz dich zu mir 'Traurige Augen'“, sprach er gütig lächelnd, zog an seiner langen Pfeife und fächerte sich den Rauch mit einer sanften Bewegung ins Gesicht. Genießerisch schloss er dabei die Augen. 'Großer Bär' saß vor einem prasselnden Feuer. Sein Wigwam strahlte Geborgenheit und Wärme aus. An den Wänden hingen verschiedene Bärenklauen und bunte Federn. Vor ihm lag ein kleiner Lederbeutel.



„Setz dich zu mir 'Traurige Augen'“, sprach er gütig lächelnd, zog an seiner langen Pfeife, fächerte sich den Rauch sanft ins Gesicht und schloss dabei genießerisch die Augen. 'Großer Bär' saß vor einem prasselnden Feuer. Sein Wigwam strahlte Geborgenheit und Wärme aus. An den Wänden hingen Bärenklauen in verschiedenen Größen und Federn, wie sie bunter nicht sein konnten. Vor ihm lag ein kleiner Lederbeutel


'Wie friedlich er aussieht', dachte ich. Ich saß ihm schweigend gegenüber.

„Weißt du, was das höchste Gut für einen alten Mann wie mich ist?“, fragte er. Ich schüttelte verlegen den Kopf.
„Ein warmes Feuer und eine gut schmeckende Pfeife, was kann es Höheres geben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
„Du weißt, warum dir der Name 'Traurige Augen' gegeben wurde?“
„Weil meine Augen traurig sind?“, erwiderte ich zögernd.
„Sie spiegeln deine Seele. Du wurdest mit diesem Spiegel geboren. Deine alte Seele ist bereits lange auf der Reise und hat schon sehr viel Trauriges gesehen, viel mehr, als du ahnst. Welcher Tiergeist erscheint dir, wenn du zu den Ohren der Trommeln tanzt?“, fragte er und zog an seiner Pfeife.


'Wie friedlich er aussieht', dachte ich. Ich saß ihm schweigend gegenüber.

„Weißt du, was das höchste Gut für einen alten Mann wie mich ist?“, fragte er. Ich schüttelte verlegen den Kopf.
„Ein warmes Feuer und eine gute Pfeife. Was kann es Höheres geben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
„Du weißt, warum dir der Name 'Traurige Augen' gegeben wurde?“
„Weil meine Augen traurig sind?“, erwiderte ich zögernd.
„Sie spiegeln deine Seele. Du wurdest mit diesem Spiegel geboren. Deine Seele ist alt und bereits lange auf der Reise. Sie hat schon sehr viel Trauriges gesehen, viel mehr, als du ahnst. Welcher Tiergeist erscheint dir, wenn du zu den Ohren der Trommeln tanzt?“, fragte er und zog an seiner Pfeife.

„Ein Adler, ein großer schwarzer Adler“, sagte ich.
„Ja. Du fliegst weit fort, wenn du tanzt!“
„Kannst du sehen, wenn ich fliege?“, fragte ich überrascht. Ich hatte es niemandem verraten.

„Ich sehe, wie du mit mächtigen Schwingen über die Weite der Ebenen schwebst, deine große Sehnsucht trägt dich fort. Wenn die Trommeln schweigen, fühlst du große Traurigkeit im Herzen. Was wäre für dich das höchste Gut?“
„Immer so fliegen zu können“, erwiderte ich sofort.
„Sag mir den Grund.“
„Ich fühle mich so frei, ungebunden, leicht wie eine Feder. Wenn die Trommeln schweigen, werde ich zum schweren Fels“, sagte ich traurig.
„Die leichteste Feder wiegt schwerer als der größte Fels“, sprach 'Großer Bär'.
Nicht begreifend, schaute ich ihn ratlos an.



„Ein Adler, ein großer schwarzer Adler“, sagte ich.
„Ja. Du fliegst weit fort, wenn du tanzt!“
„Kannst du sehen, wenn ich fliege?“, fragte ich überrascht. Ich hatte es niemandem verraten.

„Ich sehe, wie du mit mächtigen Schwingen über die Weite der Ebenen schwebst, deine große Sehnsucht trägt dich fort. Wenn die Trommeln schweigen, fühlst du Traurigkeit im Herzen. Was wäre für dich das höchste Gut?“
„Immer so fliegen zu können“, erwiderte ich sofort.
„Sag mir den Grund.“
„Ich fühle mich so frei, ungebunden, leicht wie eine Feder. Wenn die Trommeln schweigen, werde ich zum schweren Fels“, sagte ich traurig.
„Die Feder wiegt schwerer als der Fels“, sprach 'Großer Bär'.
Ich begriff (verstand) nicht und schaute ich ihn ratlos an.


„Der schwere Fels ist dein menschliches Leben, das du zu meistern hast. Um die Leichtigkeit der Feder zu erlangen, musst du die Schwere deines Felsens überwinden. Erst dann wirst du zum Adler. Er ist in dir, doch bist du noch nicht in ihm, erreichen dich meine Worte?“

Ich dachte lange nach, erahnte langsam seine große Weisheit.

„So ruft mich der Adler im Rausch des Tanzes, um mir zu zeigen, dass ich eines Tages in ihm sein werde?“, dachte ich laut.
„So ist es! Was ist nun dein größtes Gut?“, fragte 'Großer Bär' schmunzelnd.
„Die Feder im Fels zu finden!“, rief ich entschlossen.
Zufrieden nickte er und reichte mir den kleinen Lederbeutel, der vor ihm lag.

„Nimm dies als Wegweiser und gehe auf die Suche 'Traurige Augen'. Finde, indem du die Zeichen des Felsens verstehst und du wirst zum Schwarzen Adler werden!"

Im Beutel befand sich eine schwarze Feder. 'Großer Bär' ist wahrhaftig ein weiser Mann, dachte ich und verließ lächelnd sein Wigwam.



„Der Fels ist dein menschliches Leben, das du zu meistern hast. Um die Leichtigkeit der Feder zu erlangen, musst du die Schwere deines Felsens überwinden. Erst dann wirst du zum Adler. Er ist in dir, doch bist du noch nicht in ihm, erreichen dich meine Worte?“

Ich dachte lange nach, erahnte langsam seine große Weisheit.

„So ruft mich der Adler im Rausch des Tanzes, um mir zu zeigen, dass ich eines Tages in ihm sein werde?“, dachte ich laut.
„So ist es! Was ist nun dein größtes Gut?“, fragte 'Großer Bär' schmunzelnd.
„Die Feder im Fels zu finden!“, rief ich entschlossen.
Zufrieden nickte er und reichte mir den Lederbeutel, der vor ihm lag.

„Nimm dies als Wegweiser und gehe auf die Suche 'Traurige Augen'. Finde, indem du die Zeichen des Felsens verstehst und du wirst zum Schwarzen Adler werden!"

Im Beutel befand sich eine schwarze Feder. 'Großer Bär' ist wahrhaftig ein weiser Mann, dachte ich und verließ lächelnd sein Wigwam.


Ich hoffe, daß ich dir ein wenig helfen konnte.
Gruß
Stefan

PS. So ähnlich würde meine Kritik auch an deiner Seehund-Geschichte
aussehen. Die werde ich später richtig lesen.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 09.09.2006, 11:19

Hallo zusammen,

ich habe mir eben steyks Vorschläge einmal genau durchgelesen, weil auch mir bei dieser Geschichte die Adjektive ein wenig sauer aufgestoßen sind.

Ich finde, diese Stelle ist geradezu ein Lehrstück:

„Die leichteste Feder wiegt schwerer als der größte Fels"
„Die Feder wiegt schwerer als der Fels“

Ohne die Adjektive ist der Satz viel kraftvoller und pointierter!

Ich würde - gerade an "Schaltstellen" eines Textes wie in diesem Fall - immer probeweise alle Adjektive streichen und prüfen, wie die Sätze dann aussehen.

Danke für den Kommentar, steyk, obwohl ich nicht die Autorin bin. Auch als Zaungucker kann man viel daraus mitnehmen.

Samstagmittagsgrüße
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.09.2006, 13:30

Hallo Stefan, hallo Zefira,

danke euch für die tollen Vorschläge! Jetzt hab ich wirklich gute Anregungen bekommen, um die Geschichte pointierter zu schreiben:) Das ist klasse!
LG
Magic

steyk

Beitragvon steyk » 09.09.2006, 14:33

Hi Magic,
ich schicke dir bei Gelegenheit meine Kontonummer ;-) ;-)

Schönes Wochende
natürlich auch für dich, Zefira.
Stefan

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.09.2006, 15:35

ich schicke dir bei Gelegenheit meine Kontonummer



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Magic


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