Das Ende

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Niko

Beitragvon Niko » 12.09.2006, 15:39



Das Ende


Nun ist es soweit. Wir haben versucht, durchzuhalten und quälen uns beide nur. Und es ist jetzt an mir, den Schritt zu tun.
Ich denke zurück an die Anfänge und die vielen wundervollen Jahre mit dir. Unser Leben war sorglos. Die Zukunft unendlich und die Vergangenheit vergessen. Unser leben war Strand, Muscheln sammeln, dem Leben das Schöne abringen, Winter in Sommer verwandeln. Ja: Winter in Sommer verwandeln, das konntest du gut. Warm war mir immer.
Jetzt ist Sommer und mir ist kalt wie nie zuvor. Wir haben beide resigniert, denn wir können nicht überwinden, was da vor uns liegt. Und wie immer, wenn ein gemeinsamer, langer Weg zuende geht, schmerzt es sehr. Aber alles ist besser als das, was wir jetzt haben. Wir werden die Vergangenheit nicht vergessen und uns an kalten Wintertagen wieder an die Sommer erinnern.
Ich stehe nun vor dir. Nichts ist mir so schwergefallen in meinem Leben. Und ob ich das Richtige tue, weiß ich vielleicht in einigen Jahren. Jetzt ekle ich mich vor mir selbst.
Meine Hand nimmt ein letztes mal die deine und ich sage dir: "Behalte alle Sommer im Gedächtnis. Hörst du? Alle!"
Ein abgerungenes kurzes Nicken ist mein Zeichen für den wartenden Arzt. Mit zögerlichem Griff schaltet er die Maschinen ab.
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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 12.09.2006, 16:01

Das Ende
ist ... ueberraschend. Ich weiss nicht, wie es anderen geht, aber mich hat erst der letzte Satz von der Natur der Situation in Kenntnis gesetzt.
Am Rande: heisst es nicht: es ekelt MICH vor mir selbst?
Egal. Schoen duester-romantisch. Gefaellt mir.

Gruesse

Merlin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.09.2006, 16:23

Hallo Nico,

mir ging es wie Merlin, das Ende kam völlig überraschend. Ich dachte während des Lesens an das Ende der Beziehung, aber nicht an DAS Ende. Insgesamt könntest du den Text etwas straffen, ist m.E. ein bisschen zu ausführlich/langatmig geschrieben.
Und das Gegenüber, das Du, könnte auch noch rein, z.B. durch Beschreibung des Gesichtsausdrucks des Gegenübers, mal so als Anregung.
Saludos
Magic

Niko

Beitragvon Niko » 12.09.2006, 16:43

danke für euer schnelles feedback!
hallo merlin! es heißt ja: etwas ekelt mich an. aber heißt es nicht: mir ekelt es? ich hab auch drüber nachgedacht, weiß da aber echt nicht, was richtig ist.
straffen.....das gegenüber mehr einbeziehen.......naja, magic....ich bin prosa-unkundiger. das ist nicht meine baustelle. aber ich will gerne einen happen kenntnis mitnehmen. wie soll ich straffen?
für hinweise wäre ich dankbar.
es war schon so konzipiert, dass der leser erst einmal in eine andere richtung liest. aber man weiß ja nicht, ob das so funktioniert. schön, dass es anscheinend klappt......
lieben gruß: Niko,prosamuffel

steyk

Beitragvon steyk » 12.09.2006, 17:37

Hallo Niko,

Kompliment. Eine kurze Geschichte, die mich von Anfang gefesselt hat, weil ich auf das Ende gespannt war, das dann ganz anders kam, als ich es mir vorgestellt habe.
Flüssig geschrieben, ohne unnötiges „ins die Länge ziehen“, alles was man erfahren soll auf den Punkt gebracht.
Habe den Text zwei Mal gelesen und ich jedes Mal zustimmend mit dem Kopg genickt. Das geschieht nicht oft, nicht einmal bei meinen eigenen Sachen.

Gruß
Stefan

Ps. Das Komma im zweiten Satz (hinter „Wir haben versucht“) ist meiner Meinung nach nicht OK.
Und ich glaube es heißt: "Jetzt ekelt es mich vor mir selbst."

Gast

Beitragvon Gast » 12.09.2006, 17:50

Hallo Niko,
bin beeindruckt. Auch mich hat das Ende überrascht und ich finde die Geschichte knapp, spannend und aussagekräftig.

ad "sich ekeln": Habe im Duden Stilwörterbuch nachgesehen: Es geht beides: es ekelt mich oder es ekelt mir. (Ausgabe 1988 - ich hoffe, da hat sich nichts geändert...)
Zum von Stefan monierten Komma: Ich glaube, man kann entweder zwei oder keins setzen.
Also entweder: ..., durchzuhalten, ... oder gar kein Komma.

Noch aufgefallen: "unser Leben war Strand ..." und "ein letztes Mal".

LG Mel

/edit:
Noch was:
"Ein kurzes Nicken (Komma) das ich mir abringe"
Zuletzt geändert von Gast am 12.09.2006, 17:57, insgesamt 1-mal geändert.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 12.09.2006, 17:57

Hallo Niko,

ich glaube, ich kannte diesen Text bereits, jedenfalls sah ich die Schlusswendung voraus. Aber das tat dem Lesegenuss keinen Abbruch.

Eine Anregung dazu hätte ich noch: die Gestik am Schluss stärker herausarbeiten.
Ein kurzes Nicken das ich mir abringe, ist mein Zeichen für den wartenden Arzt.


Das Nicken, das einerseits abgerungen und andererseits Zeichen für den Arzt ist, ist mir zu verkürzt, vor allem verschenkt diese Formulierung m.E. Potential. Ich würde dem Nicken einen eigenen Satz gönnen und den wartenden Arzt erst im Folgesatz ins Spiel bringen; schließlich ist das Nicken der Drehpunkt des Textes (ich werde dabei das Bild von zwei Dreiecken, die Spitze auf Spitze gestellt sind, nicht los ...).

Ich bin übrigens auch für "Es ekelt mich vor mir selbst".

lG Zefira, die findet, dass Du für einen Prosamuffel echt gute Prosa schreibst :daumen:
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.09.2006, 20:14

Hallo Niko,

*lach*, ist schon verblüffend, wie unterschiedlich man liest, gell?

Dein Text ist fast ein Drabble. (Ein Drabble ist ein Text, der exakt aus 100 Worten besteht, Titel und Name des Autors darunter werden nicht mitgezählt, und schließt mit einem Satz, der eine völlig überraschende Pointe enthält. Diese kann witzig, geheimnisvoll, traurig, etc. sein.) Und diesen Knaller-Satz hast du am Ende ja in der Tat gesetzt.
Also, als Prosa-Unkundigen kann ich dich wahrlich nicht bezeichnen, wenn ich deinen Text lese. Du fragtest, wo du meiner Meinung nach straffen und das Gegenüber miteinbeziehen könntest. Ich fände es spannender, das Gegenüber miteinzubeziehen, da ja die Entscheidung nicht nur von LyrIch getroffen wird. Ich gehe mal in deinen Text.

Das Ende

Nun ist es soweit. Wir haben versucht, durchzuhalten, (und) doch quälen uns beide nur. (Und) [b](e)Es ist jetzt an mir, den Schritt zu tun.
Ich denke zurück an die Anfänge, (und) die (vielen) wundervollen Jahre mit dir, unser sorgloses Leben. (Unser Leben war sorglos.) Die Zukunft unendlich, (und) die Vergangenheit niemals vergessen. Unser L(l)eben war Strand, Muscheln sammeln, ihm (dem Leben) das Schöne abringen, Winter in Sommer verwandeln. Ja: Winter in Sommer verwandeln, das konntest du gut. (Warm war mir immer.) Selbst jetzt, strahlen deine weinenden Augen Wärme aus.
Doch (Es Jetzt ist Sommer. und) mir ist kalt, wie nie zuvor. Wir haben beide resigniert, (denn wir) können nicht überwinden, was (da) vor uns liegt. (Und wie immer, wenn ein gemeinsamer, langer Weg zuende geht, schmerzt es sehr.) Unser gemeinsamer, langer Weg geht zu Ende. Ja, tiefer Schmerz, ich spüre ihn in deiner Hand. Aber alles ist besser als dies. ([/b]was, was wir jetzt haben.) Wir werden die Erinnerungen bewahren(Vergangenheit nicht vergessen und), (uns) an kalten Wintertagen den Sommer in unserem Geist wieder erleben. (wieder an die Sommer erinnern.)
Ich stehe nun vor dir. Nichts ist mir so schwergefallen in meinem Leben. Und ob ich das Richtige tue, weiß ich vielleicht in einigen Jahren. (Jetzt ekelt es mir vor mir selbst.)
(Meine Hand nimmt ein letztes mal die deine u)Und ich sage dir: "Behalte alle Sommer im Gedächtnis. Hörst du? Alle!" Ich schaue dich an, ein letztes Mal, fragend. Du nickst unter Tränen, ich spüre dein Herz pochen. Ich danke dir für deine Liebe und gebe dem Arzt das Zeichen.
(Ein kurzes Nicken das ich mir abringe, ist mein Zeichen für den wartenden Arzt.) Mit zögerlichem Griff schaltet er die Maschinen ab.


Das sind so meine Ideen, Niko. Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.
Saludos
Magic

Niko

Beitragvon Niko » 12.09.2006, 20:42

Nun ist es soweit. Wir haben versucht, durchzuhalten,doch wir quälen uns beide nur.Es ist jetzt an mir, diesen Schritt zu tun.
Ich denke zurück an die Anfänge, die vielen wundervollen Jahre mit dir, an unser sorgloses Leben. Die Zukunft schien unendlich und die Vergangenheit vergessen. Unser Leben war Strand, Muscheln sammeln, ihm [rainbow](dem Leben...- wäre das nicht ein beziehungsfehler bezüglich Sand?)[/rainbow]das Schöne abringen, Winter in Sommer verwandeln. Ja: Winter in Sommer verwandeln, das konntest du gut. Warm war mir immer.
Doch jetzt ist mir kalt, wie nie zuvor. Wir haben beide resigniert, können nicht überwinden, was vor uns liegt. Und wie immer, wenn ein gemeinsamer, langer Weg zuende geht, schmerzt es sehr. Aber alles ist besser als das hier. Wir werden die Erinnerungen bewahren und uns an kalten Wintertagen wieder an die Sommer erinnern.
Ich stehe nun vor dir. Nichts ist mir so schwergefallen in meinem Leben. Und ob ich das Richtige tue, weiß ich vielleicht in einigen Jahren. (Jetzt ekelt es mir vor mir selbst.)
Ich sage dir: "Behalte alle Sommer im Gedächtnis. Hörst du? Alle!" Ich lächle dich an, ein letztes Mal und halte deine Hand.
Ick kämpfe mit mir, nicke kurz. Mein Zeichen für den Arzt, der jetzt mit zögerlichem Griff die Maschinen abschaltet.

Hallo Magic!
Vielen Dank für die Mühe, die du dir machst. Einiges habe ich mal übernommen, anderes wiederum nicht. was damit zu tun hat, dass ich halt ein paar sachen anders gestalten würde.
wie findest du es jetzt in dieser form?

Niko

Beitragvon Niko » 12.09.2006, 20:46

hallo zefi, melusine und steyk!
natürlich auch euch vielen dank fürs kommentieren
zefi........auch mir scheint "ekelt mich" langsam zumindest gefälliger. auch wenn melusine die richtigkeit beider versionen bestätigt. - es hört sich dennoch irgendwie falsch an. das werd ich noch umändern...
lieben gruß: Niko, prosablut leckend :hide:

steyk

Beitragvon steyk » 12.09.2006, 20:52

Ekelst du dich - oder ekelst du dir? ;-)

Gruß
Stefan

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.09.2006, 22:52

Hallo Niko,

ich finde, es liest sich jetzt flüssiger, weil einige "und" weggefallen sind.

Nun ist es soweit. Wir haben versucht, durchzuhalten,doch wir quälen uns beide nur.Es



Hier fehlen vor den Kommas die Leerzeichen und eines nach dem Punkt.

Unser Leben war Strand, Muscheln sammeln, ihm (dem Leben...- wäre das nicht ein beziehungsfehler bezüglich Sand?) das Schöne abringen



Das "ihm" habe ich auf das Leben bezogen, nicht auf den Strand. Wollte dadurch die Wortwiederholung von "Leben" rausnehmen.

(Jetzt ekelt es mir vor mir selbst.)



Hast du das absichtlich so in Klammern dringelassen? Nee, oder? War wohl stehen geblieben.


Ick kämpfe mit mir



Ich statt "Ick"


Du musst für dich entscheiden, Niko, was dir besser gefällt. Du bist der Autor. Es waren nur Anregungen von mir.

Saludos
Magic

Niko

Beitragvon Niko » 13.09.2006, 23:52

Nun ist es soweit. Wir haben versucht, durchzuhalten, doch wir quälen uns beide nur. Es ist jetzt an mir, diesen Schritt zu tun.
Ich denke zurück an die Anfänge, die vielen wundervollen Jahre mit dir, an unser sorgloses Leben. Die Zukunft schien unendlich und die Vergangenheit vergessen. Unser Leben war Strand, Muscheln sammeln, dem Leben das Schöne abringen, Winter in Sommer verwandeln. Ja: Winter in Sommer verwandeln, das konntest du gut. Warm war mir immer.
Doch jetzt ist mir kalt wie nie zuvor. Wir haben beide resigniert, können nicht überwinden, was vor uns liegt. Und wie immer, wenn ein gemeinsamer, langer Weg zuende geht, schmerzt es sehr. Aber alles ist besser als das hier. Wir werden die Erinnerungen bewahren und uns an kalten Wintertagen wieder an die Sommer erinnern.
Ich stehe nun vor dir. Nichts ist mir so schwergefallen in meinem Leben. Und ob ich das Richtige tue, weiß ich vielleicht in einigen Jahren. Jetzt ekelt es mich vor mir selbst.
Ich sage dir: "Behalte alle Sommer im Gedächtnis. Hörst du? Alle!" Ich lächle dich an, ein letztes Mal, und halte deine Hand.
Ich kämpfe mit mir, nicke kurz. Mein Zeichen für den Arzt, der jetzt mit zögerlichem Griff die Maschinen abschaltet.

Ist es so jetzt besser?
fragt in die runde............Niko
Zuletzt geändert von Niko am 15.09.2006, 00:17, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 14.09.2006, 23:44

Hallo Niko, gefällt mir gut, deine letzte Fassung. Noch ein kleiner Hinweis: "Ich lächle dich an, ein letztes Mal (Komma) und halte deine Hand."

LG Mel


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