Marlene mosert
Verfasst: 19.10.2006, 14:49
Marlene mosert
... über Politiker, Soziologendeutsch und schlichte Tatsachen
Beim Zeitungslesen überrascht mich ja eigentlich nichts mehr. Die tägliche Horrormeldung auf der Wirtschaftsseite und das allmorgendliche Skandälchen aus der Welt des schönen Scheins und Seins gehört zum Leben wie der Senf aufs Würstchen. Dass ich mich uneigentlich jeden Tag aufs Neue ärgere und vor lauter Kopfschütteln schon nen langen Hals habe, versteht sich von selbst.
Muss ich doch diese Woche lesen, dass Politiker nahezu aller Parteien mit Schrecken, Entsetzen, Kopfschütteln usw. darauf reagiert haben, dass von namhaften Gesellschaftswissenschaftlern vor dem Entstehen eines abgehängten Prekariats gewarnt wird und vor den gesellschaftlichen Verwerfungen, die dies nach sich ziehen könnte. Nun hat man sich an höherer Stelle nicht etwa darüber aufgeregt, dass Millionen von Bürgern ein Leben in wirtschaftlicher Unsicherheit, mit mangelhafter Bildung, immer schlechter werdender Gesundheitsvorsorge, ohne real existierende Möglichkeit, die eigene Lage zu verbessern oder auch nur den Wunsch, diesbezügliche Anstrengungen zu unternehmen - vulgo ein Leben am Rande oder sogar außerhalb unserer Gesellschaft führen müssen.
Nein, darum ging es nur am Rande. Um den Begriff Unterschicht ging es bei all der wohlgemeinten Aufregung. Abgehängtes Prekariat nun ja nun gut, als Fachbegriff so gerade noch in Ordnung, aber Unterschicht? Nein, nein und abermals Nein!!
Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist es bekanntlich mit der Gleichheit vorbei: Wovon der eine reichlich hat, das fehlt dem anderen an allen Ecken und Enden. Und seit dieser Zeit versuchen die anderen, vom Kuchen der einen ein Stück abzukriegen, machen sich viele Gedanken darüber, wie der Segen gerecht verteilt werden kann. Die Kinder Israels forderten ihren Anteil von den Fleischtöpfen Ägyptens und suchten das Weite, als die Beamten des Pharao mit der Knute statt mit Sonderzuteilungen winkten.
Die Welt war nicht in Ordnung, das war zwar nicht gut so, aber es war so – und man nannte die Dinge beim Namen. Oben der Herrscher, unten die Sklaven und in der die Untertanen.
Jahrtausende war die Gesellschaft in Ober-, Mittel- und Unterschicht gespalten. Und der berühmte kleine Unterschied teilte die Menschheit in eine Hälfte mit vielen und in eine mit wenig Rechten. Das war zwar immer noch nicht gut so, aber leidlich zu ertragen, und man wusste, woran man war. Wer von der Hand in den Mund lebte, den Wasserzins-Gebührenbescheid nicht lesen konnte, wer seit Generationen im falschen Stadtviertel lebte, ja der gehörte zur Unterschicht und würde dort aller Wahrscheinlichkeit nach auch bleiben. Bis ins siebte Glied!!
Und nun sitze ich hier, lese meine Zeitung und frage mich, was die ganze Aufregung soll. Was ist besser am abgehängten Prekariat als an der Unterschicht? Die schlichtgestrickte Hoffnung, dass die permanent schweigende Mehrheit im Lande zu bequem ist, im Soziologielexikon nachzugucken, was uns da demnächst ins Haus steht? Und bei der Gelegenheit die abgegebenen Wahlversprechen einfordert? Der Glaube, dass man den Teufel nur nicht zu rufen braucht, wenn man ihn nicht in den Sanierungsvierteln haben will?
Wie heißt es doch so schön im Märchen? Heute back ich, morgen brau ich ... Pech gehabt, liebes Pumpelstielzchen! Ich nenne dich einfach beim Namen. Nicht dass ich glaube, dass du davon platzt wie eine Seifenblase!
Selbst ist der Mensch und halte Ausschau nach Nadeln zum Stechen und der Möglichkeit, das benötigte Kleingeld selber zu verdienen. Auf Moses zu warten, lohnt sich nicht.
Schönen Tag noch.
... über Politiker, Soziologendeutsch und schlichte Tatsachen
Beim Zeitungslesen überrascht mich ja eigentlich nichts mehr. Die tägliche Horrormeldung auf der Wirtschaftsseite und das allmorgendliche Skandälchen aus der Welt des schönen Scheins und Seins gehört zum Leben wie der Senf aufs Würstchen. Dass ich mich uneigentlich jeden Tag aufs Neue ärgere und vor lauter Kopfschütteln schon nen langen Hals habe, versteht sich von selbst.
Muss ich doch diese Woche lesen, dass Politiker nahezu aller Parteien mit Schrecken, Entsetzen, Kopfschütteln usw. darauf reagiert haben, dass von namhaften Gesellschaftswissenschaftlern vor dem Entstehen eines abgehängten Prekariats gewarnt wird und vor den gesellschaftlichen Verwerfungen, die dies nach sich ziehen könnte. Nun hat man sich an höherer Stelle nicht etwa darüber aufgeregt, dass Millionen von Bürgern ein Leben in wirtschaftlicher Unsicherheit, mit mangelhafter Bildung, immer schlechter werdender Gesundheitsvorsorge, ohne real existierende Möglichkeit, die eigene Lage zu verbessern oder auch nur den Wunsch, diesbezügliche Anstrengungen zu unternehmen - vulgo ein Leben am Rande oder sogar außerhalb unserer Gesellschaft führen müssen.
Nein, darum ging es nur am Rande. Um den Begriff Unterschicht ging es bei all der wohlgemeinten Aufregung. Abgehängtes Prekariat nun ja nun gut, als Fachbegriff so gerade noch in Ordnung, aber Unterschicht? Nein, nein und abermals Nein!!
Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist es bekanntlich mit der Gleichheit vorbei: Wovon der eine reichlich hat, das fehlt dem anderen an allen Ecken und Enden. Und seit dieser Zeit versuchen die anderen, vom Kuchen der einen ein Stück abzukriegen, machen sich viele Gedanken darüber, wie der Segen gerecht verteilt werden kann. Die Kinder Israels forderten ihren Anteil von den Fleischtöpfen Ägyptens und suchten das Weite, als die Beamten des Pharao mit der Knute statt mit Sonderzuteilungen winkten.
Die Welt war nicht in Ordnung, das war zwar nicht gut so, aber es war so – und man nannte die Dinge beim Namen. Oben der Herrscher, unten die Sklaven und in der die Untertanen.
Jahrtausende war die Gesellschaft in Ober-, Mittel- und Unterschicht gespalten. Und der berühmte kleine Unterschied teilte die Menschheit in eine Hälfte mit vielen und in eine mit wenig Rechten. Das war zwar immer noch nicht gut so, aber leidlich zu ertragen, und man wusste, woran man war. Wer von der Hand in den Mund lebte, den Wasserzins-Gebührenbescheid nicht lesen konnte, wer seit Generationen im falschen Stadtviertel lebte, ja der gehörte zur Unterschicht und würde dort aller Wahrscheinlichkeit nach auch bleiben. Bis ins siebte Glied!!
Und nun sitze ich hier, lese meine Zeitung und frage mich, was die ganze Aufregung soll. Was ist besser am abgehängten Prekariat als an der Unterschicht? Die schlichtgestrickte Hoffnung, dass die permanent schweigende Mehrheit im Lande zu bequem ist, im Soziologielexikon nachzugucken, was uns da demnächst ins Haus steht? Und bei der Gelegenheit die abgegebenen Wahlversprechen einfordert? Der Glaube, dass man den Teufel nur nicht zu rufen braucht, wenn man ihn nicht in den Sanierungsvierteln haben will?
Wie heißt es doch so schön im Märchen? Heute back ich, morgen brau ich ... Pech gehabt, liebes Pumpelstielzchen! Ich nenne dich einfach beim Namen. Nicht dass ich glaube, dass du davon platzt wie eine Seifenblase!
Selbst ist der Mensch und halte Ausschau nach Nadeln zum Stechen und der Möglichkeit, das benötigte Kleingeld selber zu verdienen. Auf Moses zu warten, lohnt sich nicht.
Schönen Tag noch.