Von der Schwierigkeit, Gutes zu tun
Verfasst: 12.12.2006, 14:24
Von der Schwierigkeit, Gutes zu tun
Madonna mit Nelke, Madonna im Rosenhag, Madonna mit Kind… beeindruckende Werke großer Malerei, Bilder, die man wieder und wieder betrachten kann. Doch zumindest das letzt genannte hat in den vergangenen Wochen und Monaten eine etwas andere Bedeutung bekommen und sehr schnell konnte man es nicht mehr sehen. Es handelt sich hier nämlich nicht etwa um den Titel eines Gemäldes von Caravaggio, sondern um die verkürzte Wiedergabe von Presseschlagzeilen und TV-Meldungen über eine Frau, die auszog, anderen und sich selbst Gutes zu tun und dabei feststellen musste, dass dies gar nicht so einfach und der Grat zwischen Altruismus und eitler Selbstdarstellung ein schmaler ist. Doch der Reihe nach…
Frau Madonna Louise Veronica Ciccone, zweifache Mutter, Sängerin von Beruf und als solche der Welt unter ihrem ersten Vornamen bekannt, unternahm eine Reise in ein Land des afrikanischen Kontinents. Dort sah sie sich um, hörte zu, tröstete, ermunterte, brachte Hilfsprojekte auf den Weg, gründete ein Ausbildungszentrum für Aidswaisen und hinterließ Spenden in Millionenhöhe. Das war fraglos ebenso ehren- wie beispielhaft und wäre es auch geblieben, hätte sie nicht jede ihrer Schritte und Taten von einer Entourage von Kameraleuten aus aller Welt in eben dieselbe senden lassen. Der anfängliche Glaube, dies geschehe alles nur im Dienst der guten Sache, wurde durch die mediale Omnipräsenz und Art und Weise der Berichterstattung, die zuweilen an eine unmittelbar bevorstehende Heiligsprechung gemahnte, schnell in das Reich naiven Wunschdenkens verwiesen.
Angesichts der Dauerbeweihräucherung kam mir eine Stelle aus einem sehr alten und weisen Buch ins Gedächtnis: „Habt acht auf eure Gerechtigkeit, dass ihr sie nicht vor den Menschen übt, um von ihnen gesehen zu werden. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht vor dir her posaunen lassen, wie die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von den Menschen geehrt werden.“ Doch man muss Nachsicht wallten lassen, da sie bei ihrem hektischen und aufreibenden Berufsalltag wohl kaum zum Lesen kommt.
Wann und wo es dann genau während ihres vierzehntägigen Aufenthaltes geschah, ist nicht bekannt, jedenfalls verspürte Madonna eines Tages einen Wunsch, den auch jeder normalsterbliche Reisende kennt, nämlich ein Souvenir zu erstehen. So weit, so gut. Doch dieses Begehren vermischte sich mit ihren Muttergefühlen und führte zu einem Ergebnis, das im globalen Dorf für Aufruhr sorgte. Da sie ohnehin durch Schulen, Waisen- und Krankenhäuser zog, beschloss sie nämlich, am Ende ihrer Reise ein Kind gleich mitzunehmen. So suchte und prüfte sie, ließ sich gar einmal ein Mädchen für einen Tag zur Ansicht kommen, herzte es, spielte mit ihm, und schickte es dann wieder zurück. Schließlich fand sie in einem Knaben dann doch noch etwas Passendes. Da es sich dabei jedoch um ein landeseigenes Kulturgut handelte, gab es rigide Ausfuhrbeschränkungen, die aber für Madonna dank ihres - denkt man an die eingangs genannten Beispiele - irreführenden Namens sowie der karitativen Schneise, die sie durch das Land gezogen hatte, nicht gar so streng ausgelegt wurden. Oder wenigstens wollte man uns das glauben machen.
Nein, verehrter Leser, die Aufregung, die planetenweit einsetzte, war fehl am Platze! Bedenken Sie doch: mit ihrem wohltätigen Einkauf ersparte sie sich selbst die körperlichen Mühen einer dritten Schwangerschaft und ihrem Konto den immensen Verlust durch die Konzerte, die sie hätte absagen müssen. Man stelle sich nur vor: Madonna mit dickem Babybauch in schwindelnder Höhe über der Bühne am Kreuz hängend! Würden dann plötzlich und unerwartet, vor laufenden Kameras natürlich, die Wehen einsetzen, erhielte der Begriff „Sturzgeburt“ eine völlig neue Bedeutung. Und erst die Schlagzeilen: „Gekreuzigte Madonna kriegt Baby!“ Im Vatikan würde ob solcher Blasphemie vermutlich Michelangelos Jüngstes Gericht von der sixtinischen Altarwand platzen und Dan Brown und seine belletristischen Jünger hätten wieder genügend Stoff für einen weiteren Kirchenthriller um den Fund eines bis dato unbekannten und die Grundfesten der katholischen Kirche erschütternden Evangeliums.
Was lernen wir aus alledem? Erich Kästners Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ muss um den Zusatz „und redet darüber“ ergänzt werden. Aber dies haben Madonna, all die bedauernswerten selbst- und fremdernannten sogenannten Charityladies, die VIPsigen Benefizgaladinnerbesucher und kamerageilen Wohltätigkeitsballtänzer dieser Welt, die gegen Jahresende ja bekanntlich besonders unter Terminstress, Sodbrennen und blitzlichtgewitterbedingten Sehstörungen leiden, schon längst verinnerlicht.
Am Ende beschäftigen mich noch zwei Fragen:
Was passiert, wenn das Kind der Madonna durch die abrupte Verpflanzung von seinem in einen fremden Kulturkreis eines Tages Entwicklungsprobleme zeigt und sie daraufhin möglicherweise irgendwann dieses Reiseandenkens überdrüssig wird?
Hat Madonna für diese Fälle ein Rückgabe- oder Umtauschrecht?
Madonna mit Nelke, Madonna im Rosenhag, Madonna mit Kind… beeindruckende Werke großer Malerei, Bilder, die man wieder und wieder betrachten kann. Doch zumindest das letzt genannte hat in den vergangenen Wochen und Monaten eine etwas andere Bedeutung bekommen und sehr schnell konnte man es nicht mehr sehen. Es handelt sich hier nämlich nicht etwa um den Titel eines Gemäldes von Caravaggio, sondern um die verkürzte Wiedergabe von Presseschlagzeilen und TV-Meldungen über eine Frau, die auszog, anderen und sich selbst Gutes zu tun und dabei feststellen musste, dass dies gar nicht so einfach und der Grat zwischen Altruismus und eitler Selbstdarstellung ein schmaler ist. Doch der Reihe nach…
Frau Madonna Louise Veronica Ciccone, zweifache Mutter, Sängerin von Beruf und als solche der Welt unter ihrem ersten Vornamen bekannt, unternahm eine Reise in ein Land des afrikanischen Kontinents. Dort sah sie sich um, hörte zu, tröstete, ermunterte, brachte Hilfsprojekte auf den Weg, gründete ein Ausbildungszentrum für Aidswaisen und hinterließ Spenden in Millionenhöhe. Das war fraglos ebenso ehren- wie beispielhaft und wäre es auch geblieben, hätte sie nicht jede ihrer Schritte und Taten von einer Entourage von Kameraleuten aus aller Welt in eben dieselbe senden lassen. Der anfängliche Glaube, dies geschehe alles nur im Dienst der guten Sache, wurde durch die mediale Omnipräsenz und Art und Weise der Berichterstattung, die zuweilen an eine unmittelbar bevorstehende Heiligsprechung gemahnte, schnell in das Reich naiven Wunschdenkens verwiesen.
Angesichts der Dauerbeweihräucherung kam mir eine Stelle aus einem sehr alten und weisen Buch ins Gedächtnis: „Habt acht auf eure Gerechtigkeit, dass ihr sie nicht vor den Menschen übt, um von ihnen gesehen zu werden. Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht vor dir her posaunen lassen, wie die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von den Menschen geehrt werden.“ Doch man muss Nachsicht wallten lassen, da sie bei ihrem hektischen und aufreibenden Berufsalltag wohl kaum zum Lesen kommt.
Wann und wo es dann genau während ihres vierzehntägigen Aufenthaltes geschah, ist nicht bekannt, jedenfalls verspürte Madonna eines Tages einen Wunsch, den auch jeder normalsterbliche Reisende kennt, nämlich ein Souvenir zu erstehen. So weit, so gut. Doch dieses Begehren vermischte sich mit ihren Muttergefühlen und führte zu einem Ergebnis, das im globalen Dorf für Aufruhr sorgte. Da sie ohnehin durch Schulen, Waisen- und Krankenhäuser zog, beschloss sie nämlich, am Ende ihrer Reise ein Kind gleich mitzunehmen. So suchte und prüfte sie, ließ sich gar einmal ein Mädchen für einen Tag zur Ansicht kommen, herzte es, spielte mit ihm, und schickte es dann wieder zurück. Schließlich fand sie in einem Knaben dann doch noch etwas Passendes. Da es sich dabei jedoch um ein landeseigenes Kulturgut handelte, gab es rigide Ausfuhrbeschränkungen, die aber für Madonna dank ihres - denkt man an die eingangs genannten Beispiele - irreführenden Namens sowie der karitativen Schneise, die sie durch das Land gezogen hatte, nicht gar so streng ausgelegt wurden. Oder wenigstens wollte man uns das glauben machen.
Nein, verehrter Leser, die Aufregung, die planetenweit einsetzte, war fehl am Platze! Bedenken Sie doch: mit ihrem wohltätigen Einkauf ersparte sie sich selbst die körperlichen Mühen einer dritten Schwangerschaft und ihrem Konto den immensen Verlust durch die Konzerte, die sie hätte absagen müssen. Man stelle sich nur vor: Madonna mit dickem Babybauch in schwindelnder Höhe über der Bühne am Kreuz hängend! Würden dann plötzlich und unerwartet, vor laufenden Kameras natürlich, die Wehen einsetzen, erhielte der Begriff „Sturzgeburt“ eine völlig neue Bedeutung. Und erst die Schlagzeilen: „Gekreuzigte Madonna kriegt Baby!“ Im Vatikan würde ob solcher Blasphemie vermutlich Michelangelos Jüngstes Gericht von der sixtinischen Altarwand platzen und Dan Brown und seine belletristischen Jünger hätten wieder genügend Stoff für einen weiteren Kirchenthriller um den Fund eines bis dato unbekannten und die Grundfesten der katholischen Kirche erschütternden Evangeliums.
Was lernen wir aus alledem? Erich Kästners Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ muss um den Zusatz „und redet darüber“ ergänzt werden. Aber dies haben Madonna, all die bedauernswerten selbst- und fremdernannten sogenannten Charityladies, die VIPsigen Benefizgaladinnerbesucher und kamerageilen Wohltätigkeitsballtänzer dieser Welt, die gegen Jahresende ja bekanntlich besonders unter Terminstress, Sodbrennen und blitzlichtgewitterbedingten Sehstörungen leiden, schon längst verinnerlicht.
Am Ende beschäftigen mich noch zwei Fragen:
Was passiert, wenn das Kind der Madonna durch die abrupte Verpflanzung von seinem in einen fremden Kulturkreis eines Tages Entwicklungsprobleme zeigt und sie daraufhin möglicherweise irgendwann dieses Reiseandenkens überdrüssig wird?
Hat Madonna für diese Fälle ein Rückgabe- oder Umtauschrecht?