Vom Jäger
Verfasst: 20.10.2007, 23:34
I.
Endlose Grashügel. Nirgendwo Bäume.
Grün leuchtet grell an den Kuppen, dort wo die untergehende
Sonne noch hinscheint. Täler versinken in Grau und Schwarz.
In der Seele zerrt die Angst: Ich werde gejagt.
Zäune, Zäune überall.
Ringsum Stacheldraht, angeschlagen an gespaltenen und
eingegrabenen Baumstücken, klafterlang.
Spüre den Jäger, wie er sich nähert: Schnell verstecken, schnell.
Unter dem Draht durch, rasch hinter den Pfahl.
Die Pfähle sind immer zu schmal.
Er kommt schon über die Kuppe, groß als Silhouette, als
Scherenschnittfigur im Lichtschein ganz schwarz, und geht
vorbei.
Er hat mich nicht gesehen.
Trotzdem, es gilt mir, immer, soweit ich denken kann, und
solange der Jäger nicht findet geht die Jagd weiter, auch
wenn es dunkel wird. Er schläft nie.
Es gibt noch andere, kleine Figuren in dünnen Hemdchen, die ich noch nie gesehen habe, noch nie richtig.
Am Tag regiert die Angst und das Verstecken. Dann kann ich
ihre dünnen, piepsigen Stimmen hören, und ich höre sie oft.
Sie halten zu mir.
Manchmal fühle ich sie, nachts, wenn wir im Versteck liegen.
Ihre Haut an meiner, warm und nackt.
Der Jäger kommt wieder! Diesmal durch das Tal.
Ich spüre seine Schritte auf mich zu, höre die Hunde kläffen,
und renne weiter, endlos, immer am Zaun entlang,
jede Deckung ausnutzend.
II.
Ich wache auf, es regt sich im Versteck.
Der Tag erwacht bald und ich muß raus und die Jagd geht weiter, der Jäger rüstet schon.
Ich brauche einen Vorsprung, einen weiten Vorsprung.
Die Sonne scheint schon gelblich auf die höchsten Hügel und ich fange an zu rennen.
Der Jäger ist schnell, die Hunde wittern mich, schon kann ich sie hören, und ich werde älter.
Die Zeit, die Zeit, und dieser Stacheldraht, wohin ich renne: Stacheldraht, und ich springe darüber, wie immer, aber ich werde älter.
Ich verstecke mich wieder hinter einem Pfahl, aber atme laut.
Die Hunde wittern mich, aber sie sind verwirrt von meinen vielen Spuren, und sie ziehen vorbei, sind zu weit entfernt um mich hinter meinem Pfahl zu entdecken.
Aber der Jäger kommt wieder, er kommt immer wieder, und ich werde älter, schnell älter.
Meine Kraft wird bald nicht mehr reichen.
Ich renne weiter, krieche unter dem Stacheldraht durch. Es wird immer heller.
Meine Kraft nimmt ab, wird immer weniger, und der Jäger kommt schon wieder zurück, mit großem Schatten am Horizont.
Und ich werde noch älter, und meine Kraft verrinnt.
Bald hat er mich.
Ich raffe mich auf und fliehe so schnell ich kann durch das Tal, über eine kleine Graskuppe, krieche durch den Stacheldraht und verstecke mich hinter einem Pfahl.
Aber der Jäger, die Hunde, sie kommen so schnell wie noch nie, und mein Atem wird eng. Sie dürfen mich nicht sehen, nicht hören, sonst haben sie mich.
Mir gegenüber sitzt eine Taube auf einem Pfahl und gurrt.
Die Hunde hetzen wütend, blutrünstig kläffend darauf zu, zerren an den Leinen.
Der Jäger wird von ihnen gezogen. Die Hunde springen an den Pfahl. Die Taube fliegt davon. Der Jäger schießt nicht. Und sie ziehen weiter, suchen mich.
Jetzt weiß ich, ich sehe den Weg, ich gebe den Befehl.
Meine Füße werden kleiner und kleiner, bekommen Krallen.
Meine Arme drehen sich nach hinten und bekommen Federn, mein ganzer Körper auch.
Mein Kopf wird kleiner und kleiner und ein Schnabel wächst.
Und ich fliege davon.
Endlose Grashügel. Nirgendwo Bäume.
Grün leuchtet grell an den Kuppen, dort wo die untergehende
Sonne noch hinscheint. Täler versinken in Grau und Schwarz.
In der Seele zerrt die Angst: Ich werde gejagt.
Zäune, Zäune überall.
Ringsum Stacheldraht, angeschlagen an gespaltenen und
eingegrabenen Baumstücken, klafterlang.
Spüre den Jäger, wie er sich nähert: Schnell verstecken, schnell.
Unter dem Draht durch, rasch hinter den Pfahl.
Die Pfähle sind immer zu schmal.
Er kommt schon über die Kuppe, groß als Silhouette, als
Scherenschnittfigur im Lichtschein ganz schwarz, und geht
vorbei.
Er hat mich nicht gesehen.
Trotzdem, es gilt mir, immer, soweit ich denken kann, und
solange der Jäger nicht findet geht die Jagd weiter, auch
wenn es dunkel wird. Er schläft nie.
Es gibt noch andere, kleine Figuren in dünnen Hemdchen, die ich noch nie gesehen habe, noch nie richtig.
Am Tag regiert die Angst und das Verstecken. Dann kann ich
ihre dünnen, piepsigen Stimmen hören, und ich höre sie oft.
Sie halten zu mir.
Manchmal fühle ich sie, nachts, wenn wir im Versteck liegen.
Ihre Haut an meiner, warm und nackt.
Der Jäger kommt wieder! Diesmal durch das Tal.
Ich spüre seine Schritte auf mich zu, höre die Hunde kläffen,
und renne weiter, endlos, immer am Zaun entlang,
jede Deckung ausnutzend.
II.
Ich wache auf, es regt sich im Versteck.
Der Tag erwacht bald und ich muß raus und die Jagd geht weiter, der Jäger rüstet schon.
Ich brauche einen Vorsprung, einen weiten Vorsprung.
Die Sonne scheint schon gelblich auf die höchsten Hügel und ich fange an zu rennen.
Der Jäger ist schnell, die Hunde wittern mich, schon kann ich sie hören, und ich werde älter.
Die Zeit, die Zeit, und dieser Stacheldraht, wohin ich renne: Stacheldraht, und ich springe darüber, wie immer, aber ich werde älter.
Ich verstecke mich wieder hinter einem Pfahl, aber atme laut.
Die Hunde wittern mich, aber sie sind verwirrt von meinen vielen Spuren, und sie ziehen vorbei, sind zu weit entfernt um mich hinter meinem Pfahl zu entdecken.
Aber der Jäger kommt wieder, er kommt immer wieder, und ich werde älter, schnell älter.
Meine Kraft wird bald nicht mehr reichen.
Ich renne weiter, krieche unter dem Stacheldraht durch. Es wird immer heller.
Meine Kraft nimmt ab, wird immer weniger, und der Jäger kommt schon wieder zurück, mit großem Schatten am Horizont.
Und ich werde noch älter, und meine Kraft verrinnt.
Bald hat er mich.
Ich raffe mich auf und fliehe so schnell ich kann durch das Tal, über eine kleine Graskuppe, krieche durch den Stacheldraht und verstecke mich hinter einem Pfahl.
Aber der Jäger, die Hunde, sie kommen so schnell wie noch nie, und mein Atem wird eng. Sie dürfen mich nicht sehen, nicht hören, sonst haben sie mich.
Mir gegenüber sitzt eine Taube auf einem Pfahl und gurrt.
Die Hunde hetzen wütend, blutrünstig kläffend darauf zu, zerren an den Leinen.
Der Jäger wird von ihnen gezogen. Die Hunde springen an den Pfahl. Die Taube fliegt davon. Der Jäger schießt nicht. Und sie ziehen weiter, suchen mich.
Jetzt weiß ich, ich sehe den Weg, ich gebe den Befehl.
Meine Füße werden kleiner und kleiner, bekommen Krallen.
Meine Arme drehen sich nach hinten und bekommen Federn, mein ganzer Körper auch.
Mein Kopf wird kleiner und kleiner und ein Schnabel wächst.
Und ich fliege davon.